Protokoll der Sitzung vom 26.01.2005

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine Medikamentenwahl war eine etwas andere als die des Präsidenten Weber, aber trotzdem könnte es sein, dass es mit meiner Stimme hier und da hakt, das bitte ich schon jetzt zu unterstützen!

(Senator E c k h o f f : Welches Medika- ment hast du denn eingenommen? – Hei- terkeit)

Ich bin ja nicht der gesundheitspolitische Sprecher, von daher weiß ich das nicht so genau!

Meine Damen und Herren, wir legen Ihnen hier heute, und zwar alle drei Fraktionen des Hauses, einen Antrag vor, mit dem wir wollen, dass ein neues Gesetz im Land Bremen geschaffen wird. Das allein ist, glaube ich, ein Punkt, der schon seine Würdigung verdient, weil ja die allgemeine politische Diskussion derzeit darauf hinausläuft, Gesetze abzubauen.

(Unruhe)

Herr Wedler hat den Antrag nicht unterzeichnet, daher klatscht er an der Stelle!

Die allgemeine Diskussion, die FDP ist da sicherlich besonders stark, sagt ja, Gesetze abzubauen sei der Trend der Zeit, und es gehe um Deregulierung. Wir haben uns dazu entschlossen, doch ein Gesetz zu machen, aber nicht, um zwanghaft zu regulieren, sondern um Möglichkeiten zu bieten und dafür zu sorgen, dass, wenn diese Möglichkeiten ergriffen werden, sie dann auch wirklich alle Beteiligten, vor allem alle, die Vorteile daraus ziehen, einbeziehen.

Dieses Gesetz, das wir vorschlagen, könnte „Gesetz zur Schaffung von Standortgemeinschaften in Stadtquartieren“ heißen. Worum geht es in dem Zusammenhang? Wir haben vor mehreren Jahren, das ist mittlerweile schon einige Jahre her, seitens des Landes und der SPD-Fraktion gesagt, wir können nicht nur in dem Bereich der Innenstadt etwas für die Qualität unserer Quartiere tun, sondern wir müssen als öffentliche Hand auch in dem Bereich der vitalen Stadtquartiere, so haben wir es genannt, Akzente setzen und dafür sorgen, dass wir Stabilität in den Stadtquartieren bekommen.

Diese damalige Herangehensweise der SPD ist heute Programm des Senats und Programm hier im Hause, und ich habe den Eindruck, dass der Programmteil Förderung von Stadtquartieren auch breit getragen wird. Dafür tut die öffentliche Hand ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

viel. Wir tun mit investiven Mitteln viel dafür, dass die Stadtquartiere stabilisiert werden, dass Handel und Gewerbe sich dort ordentlich entwickeln, dass aber auch Aufenthaltsqualität und Wohnqualität gestärkt werden, so dass wir in Bremen und Bremerhaven keine Situation bekommen, wo wir auseinander fallende Quartiere vorliegen haben.

Dieses Ganze, sowohl in Bremen als auch in Bremerhaven, ist immer damit verbunden gewesen zu sagen, wir tun hier öffentlich etwas, wir machen öffentliche Anstrengungen, aber wir erwarten, dass sich auch die Privaten in den Stadtquartieren engagieren und sich aktivieren. Es gibt da, das will ich an dieser Stelle deutlich sagen, ganz hervorragende Initiativen in vielen Quartieren, die sich vielfach schon seit Jahren abmühen, Vorteile hinzubekommen, die Stärken zu stärken, insbesondere Händler und Grundeigentümer dafür zu gewinnen, dass man etwas in Gang bekommt. Es gibt da aber ganz schwierige Resultate. Ich will hier nicht die Geschichte der Sögestraße in Bremen aufmachen, wo es schwer war, die Anlieger zu gewinnen, sich an schon zugesagten Maßnahmen zu beteiligen.

