Protokoll der Sitzung vom 05.05.2004

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! So kommt man als Umweltsenator noch zu einer Debatte, die mit Hafenund Finanzpolitik zu tun hat! Ich nehme aber gern die verschiedenen Punkte auf, die Frau Linnert genannt hat. Das erinnert so ein bisschen an die Zeiten als Fraktionsvorsitzender, als man dann noch zu allen Themen etwas sagen durfte.

Ich möchte zunächst einmal auf die Umweltbereiche eingehen, weil ich glaube, da macht es überhaupt keinen Sinn, wenn man an den vorhandenen Fakten vorbeispricht und sagt, dies wäre kein Eingriff, dies wäre ein minimaler Eingriff. Dies ist natürlich schon ein schwerwiegender Eingriff. Im Landschaftsschutzprogramm von 1991 waren die Ziele anders beschrieben. Deshalb gab es zu dieser Maßnahme auch aus Sicht der Naturschutzverbände die berechtigten Einwände. Trotzdem, ich glaube, dies sollten wir an dieser Stelle auch sagen, bleiben in einigen Teilbereichen Entwicklungsräume vorhanden, die die aufgeführten Ziele des Landschaftsschutzprogramms weiterhin beinhalten. So gibt es unmittelbar nördlich der Geestemündung ähnliche Flächen, auch nach dem Bau des Containerterminals IV noch Reste der beschriebenen Wattflächen. Trotzdem, das müssen wir an dieser Stelle sagen, war es ein Abwägungsprozess, ein gesamtpolitischer Abwägungsprozess, und ich glaube, die Vorredner haben dies deutlich gemacht.

Dass wir uns das nicht leicht gemacht haben, zeigt, glaube ich, der Wust von Papier, der in diesem Zusammenhang beraten wurde. Wenn Sie sich das anschauen, der B-Plan, der hier in der Stadtbürgerschaft vorliegt, 365 Seiten, die elfte Änderung des Flächennutzungsplans, 247 Seiten, und dann noch einmal die Vorlage heute zum Landschaftsschutzprogramm, 30 Seiten, macht insgesamt 642 Seiten Papier! Das zeigt, glaube ich, noch einmal sehr eindeutig, wie umfangreich solche Verfahren auch gerade vor dem Hintergrund der Eingriffsnotwendigkeiten in die Natur begleitet werden, wie aufwendig sie sind, aber auch, wie gewissenhaft, auch aus naturschutzrechtlichen Gründen, Frau Linnert, sie in diesem Abwägungsprozess durchgeführt werden.

Um auch Ihre Einrede zu widerlegen: Sie wissen, dass bei dem Ausbau des CT IV nach FFH-Kriterien gearbeitet wurde! Ich glaube übrigens, dass dies richtig war und dass dies der große Vorteil ist, den wir zum Beispiel gegenüber dem Projekt in Wilhelmshaven haben. Ich bin sehr gespannt, in Wilhelmshaven hat man ja dieses ambitionierte Ziel eingeschoben und hat gesagt: Wir brauchen kein Verfahren nach FFH. Ich bin sehr gespannt, ob die zeitliche Realisierung in Wilhelmshaven tatsächlich realistisch ist. Ich halte sie für sehr ambitioniert, und aus naturschutzfachlichen Gründen bin ich zumindest skeptisch, ob sie einzuhalten ist. Ich glaube, dass es zwingend erforderlich ist, auch dieses Verfahren nach FFH-Kriterien zu betreiben.

Ich glaube aber, dass dieses Verfahren in Wilhelmshaven uns umso mehr zeigt, dass wir heutzutage in Bremerhaven handeln müssen. Die Logistikverkehre insbesondere im Schiffsbereich, im Containerbereich entwickeln sich nach wie vor in rasender Dimension. Sie brauchen sich nur immer einmal die Neubauaufträge an Containerschiffen anzusehen und damit gleichzeitig in Verbindung die Charterraten. Man würde ja denken, immer mehr Schiffe kommen auf den Weltmarkt, die Charterraten müssen sinken, aber die Charterraten stehen heutzutage auf dem höchsten Niveau, auf dem sie jemals in der Geschichte der Containerschifffahrt standen. Sie haben selbst die Rückschläge, die es nach dem 11. September 2001 gab, deutlich aufgeholt und mittlerweile um mehr als 15 Prozent übertroffen.

