Protokoll der Sitzung vom 23.02.2005

Diese Debatte findet nun zu einem Zeitpunkt statt, zu dem wir uns noch nicht wirklich im Detail verständigt haben, aber wir sind entschlossen, diese Herausforderung anzunehmen. Wir sehen auch keine Alternative dazu. Weglaufen wird niemandem erlaubt, es sei denn, er wird anschließend von den Bürgern abgewählt. Wir müssen uns dieser Aufgabe stellen, und wir müssen jetzt damit anfangen, was wir in den letzten Jahren immer wieder eingefordert haben und auch in wesentlichen Teilen schon begonnen haben. Wir müssen an unsere Strukturen gehen und müssen klären, was in Zukunft noch möglich ist und was nicht möglich ist.

Das geht, das ist schwer, auch für mich als Sozialdemokrat zu sagen, auch und insbesondere auf unsere Personalkosten. Obwohl viele, die im öffentlichen Dienst sind und auf öffentliche Dienstleistungen angewiesen sind, sagen, wir haben doch nun so viel gespart in den letzten Jahren, ihr könnt doch nicht noch weiter sparen, müssen wir die Kraft aufbringen, im Personalbudget wirklich große strukturelle Veränderungen durchzusetzen. Sonst schaffen wir das nicht. Die Last allein über den konsumtiven Haushalt zu heben ist nach meiner Einschätzung unrealistisch.

Wir haben nur eine Chance voranzukommen mit einem vorzeigbaren Konsolidierungsvorschlag für den Haushalt 2005, aber insbesondere für den Doppelhaushalt 2006 und 2007, wenn wir die Kraft aufbringen mit unseren öffentlich Bediensteten, auf die wir angewiesen sind und auf deren Arbeit wir angewiesen sind, die wir aber eben auch bezahlen können müssen, bei weniger Geld mehr zu arbeiten. Wir müssen zu Einschnitten kommen. Das ist schwierig, das ist unpopulär, das hören die im öffentlichen Dienst Beschäftigten nicht gern, aber es gibt keine Alternative dazu. Ich werde das, so gut ich kann, mit der Koalition, mit dem Senat und den Senatskollegen auch packen.

Wir müssen dann an dieses schwierige Thema der konsumtiven Ausgaben heran. Wenn man ganz genau hinschaut, ist ein Großteil davon auch Personalkosten. Es ist nicht einfach nur Geld, das wir irgendjemandem geben, und der macht dann etwas, sondern wenn man genau hinsieht, ist ein wachsender Teil der konsumtiven Ausgaben Bezuschussung von Personalkosten. Da müssen wir auch die Kraft auf

bringen und nicht ständig Tabus aufbauen, gleichermaßen den Personalteil, der im Konsumtiven finanziert wird, wie unseren im öffentlichen Teil finanzierten Personalhaushalt kritisch durchsehen. Es darf keine neuen Ungleichheiten geben, sondern wir sitzen da in einer ähnlichen Lage. Wir müssen bei den konsumtiven Ausgaben auch einfordern, dass die, die von unseren konsumtiven Zuschüssen leben, in ihrem eigenen personalwirtschaftlichen Budget gleichermaßen kritisch mit den Kosten, die wir nur finanzieren können, umgehen wie wir im öffentlichen Dienst.

Das Letzte ganz Schwierige ist der Investitionsbereich. Sie wissen, dass ich die ganzen Jahre, auch immer kräftig unterstützt von Hartmut Perschau und meinen Kollegen im Senat, immer ein offensives Investitionsprogramm vertreten habe. Ich bin übrigens davon überzeugt, dass das richtig war. Ich stelle mich hier nicht vor Sie hin und sage, es war alles falsch, was wir hier gemacht haben, sondern ich bin überzeugt davon, wir haben das richtig gemacht. Wir haben einen Nachholwettlauf gemacht. Wir hatten eine große Investitionslücke aus den Jahren davor, und wir haben, finde ich, verantwortungsbewusst und auch immer bundesweit ausgewiesen und begleitet, richtig gelegen. Selbst die schwierigen Projekte sind kein Beleg dafür, dass die ganze Investitionspolitik auf den Müll gehört. Nein, nein, das war richtig!

