Protokoll der Sitzung vom 15.05.2002

D a z u

Mitteilung des Senats vom 7. Mai 2002

(Drucksache 15/1142)

Wir verbinden hiermit:

Regulierung des Zugangs zu Kabelnetzen im Zeitalter der Digitalisierung

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 14. Mai 2002 (Drucksache 15/1146)

Dazu als Vertreter des Senats Bürgermeister Dr. Scherf.

Herr Bürgermeister, ich frage Sie: Möchten Sie die Antwort wiederholen?

(Bürgermeister D r. S c h e r f : Nein!)

Das ist nicht der Fall, vielen Dank!

Ich gehe davon aus, dass wir in eine Aussprache eintreten wollen. – Das ist der Fall.

Die gemeinsame Aussprache ist eröffnet.

Das Wort erhält der Abgeordnete Schildt.

Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Es liegt auf die Große Anfrage der SPD und der CDU eine Antwort vor, die wir als SPD-Bürgerschaftsfraktion für sehr gut befinden, weil sie das Thema „digitaler Einstieg, DVBTerrestrik“ wunderbar abdeckt. Insoweit versuche ich, wesentliche Teile daraus zu zitieren beziehungsweise unsere Anmerkungen zu machen.

„Bremen und Bremerhaven bald mit terrestrischem digitalem TV“, das ist die Überschrift, die von heute an hier für Bremen gelten soll. Es gilt schon länger, dass in Berlin und Brandenburg der Umstieg ins digitale terrestrische TV beschlossen ist, Niedersachsen hat entsprechende politische Vorgänge ins Laufen gebracht.

Worum geht es eigentlich, wenn wir von Digitalisierung im Rundfunk sprechen? Bisher nutzt jeder von uns drei Übertragungswege, um Fernsehen zu empfangen: Es gibt die ganz normale Analogantenne, die meistens auf dem Dach steht, die Satellitenschüssel und den Kabelanschluss. Da erinnere ich an die Diskussion über den Verkauf des Kabelnetzes an Liberty Media, der nicht zustande gekommen ist.

Worum geht es jetzt bei DVB-T? Es geht darum, dass man versucht, diejenigen, die sich nicht eine Satellitenschüssel an das Haus bauen können, weil sie Mieter in einer Großwohnanlage sind, beziehungsweise viele, die sagen, ich möchte kein Kabel haben, um abhängig davon sein zu müssen, was in mein Haus hineinkommt und später als Rückkanalfähigkeit hinausgeht, den bisherigen analogen Übertragungsweg zeitnah digital zu versorgen. Deswegen die digitale Versorgung für diejenigen, die bisher eine analoge Antenne haben!

In der Diskussion geht es auch darum, was es eigentlich den Bürger kostet. Wenn wir politisch beschließen, wie es die Bundesregierung festgelegt hat, bis zum Jahr 2010 den Umstieg digital vollzogen zu haben, was muss ich als Bürger zusätzlich bezahlen, um bisher mit meiner normalen Antenne auf dem Dach oder der Wurfantenne eines gekauften Fernsehers klarkommen zu können? Man muss keine Angst aufkommen lassen, denn durch die Digitalisierung brauche ich erst einmal keinen neuen Fernseher. Der Fernseher muss allerdings mit einem Decoder versehen werden, der die digitalen Signale umwandelt, damit der Fernseher in der Lage ist, das Digitalbild verarbeiten zu können.

In der jetzigen Zeit, in der die Digitalisierungen langsam vorangehen, Berlin, das habe ich erwähnt, geht mit Schritten voran, Niedersachsen versucht das auch, kostet dieser Decoder etwa – nageln Sie mich nicht fest, liebe Kolleginnen und Kollegen! – 200 Euro. Dieser Preis ist natürlich auf den ersten Blick recht hoch, ich glaube aber, wenn es darum geht, neue Verbreitungsmedien in diesem Fall digital einzuführen, dass dann natürlich die Set-Top-Boxen günstiger werden. Also kommt auf die, die bisher vielleicht in Bremen und Bremerhaven rund 18 Prozent des gesamten Nutzungsbereichs des Fernsehens ausmachen, zu, sich einen Decoder anschaffen zu müssen. Der Fernseher kann so bleiben, wie er ist.

