Bevor ich den Tagesordnungspunkt zwei aufrufe, darf ich auf der Besuchertribüne recht herzlich einen Türkischkurs des zwölften Jahrgangs vom Schulzentrum Carl von Ossietzky aus Bremerhaven begrüßen. Herzlich willkommen!
Des Weiteren möchte ich mitteilen, bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, dass inzwischen interfraktionell vereinbart wurde, die Tagesordnungspunkte elf, Entwicklung der BLG Logistics Group, und 19 in Verbindung mit 20, Keine Rücknahme der Rechtschreibreform! beziehungsweise Modifizierung der neuen Rechtschreibung, in der Beratung miteinander zu tauschen.
Meine Damen und Herren, für die Aktuelle Stunde ist von den Abgeordneten Dr. Güldner, Frau Linnert und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen folgendes Thema beantragt worden:
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir behandeln heute in der Aktuellen Stunde die Geschichte eines Projektes, das sich über die Jahre hinweg von einem privaten Hotelbau zu einem mit Subventionen – wenn man es vorsichtig ausdrückt – überversorgten Behördenhochhaus entwickelt hat, und ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
Wir alle kennen in dieser neudeutschen Umschreibung dessen, was seit vielen Jahren passiert, den Begriff PPP, Public private partnership. Es soll auf Deutsch heißen, der Staat arbeitet mit Privaten zusammen, um Projekte durchzuführen. Ich habe an dieser Stelle von keiner der Fraktionen bisher grundsätzliche Kritik an dieser Vorgehensweise gehört. Auch die Grünen tragen dieses grundsätzliche Konzept mit, weil vollkommen klar ist, dass private wirtschaftliche Aktivitäten in staatliches Handeln einbezogen werden müssen, weil der Staat nicht mehr in der Lage ist, allein viele Dinge zu stemmen, so weit, so schön!
Sie haben aber, glaube ich, in diesem Beispiel dieses PPP, Public private partnership, etwas ergänzt, indem Sie noch ein P hinzugefügt haben, bei Ihnen ist das jetzt PPPP, Pure public and private profit. Das ist ein neues Konzept, was Sie hieraus entwickelt haben, und das tragen wir nicht mit, meine Damen und Herren.
Zu Deutsch heißt das, der Staat zahlt, und Private haben den Profit davon, und das kann für den Staat nicht gut sein. Das ist vielleicht nicht die vorderste Kritik, aber das kann nicht gut sein für die Projekte und für die Menschen, für die diese Projekte entwickelt werden sollen. An dieser Stelle geht es ja auch um den Inhalt dieser Fragen.
Es geht darum, dass nichts dagegen spricht, in dem Gesamtprojekt Alter/Neuer Hafen in Bremerhaven Dinge zu tun, die Bremerhaven sicherlich gut tun. Ich glaube, dass wir einer Meinung sind, dass das eine besondere Stelle ist, um in Bremerhaven auch eine besondere Entwicklung voranzutreiben, ob das nun Klimahaus oder Mediterraneum ist. Warum sollte nicht ein Hotel dazugehören, das Private an dieser Stelle errichten, um – und so ist ja, glaube ich, auch der Gedanke, der nachvollziehbar ist – zum Beispiel die durch das Auswandererhaus in Zukunft hoffentlich hereinströmenden Touristen aus den USA und aus anderen Ländern adäquat unterzubringen? Kein Mensch würde vernünftigerweise dieses Grundkonzept hier in Frage stellen.
Es geht also darum, ob dieses Konzept in dieser Form, in diesem Finanzgebaren und vor allen Dingen auch in der Dimension, wie es jetzt geplant ist, so sinnvoll und vernünftig ist. Genau darum geht in dieser Frage der Streit zwischen Ihnen und uns. Ich weiß nicht, wer von Ihnen, von uns war es noch niemand, schon einmal in Dubai war und in dem Ho
Sie schlagen gleich eine Deputationsreise vor, da müsste man noch einmal schauen. Dieses Hotel in Dubai ist eine so genannte weltweite Landmark, das ist schon klar. Das heißt, wenn Sie weltweit führende, außerordentliche, in diesem Fall mit sechs Sternen versehene Hotelbauten zu Gesicht bekommen, dann ist das Buri al Arab in Dubai an vorderster Stelle. Die Frage ist nur, wenn wir uns Bremerhaven anschauen, ist ein solches Projekt, mit dem man versucht, Dubai und das Buri al Arab nachzuahmen, wirklich gezielt und präzise genau das, was Bremerhaven in dieser Situation braucht! Die Grünen sagen, das ist so nicht der Fall, meine Damen und Herren.
