Protokoll der Sitzung vom 05.05.2004

Im Personalbereich geht es nicht nur um Einsparungen, sondern auch um Innovationen zur verbesserten Steuerung des Personalhaushalts. Erstmals wird ein stellenindiziertes Bonus-Malus-System umgesetzt, das dafür sorgt, dass Veränderungen in den Besoldungs- und Entlohnungsstrukturen kostenneutral bleiben. Seit Jahren bereiten uns steigende Versorgungslasten Sorgen. Sie betragen inzwischen ein Viertel der gesamten Personalausgaben. Mit der Bildung einer Rücklage sollen zukünftig Kapitalerträge zur Deckung des Versorgungsanstiegs erzielt werden. Das Haushaltsgesetz beinhaltet außerdem Regelungen, die die Voraussetzungen dafür schaffen, dass wir die notwendigen personalwirtschaftlichen Daten und Informationen zukünftig im Sinne einer verbesserten Konzernsteuerung dem integrierten öffentlichen Rechnungswesen zuführen können.

Wir verfolgen mit unserer personalwirtschaftlichen Strategie nicht nur quantitative, sondern auch qualitative Ziele. Als größter Arbeitgeber möchten wir damit unsere gesellschaftliche Verantwortung klar und eindeutig zum Ausdruck bringen. Wir streben eine heterogene, differenzierte und geschlechtergerechte Personalstruktur an. Wir brauchen Vielfalt. Sie fördert Kreativität und Innovationsbereitschaft. In diesem Zusammenhang kommt der Einstellung von Migrantinnen und Migranten eine besondere Bedeutung zu.

Mobilität und Flexibilität sind zentrale Anforderungen der modernen Arbeitswelt. Wir bereiten unser Personal gezielt darauf vor. Arbeitsinhalte am gleichen Arbeitsplatz ändern sich, und Berufsbiographien werden sich über verschiedene Stationen im Konzern Bremen und darüber hinaus entwickeln.

Ein herausragendes Beispiel für die Bereitschaft, sich auf Neuartiges einzustellen, geben unsere Auszubildenden. Wir planen für das Jahr 2004 bislang die Einstellung von 400 Auszubildenden und werden diese Zahl noch deutlich steigern.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Dabei gehen wir mit privatwirtschaftlichen Unternehmen Ausbildungsverbünde ein. Der Nutzen ist mehrfach. Neben der hohen Zahl von Ausbildungsplätzen verbessert sich die Ausbildungsqualität. Ferner werden die jungen Menschen darauf vorbereitet, was von ihnen auch später erwartet wird: lebenslanges Lernen.

Siebtens Vermögens- und Einnahmenmanagement! Ich sagte es bereits, unser eigentliches Problem bei der Haushaltsaufstellung liegt auf der Einnahmenseite. Zum einen sind unsere Steuereinnahmen deutlich hinter dem Niveau zurückgeblieben, das bei der Formulierung der Sanierungsvereinbarung mit dem Bundesfinanzministerium erwartet wurde. Seit 1992 haben wir kumulierte Einnahmeausfälle in Höhe von 10,7 Milliarden Euro gegenüber der damaligen Prognose des Arbeitskreises Steuerschätzung zu verzeichnen. Es ist bekannt, dass wir zum anderen stadtstaaten-typische Lasten zu tragen haben, die wir seit der Änderung der Lohnsteuerzerlegung im Jahre 1969 immer weniger selbst finanzieren können. Diese Lasten werden im derzeitigen bundesstaatlichen Finanzausgleich nicht in ausreichendem Maße ausgeglichen. Die Folge ist, dass von allen Einnahmen nur zehn Prozent in Bremen verbleiben. Sie wissen, der Rest fließt über die Steuerzerlegung und -verteilung und die Mechanismen des Länderfinanzausgleichs in etwa zu gleichen Teilen an den Bund und die übrigen Länder ab.