Vor dem Hintergrund, und so muss ein Gesetz, so muss die Überlegung zu einem Gesetz entstehen, ist das keine Kopfgeburt, die wir hier im Parlament geboren haben, sondern es gibt dafür zwei wesentliche Ansätze. Das eine ist eben der Problembefund, dass das private Engagement in den einzelnen Quartieren in den Gewerbebereichen leider nur punktuell ausgerichtet ist und nie alle umfasst, es gibt immer die berühmten Trittbrettfahrer.

Der zweite Anstoß ist: Es gibt seit 20 bis 30 Jahren eine Praxis insbesondere in angelsächsischen Ländern, vorrangig in den USA, aber auch in Kanada und in Großbritannien, unter der Überschrift „Business Improvement Districts“. Sie sagt, schließt euch in den Quartieren zusammen, dann gibt es eine über die öffentliche Hand und die staatlichen Organe organisierte Abgabe, diese Abgabe fließt an euch aber wieder zweckgebunden zurück, und damit wird das Engagement der Anrainer und die Standortqualität in den Quartieren selbst verstärkt.

Dieser Gedanke wird mit dem Gesetz aufgegriffen, das wir vorschlagen. Mit diesem Antrag bitten wir heute den Senat, einen solchen Gesetzentwurf möglichst zügig zu erarbeiten. Er soll eben diese Rahmenbedingung schaffen, und dann, wenn das Gesetz Lebendigkeit erhalten soll, muss das in den jeweiligen Quartieren organisiert werden, dort muss Engagement entstehen, das dann zu solchen Standortgemeinschaften führen kann.

Ich will einen Punkt gleich ansprechen, denn ich vermute, der wird hier in der Debatte noch kommen. Man hat schon einige Stimmen aus der Kaufmannschaft gehört, die sagen, da wollen sie sich

doch von ihren Aufgaben entlasten, und dafür wollen sie uns wieder neue Abgaben und Steuern aufdrücken. Dazu will ich erstens sagen, dass hiermit überhaupt nicht verbunden ist, dass sich die öffentliche Hand von ihren Anstrengungen entlastet, sondern wir müssen doch die Ergänzungsfunktion zusammenbekommen, wir müssen doch das Hand-in-Hand-Greifen von öffentlichen und privaten Aktivitäten hiermit auf den Weg bringen.

Das Zweite ist, dass natürlich hier, wenn man zu solch einer Regelung kommt, jeder Grundeigentümer zu einem Aufschlag auf seine Grundsteuer herangezogen wird. Dieses Geld fließt aber, wie gesagt, zurück. Wir haben nun einmal leider die Situation, dass in vielen Quartieren gerade die Eigentümer oder Einzelhändler oder auch Gastronomen, die dort tätig sind, alles versuchen, um Marketing zu betreiben, um die Fassadengestaltung besser zu machen und Ähnliches. Es gibt aber immer wieder gerade bei finanzkräftigeren Eigentümern, so wird es jedenfalls oft berichtet, die ja häufig nicht vor Ort sind, ein Verhalten, dass man sich schlicht und einfach in die Büsche schlägt, wenn es darum geht zu zahlen, man aber natürlich gern den Gewinn und die Vorteile solcher Maßnahmen mitnehmen will. Damit muss Schluss sein!

Es ist ein zentrales Ziel dieses Gesetzes, alle in das Boot der Aktivität im Quartier zu bringen und alle dabei zu haben. Dafür wird es gewisse Foren geben, die notwendig sind, aber auch dies wird im Gesetz zu regeln sein und ist dann auch völlig klar und praktizierbar.