Welchen Mehrwert hat das Ganze, und warum ist es politisch notwendig, dass wir in Bremen nun zeitnah mit Berlin und Niedersachsen vorangehen? Der

Mehrwert ist, dass Sie bisher als Analogantennenbesitzer vier Programme nutzen können, öffentlichrechtliche und private. Die zukünftige Möglichkeit durch die Digitalisierung, durch die Möglichkeit, die Frequenzen – –.

Herr Dr. Kuhn, Sie machen immer irgendein Zeichen! Bin ich gemeint oder jemand hinter mir?

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Nein, ich will den Präsidenten fragen, ob ich ihn ablösen soll!)

Ach so! Fragen Sie ihn doch direkt! Sie machen mich ganz unsicher, wenn Sie das immer machen!

(Heiterkeit und Zurufe)

Das haben wir jetzt geklärt! Der Präsident wird dann gleich abgelöst!

Ich hoffe, ich habe den Faden jetzt nicht durch mein eigenes Mittun verloren!

(Zurufe: Antenne!)

Es geht um die Antenne! Jetzt ist der Faden doch weg!

(Zuruf des Abg. D r. S c h r ö r s [CDU])

Danke, Herr Dr. Schrörs! Bisher haben Sie die Möglichkeit, mit vier Programmen klarkommen zu müssen. Durch die Digitalisierung, also durch die Frequenzveränderungen, die sehr hoch wissenschaftlich sind und mir auch nicht ganz gängig sind, haben Sie aber zukünftig die Möglichkeit, bis zu 20 Programme empfangen zu können, öffentlich-rechtliche und private zusammen. Das würde heißen, wenn jemand sagt, ich möchte mich nicht an einen Kabelanschluss binden, ich möchte aber auch frei sein, weil ich keine Parabolantenne aufstellen kann, hat die Digitalisierung den Vorteil, dass Sie zukünftig für die Rundfunkgebühr wie bisher die Möglichkeit haben, bis zu 20 Programme empfangen zu können. Das heißt also, dass es eine einmalige Investition ist. Sie haben einen Mehrwert, so dass wir als SPD-Fraktion auf den Einwand, der von einigen in der Diskussion immer schnell vorgebracht wird, dass alles viel teurer wird und was das eigentlich bringt, nur sagen können, dass wir den politischen Mehrwert darin sehen, dass die Digitalisierung dem Benutzer, dem Kunden mehr Programme bringt als vorher.

Ich habe erwähnt, dass es eine Verabredung auf Bundesebene gibt, den digitalen Umstieg bis zum Jahr 2010 vollzogen zu haben. Da bisher Berlin und Niedersachsen überlegen, ihre Digitalisierung früher als bis zum Jahr 2010 – Berlin bis zum Jahr 2003, Niedersachsen bis zum Jahr 2004 – entsprechend vollzogen zu haben, macht es auch in Bremen Sinn,

und aus der Antwort geht das wunderbar hervor, mit Niedersachsen zusammen zeitgleich die Versorgungsinseln so aufzubauen, dass eine versorgungsfreie Abdeckung für das Land Bremen und darüber hinaus sichergestellt werden kann. Insoweit ist es in der Antwort zu begrüßen, dass Bremen versucht – das ist ein hoher Anspruch –, bis zum Jahr 2004 den digitalen Umstieg vollzogen zu haben.

Das Ganze kann man nicht von heute auf morgen machen. Man kann jetzt schlecht sagen, alle Antennen sind weg, und was kommt dann, und was kostet das eigentlich die öffentlich-rechtlichen Anstalten. Der Umstieg, in der Antwort kommt das zum Ausdruck, soll in einer Übergangsphase organisiert werden. Das heißt, wenn wir politisch entscheiden – das Ganze muss dann in das Landesmediengesetz gegossen werden, was uns hoffentlich nach der Sommerpause erreichen wird –, dann wird ganz klar festgelegt, wann die Übergangszeiten vollzogen werden sollen. In dieser Übergangszeit können Sie sowohl mit der Analogantenne als auch mit der neuen Digitalantenne Fernsehen empfangen.