Der Senat des Landes Berlin zieht hieraus den Schluss, dass sich die Stärkung der regionalen Wirtschaftskraft unter den geltenden Rahmenbedingungen nicht lohnt und deshalb die zentralen Anstrengungen nicht auf der Einnahmenseite, also bei der Wirtschaftskraft- und Finanzkraftstärkung, sondern auf der Ausgabenseite unternommen werden müssten. Ich sage hier deutlich, wir verfolgen einen anderen und nach meiner festen Überzeugung auch richtigen Weg. Einerseits haben wir die Kostenstruktur besser im Griff. Andererseits sind wir überzeugt, dass eine solide Wirtschaftskraft die Basis für die Zukunft unseres Gemeinwesens ist. Selbst wenn die derzeitige Steuer- und Finanzverteilung für uns Nachteile mit sich bringt, darf es nicht das Ziel eines Landes sein, sich auf Dauer völlig von Transferzahlungen abhängig zu machen. Das wäre auch gesamtwirtschaftlich schädlich!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Trotzdem dürfen die Effekte der finanziellen Benachteiligung unseres Stadtstaates nicht unterschätzt werden. Seit 1970 ist unser jährlicher Einnahmeverlust durch die Zerlegung der Lohnsteuer nach dem Wohnsitzprinzip in Verbindung mit der zunehmenden Umlandabwanderung auf 175 Millionen Euro gestiegen, und obwohl sich unser Bruttoinlandsprodukt im gleichen Zeitraum um zehn Prozent besser entwickelt hat als im Bundesdurchschnitt, sind gleich

zeitig unsere Pro-Kopf-Steuereinnahmen um 20 Prozent hinter dem Durchschnitt der Westländer zurückgeblieben. Wenn man das einmal aufrechnet, dann stellt man fest, dass dies einem rechnerischen Verlust von 687 Millionen Euro pro Jahr entspricht. Es ist doch ganz klar, dass diese verlorenen Einnahmepotentiale nicht von einer Einwohnerwertung von 135 Prozent kompensiert werden können. Deshalb werden wir mittelfristig unsere finanzwirtschaftliche Selbständigkeit nur dann erhalten, wenn wir strukturelle Verbesserungen bei der gültigen Finanzausgleichssystematik durchsetzen.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Unser Doppelhaushalt ist nach wie vor von der Notwendigkeit zur Konsolidierung geprägt. Darum mussten wir auch kurzfristig zusätzliche Finanzpotentiale erschließen. Wir verstehen das auch mit Blick auf den Bund als eindeutigen Eigenbeitrag zur Haushaltssanierung. Wir erwarten zur Sicherung der Zukunft unseres Landes auch von den Bürgerinnen und Bürgern sowie von der lokalen Wirtschaft im Rahmen ihrer jeweiligen Leistungsfähigkeit eine angemessene Beteiligung an der Haushaltskonsolidierung, und mit maßvollen Erhöhungen der Hebesätze für die Grundsteuer B und die Gewerbesteuer sowie weiteren Gebührenerhöhungen erzielen wir zusätzliche Einnahmen in Höhe von 45 Millionen Euro.

Um eine zusätzliche Kreditaufnahme für notwendige Investitionen zu vermeiden, haben wir in nennenswertem Umfang eigenes Vermögen mobilisiert. Kaufmännisch gesehen handelt es sich dabei um einen Aktiv-Tausch. Bei ihm werden Finanzanlagen und ungenutzte Liquidität einem wertschöpfenden Einsatz zugeführt. Ich meine, das ist eindeutig der bessere Weg als eine schuldenerhöhende Kreditaufnahme.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Von den insgesamt benötigten 191 Millionen Euro sind bereits jetzt 169 Millionen Euro festgelegt. Die Veräußerung unserer restlichen Anteile an der swb AG trägt zusammen mit einer Rücklagenauflösung 132 Millionen Euro dazu bei. Weitere 37 Millionen Euro werden aus Eigenmitteln der Bremer Investitions-Gesellschaft und des von ihr verwalteten Treuhandvermögens realisiert.