Wir sind in Bremen damit nicht ganz allein. Ich muss selbst sagen, ich hatte einmal die Hoffnung, wir könnten da Vorreiter sein. Wir als SPD-Fraktion haben uns damit erstmalig im Herbst 2003 befasst und beschlossen, dass wir solche Standortgemeinschaften unterstützen, aber so etwas dauert immer ein bisschen und braucht ein wenig Zeit, und so sind wir jetzt sogar schon von einem anderen Bundesland überholt worden. Die Freie und Hansestadt Hamburg hat noch Ende letzten Jahres ein solches Gesetz beschlossen, das am 28. Dezember 2004 verkündet worden ist. Es schafft die Möglichkeit, eben solche Standortgemeinschaften einzurichten. Wir wären an der Stelle Nummer zwei. Ich finde, es ist immer noch gut, dass sich an der Stelle das Bundesland Bremen mit Bremerhaven auch als innovative Region zeigt und solche neuen Möglichkeiten aufnimmt und zügig umsetzt.

Ich will auch sagen, es gibt politischen Handlungsspielraum für so etwas, wo es natürlich an das Geld der Grundeigentümer in den Bereichen herangeht. Ich denke – das ist in dem Zusammenhang vielleicht ein bisschen eine politische Äußerung –, die Steuerpolitik, die die rotgrüne Bundesregierung in den letzten Jahren betrieben hat, hat natürlich zu Entlastungen geführt. Diese Ent

lastungen hatten aber immer den Sinn und den Zweck, wirtschaftliche Aktivität anzutreiben.

In diese Logik wollen wir uns hier einreihen, wirtschaftliche Aktivität anzustoßen, zu verstärken und natürlich auch vor Ort in den einzelnen Gebietskörperschaften diese Möglichkeiten zu schaffen. Darum ist es auch legitim – und es gibt auch den finanziellen Handlungsspielraum, eben wegen dieser Steuerpolitik, die gemacht worden ist –, dass wir hier in Bremen eine solche Zusatzabgabe realisieren, soweit sich die Betroffenen in den Quartieren darauf verständigen, und dafür die Grundlage hier und heute zu schaffen.

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss! Wir legen hier einen Vorschlag für ein Rahmengesetz vor, das, wenn es ausgeführt wird, eine gute und kluge Ergänzung unserer Politik zur Stärkung von Stadtquartieren ist und Handel und Wandel verstärken soll. Es ist ein Gesetz, das gewünscht wird, auch in den Teilen der betroffenen Wirtschaft, wo man sagt, wir brauchen jetzt diese Rahmenbedingungen, damit wir handeln und das umsetzen können, was hier erforderlich ist. So gesehen ist es ein Gesetzesvorschlag, der hier erarbeitet werden soll, der, glaube ich, zu Recht von allen drei Fraktionen eingebracht wird. Ich bitte da um breite Unterstützung, und, Herr Wedler, vielleicht bekommen wir auch Ihre Hand für diesen Vorschlag. – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der SPD)

Nächster Redner ist der Abgeordnete Focke.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Dieses Gesetz, das wir hier mit dem Ziel vorschlagen, dass es entworfen, beraten und beschlossen werden soll, soll nicht dazu dienen, mehr Bürokratie aufzubauen, sondern im Gegenteil, es soll helfen, Hilfe zur Selbsthilfe zu geben, analog zu vielen Beispielen, die wir in anderen Ländern, insbesondere aber in Nordamerika, gesehen haben. Dort hat sich dieses Instrument „Business Improvement District“, das wir hier übersetzt Standortgemeinschaft nennen, als sehr erfolgreich zur Revitalisierung und Stärkung von Innenstädten, Nebenzentren und Quartieren herausgestellt und entwickelt. Das gibt es dort schon seit über 30 Jahren. Es haben sich allein in Nordamerika über 1200 dieser Districts gebildet, die sehr erfolgreich die Revitalisierung ihrer Stadtgebiete vorgenommen haben.

