Protokoll der Sitzung vom 29.06.2004

Ein weiteres Problem ist der Solidarpakt. Jeder weiß, dass es zum Abschluss eines solchen Paktes Tarifverhandlungen geben muss. Nach allem, was man aus dem Gewerkschaftslager hört, wird es keinen Solidarpakt geben, jedenfalls keinen, der eine Eins-zu-eins-Übertragung der beamtenrechtlichen Einsparregelungen auf den Tarifbereich vorsieht. Ich frage mich, warum der Senat, wenn er denn ernstlich den Abschluss eines Solidarpaktes und damit die angestrebte Haushaltsersparnis verfolgt, nicht wie andere Bundesländer auch aus der Tarifgemeinschaft des öffentlichen Dienstes austritt und von der Möglichkeit Gebrauch macht, mit neuen oder mit zu befördernden Angestellten und Arbeitern Arbeitsverträge abzuschließen, die die beamtenrechtlichen Veränderungen beinhalten. Niedersachsen in der Nachbarschaft und auch andere Bundesländer im Süden der Republik haben das bereits vorexerziert.

Auf Dauer ist es nicht hinnehmbar, dass in den Behörden und Dienststellen ungleiche Verhältnisse bestehen bezüglich Arbeitszeit und Gehalt. Auch bei den Gesellschaften, Eigenbetrieben, Stiftungen und Zuwendungsempfängern besteht die dringende Notwendigkeit, die Einsparregeln des Solidarpaktes anzuwenden. Hier muss der Senat allerdings noch mächtig nacharbeiten.

Die Ausgaben für Sozialleistungen steigen trotz der erheblichen Anstrengungen und Aktivitäten des Ressorts, die zweistelligen Zuwachsraten unter Kontrolle zu bringen, weiter. Der Grund ist nicht allein die Bundesgesetzgebung und die ungeklärte Situation bei der Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe. Der Grund liegt auch bei uns. Insofern unterstütze ich die Aktivitäten des Ressorts und der eingesetzten Projektgruppe, Einsparmöglichkeiten zu finden und zeitnah haushaltsmäßig umzusetzen. Die ausgesprochene Haushaltssperre, die sich wohl nur auf die Zeit nach der Verabschiedung des Doppelhaushalts beziehen kann, erscheint mir ebenfalls richtig.

Die Diskussion um die Errichtung einer Bildungsund Kindergarten-GmbH deutet darauf hin, dass in diesem Bereich Finanzbedarf besteht. Nach Auffassung der FDP kommt den Bereichen Bildung und Kindergärten eine besondere Bedeutung zu. Insoweit kann ich den Senat gut verstehen, wenn er versucht, diese Bereiche finanziell zu stärken. Den Weg allerdings, den der Senat zur Finanzierung hier beschreitet, halten wir für falsch. Anstatt diese Bereiche finanziell besser auszustatten durch Umschichtungen zwischen den Einzeletats, was politische Kraft und Anstrengung erfordert hätte, wird Vermögen veräußert und zur Finanzierung konsumtiver Ausgaben verwendet. Die ursprünglichen Bedenken des Rechnungshofes werden durch spitzfindige Interpretationen des Haushaltsrechts und durch Berichterstattungs- und Überprüfungsverpflichtungen erstickt. Ich halte dies nicht für seriös.

Zum Schluss mein Fazit! Mit diesem Doppelhaushalt dokumentiert die Koalition ihr finanzpolitisches Scheitern. Es ist trotz hoher Sanierungszahlungen nicht möglich, verfassungskonforme Haushalte aufzustellen. Die bremische Sanierung ist gescheitert, selbst wenn man noch hofft, finanzielle Erfolge aus der überzogenen Investitionspolitik der Sanierungsjahre erzielen zu können. Das Space-Park-Desaster steht hier nur als Symbol für dieses Scheitern. Die Investitionspolitik bleibt im Grundsatz unverändert. Man weicht weiterhin in außerhaushaltliche Bereiche und in eine ferne Zukunft aus und verscherbelt Tafelsilber für konsumtive Zwecke. Die Kreditwürdigkeit Bremens wird dadurch zerstört. Die Zinsbelastung wird unsere Haushalte zu Boden drücken und jeden politischen Handlungsspielraum künftig nehmen. Unsere Kinder werden uns das alles danken.

