Protokoll der Sitzung vom 26.01.2000

Ich frage den Senat:

Erstens: Beteiligt sich das Land Bremen am neuen 180-Millionen-DM-Forschungsprogramm der Bundesregierung zur Stärkung der Innovation und der Wettbewerbsfähigkeit des Schiffbaus?

Zweitens: Ist es möglich, ein Projekt der Wasseraufbereitung und Reinigung von tributylzinnhaltigen Abwässern auf den Werften und in den Dockbetrieben genau aus diesem Programm zu fördern?

Die Anfrage wird beantwortet durch Herrn Senator Hattig.

Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Erstens: Es handelt sich um ein Bundesprogramm ohne Landesbeteiligung. Antragsberechtigt sind Firmen, insbesondere der Mittelstand, zur Unterstützung der dort betriebenen Forschungsaktivitäten im Bereich Schifffahrt und Meerestechnik. Den Firmen sind die Fördermöglichkeiten über die Verbände

bekannt. Das Programm liegt der EU zur Genehmigung vor.

Zweitens: Das Programm sieht im Bereich der Verbesserung des Verkehrsträgers Schiff und anderen explizit die Schonung der Umwelt vor. Das Land Bremen hält daher den Antrag einer Firma auf Förderung eines Projektes der Wasseraufbereitung und Reinigung von TBT-haltigen Abwässern auf Werften und den Dockbetrieben aus diesem Programm für nicht aussichtslos.

Zusatzfragen liegen nicht vor.

Meine Damen und Herren, damit ist der erste Tagesordnungspunkt erledigt.

Aktuelle Stunde

Für die Aktuelle Stunde ist von den Fraktionen kein Thema beantragt worden.

Neuordnung der Wirtschaftsförderung in Bremen

Große Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 2. November 1999 (Drucksache 15/92)

D a z u

Mitteilung des Senats vom 21. Dezember 1999

(Drucksache 15/158)

Dazu als Vertreter des Senats Senator Hattig, ihm beigeordnet Staatsrat Dr. Färber.

Gemäß Paragraph 29 unserer Geschäftsordnung hat der Senat die Möglichkeit, die Antwort auf die Große Anfrage in der Bürgerschaft mündlich zu wiederholen.

Ich glaube, das wird nicht gewünscht.

Auf die Antwort des Senats auf Große Anfragen folgt eine Aussprache, wenn dies Mitglieder der Bürgerschaft in Fraktionsstärke verlangen.

Das ist der Fall.

Meine Damen und Herren, wir treten dann in die Aussprache ein.

Als Erste hat das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Trüpel.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist an der Zeit, einmal genau zu überprüfen, ob die Ziele der Neuordnung der Landesentwicklung eigentlich eingehalten worden sind und ob die definierten Ziele auch noch die tragenden Leitbilder sind. Ziel der

Neuordnung der Wirtschaftsförderung in Bremen war, die Wirtschaftsförderungen effizienter und effektiver zu machen, die Zersplitterung der Aufgaben auf viele Gesellschaften zu überwinden, Doppelzuständigkeiten abzubauen, Transparenz herzustellen und die Kosten für die Wirtschaftsförderung zu senken.

Daran möchte ich gleich noch einmal explizit erinnern, so steht nämlich in dem McKinsey-Gutachten zu dem Punkt Einsparungen: „Einsparungen von Personal- und Sachaufwand sind innerhalb der Organisation der Landesentwicklung möglich.“

Jetzt sehen wir einmal hin, was eigentlich passiert ist! Vergleicht man das Jahr 1997 mit dem Jahr 1999, ist es zu einer Reduktion von Gesellschaften gekommen, das stimmt, und zwar waren 1997 im Bereich der Landesentwicklung acht Gesellschaften tätig, heute sind es nach der Umstrukturierung noch fünf, nämlich die Bremer Investitions-Gesellschaft, die HAGÖF beziehungsweise die BAB, die Bremer Aufbau-Bank, die Bremer Innovations-Agentur, die Wirtschaftsförderungsgesellschaft und die Bremer Grundstücksgesellschaft.