Das Entscheidende und Gute bei dieser Sache ist, dass das Geld, das dort eingenommen wird, ausschließlich den Leuten selbst zur Verfügung gestellt wird und sie selbst bestimmen, was sie mit ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

diesem Geld machen. Es ist also keine Abgabe, die an den Staat fließt, sondern es ist eine Abgabe, die direkt an die Gemeinschaft fällt, die das Geld dann für ihre Zwecke gemäß Businessplan, den sie sich selbst gibt, verwendet. Das ist eigentlich das Entscheidende, denn wir stellen ja in den letzten Jahren immer wieder fest, dass sich Stadtteile, Nebenzentren und Stadtteilzentren schlecht entwickeln, weil Einkaufsmöglichkeiten in großen Zentren geschaffen worden sind oder auf der grünen Wiese etwas anderes entstanden ist, so dass doch Probleme in den einzelnen Bereichen gekommen sind.

Dann bilden sich Interessengemeinschaften, Werbegemeinschaften in einem Bezirk meinetwegen mit 20 oder 30 Grundstückseigentümern, von denen sich dann zehn oder zwölf beteiligen, eine ganze Menge Geld ausgeben für Werbung, Sauberkeit und Sonstiges, und die Übrigen sehen zu, tun nichts und profitieren nur davon, was die anderen da getan haben. Das führt dazu, dass auf die Dauer auch diese Aktivitäten einschlafen, weil natürlich die Leute nicht für die anderen mitbezahlen wollen. Dieses Gesetz, das hier jetzt geschaffen werden soll, soll sozusagen ein Instrument sein, um zu ermöglichen, wenn sich eine Mehrheit der Grundstückseigentümer in einem solchen Bezirk dafür entscheidet, so etwas zu tun, dass dann die anderen auch allerdings gezwungen werden, dort mitzumachen und auch mit einzubezahlen.

Ich finde, das ist eine sehr gute Sache, und das lässt sich eben leider auf freiwilliger Basis nicht richtig regeln hier in Deutschland. Da hat es Pilotprojekte gegeben, die analog dem amerikanischen Vorbild das tun sollten im Ruhrgebiet und in mehreren Städten, aber es führt nicht zu dem Ergebnis, dass sich eben im Endeffekt alle beteiligen, und wenn sich nicht alle beteiligen, dann hat das Ganze keinen Sinn, weil dann die Revitalisierung und die Neubestimmung in diesen Stadtteilen oder in diesen Quartieren nicht richtig gelingen.

Es ist ja auf der anderen Seite auch nicht nur eine staatliche Aufgabe, dafür zu sorgen, dass alles bestens floriert, weil auch die Grundstückseigentümer ein besonderes Interesse daran haben müssen, dass es in ihren Quartieren funktioniert, dass die Kunden kommen, dass es ordentlich aussieht. Das ist für die Immobilie gut, weil sie dann werthaltiger ist. Es ist aber auch für die Vermietbarkeit der Immobilie besser, weil durch ein anständiges und ansprechendes Quartier natürlich auch die Kundenfrequenz wesentlich höher ist, damit auch bessere Ergebnisse erzielt werden können und die Werthaltigkeit der Immobilien gesteigert werden kann. Das kann der Staat natürlich nicht leisten, und insofern ist dort auch eine Eigeninitiative erforderlich.

Mit diesem Gesetz wird allerdings auch keiner gezwungen, denn wenn diese bestimmten Quo

ren nicht erreicht werden in einem Quartier, dann kann auch so eine Standortgemeinschaft nicht gebildet werden. Deswegen ist es natürlich auch der Initiative der einzelnen Quartiere nachher überlassen, ob sie es nun tun wollen oder nicht. Wir wollen auf jeden Fall das Angebot dafür geben, weil wir glauben, dass erstens der Staat das nicht leisten kann auf Dauer, aber zweitens, weil wir das durch die Interessen- und Werbegemeinschaften, die es überall gibt, auch wissen, dass viele Leute sich sehr wohl dessen bewusst sind, dass sie selbst etwas dafür tun müssen, dass sie ihre Immobilien werthaltig erhalten, und man diejenigen, die nur Trittbrettfahrer sein wollen, dazu zwingt, sich in diese Gemeinschaft mit einzubetten. Wenn mehrheitlich über diese Dinge beschlossen werden kann, dann, glaube ich, wird auf Dauer auch derjenige, der keine Lust gehabt hat zu zahlen, merken, dass es besser für ihn ist.

