Protokoll der Sitzung vom 07.10.2004

Im wörtlichen Zitat sagte Trittin, ich zitiere mit Genehmigung des Präsidenten: „Jade Weser Port und Ausbau der Weser sind perspektivisch gedacht ein gemeinsames Projekt.“ Wenn das nicht eine deutliche Aussage des grünen Bundesumweltministers zum Jade Weser Port, Ausbau des CT in Bremer

haven und einer Vertiefung der Außenweser ist! Aber den Aussagen Trittins müssen, das ist klar, nun auch Taten folgen. Taktieren und Hinhalten – und den Eindruck kann man im Moment stark gewinnen, dass es da um Taktieren und Hinhalten geht – sind schlecht für Bremen und Bremerhaven.

Lassen Sie mich noch ein Wort zum Hafenkonzept 2010 sagen, das die Grünen hier nun hochhalten!

(Abg. K a s t e n d i e k [CDU]: Genau! Das ist das Problem!)

Konzepte machen aus unserer Sicht nur Sinn, wenn das Bestehende weiterentwickelt wird, wenn Strategien entwickelt werden, wie die Positionen der Häfen an der deutschen Nordseeküste ausgebaut werden können. Die SPD hat ein klares Hafenkonzept im Land Bremen. Für uns bedeutet ein klares Hafenkonzept Ausbau des Containerterminals, Vertiefung der Weser, Stärkung unserer Stellung im Autoumschlag und letzten Endes dann den Bau des Jade Weser Port in Wilhelmshaven.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Das Geld wächst auf Bäumen, Herr Günthner!)

Das unterscheidet uns deutlich von den Grünen, Frau Linnert. Ich glaube, Herr Dr. Güldner hat gestern gesagt, wir warten erst einmal und prüfen, Herr Möhle hat eben gesagt, wir warten und prüfen, wollen es aber nicht.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Ja, das ist ja vorgesehen in der Umweltverträglichkeitsprüfung, dass man das vorschaltet!)

Herr Lehmann sagt, ich bin eigentlich gegen die Außenweservertiefung. Es hat bei Ihnen jeder eine andere Meinung, und Sie müssen sich schon einmal irgendwann die Frage stellen in der grünen Fraktion, wem am meisten Blockaden und Papierschlachten in Deutschland um die Hafenpolitik nützen, und das sind letzten Endes unsere Konkurrenten, denen die nützen.

Ich versuche es einmal mit dem Beispiel eines Fischbrötchens zu sagen: Während wir als SPD-Fraktion und auch die CDU-Fraktion noch versuchen, um den Fisch zu konkurrieren mit den Konkurrenzhäfen an der Nordseeküste,

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Ja, in einem völlig leergefischten Meer! Ohne ökologisches Verständnis!)

mit Rotterdam, wollen Sie ihnen den Fisch kampflos geben. Das hätte zur Folge, wenn wir den Fisch, also

in diesem Fall den Containerumschlag, kampflos den Konkurrenzhäfen überlassen, das wäre nämlich die Folge Ihres Konzeptes, dann hätten wir am Ende nämlich kein Fischbrötchen mehr, sondern ein trockenes Ökobrötchen, an dem sich die Hafenarbeiter verschlucken würden.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Mein Gott noch mal!)

Das wollen wir als SPD-Fraktion auf jeden Fall nicht!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Als nächster Redner erhält das Wort der Abgeordnete Bödeker.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst einmal wollen wir von den Backwaren wieder wegkommen,

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Ja, das finde sogar ich gut!)

hin zur Frage der Außenweservertiefung. Ich glaube, um den maritimen Standort Bremerhaven, das maritime Bundesland Bremen in der Arbeitsmarktsituation deutlich abzusichern, benötigen wir eine Erreichbarkeit der Häfen. Ich habe gestern mit Erstaunen zur Kenntnis genommen, dass Herr Dr. Güldner sagte, bei der Außenweservertiefung seien wir noch nicht so weit, obwohl die Vorprüfungen der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Aurich da ja eine deutliche Sprache sprechen.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Mit den Grünen gehen die Lich- ter aus, Herr Bödeker!)

