Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist in der Debatte betont worden, welche Bedeutung die Themen, die mit der Familienpolitik zu tun haben, gegenwärtig und verstärkt auch in der Zukunft haben werden. Wir wissen alle, wie wichtig es ist, die Bedingungen für eine starke Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern und zu verstärken. Wir wissen alle, wie wichtig es ist, die Erziehungskompetenz der Familien zu stärken und ihnen die Möglichkeit zu geben, sich der Erziehung zu widmen, ihnen aber auch Hilfestellung dort zu geben, wo die Erziehungskompetenz nicht trägt und der Ruf nach dem Staat ertönt. Das sind Bereiche und Themen, die uns in Zukunft nicht zuletzt wegen der demographischen Entwicklung verstärkt werden beschäftigen müssen.
Ich bin sehr dankbar, dass auch in der Debatte darauf hingewiesen worden ist, dass wir mit unseren familienpolitischen Bemühungen in Bremen und Bremerhaven keineswegs am Anfang stehen, sondern dass wir ganz selbstbewusst auch auf die er––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
heblichen Leistungen und Hilfen verweisen können, die wir anbieten, die wir bereithalten im Haushalt und auch mit Geld unterlegen. Die aus meiner Sicht wichtigsten Themen sind auch schon benannt worden, nämlich die Themen Kindertagesbetreuung, wie schaffen wir es, auch und vor allem Berufstätigen, Herr Crueger, verstärkt Möglichkeiten zu geben, Familie und Beruf in Einklang zu bringen. Das, was Sie eben gerade kritisiert haben, ist ein Ergebnis von rotgrüner Politik auf Bundesebene, dass Vorrang nämlich der Bereitstellung von Kindertagesplätzen gerade für Berufstätige ausdrücklich gerade so gesetzlich normiert worden ist. Wir werden uns selbstverständlich an diesen gesetzlichen Auftrag halten.
Wir können auch feststellen, das finde ich sehr positiv, dass die Entwicklung hin zu Ganztagsschulen inzwischen doch eine deutliche Verbesserung auch mit sich bringt. Das kann man dort nachweisen, wo Ganztagsschulen gebildet worden sind. Da gibt es zusätzliche Angebote für Kinder, für Grundschulkinder im Anschluss an die Schule, also auch, wenn Sie so wollen, die Hortbetreuung im bisherigen Stil ist dadurch ausgeweitet worden. Dies sind sehr positive Entwicklungen.
Wir müssen uns, glaube ich, auch verstärkt dem Thema widmen, wie schaffen wir es, auch präventiver im Bereich der Hilfen zur Erziehung zu wirken. Hier stellen wir aus meiner Sicht sehr schwierige und auch bedenkliche Entwicklungen fest, nämlich Tatsache ist, dass die Erziehungskompetenz doch in vielen Bereichen deutlich leidet, dass der Staat hier sehr stark Erziehungsverantwortung übernehmen muss, wo eigentlich die Familien in erster Linie gefragt sind. Hier gilt es, über Familienbildung, über begleitende Hilfen die Familien stärker in die Lage zu versetzen, die Erziehungsverantwortung selbst wahrzunehmen. Das wird sicherlich unser gemeinsames Ziel weiter bleiben müssen.
Herr Oppermann hat darauf hingewiesen, dies ist ein weiterer Baustein in einem breit angelegten Konzept von Familienpolitik. Ich freue mich, dass in der Debatte auch betont worden ist, dass Familienpolitik keineswegs nur eine Angelegenheit des Sozialressorts und des Jugendressorts ist, sondern Familienpolitik, wenn sie über alle Bereiche wirken soll, muss als Querschnittspolitik begriffen werden, so verstehe ich Familienpolitik.
So verstehe ich auch den Antrag, den Sie gestellt haben. Das ist kein Antrag nach meinem Verständnis, der jetzt im Haushaltsvollzug nur des Sozialressorts platziert werden muss und soll. Da sähe ich dann auch leichtere Probleme, um das ganz offen
Ich bedanke mich auch für diesen Auftrag. Ich nehme das gern als Auftrag an, andere Ressorts für diese Themen zu begeistern. Dann bin ich sicher, dass wir auch eine Lösung zur Finanzierung im Haushaltsvollzug finden. – Vielen Dank!
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Beratung ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Als Erstes lasse ich über den Antrag der Fraktionen der CDU, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 16/273 abstimmen. Wer dem Antrag der Fraktionen der CDU, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit der DrucksachenNummer 16/273, Neufassung der Drucksache 16/229, seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen! Ich bitte um die Gegenprobe! Stimmenthaltungen? Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Antrag zu.