Man lügt sich mit dem „Kanzlerbrief“ in die eigene Tasche. Ich sehe nicht, wie das konsumtive Haus

haltsdefizit, das auch die Zinsausgaben einschließt, beseitigt werden soll. Ein Weg dahin wird jedenfalls in dem Haushaltsentwurf nicht aufgezeigt. Alle in diesem Zusammenhang diskutierten Möglichkeiten, gesetzgeberische Veränderungen beim Finanzausgleich und bei der Steuerverteilung, neuerliche Klage beim Bundesverfassungsgericht brauchen Zeit, basieren auf dem Prinzip Hoffnung und könnten auch leicht als Schuss nach hinten losgehen. Ich werde deshalb diesem Haushalt so nicht zustimmen. – Vielen Dank!

Als nächster Redner erhält das Wort Herr Senator Dr. Nußbaum.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Linnert, Herr Wedler, ich möchte gleich am Anfang sagen, dass der gedrängte Ablauf der Haushaltsberatungen nicht dem mangelnden Respekt vor dem Parlament oder dem Haushaltsausschuss entspringt, sondern in gewissem Umfang auch dem ambitionierten Zeitplan vor der Sommerpause und der Komplexität der Beratungen, das haben Sie ja nun selbst erfahren, geschuldet war.

Ich glaube, dass die Debatte heute ganz klar gezeigt hat, dass wir vor ganz schwierigen Weichenstellungen in einer extrem schwierigen ökonomischen Situation stehen, nicht nur für Bremen, sondern auch für die Bundesrepublik Deutschland. Es geht letztlich mit diesem Haushalt, der am Ende der Sanierungszahlungen steht, nicht nur darum, ein haushaltstechnisches Paket für die nächsten zwei Jahre zu schnüren, sondern es geht darum, auch eine Strategie zu entwickeln, wie wir die Eigenständigkeit unseres Landes sichern können.

Wenn ich jetzt einmal auf die letzten Monate zurückblicke, und das konnte ja auch in der Öffentlichkeit verfolgt werden, haben wir in der großen Koalition durchaus kontrovers diskutiert. Ich sehe das als einen Ausdruck von Stärke. Es ging darum, die richtigen Lösungen in dieser schwierigen Zeit zu finden, und es ging nicht darum, letztlich etwas zu verschieben oder nicht auszudiskutieren. Wir haben uns dem gestellt. Ich nehme das auch als klaren Beweis für die Leistungsfähigkeit dieser großen Koalition, sich zwar nach einem langen Ringen, aber dann doch geschlossen und gemeinsam auf einen Weg für die nächsten zwei Jahre verständigt zu haben.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Ich sage Ihnen eindeutig, wir führen mit diesem Doppelhaushalt das fort, was wir mit einer erfolgreichen Sanierungspolitik vor zehn Jahren begonnen haben, und die Zielsetzung ist, etwas sportlich ausgedrückt, Bremen fit für die Zukunft zu machen. Wenn Sie meinen, wir müssten hier einen Offenbarungseid leisten, dann bin ich der festen und tiefen

Überzeugung, dass das nicht so weit ist und dass das auch das falsche Rezept ist. Was gefragt ist, sind letztlich innovative Ideen, wie wir die Zukunftsfähigkeit Bremens in wirtschaftlich schwierigen Zeiten sichern können und wie wir auch die anerkanntermaßen – man muss das auch mit anderen Städten vergleichen – hohe Lebensqualität in diesen beiden Städten und in diesem Land sichern können. Hierfür wären mir dann konstruktive Vorschläge der Opposition willkommen. Diese habe ich etwas vermisst.

Wenn Sie, Frau Linnert, uns vorwerfen, dass wir einen verfassungskonformen Haushalt anstreben, sage ich, es steht in der Verfassung, dass wir den anstreben müssen. Ich frage mich: Wieso sind Sie so sicher, dass wir das nicht schaffen werden? Warten Sie doch einmal ab!

