Protokoll der Sitzung vom 23.02.2005

geboren, um eine schlechte Verhandlungsstrategie zu vertuschen und die CDU zu befrieden, wurde er zum Jackpot für fast das gesamte konsumtive Defizit. Den Text der Kanzlerbriefe legt der Senat nun nach fünf Jahren der Bürgerschaft zur Drucksache vor, nachdem er jahrelang als geheime Kommandosache unter dem Deckel gehalten wurde. Schon kurz nach seiner Entstehung haben die Grünen, aber auch ernst zu nehmende SPD-Politiker wie Volker Kröning darauf hingewiesen, dass die tatsächlichen Zusagen des Bundeskanzlers und das, was dieser Senat daraus machen wollte, in keinem Verhältnis zueinander stehen. Schwächung der Verhandlungsposition Bremens, Pessimismus und Unkenntnis, das waren noch die harmloseren Vorwürfe, die man sich hier anhören musste.

Dabei wussten früh auch tragende Kräfte der Koalition, dass die Bremer Forderungen nicht erfüllt werden würden. Schon in der „Welt“ vom 21.9.2002 sagt der CDU-Vorsitzende Bernd Neumann, ich zitiere: „Der Bundeskanzler sagt nichts zu dem Problem. Die Antwort ist unzureichend. Das ist wirklich eine schallende Ohrfeige für Henning Scherf und damit auch für das Land Bremen. Das ist bedauerlich. Man kann sich wohl auf die Zusage dieses Kanzlers nicht verlassen. Wenn er das sogar vor der Bundestagswahl nicht macht, dann muss man in aller Deutlichkeit sagen, versprochen und gebrochen.“ Das war 2002! Ich sage in aller Deutlichkeit: Miese Politik hackt in die Hand, die Futter geben soll.

Auch die Antwort der Bundesregierung vom 2. Juli 2003 auf die Fragen des Abgeordneten Jochen-Konrad Fromme, CDU/CSU, zu den Ansprüchen aus dem so genannten Kanzlerbrief lösten ein Rauschen im Blätterwald aus, eine Änderung der politischen Richtung nicht. Ich zitiere aus der Antwort der Bundesregierung:

„Laut Bundestagsdrucksache 14/6577, in der die Ergebnisse der Neuregelungen des Jahres 2001 festgehalten wurden, gewinnt Bremen durch die Reform mit rund 43 Euro je Einwohner mehr als alle anderen Länder. Der finanzielle Status quo Bremens wurde also verbessert. Die Sanierung des Bremer Haushalts mit Bundeshilfen, die seit 1994 läuft, wird im Jahr 2004 abgeschlossen sein. Bremen wird dann insgesamt 8,5 Milliarden Euro Sanierungshilfen vom Bund erhalten haben. Eine Fortsetzung der Sanierungshilfen über das Jahr 2004 hinaus kommt nicht in Betracht. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 11. November 1999 nochmals bestätigt, dass Sanierungshilfen nur als vorübergehende Hilfe zur Selbsthilfe gewährt werden können.“ Soweit die Antwort der Bundesregierung gegenüber dem Deutschen Bundestag!

Die Zeit verrann, und die Buchungen auf den Kanzlerbrief stiegen. Nirgendwo gab es eine erkennbare Verhandlungsstrategie, keinen Plan B, keine finanzwirtschaftliche Rechnung für Investitionshilfen. Alles lag in den Händen von Henning Scherf. Die grü

ne Forderung, wenigstens parallel eine weitere Klage vor dem Bundesverfassungsgericht vorzubereiten, wurde wütend beschimpft. Heute schlägt der Senat sie selbst vor, hat aber viel Zeit verloren.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als man nun dem Spiel ein Ende machen musste – das Jahr 2005 war schon angebrochen, der Haushalt mit den Kanzlerbriefmehreinnahmen in Kraft –, macht sich Henning Scherf allein auf den Weg nach Berlin und findet Bundeskanzler Schröder, Finanzminister Eichel, der ist es ja nun gewesen, und Verkehrsminister Stolpe vor. Ein in der Tasche befindliches vorbereitetes Papier, das wenigstens Vorschläge für konkrete Zahlungsverabredungen für die A 281 und die Cherbourger Straße enthielt, blieb in der Tasche. Henning Scherf kam mit leeren Händen zurück.