Dazu gibt es eine neue Serie von Schiffen. Es sind nicht mehr nur die Viertausender-, sondern mittlerweile Fünftausender- und Sechstausender-TEUSchiffe, die dort entsprechend gebaut werden. Natürlich müssen sich auch die Häfen auf diese neuen Dimensionen einstellen. Deshalb gibt es auch, Sie haben das angesprochen, die Notwendigkeit, in einem anderen Verfahren die Weser weiter zu vertiefen. Die Notwendigkeit gibt es. Vor diesem Hintergrund weise ich es aber weit zurück, Frau Linnert, dass Sie hier sagen, dass wir die Hochwasserplanung nun nicht entsprechend mit berücksichtigt hätten! Nein, gerade auch vor diesem Hintergrund sitzen die Landesregierungen Niedersachsens und Bremens zusammen, um sich gerade um den Hochwasserschutz zu kümmern, um auch langfristig – das sind Planungen, die gehen bis zum Jahr 2100 mit einem Zwischenschritt 2050 – die notwendigen Maßnahmen dort vorzunehmen. Sie können beim besten Willen nicht die Situation zum Ende des neunzehnten und Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts mit der heutigen Situation vergleichen. Wenn Sie sich anschauen, was in den Jahren alles für den Bereich der Deichsicherheit getan wurde, so können Sie dies beim besten Willen nicht miteinander vergleichen.

Fazit aus Umweltgesichtspunkten, ich möchte gleich aber schon noch zwei Bemerkungen zu Ihren

anderen Themen machen: Es fällt einem aus Umweltgesichtspunkten schwer, diese Änderung des Landschaftsprogramms vorzunehmen. Wir glauben in der Abwägung aber, dass sie nötig ist.

Sie haben zwei Bemerkungen gemacht, die ich nachvollziehen kann, die aber, glaube ich, falsch waren. Zum einen haben Sie angesprochen, wir würden damit, dass wir diese Entscheidung bereits getroffen haben, unsere Verhandlungsposition beim Bund schwächen. Ich glaube das nicht. In allen Gutachten ist nachzulesen, in allen Gesprächen, ich bin nun nicht dabei, wenn die Gespräche geführt werden, aber zumindest bei allen vorbereitenden Vermerken zu diesen Gesprächen ist der Bereich der Hafenlasten ein ganz entscheidender, weil sich natürlich die Seehäfensituation ganz anders entwickelt als zum Beispiel die Flughafensituation. Es kommt dann ja aus Hessen immer sofort das Argument, und man sagt: Dann brauchen wir auch eine Beteiligung für unseren Flughafen in Frankfurt, dann müssen sich die anderen Länder dort auch beteiligen!

Es gibt eine besondere Situation, weil heutzutage im Seehafen, gerade durch die Containerterminals bedingt, die Lokoquoten an den Seestandorten deutlich sinken, weil eine Weiterverarbeitung dieser Container dann in aller Regel an anderen Standorten stattfindet. Vor diesem Hintergrund haben wir dort eine Sondersituation. Ich sehe nur, dass diese Sondersituation in den Gesprächen, zumindest in den Gesprächsvorbereitungen immer eine Rolle gespielt hat. Mit einer schnellen Entscheidung kann doch, wenn man sich im Grundsatz darauf verständigt, dass die betroffenen Seehäfen entsprechend entlastet werden müssen, dort eine ganze Menge gemacht werden.

Sie haben die Finanzlast angesprochen und wissen, dass ein Großteil dieser Maßnahme in einem Kostenvolumen von ungefähr 550 Millionen Euro heutzutage über die Zinsen refinanziert wird. Sie haben dann diese 1,2 Milliarden Euro angesprochen. Dort gibt es sicher noch eine Menge Luft, wenn man eine Einigung mit dem Bund erzielt, dass sich die anderen Länder oder der Bund an den Hafenlasten zu beteiligen haben, dort eine entsprechende finanzielle Lastung des Bundeslandes Bremen vorzunehmen.

Zweite Bemerkung: Wenn Sie die Senatsvorlage schon haben, was den Bereich CT I betrifft, dann, finde ich, sollten Sie diese Senatsvorlage auch richtig zitieren! Es steht in der Vorlage nicht – ich habe sie jetzt leider nicht mitgebracht, weil ich nicht wusste, dass wir eine hafenpolitische Grundsatzdebatte führen –, dass dieses Geld vorhanden ist, sondern, wenn ich das richtig in Erinnerung habe, es steht in der Vorlage, dass man sich bemühen wird im weiteren Verlauf, diese Kosten einzusparen. Das heißt, man setzt sich entsprechend unter Druck, dass nicht nur die Maßnahme CT IV finanziert werden kann,

sondern auch die CT-I-Maßnahme für die Reederei MSC in einer Größenordnung von 19 Millionen Euro.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Das macht es jetzt aber nicht se- riöser, Herr Eckhoff!)

