insbesondere nicht, wenn wir den World-KindnessDay heute begehen, nämlich den Tag der Freundlichkeit. Daran sollten wir uns doch alle halten,
Herr Senator Lemke, wenn die Rechtsauffassung, die Sie dargestellt haben, so klar ist, dann hätte es eigentlich gereicht, wenn die Fraktionen das hier eben so bekundet hätten, und wir hätten dann die Diskussion abgebrochen,
die Kommunalaufsicht des Innensenators hätte in Bremerhaven angerufen und hätte gesagt, gebt uns den Fall her, wir wollen das als Kommunalaufsicht prüfen, und dann wäre das seinen rechtlichen Gang gegangen.
Wenn Sie aber selbst das zu einer Frage von Integration, von Schulfrieden und Ähnlichem machen, brechen Sie ein juristisches Problem herunter auf ein politisches Problem, und die Vorredner von SPD und Grünen haben ja deutlich gezeigt, dass es für sie eher ein politisches Problem als ein rechtliches Problem ist, denn, wie gesagt, Sie haben es ja selbst deutlich gesagt, die Rechtslage ist im Prinzip völlig klar.
Es ist mehrfach gesagt worden von den Sozialdemokraten, man möchte Bremerhavener Probleme der Koalition doch hier nicht in den Landtag bringen, und das wäre ein Streit mit Rückspielen wegen irgendetwas. Meine Damen und Herren, alles dummes Zeug! Die Koalition in Bremerhaven hat sich mit diesem Thema noch gar nicht befasst, konnte sich auch gar nicht befassen, weil sie davon ausging, dass das Rückspiel in Bremen stattfindet und dass sie hier dieses Praktikum bekommt. Es ist nun dem Bremer Senat oder wem auch immer geschickt gelungen, dieses Problem nach Bremerhaven zu verlagern in der Hoffnung, dass in kleinen Städten Probleme auch nur klein gesehen werden. Das ist allerdings nicht gelungen.
(Beifall bei der CDU) ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft. Wenn Sie sagen, dass die SPD für die Trennung von Staat und Kirche ist, alle Achtung, das steht auch in der Landesverfassung, gut, dass Sie sich dem angeschlossen haben! (Heiterkeit und Beifall bei der CDU)
Eines ist völlig klar, meine Damen und Herren, Recht ist keine Frage von Koalitionen, Recht ist auch keine Frage von Mehrheiten, von Arbeitsgruppen, von Ähnlichem. Recht ist Recht, und wenn Sie hier sagen in Ihrer Debatte, vorwurfsvoll an unseren Redner, er hätte ja hier nun so etliche Rechtsauffassungen dargestellt, so ist es mir entgangen, ich habe nur eine durchgängige Rechtsauffassung der damit befassten Gerichte überhaupt gesehen.
Meine Damen und Herren bei den Grünen, gut, Herr Dr. Güldner, was sollten Sie auch sonst machen, die Rechtslage ist klar, also müssen Sie versuchen, irgendwie mit einer kleinen Rede hier Späße zu machen. Ich habe das auch teilweise nicht als so spaßig empfunden, wie andere es empfunden haben. Wenn Sie zum Beispiel sagen, die CDU sei outgesourceter Teil der katholischen Kirche, dann haben Sie im Kern nicht völlig Unrecht.
Wir machen keinen Hehl daraus, dass die Nähe der CDU zu den Kirchen in Deutschland, zu den christlichen Kirchen in Deutschland, zur katholischen und evangelischen, besteht, und ich glaube, das ist auch gar nicht so tragisch, wenn man betrachtet, in welchem Land wir leben, welche Geschichte wir haben und dass wir immerhin noch ein Land sind, das der christlichen Kultur und den christlichen Lebensauffassungen in ihren Grundtendenzen zumindest verbunden ist. Wir sind der Auffassung, das sollte auch auf Dauer so bleiben.
Ich will es für diejenigen sagen, die es nicht wissen, insbesondere auf den Zuschauerrängen: In der Türkei ist es gesetzlich verboten, denn die haben das Gebot der Trennung von Kirche und Staat, ein öffentliches Gebäude mit Kopftuch zu betreten. Sie kommen nicht mit einem Kopftuch in eine Schule, nicht in eine Universität, nicht in ein Polizeirevier, in keinen öffentlichen Bereich kommen Sie mit Kopftuch. Das ist Fakt. Nun begeben wir uns wieder in unser Land.
