Protokoll der Sitzung vom 01.07.2004

Deshalb müssen wir darauf drängen, wenn die Niederländer jetzt schon untersuchen, dass sie die Strecke von Amsterdam nach Groningen ausbauen wollen. Ich verstehe den Antrag der Grünen auch nicht ganz, Sie schreiben in Ihrem Antrag, die Bürgerschaft bittet den Senat, sich für die Realisierung einer schnellen grenzüberschreitenden Schienenverbindung von den Niederlanden via Bremen nach Berlin einzusetzen. Die haben das bis jetzt in ihrem Prüfauftrag systemunabhängig gemacht. Sie wollen das erst einmal untersuchen.

Was machen Sie denn, wenn jetzt bei der Strecke Amsterdam–Groningen der Transrapid als Technologie herauskommt? Wollen Sie dann in Groningen eine Umsteigestation bauen? Wollen Sie die Leute, die vom Transrapid von Amsterdam nach Groningen gebracht werden, in einen normalen Zug setzen, und dieser normale Zug fährt dann weiter bis nach Berlin und Frankfurt/Oder, und von Frankfurt/ Oder nach Warschau besteigt man dann wieder den Transrapid? Nein!

Ich verstehe den Antrag der Grünen so, wenn ich das einmal positiv aufgreifen kann, das stimmt nicht ganz mit Ihrem Beitrag überein, Herr Lehmann, wenn die in Holland sagen, wir wollen den Transrapid, dann müssen wir das entsprechend fortsetzen, dann brauchen wir den Transrapid auch fortgeführt in einer Streckenverbindung von Groningen über Bremen, Hamburg, Berlin bis nach Frankfurt/Oder. Wenn die Holländer das so entscheiden, dann steht Bündnis 90/Die Grünen eng an der Seite der Transrapidfreunde. Wenn ich den Antrag so verstehe, finde ich, können die Koalitionsfraktionen noch einmal darüber nachdenken, ob sie diesem Passus des Antrags der Grünen nicht doch zustimmen können. Ich finde, er ist durchaus in einer gewissen systematischen Logik zu dem, was heute passiert, leider nicht zu dem Beitrag, Herr Lehmann, den Sie entsprechend geliefert haben.

Wir brauchen eine sinnvolle Ergänzung, einen sinnvollen Ausbau der Transeuropäischen Netze, dazu müssen wir die finanziellen Mittel einwerben. Dabei wünsche ich der neuen Europaabgeordneten, unserer Vizepräsidentin, viel Erfolg, dass sie hoffentlich dann im Europäischen Parlament auch immer viele Mittel für die Infrastrukturregion Nordwesten einwerben wird.

(Zuruf der Abg. Frau D r. T r ü p e l [Bündnis 90/Die Grünen])

Wie bitte?

(Abg. Frau D r. T r ü p e l [Bündnis 90/ Die Grünen]: Ich darf eigentlich gar nichts sagen!)

Ach so! Ich finde es immer ganz lebhaft, wenn man sich ein bisschen austauschen kann. Sie können ja schnell auf den Platz da vorn rennen, Frau Dr. Trüpel, um dann den Zwischenruf zu machen!

Wir müssen gemeinsam dafür kämpfen, dass wir dieses deutliche Defizit, das wir im Nordwesten haben, entsprechend gemeinsam aufarbeiten. Dafür, finde ich, ist der Antrag eine hervorragende Grundlage. Ich will übrigens noch sagen, warum das so wichtig ist. Es sind gerade die grenzüberschreitenden Verkehre, Herr Lehmann, die mit 30 Prozent aus den verschiedenen Infrastrukturprogrammen der Europäischen Union gefördert werden. Das ist auch das Interessante, warum man nicht einfach die Holländer untersuchen lassen soll, und dann geht das ins Leere, sondern warum wir dieses wichtige Thema auch gemeinsam behandeln müssen, und zwar nicht nur, weil die Reisezeiten sich deutlich verkürzen, sondern weil es dann auch die Möglichkeit gibt, neue Fördermittel einzuwerben.

