Protokoll der Sitzung vom 22.08.2002

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Teiser.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Dr. Güldner, erst einmal haben wir zur Kenntnis genommen, dass die von Ihnen mit geführte Bundesregierung der Hilfe der CDU und der von ihr regierten Bundesländer bedarf, um ihre Rechtsverordnungen zu erarbeiten.

(Beifall bei der CDU – Abg. Frau H o c h [Bündnis 90/Die Grünen]: Wir lassen Sie teilnehmen!)

Die Rechtverordnungen, das wissen Sie, wer dafür zuständig ist,

(Abg. H e r d e r h o r s t [CDU]: Nein, das wissen sie nicht!)

für den Bund zu erarbeiten, dafür ist nicht der Innensenator in Bremen zuständig, dafür ist auch nicht die CDU oder irgendeine Koalition verantwortlich.

(Abg. Frau H ö v e l m a n n [SPD]: Und wie geht es weiter?)

Es ist ja peinlich, wenn Sie hier erklären, weil Sie uns nicht bei der Erarbeitung dieser Rechtsverordnungen helfen, deswegen sind die noch nicht fertig und kommen nicht.

(Unruhe – Zurufe von der SPD)

Das haben wir zur Kenntnis genommen. Nun sage ich Ihnen, schlägst du mich mit Geißler, schlag ich dich mit Helmut Schmidt und zitiere mit Genehmigung des Präsidenten wie folgt, Altbundeskanzler Schmidt kritisiert Zuwanderungspolitik: „Wir haben unter idealistischen Vorstellungen viel zu viele Ausländer hereingeholt. Wir haben heute sieben Millionen Ausländer, die nicht integriert sind, von denen sich die wenigsten integrieren wollen, denen auch nicht geholfen wird, sich zu integrieren. Jetzt sitzen wir da mit einer sehr heterogenen, de facto multikulturellen Gesellschaft und werden damit nicht fertig.“

Maischberger, N-TV, 27. März 2002! Ich will damit nur deutlich machen, man muss sich weder dem einen noch dem anderen anschließen. Wenn Sie aber glauben, die Bevölkerung insgesamt oder die CDU mit ihren hunderttausenden von Mitgliedern oder CDU-Landtagsfraktionen mit der Einzelmeinung eines CDU-Mannes nun besonders beeindrucken zu können und das als letztendlichen Wahrheitsbeweis nun heranführen zu können, dann könnte ich Ihnen eine Palette von Zitaten, die quer durch die Parteien in Deutschland geht, immer heranholen, wo man immer etwas herausgreifen kann, um dem anderen zu sagen: Du liegst völlig falsch, einer von euch hat das auch gemacht!

Herr Dr. Güldner, die Frage, inwieweit die geschlechtsspezifische Verfolgung tatsächlich in der Menge zum Tragen kommt, lasse ich einmal völlig dahingestellt. Ich will auch nicht im Detailfall mit Ihnen darüber diskutieren, wie das berechtigt ist, ob das berechtigt ist und wie man das handhaben muss. Aber aus diesen ganzen Segmenten, wo Sie, aus Ihrer Sicht auch völlig zu Recht, nicht nur bei diesen, in anderen Bereichen sagen, aus unserer Sicht muss das gemacht werden, aus unserer Sicht müsste das ergänzt werden, dann sagen Sie wenigstens zum Schluss, dass sich ganz im Ergebnis nicht eine Verminderung der Zuwanderung ergibt, sondern sagen Sie, es gibt gute Gründe für uns, dies und das auszuweiten. Es wird dann vielleicht zu vermehrter Zuwanderung kommen, die nehmen wir in Kauf, weil wir das für berechtigt halten.

(Beifall bei der CDU)

Aber Sie können nicht erst anfangen aufzuaddieren und zum Schluss sagen, und deswegen ist die Überschrift „Die Zuwanderung wird begrenzt und zurückgeführt und reduziert“ irgendwie halbwegs gerechtfertigt. Die von mir eben gerade geschilderte Position würde ich auch für die Diskussion dann ehrlich gesagt für fairer halten. Darüber könnte man sich auseinander setzen, aber man kann nicht Gründe ausweiten und anschließend sagen, das ist unsere Verminderung. Das hat inzwischen auch die Mehrheit der deutschen Bevölkerung gemerkt. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächste Rednerin erhält das Wort Frau Senatorin Röpke.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte doch noch aus der Sicht der Sozialsenatorin etwas zum Stand der Dinge sagen. Es ist so, dass unser Ressort mit großem Engagement an der Umsetzung des Zuwanderungsgesetzes arbeitet.