Danach durfte die getäuschte Öffentlichkeit erleben, wie zur Gesichtswahrung dieser Regierung noch versucht wurde, etwas Salbe auf das Debakel zu schmieren, indem Prüfaufträge und Selbstverständlichkeiten aufgeschrieben wurden. Das Einzige von Substanz ist, dass Bremen anerkennt, dass der Bund seine Verpflichtungen erfüllt hat. Punkt, das war es!

Henning Scherf gibt der Öffentlichkeit gegenüber den Enttäuschten, während der Brief vom 27.1. durchsickert. Das ist auch Anlage der Senatsmitteilung, ich möchte das trotzdem hier zitieren, weil es auch um Öffentlichkeit geht:

„Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, lieber Gerd, ich kann dir versichern, dass ich unsere vorstehend beschriebene Verständigung als sehr faires Entgegenkommen des Bundeskanzlers in Umsetzung deiner Ankündigung in dem hier so genannten Kanzlerbrief aus dem Jahr 2000 hoch einschätze und hier vertreten werde, gerade gegenüber den ursprünglichen Maximalvorstellungen der Bremer Seite. Unsere Verständigung wird der Freien Hansestadt Bremen und der von mir geführten großen Koalition helfen in unserer neuen dritten Sanierungsphase und bei der zu leistenden Stärkung des Standorts Bremen, wie es auch im Interesse der Bundesrepublik insgesamt, von Bund und Ländern liegt.“

Dieses üble Doppelspiel hat in einzigartiger Weise der Glaubwürdigkeit der Politik geschadet und Bremen zum Gespött gemacht.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Wer nun aber glaubt, der Bürgermeister hätte sich für eine Sichtweise entschieden, wird enttäuscht. In dem Interview vom 18.2. im DeutschlandRadio hört sich das dann so an: „Frage: ,Sie bekommen nun einmal nur einmalig 200 Millionen Euro für Verkehrsprojekte?’ Henning Scherf: ,Die Steuerausfälle, die durch diese Steuerreform, der wir zustimmen sollten, unserem schwierigen Haushalt zusätzlich aufgeladen

werden, die werden von der Bundesregierung ausgeglichen.’ Frage: ,Und Schröder sagt, das haben Sie schon gemacht?’ Scherf: ,Ja, und darüber streiten wir, ob sie es gemacht haben oder nicht. Wir behaupten, es ist nicht gemacht worden. Wir haben ja jetzt nicht gesagt laufend, sondern wir haben seit Beginn dieser Steuerreform Steuerausfälle addiert, und das ist die aufgebaute Summe, nicht eine einmalige Summe. Die hat sich über fünf Jahre aufgebaut, und das behaupten wir nach wie vor, und dafür haben wir gute Gründe. Dafür werden wir auch vor das Bundesverfassungsgericht gehen.’“

Man fällt vom Glauben ab, wenn man das hört! Auf der einen Seite erklären, den Maximalvorstellungen der Bremer Seite entgegentreten, auf der anderen Seite so einen Unsinn erzählen und jetzt auch noch suggerieren, dass wir gegen die Bundesregierung vor das Bundesverfassungsgericht ziehen! Ich frage einmal: Wer weiß hier eigentlich noch, was getan wird?

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Was mindestens genauso schlimm ist: Wer soll Ihnen eigentlich vor dem Hintergrund solcher Sachen noch irgendetwas glauben?

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Grüne sind weiterhin der Auffassung, dass Bremen unverschuldet in diese Haushaltsnotlage geraten ist. Wir vertreten innerhalb und außerhalb Bremens dieselbe Position, nämlich dass der bestehende Finanzausgleich Bremen benachteiligt. Wir sagen nicht, dass die große Koalition Verantwortung dafür trägt, dass das Sanierungsziel nicht erreicht wurde. Das war unter den gegebenen Bedingungen nicht möglich. Wofür Sie aber die Verantwortung tragen, ist ein überbordender und finanzpolitisch ungerichteter Investitionskurs, Haushaltstäuschungen großen Ausmaßes, das Festhalten an der Sanierungsstrategie, obwohl sie absehbar nicht zum Erfolg führen würde, große strategische Fehler wie das Bejubeln des Maßstäbegesetzes, des Gesetzes, gegen das wir jetzt vor das Bundesverfassungsgericht ziehen müssen, oder jetzt das Freistellen der Bundesregierung von allen weiteren Ansprüchen, das Vernachlässigen der Stadtstaatenbündnisse und last, but not least die Kanzlerbrieftäuschung und viel verlorene Zeit für Reformen.