Die Steuergesetze des Bundes ab dem Jahr 2000 waren für Bremen mit Einnahmeverlusten verbunden. Die Bundesregierung hatte dem Land Bremen im Juli 2000 schriftlich zugesichert, eine Schlechterstellung durch die drohenden erheblichen Einnahmerisiken aus Steuer- und Finanzausgleichsreform auszuschließen und, also kumulativ, ein weiteres Abgleiten in eine extreme Haushaltsnotlage zu verhindern. Mit der Steuergesetzgebung seit dem Jahr 2000 sind für das Land Bremen sowohl Einnahmeverschlechterungen als auch Einnahmeverbesse

rungen verbunden. Selbstverständlich gehen beide Effekte, der positive wie der negative, in die Berechnung unseres Anspruchs ein. So würde auch etwa eine Entlastung durch die Hartz-IV-Gesetzgebung unsere Ansprüche gegenüber dem Bund mindern. Nach Berechnung aller Effekte haben wir nach unserer Auffassung einen jährlichen Kompensationsanspruch, der sich für das Jahr 2005 auf 512 Millionen Euro beläuft.

Der Senat legt Ihnen für die heutige Beratung nicht nur den Entwurf des Doppelhaushalts 2004/2005 vor, sondern auch die entsprechenden Haushaltsgesetze, ein Gesetz zur Änderung der Landeshaushaltsordnung sowie den Finanzplan 2003 bis 2007.

Ich möchte zum Abschluss die Eckdaten des Haushaltes noch einmal kurz zusammenfassen, auf die wesentlichen Herausforderungen der Haushaltsaufstellung eingehen und unter Bezug auf den Finanzplan auch mögliche Risiken benennen.

Der Doppelhaushalt 2004/2005 ist darauf ausgerichtet, im Jahr 2005 den Artikel 131 a der Landesverfassung einzuhalten. Danach müssen laufende Ausgaben von laufenden Einnahmen gedeckt werden. Angesichts eines, laut Prognose des jüngsten Frühjahrsgutachtens, geringen Wirtschaftswachstums von 1,5 Prozent ist dieses Kriterium nur durch erhebliche Ausgabenkürzungen einzuhalten. Wir reduzieren unsere Gesamtausgaben deshalb um 3,4 Prozent in 2004 und dann nochmals um 2,5 Prozent in 2005.

Der mit knapp 1,1 Milliarden Euro größte einzelne Kostenblock sind die Personalausgaben. Diese wollen wir in beiden Jahren trotz steigender Pensionslasten um 0,8 Prozent und 0,5 Prozent senken. Bei den übrigen konsumtiven Ausgaben, einschließlich Zinsausgaben, müssen 2,2 beziehungsweise 3,3 Prozent eingespart werden.

In absoluten Zahlen bedeutet dies, dass wir unsere Gesamtausgaben auf unter vier Milliarden Euro senken wollen. Im Jahr 2004 werden die Ausgaben 3,9 und im Folgejahr 3,8 Milliarden Euro betragen, und wir unterschreiten damit eindeutig die Sanierungsauflage des Finanzplanungsrates. Er würde uns nämlich einen Zuwachs von einem Prozent zugestehen. Ich sage das hier, wenn wir unsere selbst gesteckten Ziele in vollem Umfang erreichen, würde uns damit eine historische Einsparleistung gelingen. Sie würde zweifelsfrei dokumentieren, dass wir in Bremen und in Bremerhaven alle notwendigen Eigenanstrengungen zur Sicherung der Selbständigkeit Bremens unternommen haben.