Jetzt lasse ich über den Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD mit der Drucksachen-Nummer 16/315 abstimmen. Wer dem Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD mit der Drucksachen-Nummer 16/315 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen! Ich bitte um die Gegenprobe! Stimmenthaltungen? Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Antrag zu.
Antrag der Fraktionen der CDU, der SPD und Bündnis 90/Die Grünen vom 2. Juni 2004 (Drucksache 16/274)
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir beschäftigen uns heute mit den Parkproblemen gehbehinderter Menschen. Immer wieder werde ich, und vielen von Ihnen geht es wahrscheinlich ähnlich, von Leuten angesprochen und um Unterstützung gebeten, die eine Gehbehinderung haben, die allerdings nicht den Vermerk „aG“ – außergewöhnliche Gehbehinderung – erhalten haben und somit nicht auf den Behindertenparkplätzen parken dürfen. Ich weiß von meinen Kollegen aus dem Petitionsausschuss, dass dort auch immer wieder Petitionen eingereicht werden, die das gleiche Anliegen haben. Die Leute verstehen es nicht: Sie haben große körperliche Probleme und dürfen trotzdem nicht auf diesen Parkplätzen parken.
Der letzte Betroffene, der sich an mich gewandt hatte, war ein älterer Herr, der sich nur noch mit zwei Unterarmstützen bewegen konnte und trotzdem diesen „aG“-Vermerk nicht bekam, weil er mit seinen Krücken ja noch 50 Meter laufen konnte. Ob man das allerdings laufen nennen kann, meine Damen und Herren, möchte ich doch sehr bezweifeln! Dieser Mann klagt jetzt zwar vor dem Sozialgericht,
und die Klage ist auch angenommen worden, was auch nicht in jedem Fall sichergestellt ist. Oftmals wird so eine Klage als unbegründet zurückgewiesen.
Ich habe hier noch einen weiteren Fall, den ich Ihnen gern vortragen möchte: Da ist ein Mann, der eine Behinderung von 100 Prozent hat, er hat das Merkzeichen „G“ für Gehbehinderung, das Merkzeichen „B“ für Begleitung und hat trotzdem nicht das Merkzeichen „aG“ erhalten. Er hat jetzt vor dem Sozialgericht geklagt, und ich möchte Ihnen einmal mit Genehmigung des Präsidenten aus dem Urteil Folgendes vortragen:
„Trotz erheblicher Beeinträchtigungen könne er sich nämlich, wenn auch schleppend, watschelnd, kleinschrittig und deutlich verlangsamt über eine Wegstrecke von 30 Metern ausreichend sicher zu Fuß fortbewegen, um sodann nach einer Gehpause seinen Weg wieder aufzunehmen.“ Dann wird noch einmal wegen des Merkmals „aG“ begründet: „Weil es wissenschaftliche physiologische Untersuchungen zur exakten Beurteilung der beim Gehen aufgewendeten Energie nicht gebe“! Wer solche Urteile spricht, ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
Behinderte Menschen, die solche Probleme haben, verstehen nicht, dass sie die Behindertenparkplätze nicht nutzen dürfen, und ich habe auch kein Verständnis dafür, zumindest nicht bei den Fällen, mit denen ich konfrontiert war.
Wir haben das Thema bei uns in der Fraktion diskutiert, und das war auch der Grund, warum wir diesen Antrag hier eingebracht haben. Ich habe hier einen Widerspruchsbescheid vorliegen, in dem aufgeführt wird, wann man diesen „aG“-Vermerk bekommt. Ich möchte daraus auszugsweise mit Genehmigung des Präsidenten zitieren: „Querschnittsgelähmte, Doppeloberschenkelamputierte, Doppelunterschenkelamputierte, einseitig Oberschenkelamputierte, die dauernd außerstande sind, ein Kunstbein zu tragen oder zugleich unterschenkel- oder armamputiert sind“! Zynisch gesehen bekommt man diesen Vermerk eigentlich nur, wenn man überhaupt keine Beine mehr hat.
Ich wundere mich immer, dass es so viele leere Behindertenparkplätze gibt, weil man eben für diese Parkplätze diesen „aG“-Vermerk braucht. Jetzt aber weiß ich es! Die Leute, die diesen Vermerk haben, können sich allein ja kaum noch fortbewegen, und deswegen sind auch so viele Parkplätze leer. Meine Damen und Herren, wenn Sie einmal darauf achten, werden Sie es auch beobachten können.