(Beifall bei der SPD)

Wir müssen uns darauf vorbereiten, es gibt einen Rechtsanspruch für alle Neuzuwanderer ab 1. Januar 2003. Wir haben jetzt August, wir haben auch noch genug Zeit, das auf den Weg zu bringen. Ich bin ganz optimistisch, dass das bis dahin klappt. Es gibt, das ist schon mehrfach angesprochen worden, einen Umsetzungsprozess, der vom Bund geleitet wird. Es gibt ein neues Bundesamt, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, seit dem 1. Juli 2002, das den Auftrag hat, das Integrationsprogramm und die Vorbereitung der Integrationskurse voranzutreiben. Das läuft auch mit Hochdruck. Sie wissen, dass die Integrationskurse sich aufgliedern in Basiskurse, Orientierungskurse und Aufbaukurse. Nach meinen Informationen ist die Finanzierungsfrage auch so weit geklärt, dass der Bund die Basis- und Orientierungskurse finanziert und die Länder die Aufbaukurse übernehmen. Das müssen wir in Bremen noch klären, wie wir diese Finanzierungsfrage lösen, aber auch das werden wir hinbekommen.

Es gibt Vorbereitungen für die Erarbeitung dieser Rechtsverordnungen. Der Prozess beim Bundesministerium des Innern ist so weit, dass jetzt hausintern abgestimmt wird. Natürlich wird der Bundesinnenminister angesichts dieser politischen Gefechtslage jetzt keinen Entwurf im Bundesrat vorlegen, er wäre er ja auch mit dem Klammerbeutel gepudert, aber intern ist er dabei und gut aufgestellt und kann dieses Rechtswerk dann auch in Kürze präsentieren.

Es gibt gute Vorbereitungen für die Integrationskurse sowohl bei den Ministerien als eben auch in dieser eben schon erwähnten Arbeitsgruppe der Länder, der so genannten AG Flü. Der Bundesinnenminister wird in Kürze einen Zeitplan für die Auswahlverfahren der Sprachkursträger vorlegen, daran werden wir von Bremen uns dann auch beteiligen. Wir arbeiten sehr intensiv in dieser Länderarbeitsgruppe, dieser AG Flü, und wir bedauern es ausdrücklich, dass die CDU/CSU-geführten Länder sich dieser Zusammenarbeit entziehen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Es wäre wirklich im Interesse aller Bürgerinnen und Bürger und Neuzuwanderer, wenn wir da zu inhaltlicher Zusammenarbeit kämen. Auch die CDU/CSU hat es ja immer gefordert, dass zum Beispiel Sprachkurse für die Integration notwendig sind, was auch gut und richtig ist.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Müller-Konzept!)

In dieser AG Flü laufen genau diese Definitionsbestimmungen, die Sie eingefordert haben, was Sprachkurse nämlich leisten sollen, was sie leisten müssen, damit zum Beispiel die Integration in den Arbeitsmarkt erfolgen kann, was ja von zentraler Bedeu

tung ist. Es sind Unterarbeitsgruppen gebildet worden, die Qualitätsstandards für Sprachniveaus entwickeln. Es sind Unterarbeitsgruppen gebildet worden, die die Schnittstellen für die Umsetzung des Gesetzes entwickeln. Es wird also auch da mit Hochdruck gearbeitet. Wie gesagt, die Menschen, die in den Arbeitsgruppen mitarbeiten, bedauern es ausdrücklich, dass die CDU/CSU-Länder sich entziehen. Nach meinem Kenntnisstand ist nur Sachsen dabei, aber wohl mehr oder weniger nur mit Beobachterstatus.