Hervorzuheben ist, dass wir an diesem ambitionierten Konsolidierungsziel festhalten wollen. Dies tun wir, obwohl im Haushaltsaufstellungsprozess gegenüber der ursprünglichen Planung erhebliche Mehrbedarfe für den Bereich der Sozialleistungen deutlich geworden sind. Für beide Jahre zusammen mussten 120 Millionen Euro zusätzlich eingespart

werden. Hierzu hat der Senat ein umfangreiches Ausgleichskonzept verabschiedet, und dieses Konzept sieht unter anderem vor, dass das Sozialressort durch Umsteuerungsmaßnahmen weitere 13 Millionen Euro einsparen muss, und die anderen Ressorts tragen solidarisch zur Deckung des zusätzlichen Bedarfs bei. Insgesamt 46 Millionen Euro werden durch die Inanspruchnahme der haushaltsgesetzlich vorzuhaltenden Planungsreserve erbracht. Haushaltstechnisch ist hierzu eine globale Minderausgabe in die Haushaltsentwürfe eingestellt worden, die bis zum Herbst aufzulösen ist.

An dieser Stelle, meine Damen und Herren, möchte ich nicht verhehlen, dass es sich bei den Haushaltsentwürfen um ein Planungswerk handelt. Es ist zum einen externen Risiken unterworfen, zum anderen muss es sich im praktischen Vollzug bewähren. In Zeiten wirtschaftlicher Stagnation und entsprechend verminderter Einnahmen können die öffentlichen Haushalte nur von ihrer Vermögenssubstanz leben. Als Haushaltsnotlageland haben wir hier aber nur geringen Spielraum, und wenn die MaiSteuerschätzung einen weiteren Einnahmeausfall prognostiziert, dann werden neue Finanzierungsprobleme entstehen.

Die Haushaltsentwürfe beinhalten eine Reihe von Handlungsaufträgen zur Produktivitätssteigerung und Kostensenkung. Exemplarisch nenne ich hier die geplante Umsteuerung im Sozialbereich, die Auflösung der globalen Minderausgabe, die Realisierung von Effizienzgewinnen durch die Infrastrukturgesellschaften und die personalwirtschaftlichen Einsparungen durch einen Solidarpakt im öffentlichen Dienst.

Wir gehen auch davon aus, dass der Bund seine im Kanzlerbrief formulierte Zusage einhält. Sollten die von uns errechneten Kompensationsbedarfe nicht in voller Höhe anerkannt werden, wäre die entstehende Finanzierungslücke kurzfristig durch zusätzliche Einsparungen nicht zu schließen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, der Doppelhaushalt 2004/2005 ist unser Finanz- und Handlungsrahmen in einer schwierigen Zeit, und so weit wie möglich hat der Senat mit der Haushaltsaufstellung Prioritätenverschiebungen zugunsten wichtiger Zukunftsaufgaben vorgenommen. Alle Senatsmitglieder nehmen ambitionierte Handlungsaufträge mit in die beiden Haushaltsjahre. Sparen und Investieren verstehen wir als Chance zur Modernisierung unseres Gemeinwesens, und insgesamt beschreiben wir mit dem Doppelhaushalt 2004/2005 für das Land und die Stadtgemeinde Bremen einen pragmatischen Weg. Er ist von Verantwortung für die Zukunft und Mut zur Veränderung geprägt. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

(Anhaltender Beifall bei der SPD – Beifall bei der CDU)

Als nächste Rednerin erhält das Wort die Abgeordnete Frau Linnert.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auf den allerletzten Drücker legt der Senat der Bürgerschaft nun seine Haushaltsentwürfe, die mittelfristige Finanzplanung und die Haushaltsgesetze vor, 6,5 Kilo und inhaltlich recht leichtgewichtig.