In diesem Sinne hoffe ich, dass das die Debatte ist, wirklich einen Startschuss zu setzen, was die Verkehrsinfrastruktur im Nordwesten Deutschlands

betrifft. Ich bedanke mich ganz herzlich für den Rückenwind, den es gibt. Ich glaube, wir müssen noch viele Diskussionen führen, wie wir zukünftig die Verkehrsinfrastruktur in Deutschland finanzieren müssen und wollen. Dort gibt es nach wie vor einen deutlichen Nachholbedarf. Während man bei Bundesautobahnen und den Straßen schon über private Mitfinanzierung nachdenkt, ist dies natürlich im Schienenbereich deutlich schwieriger, das muss man an dieser Stelle auch erwähnen. Ich finde es aber sehr gut, dass wir das hier heute aufgegriffen haben und die Möglichkeit gehabt haben, darüber zu diskutieren. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Krusche.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe mich noch einmal gemeldet, denn dieses Schönreden des Transrapid lasse ich hier so nicht stehen.

Erstens, es geht nicht darum, den Transrapid als solchen, als Verkehrsmittel schlecht zu reden. Das tun wir Grünen nicht, weil er in bestimmten Gegenden durchaus einen Sinn macht. Er muss aber bestimmte Bedingungen erfüllen, um sich überhaupt zu rechnen, und das tut er in dieser Region, für die Sie sich jetzt einsetzen, nämlich Niederlande, Bremen, Hamburg, Berlin, gerade nicht.

Warum ist der Transrapid in den jahrelangen Debatten in der Verbindung zwischen Hamburg und Berlin gescheitert? Weil er zu teuer ist, weil er sich nicht rechnet, denn der Geschwindigkeitsvorteil, den der Transrapid hat, kommt überhaupt erst zum Tragen ab einer bestimmten Strecke oder wenn er nicht anhalten muss! Aber in unserem dicht besiedeltem Raum wollen wir ja, dass er irgendwo anhält und Fahrgäste mitnimmt. Diese Fahrgastzahlen müssen im Grunde genommen bei zehn Millionen Menschen und 40 000 Passagieren pro Tag liegen, damit sich dieser Transrapid rechnet. Ich sage Ihnen, Herr Eckhoff, diese Bedingung wird der Transrapid hier nicht erfüllen.

Wenn Sie hier ein Bild an die Wand malen, dass der Transrapid vielleicht in Amsterdam beschlossen wird und dann an der deutsch-niederländischen Grenze endet, weil die Deutschen ein anderes Verkehrssystem haben, dann sage ich dagegen, der Sinn von Europa oder der Sinn von Transeuropäischen Netzen ist doch der, dass eben in Zukunft nicht jedes Land für sich selbst sein eigenes Verkehrsmittel plant, sondern dass wir uns europäisch, länderübergreifend mit den sinnvollsten Verbindungen Nordsüd oder Ostwest auseinander setzen und gemeinsam planen, dass es in Zukunft nicht darum gehen ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

kann, dass jedes Land seine eigenen Verkehrsmittel plant. Ich glaube, das ist keine zukunftsfähige Europapolitik.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Lassen Sie mich auch noch sagen, als ich Ihren Antrag gelesen habe, da habe ich gedacht, er wäre in Ordnung, wenn das Wort Transrapid in ihm nicht vorkäme! Natürlich geht es darum, die NordwestRegion zu stärken. Da bin ich völlig mit ihnen einverstanden. Wir sind in der Vergangenheit, was den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur im Nordwesten angeht, gegenüber den süddeutschen Bundesländern absolut finanziell und im Ausbau der unterschiedlichen Transportwege benachteiligt worden. Wir streiten uns politisch darüber, wie viel Geld wir für welche Verkehrsmittel aufwenden wollen. Da fängt der politische Streit mit Ihnen, vor allen Dingen mit der CDU, an.

