Protokoll der Sitzung vom 15.05.2002

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer das Gesetz über die Bindung von Rückflüssen aus Darlehen zur Förderung des Wohnungsbaus, Rückflussbindungsgesetz, Drucksache 15/1107, in erster Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) beschließt das Gesetz in erster Lesung.

(Einstimmig)

Meine Damen und Herren, interfraktionell wurde vereinbart, Beratung und Beschlussfassung in erster und zweiter Lesung vorzunehmen. Ich lasse deshalb darüber abstimmen, ob wir in die zweite Lesung eintreten sollen.

Wer dafür ist, dass wir in die zweite Lesung eintreten, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) beschließt entsprechend.

(Einstimmig)

Wir kommen zur zweiten Lesung.

Die Beratung ist eröffnet. – Wortmeldungen liegen nicht vor. – Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer das Gesetz über die Bindung von Rückflüssen aus Darlehen zur Förderung des Wohnungbaus, Rückflussbindungsgesetz, in zweiter Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe! Stimmenthaltungen? Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) beschließt entsprechend.

(Einstimmig)

Gesetz zur Änderung des Sparkassengesetzes für öffentlich-rechtliche Sparkassen im Lande Bremen und des Gesetzes zur Ausführung der Zivilprozessordnung, der Insolvenzordnung und des Zwangsversteigerungsgesetzes

Mitteilung des Senats vom 26. März 2002 (Drucksache 15/1108) 1. Lesung 2. Lesung

Dazu als Vertreter des Senats Staatsrat Metz.

Wir kommen zur ersten Lesung.

Die Beratung ist eröffnet.

Das Wort erhält der Abgeordnete Dr. Kuhn.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir debattieren unter diesem Tagesordnungspunkt das „Gesetz zur Änderung des Sparkassengesetzes für öffentlichrechtliche Sparkassen im Lande Bremen und des Gesetzes zur Ausführung der Zivilprozessordnung, der Insolvenzordnung und des Zwangsversteigerungsgesetzes“. Normalerweise wäre man an dem Punkt schon erschöpft bei diesem Wortungetüm. Dazu kommt noch, ich vermute in der nächsten Sitzung, die Änderung des Staatsvertrages über die Norddeutsche Landesbank, die Nord LB, die werde ich heute gleich mitverhandeln, denn da geht es um den gleichen Punkt.

Die Kollegen aus meiner Fraktion sind gespannt, warum wir das heute diskutieren. Noch einen kleinen Augenblick Geduld, ich erkläre erst einmal, worum es da geht, und dann, denke ich, werden wir sehen, warum es notwendig ist, dass wir diskutieren.

Es geht im Kern um zwei Punkte. Es geht um die Abschaffung der so genannten Gewährsträgerhaftung des Landes für öffentlich-rechtliche Sparkassen und die Landesbank. Das betrifft in Bremen die Sparkasse Bremerhaven und die Landesbank als Tochter der Nord LB. Mit dieser Haftung stellte der Staat bisher sicher, dass diese Kreditinstitute nicht in Konkurs gehen können mit der klaren und deutlichen Folge, dass sie sich bis heute günstiger bei anderen Geldinstituten refinanzieren können als andere.

Zweitens geht es um die Veränderung der Anstaltslast. Damit ist der Staat verpflichtet, den Kreditinstituten die notwendigen Mittel zur Aufgaben

erfüllung zur Verfügung zu stellen. Die Veränderung soll in die Richtung gehen, dass die finanziellen Beziehungen zwischen dem staatlichen Eigner und dem Kreditinstitut sich nicht mehr von normalen marktwirtschaftlichen Beziehungen unterscheiden dürfen. Es dürfen sehr wohl Hilfen in Krisenfällen gewährt werden, die sind aber dann wie in jedem anderen Fall auch von den europäischen Institutionen zu genehmigen. Zusammengefasst: Die besonderen staatlichen Beihilfen, die Subventionen für öffentlich-rechtliche Kreditinstitute werden, und zwar mit vierjähriger Übergangsfrist, abgeschafft.

Meine Damen und Herren, das Problem der Abschaffung der besonderen Privilegien für diese Institute ist, so ist uns hier noch vor eineinhalb Jahren erklärt worden, der Zusammenbruch jeglicher Versorgung des Mittelstandes mit Krediten und das Niederreißen eines Grundpfeilers unserer Geld- und Kreditwirtschaft, so noch vor eineinhalb Jahren der Senat und die Sparkassenverbände im Lande Bremen. Diese Veränderung, die wir heute diskutieren und auch, wie ich sehe, einvernehmlich beschließen werden, hat die Europäische Kommission durchgesetzt.