(Zuruf)

Stimmt, das gibt es auch auf Diskette! Das Motto des Senats „Finanzpolitik mit Mut zur Zukunft“ wird aus grüner Sicht nicht eingelöst, fast ausschließlich Heruntersparen, wirklich oder auch nur auf dem Papier, ist die Leitlinie dieser Haushaltsentwürfe. Dass der Senat sich ordentlich gequält hat, ist offensichtlich. Noch nie ist es im Vorfeld der Senatsbeschlüsse zum Haushalt zu einem solchen, teilweise auch öffentlich ausgetragenen Gezerre gekommen. Bis heute sind die Unterlagen nicht vollständig, und die dem Parlament für seine Beratung verbliebene Frist, bis der Haushalt Ende Juni dann hier in der Bürgerschaft in zweiter Lesung verabschiedet werden soll, ist denkbar knapp. Trotzdem möchte ich mit dem Positiven beginnen, was aus Sicht der Grünen heute einen sehr deutlichen Unterschied zu den Beratungen der letzten Jahre ausmacht: Die Zeit der Schönrederei scheint ziemlich vorbei zu sein, vorbei die Zeiten, in denen jede Haushaltsdebatte mit dem Schein verbrämt wurde, der Sanierungserfolg sei in greifbarer Nähe, Bremen hätte im Wettstreit der Bundesländer nur zufällig nicht überall Platz eins belegt, und die Welt schaue bewundernd auf uns. Auch wenn Klappern zum Geschäft gehört, diese jährliche Inszenierung wurde immer absurder, und es ist gut, dass sie vorbei ist.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Die Zahlen, die die Arbeitnehmerkammer in den nächsten Tagen herausgeben wird, werden zeigen, dass es über den gesamten Sanierungszeitraum hinweg keine positive Abkopplung vom Bundestrend gibt. Wenn man einmal Einmaleffekte einbezieht wie besondere Steuereinnahmen im Jahr 2003 oder die großen Effekte, die Außenwirtschaftsorientierung der bremischen Wirtschaft, wenn man das ordentlich behandelt, nämlich herausrechnet, dann ist es im Sanierungszeitraum nicht gelungen, eine deutliche Abkopplung vom Bundestrend herzustellen. Die Zahlen geben dies nicht her, und das, finde ich, sollte man auch hier weiter einräumen. Da ist der Senat auf gutem Wege. Nur Ehrlichkeit auch in dieser Frage, denn die Lage Bremens ist nämlich nicht besser als zu Beginn des Sanierungszeitraums, schafft Perspektiven für neue politische Strategien.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Also, dieser Senat und Senator Dr. Nußbaum haben die Haushaltslage in weiten Teilen realistisch dargestellt, manches Unangenehme weggelassen, aber auch Risiken benannt. Das ist aus grüner Sicht die Voraussetzung für Glaubwürdigkeit in der Öffentlichkeit, Unterstützung für manche harte Maßnahme zu erhalten und Grundlagen für die notwendigen Verhandlungen mit dem Bund, den anderen Ländern und auch für die immer wahrscheinlicher werdende Klage vor dem Bundesverfassungsgericht zu schaffen.

Die letzten notwendigen Schritte zur Ehrlichkeit gehen Sie leider nicht, Herr Senator, und auch in der Koalition hatte ja bisher niemand den Mut einzuräumen, dass es mit dem verfassungskonformen Haushalt 2005 nichts wird! Die Absetzbewegungen sind nicht zu übersehen, auch in Ihrer Rede eben, verfassungskonform zur Zeit der Verabschiedung oder ehrgeiziges Ziel? Das Ergebnis kennt man erst am Ende des Jahres 2005. Das sind die neuen Sprachregelungen.

Verheerenderweise hat eine ganze Koalition ihre politischen Ziele nicht in ihren Worten, aber in ihren Taten auf die Vorlage eines verfassungskonformen Haushalts eingedampft. Das finde sogar ich, dass Sie sich da, meine Damen und Herren von der ganz großen Koalition, unter Wert verkaufen. Es gibt viele andere positive Dinge, die auch Sie getan haben, die man in den Mittelpunkt der Überlegungen und der Strategien stellen sollte.