Aber ich sage Ihnen auch, und das verwundert mich dann doch, was nützen uns große Schiffe, die nach Bremerhaven kommen, wenn sie weder wenden können, weil auch der Wendekreis vertieft werden muss, noch wenn sie nach Bremerhaven kommen können, weil die Wassertiefe nicht genügt. Ich denke, wenn man Hafenpolitik betreibt, muss man sie konsequent betreiben, und konsequente Hafenpolitik heißt Hafenanlagen und die Vertiefung der Außenweser.

Jetzt hat es ja einen Kabinettsbeschluss gegeben, über den man auch geteilter Meinung sein kann, weil natürlich auf der einen Seite dadurch die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Aurich in die Planung hineingehen konnte. Das begrüßen wir außerordentlich, das beschleunigt die ganze Sache, aber auf der anderen Seite gibt es natürlich auch den einen oder anderen Angelhaken. Sie selbst stellen ja einen Antrag, Bremen muss ein nationales Seehafenkonzept mitentwickeln. Ich denke, ein Hafensenator in Bre

men wird sich nicht Gesprächen verschließen, wenn sie auch mit anderen Hafenstandorten geführt werden. Ich meine aber schon, dass wir da nicht federführend sein sollten und dass es ein außerordentlich schwieriger Weg ist. Ich habe den Verdacht, dass Sie über diesen schwierigen Weg versuchen, die Weiterentwicklung der bremischen Häfen in Bremerhaven zu erschweren und zu verhindern. Das ist nicht gut, und deswegen werden wir Ihren Antrag auch ablehnen.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Das Interview, das Ihr Minister Trittin in der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ gegeben hat, spricht eine deutliche Sprache. Es zeigt auch die Gefahr, auf der einen Seite eine gemeinsame Planung der Hafenaktivitäten aller Hafenstädte in Deutschland, und auf der anderen Seite kommt von Ihrem Minister die ganz klare Aussage, dass er sich die Weservertiefung wohl vorstellen könnte, er aber natürlich bei der Elbevertiefung Riesenprobleme hat. Ich denke, hier soll ein Keil getrieben werden, das können wir so nicht mittragen, und das halten wir auch für außerordentlich gefährlich.

(Beifall bei der CDU)

Das, was der Kollege Günthner gesagt hat, ist richtig. Wir müssen schnell handeln. Die großen Schiffe stehen bald zur Verfügung. Sie müssen unsere Hafenanlagen erreichen. Sie müssen auf das, was wir vorhin diskutiert haben, auf die vernünftige Hafenwirtschaft zurückgreifen können. Wir haben die Strukturen geschaffen. Wir haben die Entscheidung für CT IV getroffen, und wir müssen schnellstmöglich die Erreichbarkeit der Häfen jetzt sichern, nämlich die Außenweservertiefung. Deswegen ist der Antrag, der gemeinsam von SPD und CDU hier vorgelegt wird, der richtige, auch als Signal nach der Kabinettsentscheidung. Der Antrag vom Bündnis 90/ Die Grünen ist wegen dem, was sie ideologisch versuchen, nämlich durch die Hintertür eine Verzögerung zu erreichen, von uns abzulehnen.

Die Bürgerschaft hat heute in einer längeren Debatte einmal zur BLG, einmal zur Außenweservertiefung gezeigt, dass der Hafenstandort Bremen mit Bremerhaven von uns anerkannt wird und die Wichtigkeit für die Arbeitsplätze, für die Steuerkraft der Stadt, des Landes und der Region von uns noch einmal unterstrichen worden ist. Insofern glaube ich, dass auch hier die große Koalition und unser Hafensenator vernünftige Arbeit leisten. Unterstützen Sie uns bei unserem Weg!

(Beifall bei der CDU)

Nächster Redner ist der Abgeordnete Tittmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Dem Antrag der Fraktionen der SPD und der CDU „Schnelle Umsetzung der Außenweservertiefung durch den Bund“ werde ich uneingeschränkt zustimmen. Die klare und eindeutige Position der Deutschen Volksunion in Bezug auf Weservertiefung und CT IV habe ich hier auch anhand eines dementsprechenden DVU-Antrags und nachweislich unzähliger Redebeiträge in der Bürgerschaft sowie in der Stadtverordnetenversammlung Bremerhaven deutlich zum Ausdruck gebracht.