Wie soll es jetzt weitergehen? Der Senat hat, das ist offensichtlich, keinerlei Vorstellungen für den absehbaren Fall des Platzens der Kanzlerbriefblase entwickelt gehabt. In der Mitteilung des Senats heißt es: „Klarheit über die finanzielle Lage zu schaffen ist die erste finanzielle Voraussetzung für die Gestaltung der weiteren Politik.“ Dem können Grüne nur zustimmen. Wir werden ja jetzt sehen, ob es Ihnen ernst ist. Das bedeutet nämlich das Eingeständnis, dass die Deckungslücke im Haushalt wegen der fälschlich als Investition gebuchten Zinsen größer als bisher be

hauptet ist. Das bedeutet Kassensturz bei den Gesellschaften und Übersicht über alle eingegangenen Verpflichtungen, die Bremen früher oder später bezahlen muss. Das bedeutet auch eine klare Darstellung der Folgen für unsere Städte, wenn nun für 2009 ein ausgeglichener Primärhaushalt angestrebt wird. Einfach einmal irgendwelche Finanzziele stecken und sich um die Folgen und die Realisierbarkeit nicht scheren darf es nie wieder geben!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Im letzten Teil meiner Rede möchte ich Ihnen sagen, wie es aus grüner Sicht weitergehen sollte. Dass Sie nicht gern über die Vergangenheit reden, verstehe ich, aber was macht der Senat denn? Wir sollten über die Zukunft reden, das finde ich auch! Es ist aber vorgesehen, dass der Senat etwas vorlegt, und ich bin auch nicht der Auffassung, dass sich die Bürgerschaft nach den Koalitionsausschussterminen zu richten hat.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Alles, was ich sage, findet vor dem Hintergrund der Einschätzung statt, dass Bremens Finanzlage nicht mehr aus eigener Kraft verbessert werden kann. Wir müssen ab jetzt jedes Jahr über eine Milliarde Euro an Krediten aufnehmen. Auch brutalste Sparanstrengungen können es nicht schaffen, die daraus entstehenden Zinsen auszugleichen. In zehn Jahren werden sich die Bremer Schulden verdoppelt haben, und wir müssen ungefähr die Hälfte unserer Steuereinnahmen für Zinsen aufwenden. Auch wenn ich nicht glaube, dass die Maastricht-Kriterien in absehbarer Zeit ein Problem für Bremen werden, kein Gemeinwesen kann so einen Finanzkurs fahren. Da ist es auch nur ein kleiner Trost, dass viele andere Bundesländer auch Probleme haben. Deren Bereitschaft, Bremen zu helfen, steigt dadurch auch nicht.

Deshalb liegt jetzt viel Verantwortung auf Bremens Außenpolitik, Bündnisse mit den ärmeren Bundesländern und den Stadtstaaten, Vorbereiten einer Klage gegen das Maßstäbegesetz und nicht gegen den Bundeskanzler und Verhandlungen mit der Bundesregierung über ein Programm nach Artikel 104 a 4 des Grundgesetzes! Das sind Investitionshilfen, damit wir wenigstens nicht auch noch zum Beispiel für die Kaiserschleuse Schulden machen müssen. Diese Möglichkeit hat das Verfassungsgericht in seinem Urteil im Jahr 1992 ausdrücklich als Möglichkeit für die Sanierung genannt. Es wäre auch viel besser, wenn Bremen vor einer weiteren Klage diesen Weg offensiv gehen und ausreizen würde.

In Bremen selbst wird weiterhin Geld ausgegeben werden, und zwar für all das, was gesetzlich verpflichtet ist, und für das, was für die Zukunft Bremens sinnvoll ist. Die Grünen wollen keine reine quantitative Betrachtung der Haushalte und eine Fortsetzung der

Rasenmähersparpolitik. Wir müssen uns auf den Weg machen, jeden Bereich danach abzuklopfen, ob die Aufgabe notwendig ist, ob man sie auch günstiger erledigen kann und wie man den Bereich ausstatten muss, damit er nachhaltige Effekte hat. Ein Zusammensparen des Täter-Opfer-Ausgleichs ist jedenfalls das völlige Gegenteil von verantwortlicher und nachhaltiger Finanzpolitik.