Nun müssen wir uns aber gefallen lassen, wenn wir mit den Kreditaufnahmen nun auch konsumtive Mittel finanzieren müssen, das ist ja unsere Lage, darum kein verfassungskonformer Haushalt, dass wir auch den Investitionsteil ganz kritisch unter diesem neuen Haushaltsdruck durchsehen. Es wird nach meiner Einschätzung darauf hinauslaufen, dass wir auch da kürzen müssen, dass wir uns von Projekten verabschieden müssen, damit wir überhaupt beieinander bleiben, damit wir diesen Haushalt mit seiner nun erneut einsetzenden zusätzlichen Nettokreditaufnahme vertreten können.

Dabei muss man berücksichtigen, dass ein Teil der Investitionen schon festgelegt ist. Wir haben also nicht mehr Dispositionsfreiheit über alles, sondern wir haben einen Teil festgelegt. Aber auch dazu stehe ich. Investitionen sind keine tagespolitischen Entscheidungen, sondern Investitionen müssen sich über die Infrastrukturwirkungen langfristig rechtfertigen und rechnen.

Die Rede davon, dass wir die Zukunft unserer Kinder und Kindeskinder dadurch verbaut haben, dass wir langfristige Finanzierungen für Investitionen für richtig gehalten haben, kritisiere ich, denn für diese Kinder investieren wir, damit sie im Hafen Arbeit haben, damit sie weiter beschäftigt werden können.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Wir machen das nicht, damit unser Geschäft hier leichter wird, sondern wir machen es, damit auch sie eine Zukunft haben.

Ich finde es richtig, was wir mit den Hafeninvestitionen gemacht haben. Stellen Sie sich vor, wir hätten es nicht gemacht, dann wäre es abgeschnitten! Wir nähmen nicht teil an diesem Hafenaufschwung und diesem Exportaufschwung. Daran nehmen wir teil. Wir hätten einen riesigen Fehler begangen, wenn wir es aufgegeben hätten. Darum, denke ich, muss man auch in Zukunft unter diesem zusätzlichen dramatischen Spardruck die Investitionen daraufhin durchsehen, ob sie es tragen: Tragen die vorhandenen Projekte diese langfristige Finanzierung, nur über die geht es, bringen sie wirklich die Effekte, die wir uns davon erhoffen, die Infrastruktureffekte, die Beschäftigungseffekte, die Wirtschaftswachstumseffekte?

Wenn wir es konkretisieren können – kritisch, natürlich kritisch von allen begleitet –, dann müssen wir es auch in Zukunft machen. Wir brauchen auch bei den Investitionen eine sorgfältige Durchsicht aller unserer Projekte und eine Klärung. Ich rate dringend davon ab, so etwas wie eine Dämonisierung von Investitionen zu machen und sich generell von Investitionen zu verabschieden. Wir brauchen da Augenmaß.

Warum machen wir das alles? Weil wir im Senat, ich hoffe auch sehr, in der Koalition und in den Koalitionsfraktionen, fest davon überzeugt sind, dass wir in dieser schwierigen, ernsten und anstrengenden Lage ein politisches Mandat haben, das wir ausfüllen müssen, um die Selbständigkeit dieses Landes Bremen, die kostbar ist und die uns von unseren Eltern und Großeltern übertragen wurde, bitte nicht aus der Hand zu geben, sondern die eine Chance zu nutzen, eine Chance für zusätzliches und zukünftiges Gestalten. Wir wollen vor dieser Aufgabe nicht einknicken, sondern wir wollen sie annehmen, und wir wollen sagen, jawohl, wir schaffen es, unsere Selbständigkeit gegenüber den anderen, gegenüber den Bundesländern, gegenüber der Bundesregierung und gegenüber Europa auch unter diesen erschwerten Bedingungen zu verteidigen und offensiv zu gestalten.

Wir glauben fest daran, dass wir von einer Bürgerschaft begleitet werden, von einer Stadtbürgerschaft, von einer Stadtgesellschaft, die das von uns erwartet, die sagt, ihr dürft euch jetzt nicht aus dem Staube machen, ihr dürft jetzt nicht sagen, bitte der Nächste, sondern ihr habt ein eindeutiges Mandat bei der letzten Wahl erhalten – übrigens bei der Wahl davor ja auch schon, es hat sich ja ein Wiederholungsauftrag abgespielt –, und vor diesem Mandat müsst ihr euch messen lassen. Ihr müsst vor diesem Mandat sagen, seid ihr in der Lage, die Wähler trauen es euch zu, darum haben sie euch beauftragt, das zu packen und es zu bewältigen!