Wir sagen, es ist notwendig, mehr Infrastruktur im Nordwesten zu haben, aber wir wollen ihn vor allen Dingen auf der Schiene haben. Es ist auch richtig, wenn Sie sagen, dass es bedauerlich ist, dass die Mittel durch die Mautausfälle für die NordwestRegion arg zusammengeschrumpft sind. Aber gerade weil das so ist, würden wir doch einen Teufel tun, wenn wir jetzt unserem funktionierenden Schienennetz ein weiteres System hinzufügen, das aberwitzig teuer ist, das nicht die nötigen Fahrgastzahlen an sich binden kann, das Konkurrenz zum bestehenden Schienennetz macht. Das kann doch keine vernünftige Verkehrspolitik in der Nordwest-Region sein.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Wir müssen uns hier einig sein, wo wir den Schwerpunkt legen wollen. Ich glaube, es macht einen Sinn, nach wie vor hier ein Verkehrssystem zu entwickeln, das auf Hochgeschwindigkeitszüge setzt, auch grenzüberschreitend zwischen den Niederlanden und Deutschland. Ich bin dafür!

Es macht auch einen Sinn, sich für die Ausbaukapazitäten für den Güterverkehr einzusetzen. Dazu muss ich sagen, Herr Eckhoff, ich war schon höchst erstaunt darüber, dass die Verkehrsministerkonferenz so mir nichts, dir nichts ein höchst wichtiges Projekt wie die Y-Trasse so eben einmal fallen lässt. Sich dafür als Verkehrsminister stark zu machen, das würde einen Sinn machen, denn diese Y-Trasse schafft die Voraussetzungen, dass wir hier im Nordwesten mehr Kapazitäten für die schnellen Züge erhalten und gleichzeitig mehr Kapazitäten für den Güterverkehr.

Ich glaube, das ist ein lohnendes Ziel, für das man sich einsetzen muss, bevor man irgendwelche Himmelsträume für den Transrapid träumt. Das ist eine völlig unrealistische Perspektive für die Nordwest

Region, aber ich glaube, auch insgesamt für Europa. – Danke!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner erhält das Wort Herr Senator Eckhoff.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte doch noch darauf ein paar Antworten geben, Frau Krusche, weil ich bei verschiedenen Punkten eine völlig unterschiedliche Auffassung habe. Zunächst einmal: Woran ist der Transrapid gescheitert?

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: An den Grünen natürlich!)

Nein, ich wollte sagen, so mächtig sind Sie nicht in dieser Republik!

(Zurufe vom Bündnis 90/Die Grünen – Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Das sind ja ganz neue Erkenntnisse!)

Als wir den Transrapid vor gut zehn, zwölf Jahren doch sehr intensiv bei uns diskutiert haben, als es gerade darum ging, wie wird auch die Verkehrsinfrastruktur in den neuen Ländern ausgebaut, neu ausgerichtet, ist er nicht an den damaligen Kosten gescheitert, Frau Krusche. Damals gab es eine Kostenrechnung, die sich in einer Größenordnung von fünf Milliarden Euro bewegte. Zusätzlich gab es ein privates Betreiberkonsortium, das bereit gewesen wäre, eine deutliche Anschubfinanzierung dieses Projekts zu leisten.

Das Projekt ist ausschließlich daran gescheitert, dass man aufgrund der langen Planungsvorläufe, der langen Genehmigungsverfahren in Deutschland, für diese neue Trasse zwischen sieben und zehn Jahren gebraucht hätte. So lange waren die Investoren damals nicht bereit, weil man dann die Kostenseite nicht mehr sicher vorhersagen konnte, dies entsprechend in Deutschland umzusetzen, Frau Krusche. Das ist die Wahrheit, warum der Transrapid damals gescheitert ist, nicht aber, weil es keine Kosten-Leistungs-Rechnung gab.

Wenn ich das auch noch einmal ergänzen darf, und darüber muss man sich dann einfach einmal Gedanken machen! Wenn ich davon rede, wie man Verkehrsinfrastruktur in dieser Republik ausbauen will, wenn ich weiß, wenn ich die Autobahn XY oder den Schienenstrang nicht in diesem Jahr beschließe, dann wird er im Jahr 2015 noch nicht zur Verfügung stehen, dann ist das ein Armutszeugnis für diese Republik, was die Infrastruktur in diesem Lande betrifft, meine sehr geehrten Damen und Herren!