Bremen muss Schwerpunkte bei den Aufgabenfeldern setzen, die unsere Zukunft sichern, und das sind die Bereiche Kinder/Schule und Universitäten/Hochschulen. Das bedeutet eine auskömmliche Finanzausstattung, gesellschaftliche Aufmerksamkeit und Achtung der Politik dafür. Das heißt nicht, dass automatisch alles mehr Geld kosten wird. Wir wollen aber die notwendige Sparpolitik so anlegen, dass sie über absehbare Zeiträume hinweg gemacht werden kann. So kostet das sinnvolle Verbot von Sitzenbleiben zunächst mehr Geld, dessen Einsatz sich aber in wenigen Jahren lohnen wird. Grüne wollen den weiteren Ausbau von Ganztagsschulen als Markenzeichen für Bremen und die Kinder bis zur neunten Klasse gemeinsam beschulen. Grüne wollen eine Verzahnung der Angebote für Kinder und Jugendliche mit der Schule im Stadtteil; abgeschlossene Schulgebäude, während Kinder sich draußen in Ecken lümmeln müssen, sind Verschwendung.

Grüne wollen einen deutlichen Schwerpunkt der Universitäten und Hochschulen im Bereich der Lehre. Was für eine schreckliche Vergeudung von privaten und staatlichen Mitteln, wenn 40 Prozent aller Studierenden in den ersten Jahren ihr Fachgebiet wechseln! Das könnte die Nachfolgestrategie nach „City of Science“ werden: Das Versprechen, die Studierenden besser zu unterstützen, als Markenzeichen unserer eigenen Universitäten und Hochschulen und Anreize innerhalb der Hochschulen dafür zu schaffen, dass eine bessere Lehre und bessere Betreuung der Studierenden stattfindet!

Die notwendige Sparpolitik wird fast ausschließlich über den Umbau von Bestehendem gemacht werden können. Das bedeutet auch ein Durchforsten unseres Gesellschaftenunwesens. Den ewig inkompetenten Angriffen gegen den Sozialhaushalt erteilen wir ebenso eine Absage wie der Strategie, über weitere Sonderopfer des öffentlichen Dienstes nennenswerte Einsparungen zu erbringen. Henning Scherf ist in seiner Rede ja länger darauf eingegangen, dass jetzt ganz besonders im öffentlichen Dienst Geld eingespart werden wird. Darüber, finde ich, muss man sich länger unterhalten, in welchen Bereichen es Spielräume gibt und in welchen nicht. Ich sage nicht, dass es keine mehr gibt. Man muss aber einmal zur Kenntnis nehmen, dass dort geltende Tarifverträge sind. Ich glaube nicht, dass ver.di das tun wird, was Sie sich wünschen, nämlich diesen Solidarpakt abschließen. Das hat ja auch in der Vergangenheit schon nicht geklappt.

Man muss sich also neu auf den Weg machen und muss schauen, in welchen Bereichen man Personal reduzieren kann, indem man auch Aufgaben reduziert. Ich glaube, es ist keine sinnvolle Strategie für Bremen, mit den Ausgaben für die Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes auszuscheren aus dem Konzert der anderen. Einen Dumpingwettbewerb um die niedrigsten Löhne und Gehälter werden wir nicht aushalten und wird dem Bundesland letztendlich nur schaden.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Die Lage ist dramatisch, aber man muss die Nerven bewahren. Wer Bremen in seinen durchschnittlichen Ausgaben pro Bürger unter das Niveau anderer Großstädte spart, wird Abwanderungen auslösen. Auch finanzpolitisch ist das falsch. Bremen erhält ja bekanntermaßen für seine Situation als Stadtstaat eine Einwohnerwertung von 135. Wenn wir unsere Ausgaben unter diese Grenze zusammenstreichen, entziehen wir dieser besonderen Einwohnerwertung selbst die Legitimationsgrundlage, und das dürfen wir nicht machen. Wir werden uns vor Gericht mit den anderen wiedersehen. Wenn wir dort überall erzählen, dass wir auch mit 110 Prozent auskommen können, weil wir noch mehr zusammengespart haben, dann werden die anderen sich zwar freuen, aber wir haben unsere eigene Argumentation dadurch zerschossen.

(Abg. K a s t e n d i e k [CDU]: Hem- mungslos Schulden machen!)