Ich glaube sogar, so bitter und so schwer das Ganze zu vermitteln ist, dass es eine Chance ist, eine Chance, dass es mit Unterstützung der Öffentlichkeit, mit Unterstützung auch der vielen, die in den Institutionen, in den Firmen und in den neueren Firmen mit

daran teilhaben, hier weitergeht. Ich glaube sogar, dass wir beweisen können, dass wir widerständig sind, dass wir beweisen können, dass wir Krisen annehmen und nicht vor ihnen davonlaufen. Ich glaube, dass wir beweisen können, dass wir die Fähigkeit haben, Menschen zu gewinnen, auch mit ihrem privaten Geld und ihrem privaten Einsatz dazu beizutragen, dass es weiter vorangeht.

Ich bin stolz darauf, dass es so viele Stiftungen in Bremen gibt. Ich bin stolz darauf, dass es in Firmen wie zum Beispiel Daimler-Chrysler oder bei den Stahlwerken Gewerkschafter und Betriebsräte gibt, die, weil sie die Arbeitsplätze verteidigen und ihre Perspektive verteidigen, bereit sind, mit ihren Firmenleitungen eigene Verträge zu machen, die die Arbeitsplätze sichern und die Produktivität der Arbeitsplätze im ganzen Lande weiter erhöhen. Das ist die Zukunft. Das ist die Basis, auf der wir aufbauen können. Da sollen sie mit uns im Senat rechnen und auch mit uns in der Koalition rechnen.

Ich will sagen, dass es heute nur eine Art Zwischenbericht nach meiner Einschätzung sein kann. Wir wollen über den Freitag und dann über das folgende Beraten hin uns in die Lage versetzen, dass wir auch konkrete Vorschläge machen, wie die nächsten Haushalte gestaltet werden können und wie die mittelfristige Finanzplanung bis 2009 gestaltet wird. Ich gehe davon aus, dass wir in einer Art Fortsetzung heute die Ausgangslage klären oder besprechen und uns miteinander darüber verständigen, was unsere Aufgabe ist, und dass wir dann in den nächsten Wochen, möglicherweise, wenn Sie wollen, schon in der nächsten Bürgerschaftssitzung den nächsten Schritt zu beraten haben, was nun konkret zu tun ist, was nun konkret die Folge dieser veränderten Lage ist. Ich zähle auf Sie, und Sie sollen auf den Senat zählen können. Ich danke Ihnen, dass Sie mir zugehört haben!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Linnert.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn es für Bremen nicht so bitter wäre, dann könnte man es fast komisch finden. Diese Regierung kann noch nicht einmal eine Regierungserklärung abgeben.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Oder sollte die Rede von Bürgermeister Scherf eben eine sein? Das wäre eine bremische Einmaligkeit. Die vom Senat vorgelegte Mitteilung des Senats vom 22. Februar 2005 ist jedenfalls nicht die geforderte und zugesagte Regierungserklärung zum Ende der Bemühungen um den so genannten Kanzlerbrief, auch wenn Regierungserklärung oben darauf steht. Da hat

Staatsrat Hoffmann, der Meister im Ausbooten des Parlaments, einmal wieder ein Kabinettsstückchen abgeliefert, und das alles nur, damit Bürgermeister Scherf nicht vorlesen muss!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Was für ein peinliches Symbol für den Zustand dieser Regierung!

Die Mitteilung des Senats, Zwischenbilanz der Sanierung, enthält auf über 20 Seiten Altbekanntes, eine nicht enden wollende Rechtfertigung der Politik der letzten zehn Jahre, die man mit einem Satz zusammenfassen kann so wie auch Ihre Rede: Wir haben alles richtig gemacht. Falsche Annahmen zu Beginn des Sanierungszeitraums, die ungerechte Finanzverteilung und die Eingriffe der Bundesregierung, ein einziges Zusammentreffen von Widrigkeiten hat verhindert, dass die Ziele der großen Koalition erreicht wurden. Kein Wort zu eigenen Fehlern, kein Wort zu der grundsätzlichen Frage, ob ein so kleiner Wirtschaftsraum wie Bremen überhaupt theoretisch mit überdurchschnittlichen Investitionen eine überdurchschnittliche Steigerung der Wirtschafts- und Finanzkraft erreichen kann!