(Zuruf vom Bündnis 90/Die Grünen)

Wir haben aus meiner Sicht für die einzelnen Haushaltsanschläge, für die einzelnen Ressorts ganz klar realistische Ansätze gewählt. Das sind zugegebenermaßen ambitionierte Sparvorgaben, die darin enthalten sind, aber wir haben diese Punkte, die wir strukturieren wollten, in großer Geschlossenheit in der Koalition geeint. Es ist hier ja schon mehrfach angesprochen worden, ein herausragendes Beispiel ist für mich die Deckung des zusätzlichen Bedarfs bei den Sozialleistungen. Wir konnten durch Umschichtungen im Haushalt alle vom Sozialressort benannten Ausgabenrisiken abdecken, und wir konnten, obwohl das manche nicht geglaubt haben, die prognostizierten Einnahmeausfälle der Mai-Steuerschätzung auffangen.

Für mich ist wichtig, dass der Haushalt in wichtigen Bereichen eine Reihe von zukunftsweisenden Lösungsansätzen enthält,

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Wo denn?)

die mit klaren Handlungsaufträgen für die Ressorts verbunden sind. Ich möchte hier, ohne ins Detail zu gehen, noch einmal einige benennen. Wir haben, glaube ich, mit dem Programm „Revitalisierung der Innenstadt und der Stadtteile“ ein ganz wichtiges Investitionsprogramm, das unmittelbar mit der Lebensqualität und der Standortqualität hier in dieser Stadt zusammenhängt, auf den Weg gebracht. Wir haben auch deutlich gemacht, dass wir bereit sind, die weichen Standortfaktoren, anders als Sie das angesprochen haben, durch Investitionen in Köpfe zu stärken. Wir haben deutlich gemacht, dass Bildung, Erziehung und Kultur für uns Zukunftsaufgaben von zentraler Bedeutung sind, und wir sind fest entschlossen, hierfür zusätzliche Mittel zu investieren, selbst wenn wir unsere anderen Ausgaben reduzieren müssen.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben das ja auch nicht kritisiert, Sie kritisieren die Finanzierung, aber die Finanzierung ist realistisch. Für mich ist die eigentliche Frage in diesem Zusammenhang: Wie können wir in diesen Politikfeldern bessere Ergebnisse erzielen, um mit gleichem Mitteleinsatz insgesamt leistungsfähiger zu werden? Ich glaube, dass wir bei einem Haushalt von fast vier Milliarden Euro noch ein großes Potential haben, so dass wir in vielen Bereichen durch Effizienzsteigerungen Wirkungspotentiale schöpfen können, die wir ohne den Sanierungsdruck so nicht schöpfen würden. Deswegen geht es mir vorrangig darum, auch in der speziellen Art, wie wir diese Bereiche gestärkt und finanziert haben, dass wir die zusätzlichen Mittel über die gewählten Strukturen einer GmbH oder eines Eigenbetriebs immer so einsetzen, dass wir eine strukturelle Modernisierung in diesen genannten Bereichen bekommen und damit insgesamt die Innovationsfähigkeit erhöhen. Ich sage es auch eindeutig, das Ziel des Senats besteht definitiv nicht darin, einer undifferenzierten Ausgliederungsideologie zu folgen. Das sage ich nachdrücklich in Richtung der Privatisierungskritiker. Worum geht es uns? Uns geht es darum, maßgeschneiderte Lösungen zu entwickeln. Frau Linnert, Sie haben eben die BIG angesprochen. Da war nichts unbekannt. Die Mittel waren bekannt, sie stehen nämlich im Jahresabschluss, der testiert worden ist. Man muss den natürlich lesen.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Wer bekommt den Jahresabschluss der BIG denn? Das Parlament nicht!)