Diese Übergangszeiten darf man nur nicht lange laufen lassen, weil sie natürlich für die öffentlichrechtlichen und privaten Anbieter ein hohes Investitionsvolumen haben, da der Frequenzsektor ziemlich teuer ist. Auf die Frage, die Herr Dr. Schrörs mir vor kurzem einmal stellte, was das eigentlich die öffentlich-rechtlichen Anstalten kostet, ist zu sagen: Wenn man den Übergangszeitraum so kurz fasst, wie es in der Senatsvorlage steht, etwa sechs Monate, und im Jahr 2004 umsteigt, wird es danach günstiger werden, weil bisher auf einer Frequenz ein Programm durch die Anstalten gesendet werden kann und sie zukünftig auf einer Frequenz vier Programme senden können. Die Kosten pro Programm an Frequenz gemessen werden also günstiger, so dass man auf lange Sicht sagen kann, dass die Digitalisierung im Fernsehbereich nicht dazu führen wird, dass es eine Rundfunkgebührenanhebung geben muss. Die öffentlich-rechtlichen Anstalten haben in die entsprechenden Anmeldungen schon Digitalisierungsbeträge einberechnet, und für den Zeitpunkt des Umstiegs kann davon ausgegangen werden, dass es zu keiner Verteuerung kommen wird.

Wir als SPD-Bürgerschaftsfraktion setzen dann darauf, wenn die politischen Beschlüsse gefasst werden, dass natürlich der Bürger allumfassend darüber informiert sein muss, was eigentlich passiert, wenn zum Datum X umgestellt wird. Ich verweise da auf den Dringlichkeitsantrag der Grünen, den wir als SPD-Bürgerschaftsfraktion gern an den IuK-Ausschuss überweisen möchten, nicht weil wir ihn sehr weitreichend finden, sondern weil wir dort Punkte finden, über die man noch einmal diskutieren sollte, nämlich gerade über den Teil, wie man sicherstellen kann, dass die Bevölkerung darüber informiert wird, wann umgeschaltet wird und was passiert, wenn umgeschaltet wird. Insoweit sind wir mit der

CDU und den Grünen einvernehmlich dazu gekommen, dass wir den Antrag überweisen.

In den Inhalten des Dringlichkeitsantrags der Grünen, Frau Stahmann, sind, wie gesagt, einige Punkte, die man noch einmal besprechen müsste, die wir auch für falsch halten, also, jedem eine Set-Top-Box zur Verfügung zu stellen aus öffentlichen Mitteln halte ich für falsch. Das sind Beträge, die nachher sowieso durchaus bezahlbar sind, und dass natürlich sichergestellt wird, dass während des Umstiegs auch eine weitere Versorgung öffentlich-rechtlicher Anschlüsse gesichert ist, auch das ist eigentlich logisch, weil es die Antwort schon hergibt. Aber wir haben gesagt, wir lehnen das nicht in Bausch und Bogen ab und würden ganz gern den Dringlichkeitsantrag aufrufen in den Beratungen des Landesmediengesetzes, das dazu führen soll, dass wir in Bremen ab 2004 dann alles digital empfangen können. – Danke!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Bevor ich dem nächsten Redner das Wort gebe, möchte ich auf dem Besucherrang eine Gruppe der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen begrüßen. Herzlich willkommen!

(Beifall)

Das Wort hat der Abgeordnete Strohmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben hier die Große Anfrage zum digitalen terrestrischen Fernsehen vorliegen und den Dringlichkeitsantrag der Grünen, Regulierung des Zugangs zum Kabelnetz im Zeitalter der Digitalisierung. Als Erstes zur Anfrage! Die Überschrift hört sich ja ein bisschen kompliziert an, ist es aber nicht. Der Kollege Schildt hat es schon ausführlich in allen Einzelheiten erklärt. Ich will Ihnen das weitgehend ersparen, obwohl mein Redebeitrag ähnlich ist, weil dieses Ganze eigentlich in einem sehr großen Konsens ist und wir das auch alle wollen.