Stattdessen wird die dritte Phase der Sanierung mit dem Ziel eingeläutet, 2009 einen ausgeglichenen Primärhaushalt vorzulegen. Damit wird das nächste unerreichbare Ziel gesetzt, dem dann wieder politische Klugheit und Wahrhaftigkeit zum Opfer fallen werden.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Es ist auch nach der Rede von Bürgermeister Scherf ein Geheimnis geblieben, warum drei Monate vor der Debatte über den Abschlussbericht zur Sanierung in der Bremischen Bürgerschaft der Senat jetzt eine weitere Zwischenbilanz zur Sanierung vorlegt. Bestimmt die zwanzigste! Die Zahlen werden dadurch nicht besser und die Selbsttäuschung nicht weniger! Zu einigen ausgewählten Behauptungen zum Sanierungsergebnis muss ich hier doch etwas sagen.

Der behauptete Schuldenstand in der Vorlage des Senats beträgt nicht zehn Milliarden Euro, sondern zwölf Milliarden Euro zuzüglich der Schulden der Gesellschaften und des Bremer Kapitaldienstfonds. Diesem Senat kommt es ja auch nicht so genau darauf an, so sagte Bürgermeister Scherf am 18. Februar in einem bemerkenswerten Interview im DeutschlandRadio: „Wir liegen bei ungefähr acht Milliarden Euro.“

Die tatsächlichen Investitionsausgaben werden auch zu niedrig gerechnet. Es wird auf das Investitionssonderprogramm in Höhe von 2,5 Milliarden Euro verwiesen. Jeder weiß, dass die tatsächlichen Ausgaben im Rahmen des Investitionssonderprogramms gut vier Milliarden Euro gewesen sind: 2,5 Milliar

den Euro aus den Raten der Jahre 2004 bis heute und weitere 1,5 Milliarden Euro im Vorgriff auf die Haushalte 2005 bis 2010 und 2011 bis 2014.

Die teilweise auch hohen Investitionsausgaben der vielen Gesellschaften werden in diesem Zusammenhang einfach verschwiegen. An anderer Stelle brüsten Sie sich damit. Damit wird auch die Unwahrheit über Bremens Investitionsquote gesagt. Sie wird in der Vorlage des Senats mit 18 Prozent angegeben, liegt aber deutlich über 20 Prozent. Interessanterweise bekennen Sie sich ja noch einmal zu den Vorgaben des Sanierungssicherstellungsgesetzes. Das fordert im Gesetzestext, von diesem Haus hier beschlossen, eine Investitionsquote von 14,2 Prozent im Jahre 2005.

So ducken Sie sich auch vor der unbequemen Wahrheit weg, dass Bremens gigantische Investitionsanstrengungen unserem Gemeinwesen weder höhere Steuereinnahmen noch eine überdurchschnittliche Steigerung der Erwerbstätigenzahlen, der Wirtschaftskraft oder der Einwohnerzahlen beschert haben.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ihrer Rede eben konnte ich entnehmen, dass Sie immer noch der Auffassung sind, dass Bremen, so wie Sie es nennen, den Anschluss an die Wirtschaftsentwicklung der anderen Bundesländer gefunden hat. Ich weiß nicht, woher Sie diese Behauptung nehmen! Die Zahlen aus dem Finanzressort, gerechnet von Instituten in Bremen, von der Arbeitnehmerkammer, vom Statistischen Landesamt, sagen einfach etwas anderes. Das Bruttoinlandsprodukt aller alten Bundesländer ist in dem Sanierungszeitraum um 26,8 Prozent gestiegen und das in Bremen um 25,1 Prozent. Das sind doch einfach erst einmal die Fakten, die man doch irgendwann auch einmal zur Kenntnis nehmen muss!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Die viel gelobten Eigenanstrengungen Bremens erscheinen auch in einem realistischeren Licht, wenn man berücksichtigt, dass Bremen seit Jahren von den niedrigen Zinsen, abweichend von den Planungen, profitiert. Oder noch einmal deutlicher: Es ist richtig, dass die Einnahmeerwartungen der Sanierungsphase nicht eingetreten sind und Bremens Lage verschlechtern. Andererseits lag der damals angenommene Zinssatz fast doppelt so hoch wie der tatsächliche.