Ich möchte gern, dass wir diesen gehbehinderten Menschen etwas helfen, ihre sowieso schon schwierige Lage zu erleichtern. Ich will nun überhaupt nicht, dass jeder, der Probleme beim Laufen hat, eine Sonderparkgenehmigung erhält. Wir wollen das nicht inflationieren, das ist nicht unser Anliegen. Es sollen insbesondere schwerbehinderte Menschen eine Sonderparkgenehmigung erhalten, die die Voraussetzung des Merkzeichens „aG“ nur knapp verfehlt haben.
Es sollen aber auch zeitlich befristete Sondergenehmigungen ausgestellt werden, nach schweren Operationen, wenn zum Beispiel ein Unterschenkel amputiert worden ist und noch nicht mit einer Prothese gelaufen werden kann, also für Leute, die nicht dauerhaft außergewöhnlich gehbehindert sind oder für Schwerbehinderte, die zum Beispiel zwei Parkplätze zum Aussteigen aus ihrem Auto benötigen, weil die Autotür ganz geöffnet werden muss, damit sie aussteigen können, aber auch für Menschen, bei denen schwere Funktionsstörungen des Herzens oder der Atmungsorgane vorliegen.
Meine Damen und Herren, das Problem der Parkerleichterungen gibt es nicht nur in Bremen und Bremerhaven. Auch in anderen Bundesländern ist es ein Thema, das auch in den jeweiligen Petitionsausschüssen immer wieder beraten wird. Meines Erachtens müssen die Voraussetzungen zur Erlangung des Merkzeichens „aG“ im Schwerbehindertenrecht, das jetzt im SGB IX geregelt ist, geändert werden, und zwar müsste die Schwerbehindertenausweisverordnung in Paragraph 6 Absatz 1 Nummer 14 des Straßenverkehrsgesetzes dahin gehend geändert werden, dass für einen „aG“-Vermerk auch die Kriterien mit herangezogen werden, die in den Ländern jetzt dazu führen, Sonderparkgenehmigungen zu erteilen. Ich habe ja vorhin aufgezählt, wie behindert man sein muss, um diesen „aG“-Vermerk zu erhalten. So kann es eigentlich nicht gehen, auch nicht, dass dort jahrelang geklagt werden muss, um Recht zu bekommen.
In diesem Zusammenhang bitte ich Frau Senatorin Röpke, die ist jetzt allerdings nicht mehr da, dieses Problem im Bund-Länder-Ausschuss anzusprechen und auf Änderungen hinzuwirken. Ich werde das Thema aber auch noch einmal in der Gesundheitsdeputation ansprechen und entsprechend darum bitten.
Ich weiß natürlich, dass das, wenn überhaupt, ein langwieriger Prozess sein wird. Eine andere Möglichkeit, diesem Personenkreis Parkerleichterungen zu verschaffen, besteht darin, entsprechende Verwaltungsvorschriften zu Paragraph 46 Absatz 1 Nummer 11 der Straßenverkehrsordnung zu erlassen. Diesen Weg wollen wir jetzt gehen, obwohl damit auch immer ein Ermessensspielraum verbunden sein wird. Nach mir vorliegenden Unterlagen haben inzwischen 13 oder jetzt schon 14 Bundesländer davon Gebrauch gemacht. Die meisten Länder haben sich hierbei an die Regelungen von Bayern, Reinland-Pfalz oder Hessen angelehnt, wobei die einzelnen Länder es teilweise auch noch sehr unterschiedlich handhaben. Daher ist eine bundeseinheitliche Regelung anzustreben, insbesondere in den Grenzregionen benachbarter Bundesländer. Für uns gilt dies insbesondere für Niedersachsen.
Mir ist natürlich bekannt, dass auch in Bremen und Bremerhaven jetzt schon Ausnahmegenehmigungen erteilt werden, aber eben sehr restriktiv, zu restriktiv meine Damen und Herren! Ich habe hier eingangs erläutert, dass der alte Mann, der sich eben nur noch auf diesen Stützen bewegen kann, diese Ausnahmegenehmigung eben nicht erhalten hat. Die Kollegen aus dem Petitionsausschuss, Frau Sauer berichtete davon, können auf ähnliche Beispiele verweisen. Aus diesem Grund fordern wir den Senat mit unserem Antrag auf, verstärkt und unbürokratisch von der Möglichkeit der Ausnahmeregelung Gebrauch zu machen. Wir erwarten auch, dass jetzt eine Regelung analog zu den anderen Bundesländern erfolgt.