Meine Damen und Herren, die Vertiefung der Weser hat eine herausragende Bedeutung für die gesamte Hafenwirtschaft im Bundesland Bremen. In den vier Jahren ist der Containerverkehr in Bremerhaven mit zum Teil zweistelligen Zuwachsraten gestiegen. Meine Damen und Herren, ohne eine erforderliche Weservertiefung können die großen Containerschiffe Bremerhaven nicht mehr uneingeschränkt anlaufen. Diese Tatsache dürfte sogar Bündnis 90/Die Grünen einleuchten.

Das heißt also, wir haben wachsende Anforderungen durch größere Schiffe. Dieser politischen Verantwortung und Aufgabe müssen wir uns allerschnellstens stellen, um die jetzt schon sehr schwierigen Wettbewerbsbedingungen gegenüber den holländischen Häfen zu halten oder sogar auszubauen. Wenn aber Bremerhaven auf dem Seeweg nicht mehr uneingeschränkt zu erreichen wäre, würden die Container oder anderes Frachtgut zu unseren ausländischen Konkurrenten abwandern, und ein Großteil der für Bremen und ganz besonders Bremerhaven wichtigen Arbeitsplätze würde dadurch verloren gehen. Die schlimme Folge wäre eine noch höhere, unverantwortlichere Arbeitslosigkeit in Bremen und ganz besonders in Bremerhaven. Das, meine Damen und Herren, können Sie sich mit Sicherheit nicht erlauben und politisch länger verantworten.

Der Antrag ist ein wichtiger und richtiger Antrag, dem ich, wie eben erwähnt, namens der Deutschen Volksunion zum Wohle und im Interesse der Bürgerinnen und Bürger des Landes Bremen uneingeschränkt zustimmen werde, denn jede andere Entscheidung hätte schreckliche und unübersehbare Folgen für das Wachstum und die Beschäftigung in Bremen und Bremerhaven.

Wenn ich dann diesbezüglich großartig lesen muss vom Rekordwachstum der bremischen Häfen, dann darf bei dieser erfreulichen Tatsache nicht vergessen werden, dass das Land Bremen diese guten Wirtschaftsdaten und Rekordzahlen nur durch den enorm steigenden Auto- und Containerumschlag in Bremerhaven erreicht hat, denn allein der Containerumschlag in Bremerhaven ist in den Jahren 1998 bis 2003 enorm gestiegen, um sage und schreibe 80 Prozent. Daran sollten Sie immer denken, wenn die Stadt Bremerhaven durch eine Bremer Politik wieder einmal finanziell und wirtschaftlich überdimen

sional stark benachteiligt wird, also praktisch von Bremen übers Ohr gehauen wird. Sie sehen, meine Damen und Herren, Sie werden die Selbständigkeit Bremens nur mit Bremerhaven erhalten können. Das sollten Sie bei allen politischen Entscheidungen gegenüber der Stadt Bremerhaven sehr stark berücksichtigen.

Herr Möhle, Sie haben vorhin gesagt, Sie wüssten, dass der Hafen gerade für Bremerhaven ein wichtiger Faktor ist. Da möchte ich Sie fragen: Warum handeln Sei dann politisch genau gegensätzlich, also gegen die Interessen der hafenpolitischen Entwicklung Bremerhavens, die wir dringend benötigen? Sich hier für die Wichtigkeit des Hafens auszusprechen, aber dann politisch anders zu handeln, dient mit Sicherheit nicht der Absicherung von wichtigen Arbeitsplätzen in Bremerhaven und schon gar nicht den dringend benötigten neuen Arbeitsplätze, die die Stadt Bremerhaven braucht. Sie haben sich und Bündnis 90/Die Grünen damit wieder als eine wirtschaftsfeindliche Partei demaskiert.

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Lehmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, werte Kollegen von SPD und CDU! Es geht im Bereich der Hafenpolitik nicht um ein Ausspielen von Ökonomie und Ökologie. Hafenpolitik ist nämlich Wirtschaftspolitik und Umweltpolitik zugleich. Dies wird ganz besonders deutlich in der momentanen Situation, in der es um eine entscheidende Zukunfts- und Entwicklungsfrage der deutschen Seehäfen geht. Die entscheidende Frage ist nämlich: Wie finanzieren wir die Weiterentwicklung der Seehäfen in Deutschland bis mindestens zum Jahr 2020? Hier müssen Lösungen gefunden werden.