Aber, Frau Linnert, das ist ein Unterschied! Das ist natürlich durch zwei Maßnahmen entsprechend begünstigt: zum einen, dass es bei Baumaßnahmen immer noch die Möglichkeit gibt, heutzutage aufgrund der Situation im Baubereich günstige Ausschreibungen vorzunehmen, und zum zweiten, dass natürlich bei einer solchen Größenordnung durch ein vernünftiges Projektmanagement auch eine Kosteneinsparung von zirka drei Prozent bei solchen Projekten möglich sein sollte.

Wir haben darüber hinaus aber auch im Rahmen der Senatsberatung uns noch einmal darauf verständigt, dass wir eine regelmäßige Informationspflicht über den Ablauf der Baumaßnahme CT IV haben möchten, um zu sehen, ob vielleicht noch weitere Potentiale in diesem Projekt sind, um dann auch zu schauen, wenn ja, für welche Maßnahmen dieses Geld dann auch ausgegeben werden kann. Das heißt, dem weiteren Verlauf ist dort schon Rechnung getragen worden, auch in den Senatsberatungen. Insofern, glauben wir, haben wir die Bedingungen berücksichtigt.

Ich will das zusammenfassen: Aus Umweltsicht ein schwerer Tag, dies zu ändern, für Bremerhaven, glaube ich, ein guter Tag! Ich hoffe, dass die Stadtbürgerschaft morgen und die Stadtverordnetenversammlung am 13. Mai entsprechende Beschlüsse fassen werden. – Ich bedanke mich ganz herzlich für die Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer der 9. Änderung des Landschaftsprogramms Bremen 1991 in Bremerhaven-Weddewarden im Zusammenhang mit der 52. Änderung des Flächennutzungsplans Bremerhaven 1977 und der 11. Änderung des Flächennutzungsplans Bremen in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Mai 2001, CT IV, mit der Drucksachen-Nummer 16/213 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, CDU, Abg. T i t t m a n n [DVU] und Abg. W e d l e r [FDP])

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen Bündnis 90/Die Grünen)

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt entsprechend zu.

Gesundheit von Kindern und Jugendlichen im Land Bremen

Große Anfrage der Fraktionen der CDU und der SPD vom 21. Januar 2004 (Drucksache 16/124)

D a z u

Mitteilung des Senats vom 20. April 2004

(Drucksache 16/214)

Dazu als Vertreterin des Senats Frau Senatorin Röpke.

Frau Senatorin, möchten Sie die Antwort mündlich wiederholen?

(Senatorin R ö p k e : Nein, danke! Aber es wäre verlockend!)

Es wäre verlockend, aber vielen Dank, dass Sie verzichten!

Ich frage, ob wir in eine Aussprache eintreten wollen.

(Zurufe von der SPD: Ja!)

Das ist der Fall.

Dann eröffne ich die Aussprache.

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Dr. Mohr-Lüllmann.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir debattieren hier heute die Große Anfrage der CDU und der SPD „Gesundheit von Kindern und Jugendlichen im Land Bremen“. Bevor ich in das Thema einsteige, möchte ich gleich zu Anfang meinen Dank an das Ressort richten, das wirklich nicht nur umfangreich auf unsere 26 Fragen geantwortet hat, sondern auch wirklich substanziell. Vielen Dank für diese strukturierte und aussagekräftige Antwort!

(Beifall bei der CDU und bei der SPD – Abg. K a s t e n d i e k [CDU]: Das lag an den guten Fragen! – Abg. Frau H ö v e l - m a n n [SPD]: Das haben Sie doch nicht nötig, Herr Kastendiek! – Abg. K a s t e n - d i e k [CDU]: Spaß muss sein!)

Auch wenn dieses Thema nicht das erste Mal in diesem Parlament diskutiert wird, ergibt sich doch ganz offensichtlich die Notwendigkeit, an diesem Thema weiter zu arbeiten. Aktueller Anlass dieser Anfrage ist die besorgniserregende gesundheitliche Entwicklung unserer Kinder und Jugendlichen. Jeder weiß es: Unsere Kinder werden immer unbeweglicher, sie leiden häufiger an Übergewicht, und sie tragen ein enormes Risiko, Folgeerkrankungen auszuprägen. An die Stelle der traditionellen Kinderkrankheiten sind heute chronische Krankheiten getreten, zum Beispiel Übergewicht, Essstörungen, Suchterkrankungen, aber auch zunehmender Frühkonsum von Drogen aller Art.

