Protokoll der Sitzung vom 13.11.2002

Dazu als Vertreter des Senats Bürgermeister Perschau, ihm beigeordnet Staatsrat Dr. Dannemann.

Die Beratung ist eröffnet.

Wortmeldungen liegen nicht vor.

(Zurufe: Was?)

Wortmeldungen liegen nicht vor, habe ich gesagt!

Das Wort hat die Abgeordnete Frau LemkeSchulte.

Ich habe es extra langsam gemacht, damit wir etwas Zeit gewinnen, Frau Kollegin!

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen, meine Herren! Es geht um die Mitteilung des Senats mit dem dazugehörigen Gutachten unter Federführung der Prognos AG, das erstellt worden ist. Ich gehe allerdings davon aus, verehrte Kolleginnen und Kollegen, dass ich Ihnen die gesamte Philosophie unseres Sanierungskurses hier nicht noch einmal in aller Ausführlichkeit darlegen muss. Ich glaube, dass es uns allen klar ist, worum es ging und worum es auch geht. Wir haben das hier mehrfach debattiert, investieren und sparen ist der Oberbegriff und auch der viel strapazierte Begriff.

(Präsident W e b e r übernimmt wieder den Vorsitz.)

Wir müssen und wollen mit diesem Investitionssonderprogramm den Wirtschaftsstandort stärken, ihn attraktiv und einladend für Investoren gestalten, Wissenschaft und Wissenschaftstransfer organisieren, vorhandenen bremischen Unternehmen Entwicklungsperspektiven anbieten, dazu neue gewinnen, neue Technologien fördern, damit neue Arbeitsplätze schaffen beziehungsweise sichern, vor allem aber auch neue Einwohnerinnen und Einwohner für Bremen gewinnen und damit insgesamt mehr Steuerkraft generieren, ich komme auf das Thema noch einmal zurück. Was wir tun, ist erfolgreich, das ISP zeigt Wirkung. Man konnte das auch bereits der Presse entnehmen, nachdem sich der Senat damit befasst hat. Wir könnten also zufrieden sein. Ich finde aber, wir sollten uns nicht zufrieden zurücklehnen, sondern wir sollten das Begonnene weiter entwickeln und vor allem auch mit Augenmaß ergänzen.

Nach meiner Ansicht bietet die Konkretisierung des Anschlussinvestitionsprogramms AIP dazu eine gute Gelegenheit. Es sind wesentliche Beiträge geleistet worden, zum Beispiel ist das Vulkan-Gelände ein herausragendes Beispiel für diesen Kurs. Nach dem Zusammenbruch der Werft ist dort keine Industriebrache entstanden, und heute, nach einer dynamischen Entwicklung, arbeiten dort längst mehr ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

Menschen, als der Bremer Vulkan zuletzt beschäftigte. Das ist sehr erfreulich.

(Beifall bei der SPD)

In Bremerhaven ist der Fischereihafen ein gutes Beispiel für erfolgreiche Strukturpolitik, ein Thema davon haben wir gerade eben ausführlich – –.

(Zuruf des Abg. S c h r a m m [Bündnis 90/ Die Grünen])

Es ging nicht um den bisherigen Chef, sondern um die Sache an sich! Ein Thema haben wir gerade ausführlich dazu diskutiert, und ich hoffe, dass es ein attraktives und florierendes Zentrum der Lebensmittelindustrie sein wird, was sicher Ihnen auch sehr gut gefallen könnte, Herr Kollege Schramm.

Auch in der Stadt Bremen spielt der Ausbau der Wissenschaftsinfrastruktur eine entscheidende Rolle. Die rasante Entwicklung des Technologieparks an der Universität ist das herausragende Beispiel dafür, und die Voraussetzungen, meine Damen und Herren, für die Weiterentwicklung dieses Vorzeigemodells Technologiepark sind gestellt. Es ist nämlich gelungen, erhebliche Erweiterungsflächen und -optionen zu schaffen und diese Expansion mit Freizeit- und Naturschutzerfordernissen in Einklang zu bringen. Für kontraproduktiv halte ich Beiträge, die bereits jetzt den Sprung ins Hollerland zur Nagelprobe auf Gelingen oder Scheitern des gesamten Sanierungskurses hochstilisieren.