Das Ziel eines verfassungskonformen Haushalts ist unverzichtbar. Wenn man es ohne eigenes Verschulden nicht erreichen kann, räumt man es ein. Es gibt noch viele andere Ziele für unsere beiden Städte, die offenkundig etwas mit den Menschen und ihrer Zukunft zu tun haben. Verfassungskonformität allein sagt nichts aus über gute oder schlechte Politik, Hoffnung auf Veränderung, die Dynamik der wirtschaftlichen Entwicklung, neue Arbeitsplätze oder Verbesserungen in der Bildungspolitik. Das ist unsere Kernkritik: Auf Gedeih und Verderb an ein jetzt unerreichbares Ziel gekettet geht zuviel Energie dafür verloren, den Haushalt auf das angestrebte Zahlenwerk zu trimmen!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Um was geht es denn eigentlich dabei inhaltlich, außer um einen guten Abgang für die Bürgermeister Henning Scherf – wo ist er eigentlich, Geld hat ihn noch nie interessiert! – und Hartmut Perschau?

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Sie legen Haushaltsentwürfe mit den höchsten Kürzungsquoten im Verwaltungshaushalt in den letzten 20 Jahren vor, und das, obwohl Bremen auf über 20 Jahre Sparpolitik zurückblicken kann. Die Städte sind wund von den jährlichen Sparrunden.

Während noch vor wenigen Jahren jede Veränderung bei der Unterstützung von Projekten, Initiativen und Vereinen, im Sozial- und Bildungsbereich, im Kultur- und Jugendbereich mit wütenden Protesten einherging, ist es heute still. Viele sind schon weg, weitere werden sich jetzt verabschieden, der Rest ist mit Überlebenskampf beschäftigt. Das wird fatale Auswirkungen für die Urbanität unserer Städte haben, für die Dynamik, die wir für die Zukunft brauchen. Wohlfahrtsverbände unterschreiben Kontrakte, in denen vereinbart wird, dieselbe Arbeit mit immer weniger öffentlichen Mitteln zu erledigen, Kultureinrichtungen wie das Waldau-Theater sind am Ende,

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: Das liegt aber nicht an uns!)

Bäder müssen geschlossen werden, das Sanierungsprogramm für öffentliche Gebäude wurde gekürzt. Wir Grünen sagen nicht, dass nicht das meiste von dem, was hier an Kürzungen passiert ist, unausweichlich war. Aber kommen Sie den Menschen nicht weiter mit dem verfassungskonformen Haushalt! Sie wollen erstens nicht hinter das Licht geführt werden und zweitens wissen, wie es mit ihnen weitergehen soll. Machen Sie die Arbeit von Dr. Dannemann stärker zur Grundlage Ihrer Überlegungen! In der Studie wird deutlich, dass Bremen an sehr vielen Punkten mittlerweile im unteren Drittel der Angebote vergleichbarer Großstädte angekommen ist bei dem Angebot, das wir hier in Bremen und Bremerhaven für unsere Bürgerinnen und Bürger vorhalten. Darin liegt doch die wirkliche Existenzgefährdung. Das Liebenswerte, das Städtische, das Eigene, das Tradierte, das Bunte klein gespart, bis das größte Kapital der Bremerinnen und Bremer, nämlich das hohe Maß an Identifikation unserer Bürgerinnen und Bürger mit unseren Städten, verspielt ist.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Sie kündigen an, in Menschen investieren zu wollen. Ja, das wäre die richtige Linie! Nur, Sie tun es ja gar nicht! Es gibt keine Schwerpunkte in dem von Ihnen vorgelegten Haushalt. Das Zweitkräfteprogramm im Kindergarten ist fast nur noch ein Ärgernis und überdies auch noch gefährdet, wenn Soziales den Unsinn mit der Kindergarten-GmbH nicht hinbekommt.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)