Was liegt da näher, als einmal nachzufragen, was denn das Land Bremen für die Gesundheitsvorsorge unserer Kinder tut!

In Bremen gibt es eine Vielzahl von Akteuren im Gesundheitswesen, die mit der Förderung und Wiederherstellung der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen befasst sind. Gesundheitsämter haben unterschiedliche Aktivitäten installiert, Gemeinschaftsprojekte mit Krankenkassen sind in der Stadt vorhanden, das Bremer Institut für Präventionsforschung und Sozialmedizin, das BIPS, bietet umfassende Projekte zur ernährungsbezogenen Gesundheitsförderung von Kindern und Jugendlichen an, leistet Informations- und Aufklärungsarbeit, um auf die besorgniserregenden Folgen von Fehlernährung hinzuweisen. Wir verfügen über ein umfassendes Angebot an den Bremer Kliniken für die spezielle Versorgung chronisch kranker Kinder, es werden Fortbildungsveranstaltungen für hauswirtschaftliche Fachkräfte angeboten.

Wir finden Projekte wie „Gesundes Frühstück im Kindergarten“, in der Ernährungsberatung schon in der Stillberatung werden Mütter sensibilisiert in Bezug auf Prävention von Adipositas, der so genannten Fettsucht. Die Ärztekammer und der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte erstellen Konzepte zur frühzeitigen Erkennung von Risikofaktoren im Rahmen von Vorsorgeuntersuchungen und so weiter. Wer Interesse an einer detaillierten Bestandsaufnahme hat, der sollte die Antwort des Senats einmal lesen. Soweit die gute Nachricht! Wir als Land Bremen haben alles: zahlreiche differenzierte Unterstützungsangebote, und die auch noch überwiegend kostenfrei.

Nun die schlechte Nachricht! Jedes fünfte Kind und jeder dritte Jugendliche in Deutschland sind übergewichtig. Vier bis acht Prozent aller Schulkinder sind sogar adipös, das heißt fettsüchtig, was mit Gesundheitsstörungen verbunden ist. Eine Untersuchung an 500 Kindern in Deutschland ergab zum Beispiel, dass mehr als ein Drittel der getesteten Kinder eine Kombination aus Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen und Insulinresistenz hat. Ebenso viele Kinder hatten Schäden an den Knien, Hüftgelenken und Füßen. Fast ein Drittel leidet an einer

Fettleber. Zwei Prozent der Kinder hatten Gallensteine, ein Prozent hatte den typischen Altersdiabetes.

Meine Damen und Herren, das ist ein Ergebnis aus Deutschland, nicht aus den USA. Für Bremen heißt das, 4,5 Prozent der Schulanfänger waren 2002 adipös, weitere sieben Prozent übergewichtig. An Altersdiabetes im Kindesalter als fast ausnahmslose Folge von Übergewicht sind in Bremen auch bereits Kinder erkrankt. Nach Einschätzung des Landesverbandes der Kinder- und Jugendärzte steigt die Zahl übergewichtiger Kinder kontinuierlich an, ebenso die derjenigen mit Auffälligkeiten der Fein- und Grobmotorik mit zentralen Wahrnehmungsstörungen. Alle sind sich einig, das ist besorgniserregend. Wir müssen uns die Frage stellen: Wie und was können wir noch tun? Ausreichende Beratungs- und Unterstützungsangebote sind doch vorhanden! Warum erreichen diese Angebote unsere Eltern und Kinder nicht?

Allen klugen Unterstützungsmaßnahmen stehen natürlich starke bekannte Feinde entgegen. Das sind die veränderten Lebensbedingungen unserer Kinder, wenig Bewegung, der Computer, hohe Energiezufuhr in Form von Snacks und süßen Limonaden, darüber hinaus natürlich auch die immer neuen Ideen der Industrie und der Medien. Anfang der siebziger Jahre, als wir noch zum Büdchen gingen und eine Tüte Pommes kauften, da hatte diese noch etwa 200 Kalorien. Dank eines Large-Sizing-Konzeptes sind es heute mehr als 610 Kalorien. Megapommes sind im Trend, Megabottiche an gesüßten Getränken, XXL-Schokoladen.