(Beifall bei der SPD)

Das sage ich schon einmal vorbeugend in Ihre Richtung. Das wird dem Thema meines Erachtens nicht gerecht. Der Oeversberg ist ein weiteres Bespiel dafür, auch darüber haben wir eben debattiert, wie wissenschaftsnahe Gewerbeflächen entwickelt werden können, übrigens umwelt- und umfeldverträglich, und ich finde, meine Fraktion hat sich in dieser Legislaturperiode wiederholt als Garant einer flächen- und nachbarschaftsschonenden Politik erwiesen.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben kein Interesse daran, dass wir unsere Stadtgemeinden Bremen und Bremerhaven gegen die Bürgerinnen und Bürger entwickeln, sondern immer mit ihnen. An diesem Anspruch werden wir uns auch künftig messen lassen.

(Beifall bei der SPD)

Dass eine ganze Reihe Bremerinnen und Bremer und Bremerhavenerinnen und Bremerhavener die Investitionspolitik mit Skepsis beobachten, ist uns

bewusst, das wird auch öffentlich geäußert. Die touristischen Großprojekte sind vielfach sehr kritisch betrachtet worden, zumal an anderen Stellen heftig eingespart werden muss. Das ist nur zu verständlich. Allerdings beweist ein Unternehmen wie das Universum, wie erfolgreich Public private partnership bei der Schaffung touristischer Attraktionen sein kann, und dieses Universum zeigt auch, dass neuartige Konzepte mit Alleinstellungsmerkmalen Menschen in großer Zahl anlocken. Alles spricht dafür, hoffe ich jedenfalls, dass das geplante Visionarum auch die Erfolgsgeschichte des Bremer Wissenschaftsmuseums fortschreiben wird.

(Beifall bei der SPD)

Die neue Idee, mit einem so genannten Cineum erlebnishungrige Kinofans an die Weser zu holen, klingt überzeugend, und wenn die angestrebte Machbarkeitsstudie die prognostizierten Zahlen bestätigt, könnte hier eine neue Attraktion mit überregionaler Wirkung entstehen.

Zum touristischen Anziehungspunkt zähle ich auch das Entwicklungsgebiet Alter/Neuer Hafen in Bremerhaven. Die geplante Marina mit angeschlossener Wohnanlage und den dazugehörigen Dienstleistungen findet hohe Resonanz. Die Lage am Wasser mit Blick zum Hafen und Nähe zur City bieten wirklich so nur ganz wenige Städte. Hamburg, Düsseldorf oder auch London sind Beispiele dafür, wie begehrt ehemalige Hafengebiete sowohl für Wohnen, Freizeit und Dienstleister sind, und damit spreche ich insbesondere auch das Projekt Überseestadt an. Wir haben beim Besuch der Messe Expo Real sehen können, Herr Kollege Focke, Herr Kollege Dr. Sieling, wie erfolgreich solche Projekte sein können, und das wollen wir auch an der Überseestadt entwickeln.

(Beifall bei der SPD)

Zurück zum Prognos-Gutachten, meine Damen und Herren! Die Daten will ich hier nicht im Einzelnen wiederholen, ich gehe davon aus, dass Sie das alle gelesen haben. Soviel nur: Die von Prognos prognostizierte Entwicklung klingt überzeugend. Bis 2016, Sie sehen also, man muss einen langen Atem haben, errechnen die Gutachter, wird jeder investierte ISP-Euro drei Euro privates Invest ausgelöst haben. Das ISP-Volumen in Höhe von knapp 2,38 Milliarden Euro wird dann gut sieben Milliarden Euro private Investitionen nach sich ziehen. Das ist eine Summe, die dann, wie ich hoffe, in die Stärkung von Wirtschafts- und Finanzkraft des Landes Bremen fließen wird. Das ist auch notwendig so.

Die Beschäftigungseffekte des ISP sind beeindruckend, selbst wenn ich sagen muss, die Prognosen schwanken beträchtlich, weil sie unter unterschiedlichen Modellannahmen errechnet worden sind. Selbst

wenn bis 2016 nur 26 400 vom ISP induzierte zusätzliche Arbeitsplätze entstehen sollten, wäre dies ein großer Erfolg, zumal damit ein ähnliches Arbeitsplatzvolumen gesichert wird. Das war übrigens immer das Ansinnen der Sozialdemokraten, dass besonders auf diese Wirkung das größte Augenmerk gelegt wird, Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen.

(Beifall bei der SPD)

Wenn die Gutachter weiterrechnen und man das AIP berücksichtigt, erwartet man einen Beschäftigungseffekt von bis zu 44 000 Stellen, wobei nicht verschwiegen werden darf, eine große Zahl dieser Arbeitsplätze ist oder wird von Pendlern besetzt. Auch darauf wird in der Mitteilung des Senats hingewiesen. Trotz der genannten Fortschritte, meine Damen und Herren, ist es nicht gelungen, so räumt die Studie ein, die Wachstumslücke zu schließen. Aber das ISP hat ein überdurchschnittliches Wirtschaftswachstum ausgelöst, und dieser Effekt werde sich fortsetzen. Das Programm benötigt allerdings eine Anschlussfinanzierung, da sind wir uns mit den Gutachtern einig. Da gibt es, glaube ich, Konsens, zumindest zwischen den Koalitionspartnern. Dass es ein AIP gibt, ist nicht mehr strittig, aber wie es aussehen soll, meine Damen und Herren, das müssen wir noch verhandeln.