In Bremerhaven waren es vor der Umstrukturierung vier, die Fischereihafen-Betriebs- und Entwicklungsgesellschaft, die Entwicklungsgesellschaft Bremerhaven, die Bremerhavener Projekt- und Finanzierungsgesellschaft, nach der Umstrukturierung sind es noch zwei, nämlich die Bremerhavener Investitionsgesellschaft und die Fischereihafen-Betriebsund Entwicklungsgesellschaft.

Wir können also erst einmal feststellen, wir haben, was die Zahl der Gesellschaften angeht, eine Reduktion von insgesamt zwölf auf jetzt sieben Gesellschaften und dazu dann noch die Fischereihafen-Betriebs- und Entwicklungsgesellschaft. Das heißt, hier hat man das Ziel einer klaren Strukturierung und die Senkung der Zahl der Gesellschaften erreicht. Allerdings muss man relativierend hinzufügen, dass die Flughafen-Gewerbegebiets-Entwicklungsgesellschaft nur eine Vollzeitstelle hatte, und die BREGIT, die Bremer Gesellschaft für Innovation und Technologietransfer, auch eine kleine Einheit war mit nur sieben Stellen, das heißt, das spricht eher für die schlechte Struktur und die Aufblähung vorher als für das, was man da sozusagen großartig erreicht hätte.

Aber was man jetzt feststellen muss, und das ist ja die viel wichtigere Botschaft, die auch der Vorstellung von Privatisierung und was man damit schnell an Effizienz erreichen kann, zuwiderläuft: Die Reduktion der Zahl der Gesellschaften geht einher mit einer Ausweitung des Apparats.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Hatten wir 1997 im Bereich der Landesentwicklung 125 Vollzeitstellen, sind es nach der Umstrukturie

rung 185. Wenn man jetzt noch einmal die Zahl der Stellen für die Fischereihafen-Betriebs- und Entwicklungsgesellschaft abzieht, das sind 28, und die der Sail Bremerhaven, sechs, und auch noch zehn, die aus den Ressorts hinübergewechselt sind, hat man es aber immer noch mit einer Ausweitung des Personals von über zehn Prozent zu tun. Das ist nicht im Sinne der Erfinder der ganzen Umstrukturierung.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grünen]: Vielleicht doch!)

Das mag ja auch sein, dann haben wir aber sozusagen einmal die veröffentlichte Meinung und das eigentliche Ziel! Wenn es denn so ist, spricht das nicht gerade für die Ehrlichkeit der Politik!

Insbesondere haben wir mehr Personal bei der Holding, bei der Bremer Investitions-Gesellschaft, bei der Bremer Innovations-Agentur und der Wirtschaftsförderungsgesellschaft, und, was wir feststellen, und das widerspricht auch dem Ziel, das man vor sich hergetragen hat, die Personalausgaben haben sich insgesamt erhöht. Obwohl es weniger Geschäftsführer gibt, sind die Ausgaben für die Geschäftsführung angewachsen. Alles das widerspricht den von McKinsey formulierten Zielen, dass es nämlich zu einer Einsparung von Personal- und Sachaufwand innerhalb der Organisation der Landesentwicklung kommen sollte. Also ganz klar, das Ziel, was man mit McKinsey verbunden hat, ist nicht erreicht worden!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Die Kosten für die Neuordnung betragen fast 2,5 Millionen DM, und dazu kommen noch die indirekten Kosten für die EDV-Ausstattung der BIG. Jetzt kann man sagen, Umstrukturierungskosten sind in Ordnung, das geht mit solchen Veränderungsprozessen einher, aber auf unsere Frage, wann sich diese Kosten auszahlen, haben wir keine Antwort erhalten. Das ist ein bisschen dünn, das müsste man doch vermuten, wenn man so einen Invest tätigt, gerade wenn man auf Effizienz und Effektivität Wert legt, dass das uns auch nachgewiesen werden kann.