Das von den Grünen geführte Bundesumweltministerium stieß diese Frage der Weiterentwicklung der deutschen Seehäfen vor kurzem öffentlich an, das haben Sie ja auch mitbekommen, Herr Bödeker und Herr Günthner. Dies ist ein Novum in der deutschen Bundespolitik. Die Antwort auf diese Frage ist und kann nur sein: ein deutsches Hafenkonzept. Dieses Konzept greift die Problematik auf, dass wir die Seehäfen weiterentwickeln müssen, aber bei begrenzten finanziellen Mitteln des Bundes nicht alle von den Ländern angestrebten Flussausbauten durchführen können.

Mehr als 350 Millionen Euro müssten vom Bund für die Vertiefungen an Elbe und Weser ausgegeben werden bei einer Unterfinanzierung der Flussausbauten im Bundesverkehrswegeplan von rund vier Milliarden Euro. Da tut sich doch eine große Diskrepanz auf. Ein gemeinsames Konzept würde nicht unter das Motto gestellt werden können „Al––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

les für alle!“, sondern es muss das Optimum für Bund und Länder bei begrenzten finanziellen Mitteln und unter bestmöglicher Berücksichtigung des Umweltschutzes austariert werden.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Bei der Entwicklung des Hafenkonzeptes geht es nicht darum, dass die Hafenstandorte ein Konzept übergestülpt bekommen. Alle Hafenstandorte sollen an einem Konzept mitarbeiten. Auf diese Weise kann dann eine gut abgestimmte Ausbaustrategie verwirklicht werden. Diese würde dann der gesamten deutschen Nordseeküste zugute kommen, das heißt dann eben auch Bremen und Bremerhaven.

Hafenfinanzierung ist zwar Ländersache, aber die Fahrwege wie Wasserstraßen und Hinterlandanbindungen sind Bundesangelegenheit. Dies muss man zu einem nachhaltigen Konzept verbinden, das dann auch für alle Hafenstandorte tragfähig ist. Eben das greift auch der Beschluss der Bundesregierung vom 15. September auf, den Sie, Herr Bödeker und Herr Günthner, hier ja schon zitiert haben. Doch wie sieht dieser Beschluss im Einzelnen aus?

Umweltplanerische Angelegenheiten müssen vor Baubeginn geklärt sein. Man wird dann feststellen, welche Maßnahmen machbar sind und welche nicht. Das Konzept wird durch das Umweltministerium erstellt. Es stimmt sich mit dem Arbeits- und Verkehrsministerium ab, danach befassen sich die Länder damit. Dabei geht es hauptsächlich darum, ob tiefe Schiffe alle großen Häfen der deutschen Küste anlaufen können oder ob Containerschiffe ab einer bestimmten Schiffstiefe nur noch höchstens einen deutschen Hafen anlaufen. Wir vom Bündnis 90/Die Grünen sehen es als sinnvoll an, wenn tiefe Schiffe nur noch einen Hafen anlaufen. Das Hafenkonzept des Umweltministeriums zeigt den Weg zu einer deutschen Seehafenstrategie auf. Damit wäre bis 2020 die Entwicklung in der Schifffahrt gemeinsam und effizient zu bewältigen. Das ist aus unserer Sicht ein zukunftsweisendes Konzept, und das unterstützen wir.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Es geht in dem Hafenkonzept aus dem Umweltministerium nicht darum, Hafenstandorte zu schließen, sondern nach wie vor die bestehenden Standorte zu stärken, nur eben akzentuierter. Das begrüßen wir vom Bündnis 90/Die Grünen auch. Die Devise muss nämlich heißen: Mehr Hafen für weniger Geld statt alles für alle! Dies war ja bisher die Praxis.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Die Denkweise alles für alle hat uns bisher als Bundesländer tief in die Verschuldungsfalle getrieben, und das Ergebnis ist jetzt sichtbar: ein stark erhöhtes Hochwasserrisiko an Elbe und Weser. Doch wie