Ich frage Sie, wenn Sie sagen, da muss immer der Einzelfall betrachtet werden: Was soll das bedeuten? Dass jeder Einzelfall erst einmal positiv beschieden wird, damit man sich eine Klage erspart, oder wäre es nicht möglicherweise überlegenswert gewesen zu sagen, wir wollen auch die Einzelfallregelung, die Einzelfallklage und die Einzelfallklärung von Gerichten bei einem solchen Praktikumsfall haben? Also sagen wir nein, lassen es durchklagen und schauen einmal, was dabei herauskommt! Nein, es ist be
hauptet worden, das Gerichtsverfahren hätten wir sowieso verloren, und deswegen machen wir es. Meine Damen und Herren, wenn wir da tagtäglich unsere Politik machen würden unter diesem Aspekt, wir machen das, denn wir würden die Klage sowieso verlieren, dann sage ich Ihnen wirklich gute Nacht, dann bricht letztendlich alles zusammen. Insofern zieht dieses Argument nicht, und Herr Weiß hat sich eindeutig falsch verhalten. Es ist vorhin gesagt worden, wörtlich, das hat Herr Weiß so für sich entschieden. Genau das ist der Punkt: Er hat das so für sich entschieden. Seine eigene Schulverwaltung hat gesagt, das geht rechtlich nicht, die bremische Schulverwaltung hat gesagt, das geht rechtlich nicht. Dann kam von irgendjemandem ein Anruf, der gesagt hat, also, Mensch, kann man nicht irgendwie, sind doch nur sechs Wochen, und dann ging es auf einmal doch, völlig fernab von jedem Recht, von jedem Gesetz, einfach nur so aus dem Bauch nach der Devise, was bin ich tolerant, was bin ich nett, bin ich nicht ein schicker Kerl, der immer schön mit einem Schal herumläuft! Meine Damen und Herren, so können wir keine Politik machen, wenn das einreißt,
und deswegen wird das auch dann ein Nachspiel haben, wenn sich dann auch die Politik in Bremerhaven damit befasst. Ich möchte einmal wissen, was Sie der Dame sagen, wenn sie irgendwann vor Ihnen steht und sagt, das verstehe ich jetzt überhaupt nicht! Sie haben gesagt, das Praktikum kann ich natürlich sechs Wochen mit Kopftuch machen, dann gibt es in der Studienordnung noch ein Halbjahrespraktikum, da haben Sie dann gesagt, das dürfen Sie auch machen. Dann kam die Referendarzeit, und da haben Sie dann gesagt, ach, das könnten Sie eigentlich auch machen, und jetzt wollen Sie mich nicht zur Beamtin ernennen, bloß weil ich ein Kopftuch trage? Wie wollen Sie das deutlich machen, wo Sie da die Grenze ziehen?
Da Sie das nicht können, haben Sie großes Interesse daran, das, wie Sie sagen, mit flachem Ball und mit kleinem Spiel herunterzuhalten. Fakt und Tatsache ist, meine Damen und Herren, da machen wir uns nichts vor: Wenn dieser Stadtrat in Bremerhaven nicht einer bestimmten Partei angehören würde, unserem Koalitionspartner,
dann hätten Sie hier ganz anders reagiert. Wenn das ein Stadtrat der CDU gewesen wäre, dann hätte ich
Sie hier schon triumphierend aufmarschieren sehen mit dem Urteil des Bayerischen Staatsgerichtshofs über das Kruzifix, wobei Frau Berk vorhin gesagt hat, das haben Sie aber lange ausgehalten. Gut, ich sage einmal, in einem Land mit christlicher Tradition,
in dem die meisten noch an Gott glauben, ist das auch kein Wunder, wenn die das 40 Jahre nicht bemerkt haben, dass da ein Kruzifix hing, ein Kopftuch fällt da eben eher auf. Nur, da sage ich Ihnen auch ganz offen, dass ich mit einem Kruzifix in der Schule eher leben könnte als mit einem Kopftuch, das eine Lehrerin aus Glaubensgründen trägt. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Tat haben wir hier zwei Bereiche, über die wir uns unterhalten. Das ist einerseits der juristische, der rechtliche Bereich und dann der politische Bereich, nur, sie sind eng miteinander verknüpft. Ich habe Schwierigkeiten, jetzt in der Weise zu differenzieren, dass ich da womöglich zu anderen Auffassungen komme.