Ja, wir werden Schulden machen, so wie Sie auch, Herr Kastendiek. Das ist doch klar! Das ist doch die ganze Lage! Es geht vielleicht um 20 oder 30 Millionen Euro mehr im Jahr. Da werden wir uns dann voneinander unterscheiden. Bauschen Sie das hier ruhig einmal zum großen politischen Streit auf! Das ist angesichts der Dimension der Probleme einfach nur lächerlich!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Zu guter Letzt: Einsparungen bei den Investitionen! Ja, aber auch dafür braucht es Mut. Bei der Vorbereitung dieser Rede habe ich ein Zitat vom 8.11.1995 von Christian Weber, damals war er noch Fraktionsvorsitzender, aus einer Debatte hier im Haus gefunden. Das möchte ich bitte zitieren. Da heißt es zu den Investitionsausgaben: „Nichtsdestoweniger möchte ich auch zu bedenken geben, dass wir im Laufe der nächsten sechs Monate“ – 8.11.1995! – „durchaus noch einmal über das ISP uns Gedanken machen, ob denn alle Maßnahmen, die im ISP mittlerweile aufgeschrieben worden sind und über Kredite finanziert werden sollen, Sinn machen in dieser dramatischen Haushaltssituation. Beifall bei der SPD.“

Das erzählen Sie also schon so lange!

Grüne wollen einen Vorrang von Investitionen in Bestand und in Modernisierung für Energieeinsparungen. Grüne wollen einen Verzicht auf weitere Ausweisung von Gewerbeflächen und ihre Erschließung. Wir wollen, dass sich die Überseestadt kleiner setzt, erklären das Visionarum für verzichtbar und finden die geplanten neuen Fahrscheinautomaten in Bussen und Bahnen schlicht überflüssig. Ich behaupte jetzt nicht, dass Einsparungen Spaß machen, aber wenn man sich von der ideologischen Verklärung jedweder Investition verabschiedet, entsteht Platz, Abwägungen zu machen, eben Platz für Politik.

Die nächsten Wochen werden zeigen, zu welcher Politik dieser Senat noch die Kraft hat. Jetzt schließe ich einmal mit einem Scherf-Zitat: „Wir sind aber eine alte Hansestadt. Wir haben ja ganz andere Sachen überlebt und werden damit umzugehen haben.“

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Kastendiek.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Linnert, ich habe Verständnis für den Teil Ihrer Kritik an dem eher ungewöhnlichen Vorgehen der Vorbereitung der Regierungserklärung des Senats. Ich habe kein Verständnis, wie Sie versuchen, durch falsche Zusammenhänge, durch offensichtliche Unkenntnis ökonomischer Zusammenhänge ein Bild der bremischen Sanierungspolitik darzustellen nach dem Motto, wir haben hier nichts erreicht, wir haben Bremen verkommen lassen und haben Bremen keine Perspektive geben können. Dafür habe ich kein Verständnis, weil Sie es schon seit Wochen und Monaten versuchen wie mit Ihrer falschen Behauptung, Frau Linnert, im Oktober des vergangenen Jahres, dass Bremen die öffentlichen Gebäude hat verrotten lassen,

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Kann ich welche vorlesen! Soll ich das machen?)

dass Sie hier seit Monaten versuchen, durch falsche Aussagen – die hat die Antwort des Senats widerlegt und gezeigt, dass sie völlig neben der Spur sind – ein völlig verkehrtes Bild von der Situation in dieser Stadt zu geben, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der CDU) ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft. Genauso abenteuerlich ist Ihre Kritik am Wirtschaftswachstum des Bruttoinlandsprodukts. (Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Sind doch Zahlen des Statistischen Landesamtes!)

Aber trotzdem wird es dadurch, dass Sie jetzt hier dazwischen rufen, auch nicht besser! Sie müssen doch zumindest zur Kenntnis nehmen, dass Investitionen nicht mit dem Beginn der Investitionen sofort ihre Wirkung entfalten. Der Sanierungszeitraum geht seit dem Jahr 1994, meine Damen und Herren, seit 1994! Wir haben einen Aufholprozess erst seit 1998/99 zur Kenntnis nehmen können aus dem Grund, weil nämlich ab dem Jahr 1995 mit Beginn der großen Koalition die Auflagen hinsichtlich Investitionen in Gang gesetzt worden sind, Investitionen angeschoben worden sind und natürlich ab dem Jahr 1998/99 erst die Wirkung entwickeln konnten. Meine Damen und Herren, das ist die Realität des Wirtschaftswachstums hier im Bundesland Bremen!

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen])

Ich kann Ihnen daher nur empfehlen, vielleicht einmal ein wirtschaftswissenschaftliches Seminar an der Universität Bremen zu besuchen.