Es ist auch Ihre Verantwortung, dass die Leitidee der bremischen Sanierungspolitik „Entschulden und Investieren“ nirgendwo mehr auftaucht. Sie wurde umgerubelt in Sparen und Investieren, um zu verhindern, dass die ausbleibenden Steuermehreinnahmen auch zu Kürzungen bei den Investitionen führen. Das Problem wurde entgegen der ursprünglichen Zielsetzung und den ursprünglichen Zusagen ausschließ

lich zu Lasten des Sanierungspfades der Entschuldung aufgelöst.

Es gibt nur eine Erklärung, dass Sie, obwohl ja auf jeder Seite steht, dass Bremens Politik keine Verantwortung für die ungünstige Entwicklung trägt, trotzdem noch an so vielen Stellen Zahlen schönreden und Unangenehmes verschweigen. Sie wissen ganz genau, dass diese Regierung auch selbst die Verantwortung für Fehlentscheidungen wie den Space-Park trägt, für falsche Annahmen und Angaben und für ein „Weiter so!“, obwohl alle Fakten ein Umsteuern erforderlich machten.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Einen Schlüsselsatz Ihrer Senatsmitteilung möchte ich hier noch gern erwähnen. Zitat aus der Senatsvorlage: „Das autonome haushaltswirtschaftliche Handeln der Freien Hansestadt Bremen ist nicht der Grund dafür, dass das Sanierungsziel im bisherigen Zeitraum noch nicht erreicht werden konnte. Es wäre angesichts der eingetretenen Änderung der Umstände und der gesetzten Annahmen in der Laufzeit der ersten fünf und der folgenden sechs Jahre dem Bund und den anderen Ländern zwar möglich gewesen, die haushaltswirtschaftlichen Vorgaben zu verändern, davon aber haben Bund und Länder bei völliger Transparenz des gesamten Prozesses nicht Gebrauch gemacht.“

Es ist doch dieser Senat, für den es zur ersten Bürgerpflicht wurde, völlig unabhängig von der Faktenlage nur Jubelmeldungen herauszugeben. Es ist doch Henning Scherf, der noch vor zwei Jahren davon faselte, wie wunderbar alles läuft und dass wir ab 2010 wieder Geberland werden können. Übersetzt heißt der Satz in der Senatsvorlage doch: Ist doch deren Schuld, wenn sie nicht genauer fragen, das Geld haben wir gern genommen!

Haben Sie eigentlich gar keine Angst davor, dass solche Sätze auch in anderen Bundesländern gelesen werden und dort Verdruss auslösen? Nur umgekehrt wird ein Schuh daraus! Seit mindestens fünf Jahren ist völlig klar, dass weder die Sanierungsziele erreicht werden noch 2005 ein verfassungskonformer Haushalt vorgelegt werden kann. Das hätten Sie von sich aus mit dem Bund und den anderen Ländern frühzeitig besprechen müssen, auch um von uns aus Modifikationen der Auflagen zu besprechen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ein Bürgermeister, der auf Kritik und schlechte Nachrichten nur ausfällig reagieren kann, war in einem besten Bündnis mit all den vielen kleinen und großen Interessenten an Ihrer einseitigen Investitionspolitik.

Von der Sanierungstäuschung zum Kanzlerbrief ist es nur ein kurzer Weg. Ursprünglich wohl aus der Not

geboren, um eine schlechte Verhandlungsstrategie zu vertuschen und die CDU zu befrieden, wurde er zum Jackpot für fast das gesamte konsumtive Defizit. Den Text der Kanzlerbriefe legt der Senat nun nach fünf Jahren der Bürgerschaft zur Drucksache vor, nachdem er jahrelang als geheime Kommandosache unter dem Deckel gehalten wurde. Schon kurz nach seiner Entstehung haben die Grünen, aber auch ernst zu nehmende SPD-Politiker wie Volker Kröning darauf hingewiesen, dass die tatsächlichen Zusagen des Bundeskanzlers und das, was dieser Senat daraus machen wollte, in keinem Verhältnis zueinander stehen. Schwächung der Verhandlungsposition Bremens, Pessimismus und Unkenntnis, das waren noch die harmloseren Vorwürfe, die man sich hier anhören musste.