Wenn wir uns entscheiden, auf diese Mittel zuzugreifen, dann tun wir das aus gutem Grund. Dafür sind ja auch Rücklagen da. Für die Gesellschaft für Bildungsinfrastruktur wird ein Kapital von 25 Millionen zur Verfügung gestellt. Wir wollen damit die Aufgabenwahrnehmung im Schulbereich optimieren. Auch im Bereich der Kindertagesbetreuung besteht für uns die Chance, durch die Gründung eines KiTa-Eigenbetriebs mit tendenziell sinkendem Ressourceneinsatz noch bessere Dienstleistungsangebote zu erstellen. Das so genannte Zweitkräfteprogramm ist dabei ein Kernelement einer verbesserten Betreuungsqualität und die Basis für eine intensivierte pädagogische Arbeit.

(Beifall bei der SPD)

Im Kulturbereich streben wir eine stärkere Profilierung Bremens an. Kultur soll eindeutig als Standortfaktor gestärkt werden. Wir wollen mit dem geplanten Kulturfonds auf der Basis eines allerdings noch zu präzisierenden Konzepts in die zukunftsgerechte Positionierung der bremischen Kulturlandschaft investieren.

(Abg. T i t t m a n n [DVU]: Und was ist mit Kindergärten?)

Umsteuerungs- und Modernisierungsprozesse, das ist auch eine Erkenntnis aus den letzten Monaten, lassen sich nicht immer im Takt von Legislaturperioden verwirklichen. Deshalb haben wir das Gebäudesanierungsprogramm auf eine längerfristige Basis gestellt und dieses Programm für die nächsten fünf Jahre finanziell abgesichert. Ich glaube, auch das ist ein Beleg, dass wir nachhaltig und langfristig mit den von uns angestrebten Investitionen und ihrer Finanzierung umgehen.

Wir schaffen aber nicht nur die Infrastruktur für eine zukunftsorientierte Jugend-, Bildungs- und Kulturpolitik. Wir sagen auch: Als größter Arbeitgeber in der Region haben wir eine eigenständige operative Verantwortung. Deshalb, und das ist mir ein sehr großes Anliegen, haben wir die Ausbildungskapazitäten in der Kernverwaltung, aber auch im Rahmen der Verbundausbildung drastisch gestärkt und gesteigert.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Wir werden 150 zusätzliche Azubis ausbilden können. Das war leider in diesem Fall erst über eine GmbH möglich. Das muss ich hier an dieser Stelle einmal sagen. Diese GmbH hätte ich mir gern erspart. Aber wir haben jetzt auch öffentliche Signale der Gewerkschaften, dass sie eine gewisse Verhandlungsbereitschaft zeigen, auf diesen Weg einzuschwenken. Ich finde, das muss auch sein angesichts der Misere im Ausbildungsbereich.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Es ist hier von meinen Vorrednern schon mehrfach angesprochen worden, die Investitionen sind ein zentrales Thema. Der Haushalt ist deshalb auch ein zentrales Bekenntnis der Koalition zu einer nach vorn gerichteten Investitionspolitik. Ich sage das auch aus Überzeugung, dass Infrastrukturmaßnahmen und klassische Wirtschaftsförderung nach wie vor unerlässlich sind, um unser historisch bedingtes Investitionsdefizit weiter zu kompensieren. Das gilt insbesondere für Bremerhaven, wo wir auch in großer Geschlossenheit nachdrücklich bekräftigt haben, dass auch in Zukunft 25 Prozent der Investitionsmittel für die Seestadt zur Verfügung stehen sollen.

Sie haben, Frau Linnert, eben die Investitionspolitik angesprochen, Sie haben angesprochen, dass eine Investitionsquote natürlich immer relativ ist zum Gesamthaushalt, dass, wenn der Gesamthaushalt in der Bilanzsumme schrumpft, natürlich auch die Investitionsquote relativ größer wird. Insofern ist die Frage der reinen Investitionsquote für mich keine zulässige Kennziffer über den Investitionsgrad eines Gemeinwesens. Für mich ist die Aussage viel zentraler, dass das Saarland, Herr Müller und mein Kollege Jacoby, und das hat er mir am letzten Don

nerstag bei der Finanzministerkonferenz nochmals bekräftigt, mittlerweile auch die Richtigkeit des von ihnen eingeschlagenen Sanierungspfades überdenkt und der Auffassung ist, dass es vielleicht doch besser gewesen wäre, sich stärker investiv zu verhalten als die Schulden abzubauen. Es wird deshalb vermutlich, das ist ja auch bekannt, beim Bund noch einmal mit einer Klage antreten. Wenn Sie Berlin, meinen Kollegen Sarrazin, ansprechen, da kann ich nur sagen, der Mann wird in der Gemeinschaft der Finanzminister nicht so ganz ernst genommen. Deswegen ist das für mich auch kein zentrales Vorbild. Es muss ja einmal so gesagt werden, wie es ist!