Wir haben als Senat schon einiges vorgearbeitet. Sie wissen, wir haben das Integrationskonzept. Da ist ja einiges schon vorweggenommen. Wir stehen jetzt vor der Aufgabe, dieses Integrationskonzept anzugleichen mit dem, was das Zuwanderungsgesetz des Bundes uns vorgibt. Auch das werden wir dann leisten, aber da haben wir nicht mehr so viel zu tun, weil wir da in Bremen ganz gut aufgestellt sind. Ich bin insgesamt sehr optimistisch, dass wir die Umsetzung des Integrationsprogramms, der Integrationssprachkurse bis zum Ende des Jahres hinbekommen, dass wir gut vorbereitet sind, so dass es dann am 1. Januar 2003 hier losgehen kann.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Damit ist die Beratung geschlossen.

Meine Damen und Herren, stimmt meine Information, dass beantragt worden ist, diesen Antrag der Grünen an die Deputation für Inneres und an den Ausländerausschuss zu überweisen, wobei Inneres federführend sein soll?

(Abg. B ö h r n s e n [SPD]: Inneres und Soziales!)

Inneres und Soziales, federführend Inneres!

Meine Damen und Herren, wir kommen dann zur Abstimmung.

Wer den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 15/1185 an die Deputation für Inneres und an die Deputation für Soziales, wobei die Deputation für Inneres die Federführung haben wird, überweisen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, CDU und Bündnis 90/Die Grünen)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen Abg. T i t t m a n n [DVU])

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) beschließt entsprechend.

Umsetzung des Gewaltschutzgesetzes – praktische Unterstützung für Opfer von Gewalt in der Familie

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 2. Juli 2002 (Drucksache 15/1187)

Dazu als Vertreter des Senats Senator Dr. Böse.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erste Rednerin erhält das Wort die Abgeordnete Frau Hoch.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Wirkungsweise eines Gesetzes ist nur so gut wie die praktische Umsetzung. Im Dezember 2001 hat die rotgrüne Bundesregierung einen Aktionsplan zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen vorgelegt. Gewalt in Familien gilt nicht mehr als Privatsache. Es ist jetzt im öffentlichen Interesse, dass Gewalt in der Familie wirkungsvoll bekämpft werden kann. Mit dem Slogan „Das Private ist politisch“ hat die Frauenbewegung das Thema Gewalt in der Familie immer wieder aus der Tabuzone herausgeholt und öffentlich gemacht.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Viel zu lange waren Justiz und Polizei auf einem Auge blind und haben entsprechende Fälle als Privatangelegenheit oder Familienstreit gewertet. Der Aktionsplan der rotgrünen Bundesregierung hat wesentlich dazu beigetragen, dass hier ein Paradigmenwechsel stattgefunden hat. Häusliche Beziehungsgewalt ist jetzt keine Privatangelegenheit mehr, so stand es auch auf den Plakaten in Bremen und in Bremerhaven. Sie waren Teil einer Öffentlichkeitskampagne, die von der Zentralstelle für die Gleichberechtigung der Frau initiiert wurde.

Ein zentraler Punkt im Aktionsplan der Bundesregierung zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen ist das Gesetz zur Verbessung des zivilrechtlichen Schutzes bei Gewalttaten und Nachstellungen sowie zur Erleichterung der Überlassung der Ehewohnung und Trennung, kurz gesagt das so genannte Gewaltschutzgesetz, unter dem Namen kennen wir es ja meistens. Es ist seit dem 1. Januar 2002 in Kraft.

Mit diesem Gesetz hat die rotgrüne Bundesregierung die Möglichkeit geschaffen, dass häusliche Gewalt konsequent angegangen werden kann. Bislang mussten die geprügelte Frau und die Kinder zu ihrem eigenen Schutz die gemeinsame Wohnung verlassen. Das haben wir geändert. Auf eine kurze Formel gebracht: Der Täter geht, das Opfer bleibt! Das

gilt natürlich auch in den seltenen Fällen, bei denen die Gewalt von einer Täterin ausgeht. Das Gesetz gilt auch für nichteheliche Haushaltgemeinschaften. Das, meine Damen und Herren, halten wir für sehr wichtig, denn es berücksichtigt damit die veränderten Lebensformen unserer heutigen Gesellschaft.