Gerade wenn man sich die Entwicklung vom Hotel zum Behördenhochhaus anschaut, wird daraus etwas, was für die Menschen in Bremerhaven nur sehr schwer nachvollziehbar sein wird. Zu den Kosten und zu den Finanzierungen komme ich gleich noch. Es wird ein staatlich gefördertes Luxusobjekt, wo doch Bremerhaven dem Standort gemäße bescheidene, aber trotzdem dynamische und kräftige, quasi aus sich heraus wachsende Entwicklungen viel besser getan hätten als dieses Projekt.
Sie haben es doch am Space-Park gesehen – ja, Herr Günthner kennt sich im Hafen aus, das ist schön! –, dass Projekte, die auf eine Entwicklung aufgepfropft sind und nicht passen, letztendlich dann von der Bevölkerung auch nicht angenommen werden.
Nun kommen wir zu dem Punkt der Förderung dieses Objektes, darum soll es hier heute auch gehen. Es ist ein Beispiel, was wir auch in Bremen öfter hatten. Private Investoren haben nun auch gemerkt, dass Bremen ein Haushaltsnotlageland ist und wir große Probleme haben und sie nur lange genug warten müssen, um immer eine Subvention nach der anderen für ein Projekt zu kassieren, indem sie einfach sagen, wenn wir in diesen Verhandlungen ein bestimmtes Ergebnis nicht erreichen, dann ziehen wir uns aus dem Projekt einfach zurück, und ihr habt dann keine Chance, lieber bremischer Staat, lieber bremischer Senat, lieber Bremerhavener Magistrat, diese Projekte ohne uns zu entwickeln. Das ist eine Situation, die einige mit Erpressung umschrieben haben. Ich selbst würde nicht so weit gehen und würde sagen, es ist einfach eine sehr gute Verhandlungsposition für diese privaten Investoren, meine Damen und Herren.
Schauen wir einmal, wie dieses vermeintlich private Investitionsprojekt staatlich gefördert wird! Es wird gefördert, indem die 23 Millionen Euro teure Tiefgarage zu 100 Prozent durch die diese Tiefgarage anmietende Stäpark, die Bremerhavener Gesellschaft für die Parkraumbewirtschaftung, finanziert wird. Das wird dadurch deutlich, dass „der Mietzins, den die Stäpark zahlen wird, sich nach den Tilgungs- und Finanzierungsnotwendigkeiten richtet“. Auf Deutsch gesagt, es ist null unternehmerisches Risiko, und jede Investition wird zu 100 Prozent von einer öffentlichen Gesellschaft wie hier der Stäpark vergütet. Das heißt, es ist eine zu 100 Prozent staatlich finanzierte Investition. Von unternehmerischem Risiko, von dem uns hier die Herren Hattig und Perschau und jetzt auch Herr Gloystein immer wieder das Hohelied singen, kann in diesem Fall überhaupt keine Rede sein.
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Bürgermeister D r. G l o y s t e i n : Viel- leicht singe ich ja gar nicht!)
In der Tat, Herr Gloystein, wissen wir noch nicht, auch wenn Sie hier singen würden, ob wir das tatsächlich schätzen würden.
Der zweite Punkt ist die Aussichtsplattform, die als touristisches Highlight in dem Hotel geplant ist und für den privaten Hotelbesitzer und -betreiber einen enormen Werbeeffekt hat, weil man damit selbstverständlich in Übersee und wo auch immer für Hoteltouristen werben kann. Diese Aussichtsplattform wird mit weiteren 2,6 Millionen Euro durch die staatliche Entwicklungsgesellschaft für den Alten/Neuen Hafen gefördert.