Meine Damen und Herren, wir haben hier einen sehr moderaten Antrag eingebracht. Dieser Antrag kostet kaum Geld. Einen Rechtsanspruch auf einen Parkplatz gibt es nicht, aber wir helfen Menschen, die ohnehin schon ein schwieriges Los haben. Ich freue mich, dass unser Antrag von den drei Fraktionen dieses Hauses getragen wird. Insoweit ist eine große Mehrheit für diesen Antrag vorhanden, und ich gehe auch davon aus, dass sich unser Senator Eckhoff darum kümmern wird, dass der Antrag umgesetzt wird und die Parkerleichterungen, die wir gefordert haben, den Leuten zugute kommen werden, die diese dringend benötigen. – Recht schönen Dank, meine Damen und Herren!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! In der Auseinandersetzung mit dem Thema Parkerleichterungen für Schwerbehinderte war ich bisher der Meinung, dass es ausreichend Parkmöglichkeiten für Menschen mit Bewegungseinschränkungen in der Gehfähigkeit gibt und daher ganz überrascht, dass wir in Bremen der Entwicklung in anderen Bundesländern weit hinterherhinken, dies im wahrsten Sinne des Wortes! Bevor Bremen in der Republik in dieser Frage, die für Gehbehinderte von großer Bedeutung ist, das Schlusslicht bildet, freue ich mich sehr darüber, dass wir gemeinsam diesen Antrag unterstützen.
Für die meisten Menschen ist es selbstverständlich, ihr Leben ohne Einschränkungen in der Bewegungsfähigkeit zu gestalten. Für viele Schwerbehinderte mit einer Gehbehinderung dagegen stellt schon ein Aktionsradius von 500 Metern eine schmerzhafte Herausforderung dar. Eine große Anzahl von Menschen mit Behinderungen braucht das Kraftfahrzeug als wichtiges Hilfsmittel, um die durch die Behinderung eingeschränkte Bewegungsfähigkeit auszugleichen.
Schwerbehinderte Menschen mit außergewöhnlicher Gehbehinderung, die zur Erledigung ihrer täglichen Abläufe auf Parkerleichterungen angewiesen sind, müssen bestimmte Diagnosen erfüllen, um in ihrem Schwerbehindertenausweis das benötigte Merkzeichen „aG“, das bedeutet außergewöhnlich gehbehindert, oder das Merkzeichen „Bl“, das bedeutet blind, zu bekommen.
Nur durch die Eintragung im Ausweis durch das Versorgungsamt werden Parkerleichterungen durch Ausnahmegenehmigungen tatsächlich gewährt. Somit ist diese Personengruppe von bestimmten Vorschriften der Straßenverkehrsordnung befreit. Dazu gehört zum Beispiel das Parken an Parkuhren und ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
Parkscheinautomaten ohne Gebühr und zeitliche Beschränkung, an Stellen, an denen das eingeschränkte Halteverbot angeordnet ist, bis zu drei Stunden zu parken, in Fußgängerzonen, in denen das Be- und Entladen für bestimmte Zeiten freigegeben ist, während der Ladezeit zu parken, in der Nähe von Behörden, Krankenhäusern, des Arbeitsplatzes oder auch am Wohnort.
Allerdings ist nur ein geringer Teil von Menschen mit einer Gehbehinderung im Besitz eines Schwerbehindertenausweises mit genau diesen Merkzeichen, welche sie dazu berechtigen, diese Park- oder Lebenserleichterungen in Anspruch zu nehmen. Schwerbehinderte, die lediglich das Merkzeichen „G“ – das bedeutet erheblich beeinträchtigt in der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr – in ihrem Ausweis haben, erhalten diese Parkerleichterungen nicht, obwohl manche von ihnen durchaus vergleichbare Einschränkungen in ihrer Bewegungsfähigkeit haben. Die letztliche Feststellung einer Berechtigung von Parkerleichterungen wird durch genau festgelegte Diagnosen durch das Versorgungsamt bescheinigt, jedoch nicht an dem Grad der tatsächlichen Beeinträchtigung.
Es gab allerdings auch bisher die Möglichkeit der Gleichstellung, indem andere schwerbehinderte Menschen mit vergleichbaren Einschränkungen dem Personenkreis zugeordnet werden konnten, jedoch wurde davon offenbar nur sehr selten Gebrauch gemacht. Für manchen Schwerbehinderten mit dem Merkzeichen „G“, bei dem eine erhebliche Beeinträchtigung in der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr vorliegt, heißt es dann wohl: Pech gehabt! Das, meine Damen und Herren, kann ja so wohl nicht sein!