(Beifall bei der CDU)

Wir müssen uns darüber Gedanken machen, ob wir uns diese langen Zeiten noch erlauben können. Ich erwarte es nicht wie in China, das ist dort sicherlich auch kein Vorbild,

(Abg. Frau K r u s c h e [Bündnis 90/Die Grünen]: Ach, nein!)

die kaufen den Transrapid ein, und eineinhalb oder zwei Jahre später steht die Strecke fertig. Wir müssen uns dann sicherlich Gedanken machen, wie wir international wettbewerbsfähig bleiben. Um das auch noch einmal deutlich zu sagen: Wenn wir uns anschauen, wie viele öffentliche Gelder eigentlich in die Deutsche Bahn nach wie vor fließen, wenn ich mir die Personenkilometer in den einzelnen Bundesländern anschaue, was an Infrastrukturmaßnahmen dort ausgebaut wird, so sprechen wir dort von einer Größenordnung, ich schätze einmal, von drei bis vier Milliarden Euro, die dort hineinfließen. Wenn Sie das sehen, Frau Krusche, jedes Jahr fließen die da hinein, dann wollen Sie mir sagen, dass für eine neue Technologie auf einem interessanten Stück nicht für ein solches Projekt fünf oder sechs Milliarden in dieser Republik zur Verfügung stehen? Dann stimmen bei Ihnen die Verhältnisse einfach nicht mehr, um das auch so deutlich zu sagen.

(Beifall bei der CDU – Abg. Frau L i n - n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Think big!)

Liebe Frau Linnert, ich nehme Ihre Zwischenrufe immer gern auf, aber, um das auch so deutlich zu sagen, wir können nicht erwarten, dass wir entsprechende Infrastruktur weltweit verkaufen wollen, wenn wir nicht einmal in der Lage sind, ein vernünftiges Demonstrationsvorhaben im eigenen Land zu realisieren. Das ist die Realität.

(Beifall bei der CDU)

Ich weiß, Frau Krusche, der Letzte, der sich mit der Y-Trasse beschäftigt hat, und zwar intensiv, war der Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestages, um das so deutlich zu sagen, weil Sie gerade so einen Vorwurf Richtung Verkehrsminister erhoben haben und gesagt haben nach dem Motto, wir haben nichts getan, um uns für die Y-Trasse einzusetzen. Dies ist nicht richtig. Wir haben uns an verschiedensten Stellen dort immer wieder eingesetzt. Ich bin nur überrascht, denn das hatte ich so nicht gegenwärtig, dass die Grünen plötzlich der große Kämpfer für die Y-Trasse in den letzten Jahren waren. Nein! Sie haben sogar häufig immer wieder in verschiedensten Bereichen erwähnt, dass alles schwierig ist und ob es denn ökologisch nützlich und sinnvoll ist.

(Zuruf der Abg. Frau K r u s c h e [Bünd- nis 90/Die Grünen])

Aber die Bundesebene! Wie sieht es denn mit Ihrer Bundestagsfraktion aus, Frau Krusche? Natürlich, da ist das immer wieder hinterfragt und problematisiert worden.

Wir müssen mehr für diese Bereiche tun, aber, ich finde, wenn wir uns darüber auseinander setzen, dann sollten wir hier auch die Wahrheit sagen. Zumindest von Seiten der Verkehrsminister wird mittlerweile immer offener diskutiert, wie man zusätzliche Mittel in den Schienenausbau bekommen kann. Dies wird sicherlich nur gehen, wenn wir bei der Straße stärker private Finanzierungsformen heranziehen. Das, was allerdings die rotgrüne Regierung macht nach dem Motto, wir beschließen alles auf dem Papier, aber stellen keine Gelder dafür zur Verfügung, ist sehr kurzfristig gedacht und wird Ihnen noch irgendwann um die Ohren fliegen. Da sind wir auf der B-Seite deutlich weiter in der Diskussion, Frau Krusche! – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Als Erstes lasse ich über den Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD abstimmen.