Als Nächstes kommen nun als Anlass für diese Aktuelle Stunde weitere 4,4 Millionen Euro Direktsubventionen als GRW-Mittel für den Hotelanteil hinzu, weil dies nur dafür zulässig wäre. Was an dieser Stelle auffällig ist, aber nicht aufgeklärt werden kann, ist, dass die Zahlen, die in den unterschiedlichsten Gremien genannt worden sind über das Volumen der Gesamtinvestition und über den Hotelanteil am Gesamtvolumen der Investition, außerordentlich differieren. Man kann vorsichtig gesprochen die Vermutung haben, dass sowohl das Gesamtvolumen des Projektes als auch der Anteil des Hotels künstlich hochgerechnet worden ist, um auch die Subventionen, die auf diesen Anteil lediglich prozentual gezahlt werden können, möglichst hoch ausfallen zu lassen. Auch das sieht nicht besonders gut aus und muss an dieser Stelle noch einmal kritisiert werden.
trag, den bremenports zu sage und schreibe 14,13 Euro pro Quadratmeter abgeschlossen hat. Es sollen in diesem „Hotel“ für 763 000 Euro im Jahr zuzüglich Energiekosten 4500 Quadratmeter Bürofläche angemietet werden.
Bisher hat bremenports Räumlichkeiten unterhalten, die im Schnitt 6,72 Euro pro Quadratmeter kosteten, das heißt, sie hatten 7800 Quadratmeter für 630 000 Euro bekommen, nun bekommen sie 4500 Quadratmeter für rund 133 000 Euro mehr im Jahr. Wenn bremenports zuviel Cash im Cash Management hat, dann soll sie dieses Cash bitte schön in die bremischen Häfen und in Bremerhaven in die Häfen investieren und nicht in ihre eigenen Paläste. Das erinnert auch sehr stark an das Gebaren der BIG, wenn man sieht, was für ein Gebäude sich die BIG im Kontorhaus hingestellt hat, das ebenfalls genau wie diese Geschichte niemals allein vom Markt so getragen worden wäre.
Herr Präsident, ich komme zum Schluss. Die DEHOGA, der Gaststätten- und Hotelverband, hat die ganze Geschichte noch einmal auf den Punkt gebracht. Das ist keine direkt im Büro der Grünen angesiedelte Organisation, sondern die ist eher handelskammerfreundlich. Sie hat den Wirtschaftssenator angeschrieben und hat ganz dringend angemahnt, in einer Situation wie in Bremen und Bremerhaven nicht durch staatliche Subventionen in Projekte, die in ihrer Dimension äußerst fragwürdig sind und die vom Markt her niemals so zustande gekommen wären, wettbewerbsverzerrenderweise die anderen Hotel- und Gaststättenbetriebe in Bremerhaven durch Subventionen zu schädigen.
Ich glaube, dass Sie hier einen großen Fehler machen, indem Sie hier ein Projekt ins Leben gerufen haben, das Sie nur durch immer weitere künstliche Subventionen finanzieren können. Ich warte schon auf die nächsten staatlich orientierten Mieter, die noch zusätzlich in dieses Gebäude einziehen. Beim Polizeihaus hatten wir das gleiche Problem. Ich glaube, dass Sie hier einen großen Fehler machen, und wenn Sie es sich nicht von den Grünen sagen lassen, dann lassen Sie es sich von der Handelskammer oder der DEHOGA sagen! Auf diese Art und Weise werden Sie Bremerhaven nicht gesund subventionieren.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich stimme mit einigen oder sogar mit vielen Ihrer Grundsätze, Herr Güldner, die Sie hier vorgetragen haben, überein. Mir wäre es natürlich auch viel lieber, wir bräuchten das hier heute nicht so zu diskutieren, sondern es hätte hier eine zu 100 Prozent private Investition gegeben, wo wir dann hätten erwarten können, dass dieser private Investor und Betreiber anschließend auch genügend Einnahmen oder genügend Geld in Bremerhaven verdient, dass dies dann erfolgreich zustande kommt. Sie haben nach meiner Auffassung allerdings die Situation in Bremerhaven dabei völlig außer Acht gelassen. Sie haben nur in einer Bemerkung erwähnt, man sollte doch stärker darauf setzen, das zu unterstützen, was sich aus sich heraus in Bremerhaven entwickelt.