Es ist ja auch in anderen großen Malls oder Einkaufszentren nicht anders. Da wird sich kein Ladenmieter oder Besitzer weigern können, sich an den Unkosten zu beteiligen, was Werbung oder Events oder so etwas betrifft. Die sind von vornherein dabei und müssen das tun, und so gesehen kann man das praktisch auch übertragen auf kleine Quartiere, Einkaufsnebenzentren oder auch Innenstadtzentren.

Uns schwebt auch vor, dass wir mit zwei oder drei solcher Initiativen natürlich versuchen, jetzt diesen ganzen Weg zu begleiten, denn es ist nicht so ganz einfach zu sagen, wir machen das Gesetz, und dann sollen die das einmal tun, sondern das muss in einer breiten Öffentlichkeitsarbeit erfolgen. Es muss mit Kammern, Verbänden, Interessengemeinschaften gesprochen werden, die es auch gibt im Ostertor oder in Bremen-Nord, in Vegesack oder in der Wachmannstraße. Da haben wir schon mehrere Punkte, wo man auch praktisch mithelfen kann, so etwas zu entwickeln. Das muss den Menschen und den Grundstückseigentümern oder den Einzelhändlern auch nahe gebracht werden, dass es ein positives Zeichen ist, das hiermit gesetzt werden kann.

Es soll keine Zwangsabgabe erfolgen, es soll eine Abgabe erfolgen, womit selbst etwas verbessert werden kann. Das fließt nicht in irgendeinen Topf, sondern in das Quartier, das sich für diese Maßnahme entschieden hat. Ich glaube, wenn wir in den nächsten Monaten diesen breiten Diskussionsprozess führen, werden wir auch in der Lage sein, bis Mitte des Jahres so ein Gesetz verabschieden zu können.

In Hamburg ist dieser Prozess geführt worden in den letzten Monaten, was zum Ergebnis hatte, dass dieses Gesetz verabschiedet worden ist. Zwei Standortgemeinschaften sind schon in Gründung, und wenn uns das hier gelingen würde, dann wäre

das ein guter Ansatz für die weitere Arbeit. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Möhle.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Einzelhandel in der Bundesrepublik steckt, bei Licht besehen, in einer ziemlichen Krise. Man muss, wenn man über die Frage der Business Improvement Districts reden will, glaube ich, an den Anfang stellen, was das eigentlich für Probleme sind, die der Einzelhandel hat, vor allem auch der kleinflächige Einzelhandel.

Ich sage Ihnen das einmal heruntergebrochen auf Bremen. Wir haben in Bremen das RolandCenter mit 30 000 Quadratmetern, wir haben in Bremen den Weser-Park mit 120 000 Quadratmetern, wir haben das Hansa-Carré mit 18 500 Quadratmetern, das Walle-Center mit 17 000 Quadratmetern, das Haven Höövt mit 11 000 Quadratmetern, und der Space-Park, der ja immer noch nicht eröffnet ist, soll quasi auch noch einmal mit 44 000 Quadratmetern dazukommen.

(Abg. P f l u g r a d t [CDU]: Nun nennen Sie doch einmal Dodenhof und andere!)

Herr Pflugradt, hören Sie doch erst einmal zu! Bleiben Sie ganz ruhig, bleiben Sie gelassen, hören Sie einfach einmal zu, das hat etwas mit Analyse zu tun, zum besseren Verständnis dessen, warum wir diesen Antrag mittragen!