Auch auf die Frage, mit welchen Einsparungen wir in den nächsten Jahren zu rechnen haben, haben wir keine Antwort erhalten. Das heißt, der Senat geht von seinen ursprünglich definierten Zielen ab, und er gesteht zu, ob es wirklich zu einer Effizienzsteigerung kommt, müsse genau beobachtet werden. Das ist schon ein starkes Stück!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Damit nimmt man im Grunde die definierten Ziele gar nicht mehr ernst und verlagert alles auf die nächsten Jahre. Da fehlt mir der Biss, und ich hätte erwartet, dass der Senat, gerade wo man doch die

neuen Steuerungsformen so vor sich herträgt, hier etwas genauer darauf hinzielt, dass auch die Ziele wirklich eingehalten werden.

Jetzt legitimiert der Senat die Umstrukturierung damit, dass es 1999 zu mehr Gewerbeansiedlungen gekommen sei und zu einer vermehrten Inanspruchnahme von Förderprogrammen. Nun muss man leider einräumen, dass natürlich aus einer einjährigen Zahl für 1999 noch kein Trend abzuleiten ist, ob es wirklich zu einer Effizienzsteigerung kommt, und wenn man sich die Prognose der Flächenvergabe für das Jahr 2000 ansieht, stellt man fest, dass es mehr oder weniger genau in der gleichen Größenordnung der getätigten Flächenvergabe von 1996 ist.

Was wir dann feststellen können, ist, dass wir nur mehr Mitarbeiter bei der Wirtschaftsförderungsgesellschaft und der BIA haben, und wenn mehr Mitarbeiter etwas mehr Output haben, ist das noch keine Effizienzsteigerung, sondern das versteht sich von selbst, dass etwas mehr Mitarbeiter mehr Anträge bearbeiten. Aber ob es wirklich zu einer Effizienzsteigerung gekommen ist, also dass Vorgänge in einer Hand gebündelt werden, dass es eine größere Kundenzufriedenheit gibt, das gibt die Antwort des Senats leider nicht her.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Dann haben wir ein zweites Problem, wir haben eine gewachsene Anzahl von Mitarbeitern, wir werden aber in den nächsten Jahren konkret verfügbare Fördermittelgelder weniger zur Verfügung haben, weil jetzt schon so viele Gelder festgeschrieben worden sind, dass dann die Schere zwischen den Geldern, die in den nächsten Jahren noch neu vergeben werden können, und der angewachsenen Zahl der Mitarbeiter sich auseinander entwickelt. Also, die Schere geht immer weiter auf, auch das hat nach meinem Verständnis mit Effizienz und Flexibilität, nämlich dass man Mitarbeiter flexibel einsetzen muss in Bezug auf die jeweils anstehenden Aufgaben, nichts zu tun.

Ich halte noch einmal fest, die Wirtschaftsförderung sollte effektiver, schlanker und kostengünstiger werden, keines dieser Ziele ist erreicht worden, sondern der Apparat ist größer und teurer geworden.

Aber wir haben noch ein anderes generelles Problem, nämlich das ist die entscheidende Frage des Controllings der neu geschaffenen Gesellschaft und die Frage der Rechtmäßigkeit und Tragweite des Beleihungsgesetzes. Erst einmal können wir nur feststellen, dass die parlamentarischen Rechte über die Wirtschaftsförderung eingeschränkt worden sind. Hoheitliche Aufgaben sind an die Bremer Investitions-Gesellschaft übertragen worden, und wie Sie wissen, sehen wir diese Entwicklung mehr als kritisch. Daher begrüße ich auch Überlegungen des

Vorstands der Bürgerschaft, noch einmal ein Gutachten in Auftrag zu geben zur gegenwärtigen Handhabung der neuen Steuerungsinstrumente.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)