Wir sind überzeugt, dass das ISP angepasst werden muss. Künftig wird es auch, soweit besteht jedenfalls bei uns Konsens, touristische Großprojekte – ich nenne nur beispielhaft den Space-Park, ohne ihn damit zu werten, die Debatte haben wir hier ja nun mehrfach geführt, wir alle hoffen, dass er gelingt – nicht mehr geben. In Zukunft müssen wir stärker in die Bereiche investieren, die die Lebensqualität der Stadt verbessern.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, die Gutachter verzichten leider völlig darauf, zu untersuchen, wie sich das ISP nicht nur auf das Wirtschaftswachstum und das Entstehen neuer Arbeitsplätze auswirkt, sondern auch auf die Bevölkerungsentwicklung. Es wäre eigentlich hilfreich zu wissen, wie sich bestimmte Programme auf die Bevölkerungsentwicklung ausgewirkt haben und auswirken werden. Ich hätte mir zum Beispiel gewünscht, dass die Wachstums- und Arbeitsmarkteffekte von Investitionen in die Stadtteile mit gleicher Sorgfalt untersucht und dokumentiert worden wären wie die Wirkung von Gewerbeflächeninvestitionen.

Hier sehe ich Nachbesserungsbedarf, um das AIP, das künftige Programm, so zielorientiert wie möglich gestalten zu können. Wir werden uns deshalb bei der Fortschreibung des ISP nicht allein darauf beschränken, die bisherige Infrastrukturinvestitionspo

litik, die unbestritten Wirkung zeigt, ich wiederhole das noch einmal, fortzusetzen. Weil Einwohnerinnen und Einwohner für Bremen und Bremerhaven so wichtig sind wie Arbeitsplätze, werden wir dazu im AIP einige neue Akzente setzen und setzen müssen.

(Beifall bei der SPD)

Wir werden zwar erst morgen Vormittag über Arbeitsplätze und Einwohnerentwicklung im Lande Bremen ausführlich debattieren, eine wichtige Erkenntnis aber möchte ich jetzt schon nennen, weil sie auch die wichtige Rolle spielt: Arbeitsplätze allein, weil ich ahne, was kommt – natürlich ist es wichtig! –, sanieren die bremischen Haushalte nicht. Jede zusätzliche Stelle bringt bis zu 700 Euro in die bremischen Kassen, aber jeder zusätzliche Einwohner bringt bis zu 3000 Euro in die Kassen und schlägt damit positiv zu Buche, jeweils gerechnet nach Länderfinanzausgleich. Das ist eine Zahl, mit der wir umgehen und der wir uns stellen müssen. Ich will diesen Punkt nicht weiter beleuchten, aber ich glaube, dass deshalb die Fortschreibung des ISP einer Feinjustierung bedarf. Das AIP muss neben Bewährtem auch Neues enthalten.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben schon am Anfang des letzten Jahres dafür gestritten, Bürgerinnen und Bürger für Bremen und Bremerhaven zu begeistern, und das wollen wir unbedingt fortsetzen.

(Beifall bei der SPD)

Vor diesem Hintergrund, meine Damen und Herren, ist es so, dass die Bewertung – –.

(Glocke)

Ja, bitte!

Ihre Redezeit ist abgelaufen!

Ein solches Gutachten sollte eben auch die Funktionen – ich komme ganz schnell zum Schluss! –, nicht nur die drei Säulen wählen, wirtschaftsnah, Infrastruktur und Verkehr, Tourismus und oberzentrale Funktion sowie Forschung und Entwicklung, sondern auch die Betrachtungsebene der Stadtteile und die unterschiedliche Entwicklung der Städte Bremen und Bremerhaven. Auch dazu fehlen mir einige Ausführungen.

Fazit: Das ASP zeigt Wirkung, das ist gut und notwendig, aber es ist nicht hinreichend, das ISP hat den notwendigen Strukturwandel gefördert, auch das ist nicht hinreichend, es muss also entsprechend nachgearbeitet und vorgesorgt werden mit dem An

schlussinvestitionsprogramm, damit wir für Bremen und Bremerhaven auch in der Tat die Zukunft gewinnen. – Danke schön!

(Beifall bei der SPD)