Wir erleben leider an dieser hervorragenden Stelle der Stadt am Alten/Neuen Hafen in Bremerhaven seit Jahren, dass wir große Probleme haben, selbst wenn wir mit staatlicher Unterstützung die Infrastruktur bereitstellen, also Kajensanierung machen, Straßen und Plätze herrichten, dennoch die Investoren, die wir in Bremerhaven brauchen, nicht Schlange stehen. Es hat in Bremerhaven gerade in diesem Bereich viele Versuche gegeben, hier etwas Attraktives für die Stadt zustande zu bringen, was ja, das wissen wir alle, in vielen Bereichen nicht funktioniert hat, ob das nun Herr Chermayeff oder am Ende Herr Köllmann war, der es auch nicht hinbekommen hat und wo es nicht funktioniert hat. Ich bin heute allerdings froh, dass wir bei Herrn Köllmann einigermaßen gut davongekommen sind.
(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Dann muss man sich doch nicht dem nächsten Ausplünderer an den Hals werfen!)
Wir kommen damit ja nicht weiter, indem wir dies nur kritisieren und sagen, Gott sei Dank, oder es hat nicht funktioniert, sondern es geht ja darum, wie bekommen wir denn an dieser hervorragenden Stelle der Stadt in Bremerhaven etwas hin, was letztendlich dazu führt, die Stadt nach vorn zu bringen.
Dann haben sich nach dem Köllmann-Desaster in Bremerhaven drei Private gefunden, einmal jemand, der ein Hotel bauen wollte, ein anderer wollte ein Einkaufszentrum mit italienischem Flair bauen und jemand, der das so genannte Klimahaus entwickelt hat und es betreiben wollte. Das müssen Sie dann auch zu Kenntnis nehmen, Herr Güldner. Wir in Bremerhaven waren sehr froh festzustellen, dass es doch noch drei zu geben scheint, die in dieser Stadt etwas machen wollen, nicht nur in der Situation, in der sich Bremerhaven befindet, sondern der Einzelhandel hat ja nicht nur in Bremerhaven Schwierig––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
keiten, sondern inzwischen bundesweit, dass es hier drei Unternehmer gibt, die in Bremerhaven etwas machen wollen. Natürlich hätte ich mir gewünscht, das hätte so funktioniert, dass wir das mit weniger staatlicher Unterstützung hinbekommen hätten. Ich sehe es heute so, dass es äußerst problematisch war, dies hinzubekommen. Dann hat man in Bremerhaven überlegt, auch in Verhandlungen mit den privaten Betreibern, wie können wir dieses Projekt doch für Bremerhaven hinbekommen, was sich insgesamt, auch dieses Hotel, positiv bewährte. Ich glaube, wenn wir die Chancen, die sich daraus für Bremerhaven ergeben, jetzt nicht nutzen würden, dann würden wir wieder zu einem Scheitern des Gesamtprojektes kommen. Es geht hier eben nicht nur um das Hotel, es ist ja insgesamt so angelegt, dass diese drei Komponenten Klimahaus, Hotel und Einkaufszentrum zusammenwirken sollen. Das ist, glaube ich, eine der letzten Chancen, die wir haben, sonst werden wir dort auf Jahrzehnte eine Brachfläche haben. Was das für die Stimmung in Bremerhaven bedeuten würde, das möchte ich mir heute gar nicht ausmalen. Von daher so schlicht und ergreifend zu sagen, das alles ist viel zu hoch subventioniert, wir stellen das jetzt wieder ein und lassen dort etwas anderes aus sich selbst heraus entstehen, wird in Bremerhaven so nicht funktionieren. Deshalb auch bei allen Bedenken, die ich selbst daran habe, auch was die Frage von Parkraum angeht, dass über unsere städtische Gesellschaft, so scheint es ja wohl zu sein, ich habe das bisher auch nur gehört, ich kenne da keine Verträge, ein Stück weit auch sichergestellt wird –
regen Sie sich doch nicht so auf, ich bin doch gar nicht so weit weg von Ihnen! –, dass die private Investition sicher refinanziert wird über die Miete der Stäwog. Das heißt, das Risiko liegt natürlich hier ganz stark bei dem Bremerhavener Haushalt.
Was wir neulich in den Wirtschaftsförderungsausschüssen beschlossen haben, das ist vom Grundsatz für mich überhaupt kein Problem. Das ist eine GRWFörderung, die nach den Richtlinien des Landes für Bremerhaven zulässig ist. Ich gehe davon aus, dass die Zahlen, die uns da vorgelegt worden sind, auch so stimmen. Mit dieser so genannten Investition habe ich überhaupt keine Probleme.