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und bei der CDU – Abg. Frau L i n n e r t [Bünd- nis 90/Die Grünen]: Ausgerechnet die Hun- gerleider müssen sich hier noch in die Pfanne hauen!)

Wir haben in den letzten Wochen zentrale Projekte, herausragende Infrastrukturprojekte auf den Weg gebracht, die auch deutlich machen, dass wir trotz der noch größeren Vorsicht, mit der wir mit Investitionen umgehen, wichtige Projekte vorbehaltlos unterstützen. Wir haben die Anbindung der Überseestadt beschlossen, die A 281, CT IV oder CT-IModernisierung für den Containerumschlag, um nur einige zu nennen. Trotzdem sagen wir, dass natürlich die Gebote von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit im Mittelpunkt stehen müssen, zumal eindeutig der noch zur Verfügung stehende Investitionsrahmen des AIP bis 2010 in Höhe von 571 Millionen Euro um das Doppelte, also mit 1,1 Milliarden Euro, überzeichnet ist. Das bedeutet eindeutig, dass wir eine Priorisierung vornehmen müssen. Es ist auch klar, dass wir das im Senat tun müssen. Wir werden hier zu einer Priorisierung kommen müssen, um im Rahmen des jetzt bestehenden Mittelansatzes noch investiv tätig sein zu können. Es ist auch klar, dass wir alle die Finanzierungen und Investitionen, die nicht mehr in diesen Mittelrahmen bis 2010 hineinpassen, über Zwischenfinanzierungen zu Lasten der Jahre 2011 bis 2014 tätigen müssen. Hier, an dieser Stelle, haben wir in der Tat eine andere Akzentuierung vorgenommen. Wir sagen jetzt, dass der Vorgriff auf zukünftige Investitionen proportioniert werden muss, dass wir die Vorfestlegungsquote bis 2008 in Tranchen teilen, dass wir das nur schrittweise freigeben wollen. Deshalb ist das für mich auch ein eindeutiges Zeichen, dass wir zeitnah an zukünftige Investitionsausgaben kommen und dass wir sehr sorgsam, sehr bewusst und sehr verantwortungsvoll mit den noch zur Verfügung stehenden Investitionsmitteln umgehen. Meine Damen und Herren, es ist klar, dass alle haushaltspolitischen Maßnahmen mit Risiken verbunden sind. Wenn man Risiken scheut, darf man,

glaube ich, nicht in diesem Beruf tätig sein. Ich habe damit persönlich auch keine Probleme. Es ist deshalb wichtig, dass wir die projizierten Einnahmeund Einspareffekte erarbeiten müssen, das ist doch klar. Das gilt für die Verhandlungen mit den Gewerkschaften bezüglich des Solidarpakts genauso wie für viele Einsparmaßnahmen in den einzelnen Ressorts. Auch die Verhandlungen mit dem Bund über den so genannten Kanzlerbrief sind noch nicht zum Abschluss gebracht. Aber lassen Sie mich hier, Herr Kastendiek, Sie haben das ja auch angesprochen, in diesem Zusammenhang auch noch eine Anmerkung machen!

Sie wissen, dass der gesamte Senat in Geschlossenheit zu dem Inhalt des Briefes steht, nämlich konsequent und in großer Sachlichkeit das zu fordern, was uns zusteht. An der Korrespondenz um den „Kanzlerbrief“ war ja nicht nur unser Bürgermeister Henning Scherf, sondern auch der CDU-Landesvorsitzende Bernd Neumann beteiligt. Sie dürfen sicher sein, dass der Präsident des Senats im Interesse Bremens auf die Einhaltung der gegebenen Zusagen achten wird. Sie sollten, Herr Kastendiek, genauso überzeugt sein, dass dies ebenso, so kennen wir ihn, für Herrn Neumann gilt.