Ich habe mich gemeldet einmal nach dem Beitrag des Kollegen Güldner, aber ich hatte vorher schon mit gewissem Erstaunen diese Pressemitteilung der Staatssekretärin Marieluise Beck gelesen. Da heißt es, ich darf zitieren: „Es spricht jedoch einiges dafür, bei einer Ausbildung, für die ein Ausbildungsmonopol des Staates besteht, die Neutralitätspflicht des Staates, die bei dem Tragen eines Kopftuchs während eines Schulpraktikums lediglich gering beeinträchtigt wird, zurücktreten zu lassen.“ Diesen Satz kann ich zwar unterschreiben, aber ich muss hinzufügen, es spricht leider sehr vieles dagegen.
Es spricht leider sehr vieles dagegen, und das ist eben nicht nur eine juristische Frage, sondern eine hoch politische Frage. Deswegen diskutieren wir das dann hier so. Natürlich wird das alles überwölbt auch durch die Situation, die wir in der Gesellschaft vorfinden, nicht nur in Bremen und Bremerhaven, in Deutschland und auch weltweit. Deswegen ist ja auch eine gewisse Aufgeregtheit und Unruhe. Ich denke einmal, wir werden wahrscheinlich nicht die einzige Diskussion hier heute über dieses Thema führen, sondern es wird ab jetzt ein Thema werden, bei dem wir überlegen müssen als Politiker – übrigens in Ver––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
antwortung auch für die Bevölkerung, die uns gewählt hat –, wie gehen wir künftig mit diesem Thema um. Da vertrete ich allerdings die Auffassung, das wird Sie vielleicht nicht überraschen, dass ich nicht bereit bin, von substantiellen Entscheidungen in unserer Verfassung, die erkämpft worden ist, abzuweichen zugunsten anderer Auffassungen, die ich nicht nur rechtlich, sondern auch politisch für sehr problematisch halte.
Die Neutralitätspflicht des Staates ist ein erkämpftes Recht, übrigens gegen die Vorgänger der CDU, die hat sich da ja gewandelt, der Vorgänger war das Zentrum. Vor 130 Jahren, 1870, ging der Streit los, der später dann in den berühmten Kulturkampf mündete, übrigens zentral mit den Schulen. Da war es nämlich der damalige Papst, der die Unfehlbarkeit verkündete. Dann haben auch die Lehrer gesagt – da hat sich die Lehrerschaft gespalten –, wir folgen diesem Papst, obwohl wir in staatlichen Schulen unterrichten, und andere haben gesagt, wir machen das nicht, und die sollten dann entlassen werden. Das war damals die Forderung einer zunächst klerikalen, dann politischen Bewegung, das war das Zentrum, das dann in dieser Hinsicht verlor.
Übrigens, die Folge war dann die Zivilgesetzgebung, die dann einsetzte im Deutschen Reich mit Zivilehe und so weiter. Das ist seinerzeit eine Errungenschaft gegen die historischen Vorläufer gewesen.
Ich werde der Letzte sein, der heute noch die CDU beschimpft, dass sie nun endlich auch dieser Auffassung ist, übrigens hinsichtlich aller religiösen Symbole. Ich bin froh, dass es soweit gelungen ist, denn in Bayern ist es keineswegs so. Wir haben ja Beschimpfungen des Urteils erlebt, was das Kruzifix angeht. Aber ich denke einmal, in diesem Fall ist eine Abwägung in der Tat vorzunehmen zwischen der Religionsfreiheit, die Bestandteil unseres Grundgesetzes ist, und dem Recht auf Berufsfreiheit und Berufsausbildung. Dann muss man aber auch zu einer Entscheidung kommen. Ich meine, dass es in diesem Fall zumutbar ist, dass die individuelle Religionsfreiheit, die überhaupt nicht tangiert wird, gegenüber dem höheren Recht, nämlich der Neutralitätspflicht des Staates, der Schule gegenüber den Schülern, zurücktreten muss,
und dass es zuzumuten ist, dass in diesem Fall auf das Kopftuch verzichtet wird. Ihr soll ja nicht die Ausbildung verwehrt werden.