Der Senat schreibt jetzt noch in der Begründung, es wird sie kaum jemand gelesen haben, dass er gegen das Gesetz ist. Er bleibt bis heute bei seiner Auffassung, das ist ein bisschen absurd bei der Vorlage eines Gesetzes, aber ich kann es verstehen, denn dieses Gesetz, meine Damen und Herren, ist das Dokument des Scheiterns einer Europapolitik, die unter anderem und vor allen Dingen der Präsident des Senats, Herr Dr. Scherf, der nun leider nicht mehr da ist, gegen die europäischen Verträge und gegen die europäischen Institutionen hier seit zwei Jahren verfolgt hat, in diesem Fall, daran kann ich mich sehr gut erinnern, auch wieder lautstark und demagogisch, aber, und das haben wir hier schon vor zwei Jahren von dieser Stelle aus gesagt, ohne jede Aussicht auf Erfolg, und genauso ist es auch gekommen.

Es lohnt sich schon, weil es wirklich ein Lehrstück an Europapolitik ist, und ich prophezeie Ihnen, dass auch in anderen Fragen der Senat und mit ihm andere Länderchefs scheitern werden in ihrer Europapolitik, deswegen sage ich noch einmal etwas zur Vorgeschichte. Der Streit um die Landesbanken hat sich vor gut zwei Jahren an der Forderung der Kommission an die Westdeutsche Landesbank entzündet, 1,6 Milliarden DM an unerlaubter Beihilfe an das Land zurückzuzahlen. Diese NRW-Staatsbank, die auch international agiert, wurde damals mit sehr scharfen Worten sowohl von Herrn Clement als auch von Herrn Scherf als, man höre und staune, „soziale Einrichtung“ in Schutz genommen. Jeglicher Anspruch Brüssels auf Wettbewerbskontrolle wurde scharf zurückgewiesen, alles unter dem Mantel der „Daseinsvorsorge“.

Ich habe damals in der Debatte vor zwei Jahren hier Folgendes gesagt, ich darf zitieren: „Das kann

doch nicht gehen, dass die West LB auf internationalen Finanzmärkten auftritt wie jede andere Großbank und vom Land in schönster Symbiose mit Milliardenbeträgen subventioniert wird.“ Das Protokoll vermerkt einen Zuruf von der SPD: „Warum nicht?“ Weiter habe ich gesagt: „Die Kommission achtet auftragsgemäß darauf, dass nicht unter dem Mantel öffentlicher Daseinsvorsorge der Wettbewerb verzerrt wird.“ Das hat sie auch auftragsgemäß getan. Die Länder – der Bund hat sich damals aus taktischen Erwägungen, leider, sage ich, eine Zeit lang auf ihre Seite geschlagen – hatten dabei nicht die geringste Chance, denn die europäischen Verträge, die die Länder und der Bund unterschrieben haben, gelten nun einmal auch dann, wenn man selbst einmal gern eine Ausnahme davon hätte. Das ist verständlich, aber das geht natürlich nicht.

Dann gab es die Vorgänge um die West LB, um Friedel Neuber, und dann gab es, um auch gerecht zu sein zu beiden Seiten des Hauses, die schreckliche Geschichte der Bankgesellschaft in Berlin. Das trug doch alles auch in Deutschland zu der Erkenntnis bei, dass es sich bei der so genannten Daseinsvorsorge doch wohl eher oder doch zum großen Teil um die Sorge um das je eigene politische Biotop gegangen ist, meine Damen und Herren.

Dann gab es im Juli 2000 mehrere Kompromissvorschläge. Herr Scherf, Herr Clement und Herr Stoiber haben damals gegen den Willen anderer Bundesländer jeden Kompromiss verhindert, weil ihnen das in den Kram ihres Konfrontationskurses gegen Brüssel passte. Dann blieb der Kommission kein anderer Weg, als die Frage gründlich und grundsätzlich aufzuwerfen, das heißt, die strukturellen Beihilfen, die in der Gewährsträgerhaftung und der Anstaltslast liegen, zu prüfen. Sie kamen, kurz gesagt, zu dem Ergebnis, dass beides in Höhe und Dauer unbegrenzte Beihilfen sind, dank derer sich die Landesbanken Kapital zu günstigen Zinsen beschaffen können, und dass sie deswegen abgeschafft werden müssen.