Auf den Punkt gebracht: Wir können anstatt jetzt acht Fernsehprogramme dann nach der Digitalisierung bis 24 Fernsehprogramme empfangen. Erst einmal ist es ein quantitativer Sprung, aber gleichzeitig ist es auch ein qualitativer. Jeder von uns, der einmal versucht hat, bei einem tragbaren Fernseher mit einer Stabantenne ein vernünftiges Programm zu bekommen, um vielleicht einmal im Garten nebenbei noch Fußball zu schauen, weiß, dass es eine richtige Qual ist und dass es in den meisten Fällen nicht gelingt. Dies wird dann hier möglich sein, weil eben überall, auch im mobilen Bereich, in einer sehr guten Qualität 24 Programme zu empfangen sind. Dies ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

bietet natürlich auch Möglichkeiten für neue Produkte und Angebote für diesen Markt. Das können wir dann entsprechend entwickeln.

Deshalb ist es unserer Meinung nach sehr wichtig, dass diese Umsetzung sehr schnell zu realisieren ist. Berlin beginnt in absehbarer Zeit, ich glaube, Mitte dieses Jahres, mit der Digitalisierung, und wenn unsere Region Bremen und Bremerhaven schnell folgt, können wir das Know-how für die Entwicklung von Anwendungen nutzen und diese dann auf dem gesamtdeutschen Markt präsentieren, denn die Einführung für Gesamtdeutschland bis zum Jahr 2010 ist ja eine noch von der alten Bundesregierung beschlossene Sache. Somit kann Bremen auch ein weiteres Mal eine Pilotfunktion ausüben und einen Wissensvorsprung erarbeiten.

Was müssen wir beachten? Wichtig ist, der öffentlich-rechtliche Rundfunk mit dem Fernsehen hat natürlich einen Auftrag der Grundversorgung mit Programmen. Deshalb wird es auch kein Umschalten von heute auf morgen geben. Eine Übergangslösung von sechs bis neun Monaten ist eingeplant, eine parallele Übertragung, also analog und digital, wird es in dieser Zeit geben. Hier muss natürlich, Herr Kollege Schildt hat es schon gesagt, die Information der Bevölkerung gewährleistet werden. Bis entsprechende Fernsehgeräte, das wird dann die Entwicklung sein, auf dem Markt sind, wird es wahrscheinlich noch ein paar Jahre dauern.

Es ist natürlich möglich, dass eine Set-Top-Box, so heißt die, notwendig ist. Diese kostet ungefähr, Herr Schildt hat es auch schon gesagt, etwa 150 bis 200 Euro. Im Moment würde das 18 Prozent der Bevölkerung direkt betreffen, die bisher ihre Fernsehprogramme ausschließlich über Antenne empfangen. Bei so einer relativ geringen Anzahl der direkt Betroffenen halte ich es auch nicht für notwendig, die Verbraucherzentrale personell und finanziell aufzustocken, so wie es die Grünen in ihrem Antrag vorgeschlagen haben, dazu komme ich aber später noch einmal.

Für die digitalen Frequenzen in Bremen und Bremerhaven wird eine Sendeleistung benötigt, die etwas geringer sein wird als die für die bisher ausgestrahlten drei Programme. Die Problematik der zusätzlichen Strahlenbelastung stellt sich bei der Einführung von DVB-T für das Land Bremen also nicht. Das ist ja gerade in der jetzigen Diskussion, glaube ich, auch noch ein wichtiger Aspekt.

Alles in allem ist diese Entwicklung sehr positiv. Da nur eine Stabantenne notwendig ist, können wir davon ausgehen, dass mittelfristig der terrestrische Empfang in den nächsten Jahren zunehmen wird. Ein weiterer Aspekt für die Nutzung der Terrestrik ist, anders als beim Kabelanschluss, dass keine zusätzlichen monatlichen Entgelte notwendig sind. Ich glaube, bei 24 möglichen Programmen wird es doch den einen oder anderen geben, der überlegt, ob die

15 Euro Kabelanschluss notwendig sind. Aber ich glaube, dass dieser Schritt die Modernisierung der Kabelnetze beschleunigt. Dazu komme ich aber gleich noch einmal.