Zu Ihnen, Frau Linnert! Ihre Position zum „Kanzlerbrief“, das gilt letztlich auch für Herrn Wedler, kann ich so nicht ganz nachvollziehen. Es ist doch klar, dass Sie als Opposition eine gewisse Linie vertreten müssen. Andererseits besteht dieser „Kanzlerbrief“ nun einmal, und wir leiten daraus aus unserer Sicht berechtigte Ansprüche ab. Diese haben wir eingebucht. Solange wir mit den Verhandlungen nicht am Ende sind, werde ich diese Ansprüche auch nicht ausbuchen. Im Gegenteil, ich erwarte von Ihnen, dass Sie uns letztendlich bei diesen Gesprächen unterstützen.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Das können Sie über Ihre Kollegen von den Grünen in Berlin genauso tun, wie wir das auf unserer Ebene machen. Ich kann wirklich nicht nachvollziehen, wie es hilfreich sein soll, wenn Sie den „Kanzlerbrief“ bezweifeln, und wie wir ihn in Berlin vernünftig umsetzen sollen, wenn hier in Parlamentsprotokollen dokumentiert ist, dass zentrale Teile dieses Hauses von diesem „Kanzlerbrief“ nichts halten.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Ich finde, das ist etwas unfair und schadet und mindert letztlich die Position Bremens.

(Abg. K a s t e n d i e k [CDU]: Das mit dem zentral kann man auch relativieren! – Abg. P f l u g r a d t [CDU]: Aber viel- leicht kennen die Bremer Grünen die Ber- liner Sozialdemokraten! – Zuruf der Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen])

Herr Senator, Sie haben das Wort!

Ich wollte nur höflich sein, wenn im Parlament eine Diskussion entsteht.

(Heiterkeit)

Ich setze jetzt einfach einmal fort. Der Senat ist sich darüber im Klaren, dass der Haushaltsvollzug natürlich mit viel Arbeit verbunden ist, auch mit politischer Arbeit. Mit der Aufstellung des Haushalts und dem Beschluss darüber hört es ja nicht auf. Deswegen kann es nicht ausreichen, den Haushalt einfach überall da zu kritisieren, wo es keine klaren Erfolgsgarantieren geben kann. Ich sagte es eben schon, politisches Handeln ist mit politischem Risiko verbunden. Wer das nicht will, muss sich doch fragen, ob er tatsächlich bereit und in der Lage ist, politische Verantwortung für die Zukunft Bremens zu übernehmen.

Ich kann jedenfalls für den Senat ein eindeutiges Signal geben. Wir werden vor den finanzpolitischen Herausforderungen der nächsten Jahre nicht resignieren, und wir werden auch nicht das Heft des Handelns aus der Hand geben. Es ist aber auch klar, dass uns das Auslaufen der Sanierungshilfen in diesem Jahr vor große neue Herausforderungen stellt. Deshalb muss es unsere Politik sein, dass wir die politische Eigenständigkeit Bremens langfristig absichern. Dafür ist naturgemäß die ökonomische Handlungsfähigkeit die notwendige Basis. Mit einer leistungsfähigen Verwaltung, so meine ich, sind wir dafür sehr gut aufgestellt.

Es gibt auch zu dem laufenden Fitnessprogramm einfach keine Alternative. Das ist auch keine Bremensie, auch die anderen Länder einschließlich der so genannten reichen süddeutschen oder südwestdeutschen Länder stehen vor ähnlichen Herausforderungen wie wir. Sie sind auch dabei, Vermögen zu veräußern, um ihre Haushalte auszugleichen. Irgendwann ist das auch mit den Vermögensveräußerungen zu Ende. Auch sie stehen vor der gleichen Problematik wie wir, ihre Haushalte zu konsolidieren und ihre Ausgaben zu kontrollieren und zu überprüfen, was sich der Staat heute noch leisten kann.