Das Ergebnis war, am 17. Juli 2001 musste dann die deutsche Seite einer Vereinbarung zustimmen. Das Gesetz, das wir heute hier auf dem Tisch haben, und auch der Staatsvertrag, der über die Nord LB kommen wird, setzt das um. Der Staat darf weiter Unternehmer sein, das ist gar kein Problem, aber es muss klar sein, dass seine Unternehmen nach den gleichen Regeln arbeiten wie die Privaten, seien es deutsche oder ausländische Private. Das ist das Entscheidende. Die Regeln müssen gleich sein, ansonsten kann der Staat natürlich Eigner bleiben.

Die Kommission, und das ist ein ziemlich trauriges Kapitel, ist heute inzwischen erheblich weiter gekommen, als sie vor zwei Jahren zunächst gehen wollte, als es noch um die Einzelfälle ging. Ich wiederhole es: Dieses Gesetz ist in Ordnung! Wir werden ihm selbstverständlich zustimmen. Das war von Anfang an unsere Position. Es ist aber eine schal

lende Ohrfeige, eine krachende Niederlage für die Europapolitik dieses Senats in Person von Herrn Dr. Scherf. Er hat sie selbst verschuldet, meine Damen und Herren.

Abschließend darf ich noch einmal zitieren, was der Bürgermeister der Bürgerschaft hier vor zwei Jahren gesagt hat: „Was für eine absurde Position die zehn Abgeordneten der Grünen in der Bremischen Bürgerschaft gegen das ganze übrige gesellschaftliche öffentliche Leben haben!“ Zitat des Bürgermeisters! Das Gegenteil war schon damals der Fall, die zehn Abgeordneten der Grünen hatten Recht, und wir haben in dieser Frage auch Recht bekommen. Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, werden das gleich mit der Verabschiedung des vorliegenden Gesetzes bestätigen. Ich bedanke mich herzlich bei Ihnen, dass Sie dafür die Hand heben werden! – Danke schön!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das Wort erhält Herr Staatsrat Metz.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Nun bin ich extra hierher gekommen und möchte dann wenigstens drei Sätze sagen. Ich finde es nicht schlimm, dass ich nicht wusste, warum Sie reden wollten, da Sie angekündigt haben, Ihre Kollegen aus der eigenen Fraktion wussten es auch nicht.

(Zuruf des Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/ Die Grünen] Das war ein Gag! Das ist klar! (Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Das war so ein bisschen fishing for compliments!)

Sie haben ja den Inhalt erst einmal richtig wiedergegeben, so dass ich das nicht wiederholen muss. Diese Verhandlungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Ländern, so ist ja die Kommission zusammengesetzt, haben natürlich Kompromisscharakter, das ist doch völlig klar. Da wird gerangelt, und zum Schluss kommt ein Kompromiss dabei heraus, wie fast immer in Europa. Dies wird nicht das erste und nicht das letzte Mal sein. Bei solchen Gelegenheiten kann man immer sagen, wir haben es gleich gesagt.

Die Interessen in Europa sind nun einmal unterschiedlich, auch zwischen den einzelnen nationalen und internationalen Körperschaften. Daraus nun jedes Mal eine Grundsatzfrage zu machen!

Ich habe eben den Bürgermeister gefragt: „Was mag denn sein, haben Sie sich in letzter Zeit wieder einmal mit Herrn Dr. Kuhn gestritten?“ Er sagte: „Eigentlich nicht, er wollte einmal vor vier oder fünf Wochen wieder sagen – ich weiß gar nicht, wo das war, ich war nicht dabei –, dass all die Ministerpräsidenten der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere hier der Bremer, das nicht richtig machen. Ich weiß nicht, ob er das meint. Wenn er das meint“, hat Herr Dr. Scherf gesagt, „dann werden sie, lieber Herr Metz, das schon richtig machen.“ Ich sage: Am besten finde ich, Sie streiten sich mit Herrn Dr. Scherf, wenn er da ist und nicht mit dem Staatsrat für Finanzen!

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Ja, von mir aus, wenn er da ist! Wem sagen Sie das?)

Ich vertrete hier diesen Gesetzentwurf, den Sie alle gut finden. Darüber freue ich mich, und nun sind wir uns alle einig. – Vielen Dank, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.