Es ist so, dass die Konkurrenz der Malls gegenüber dem kleinflächigen Einzelhandel für den kleinen Einzelhändler kaum zu tragen, kaum zu überleben ist, vor allem eben auch wirtschaftlich nicht. Man kann eine Rechnung aufmachen, was man eigentlich für einen Umsatz pro Quadratmeter machen kann, und da liegt Deutschland mit rund 3 600 Euro pro Quadratmeter im europäischen Vergleich relativ niedrig. Das heißt, dass die Situation von zwei Seiten her schwierig ist. Einmal haben Sie in der Konjunkturflaute sowieso weniger Kaufkraft, die an den Markt kommt, und zweitens haben Sie ein extremes Überangebot in Bremen an großflächigem Einzelhandel. Das macht gerade dem kleinflächigen Einzelhandel schwer zu schaffen, und das ist gerade das Problem des kleinflächigen Einzelhandels, dass er dieser Konkurrenz nicht standhalten kann.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen) ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft. Aus unserer Sicht ist es deswegen wichtig, nach Möglichkeiten zu suchen, insbesondere, das betone ich an dieser Stelle noch einmal, dem kleinflächigen Einzelhandel zu helfen. Ich glaube, dass ein Gesetz über Business Improvement Districts oder Standortgemeinschaften oder wie immer man das nennen will, eine Möglichkeit ist zu helfen. Man muss jetzt nicht annehmen, dass, wenn man dieses Gesetz verabschiedet hat, der Rest dann wie von selbst geht, das ist mitnichten so. Wir werden künftig in der politischen Auseinandersetzung über die Frage von großflächigem und kleinflächigem Einzelhandel sehr, sehr genau nachdenken müssen, wir werden bei jedem Bebauungsplan die Frage aufwerfen müssen, ob das noch verträglich ist, dass man weiterhin großflächigen Einzelhandel akzeptiert und zulässt. Ich ganz persönlich kann ein Bekenntnis dazu ablegen, dass ich absoluter Fan der europäischen Städte bin. Ich will nicht eine Stadt, die im Innenstadtbereich keine Läden mehr hat, sondern nur noch in den Randregionen quasi nur per Auto erreichbare Einkaufsmalls hat, und die kleinflächigen Läden, gerade auch in etwas schwierigeren Lagen, gehen daran kaputt. Gehen Sie durch das Ostertorviertel, sehen Sie sich die Leerstände in Bremen-Nord an oder eben in anderen Bereichen! Es ist augenfällig, gerade in Bremen-Nord ist es extrem deutlich, dass wir mit der Errichtung des Haven Höövts deutliche Schwierigkeiten haben in der Fußgängerzone in der Gerhard-Rohlfs-Straße. (Abg. K a s t e n d i e k [CDU]: Die hätten wir auch ohne Haven Höövt gehabt!)

Schwierigkeiten hat man immer auch ohne etwas, aber das verstärkt die Schwierigkeiten allemal.

Man muss ja – dies ist von meinen Vorrednern schon gesagt worden – an dieser Stelle darauf hinweisen, dass wir hier nicht ein Gesetz beschließen, sondern nur einen Antrag, der den Senat auffordert, ein Gesetz zu machen, das ist ja ein Unterschied. Wir werden uns natürlich in der Diskussion über das Gesetz selbst noch einmal gründlich darüber unterhalten müssen, wie das Gesetz gemacht wird, und ich hoffe, dass wir am Ende der ganzen Veranstaltung immer noch gemeinsam dastehen und gemeinsam dann auch ein Gesetz beschließen werden.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Zwei Dinge will ich an dieser Stelle aber schon einmal ansprechen. Ich glaube, wenn man in dieser Frage ehrlich ist, werden ein paar Einkaufslagen nicht überstehen können. Davon bin ich fest überzeugt. In der Konkurrenz wird nicht jeder Laden sozusagen, auch nicht mit diesem Gesetz,

so eine Art Bestandsschutz bekommen können. Das ist auch Unsinn, das wird so nicht sein, es kann auch so nicht sein. Wir werden aber bestimmte Einkaufslagen stärken können mit diesem Gesetz, fördern können und vor allen Dingen auf die Selbstheilungskräfte des Einzelhandels setzen.