Ich finde, dies ist auch Bestandteil einer Ausbildung für Lehrerinnen und Lehrer. Sie müssen wissen, was ist denn unsere Grundrechtsordnung. Sie ist tolerant, aber sie hat auch ihre Grenzen. In diesem Fall ist es einfach Gebot, das ergibt sich aus unserer Verfassung, zu sagen, an dieser Stelle verläuft die Grenze, und das bitte respektiere, sonst geht es auch
in diesem Land nicht weiter! Auch die freiheitlichdemokratische Grundordnung zeigt hier deutlich ihre Grenzen auf, und das ist keine Diskriminierung.
Das ist ein Lernprozess, und der ist zumutbar und akzeptabel. Ich halte daher die Entscheidung auch für bedauerlich, ich mache daraus keinen Hehl. Ich halte die Entscheidung des Kollegiums in Bremerhaven für richtig und auch selbstverständlich die Position des Bildungssenators, der dann plötzlich in diese Schwierigkeiten gekommen ist.
Wissen Sie, Kollege Röwekamp, es ist ein begünstigender Verwaltungsakt, das ist alles ganz schwierig! Vielleicht sollten wir es auch dann von diesem Fall wegnehmen.
Ich möchte nur noch eines in diesem Zusammenhang sagen, auch zum Kollegen Güldner, aber auch zu Willi Lemke. Es kommt nicht auf die Absicht an, die der Träger oder die Trägerin eines Kopftuches damit verbindet. Da kommen Sie rechtlich überhaupt nicht heran. Ich kann durchaus erklären, ich habe nicht die Absicht, das ist auch glaubhaft, zu missionieren und so weiter. Entscheidend ist der objektiv mögliche Eindruck auf die Kinder. Darauf hebt übrigens das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts eindeutig ab. Sie haben hier eine Klientel, von vier bis 14, also fünf oder sechs Jahre, bis zwölf, 13, die religionsunmündig ist, sie ist hoch sensibel und beeinflussbar gerade in diesen frühen Lebensjahren. Neutralität des Staates heißt hinsichtlich jeglicher Religionsausübung, hier außen vor zu bleiben. Hier mischen wir uns nicht ein, es sei denn, die Eltern treffen eine andere Entscheidung und schicken sie zur Konfessionsschule.
Zweitens möchte ich noch sagen: Stellen Sie sich einmal vor, auch andere Religionen, Christen, aber auch Juden, gehen jetzt provokant offen mit Religionssymbolen in unsere Schulen, und das vor dem Hintergrund des Nahost-Konflikts zwischen Islam und Juden! Dann ist doch der Schulfrieden wohl auf jeden Fall gefährdet, wenn nicht sogar gestört. Das könnte man gar nicht hinnehmen. Man kann da auch nicht abwarten, bis es soweit kommt. Ich meine, man kann auch nicht abwarten, bis ein Elternteil dann sagt, das mache ich nicht mehr mit, sondern hier haben wir eine Aufsichtspflicht und Kontrollpflicht.
Damit Sie sich auch nicht vertun, dieser Fall wird jetzt so durchlaufen. Damit ist sicherlich nun auch
nicht die freie demokratische Grundordnung im Land Bremen zusammengebrochen und gefährdet, nur, es ist auch ein Lehrstück für die Zukunft. Ich denke, dass die Behörde, das hat auch der Bildungssenator angekündigt, jetzt auch einmal anhand dieses Falls für die Zukunft einmal mit den Mitarbeitern bespricht, wie wollen wir eigentlich in dieser Angelegenheit verfahren. Aber ich hoffe, dass es dann doch zu einer Entscheidung kommt, dass wir aufgrund unserer, ich sage das noch einmal ganz offen, erkämpften Verfassung, die freiheitlichen Charakter hat, eine entsprechende Reaktion dann auch erfahren werden. – Vielen Dank!