Protokoll der Sitzung vom 16.03.2005

(Zuruf der Abg. Frau S c h m i d t k e [SPD])

Lassen Sie mich erst einmal ausreden, ich glaube, da können Sie mir noch alle zustimmen: „Der richtige

Weg beginnt mit der Aufmerksamkeit für die Jugend und dem Versuch, sie so gut wie möglich zu formen.“ Unter diesem Dach, denke ich einmal, können wir uns alle wiederfinden. Mit Lions Quest haben wir auch eine gute und hervorragende Möglichkeit dazu. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Schmidtke.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es kommen, und da bitte ich Sie einfach um Verständnis, ein paar Wiederholungen, die aber keine Langeweile, sondern Unterstreichung dessen bedeuten, was meine Vorrednerin gesagt hat.

Lions Quest ist ein Förderprogramm unter anderem der Lions Clubs zur Persönlichkeitsentwicklung von Jugendlichen im Alter von zehn bis 15 Jahren. Die wesentlichen Züge des Erwachsenwerdens, Lions Quest, so heißt das Programm auf Deutsch, sind die Förderung des Selbstwertgefühls, des Selbstvertrauens und der Selbstdisziplin, des bewussten und angemessenen Umgangs mit den eigenen Gefühlen und mit den Gefühlen anderer. Das Programm soll das Erkennen, Benennen und Lösen von Problemen durch die Jugendlichen und ihr Urteilsvermögen ausbilden. Es soll Entschlusskraft und Entscheidungsfreudigkeit der Jugendlichen schärfen bis hin zum Neinsagen zum Mitmachen bei zweifelhaften Unternehmungen. Es soll Jugendliche stärken, Gruppendruck auszuweichen.

Zusammen mit der Stärkung des Selbstwertgefühls und des Selbstvertrauens sollen diese Kompetenzen dazu dienen, Risikoverhaltensweisen zu modifizieren. Die Heranwachsenden sollen befähigt werden, ihr Leben verantwortlich zu führen, Entscheidungen selbständig zu treffen, Konfliktsituationen erfolgreich zu begegnen und für Probleme positive Lösungen zu finden.

(Beifall bei der SPD)

Interessierte Lehrerinnen und Lehrer, die zehn- bis fünfzehnjährige Schülerinnen und Schüler unterrichten, nehmen an einem dreitägigen intensiven Einführungsseminar teil. Sie werden von einem besonders geschulten Trainer mit der Methodik und der Umsetzung des Programms vertraut gemacht. Im Rahmen einer Praxisbegleitung werden auftauchende Probleme und Fragen, Erfahrungen und Informationen ausgetauscht und gemeinsam besprochen.

Untersuchungen ergaben, dass das Programm im Urteil der mit ihm arbeitenden Lehrerinnen und Lehrer positiv bewertet wird. Es wird in einem hohen Maße akzeptiert und hat nach Einschätzungen der Lehrerinnen und Lehrer vielfältige Wirkungen auf die

Fähigkeiten und Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler. Die Heranwachsenden erlernen, so die Aussage ihrer Lehrerinnen und Lehrer, ein toleranteres Verhalten gegenüber den Mitschülern, nehmen mehr Rücksicht und helfen sich häufiger gegenseitig. Ebenso wird eine positive Beziehung zwischen Lehrern und Schülern gefördert. All dies bietet eine notwendige Voraussetzung für ein positives Klassenklima und eine konstruktive Lernatmosphäre.

(Beifall bei der SPD)

Bremen nimmt seit dem Jahr 2000 an diesem Programm „Erwachsenwerden“ teil. Im Januar 2003 beteiligten sich im Land Bremen 151 Lehrkräfte an dem Lions-Quest-Programm. Inzwischen ist die Teilnehmerzahl auf zirka 700 gestiegen.

Lions Quest beziehungsweise Elemente hieraus werden von Lehrer zu Lehrer unterschiedlich in den Schulalltag eingebunden. Zirka 50 Prozent der Lehrerinnen und Lehrer nutzen einzelne Sequenzen aus dem Programm, andere machen einzelne Stunden aus verschiedenen Einheiten, und zirka zwölf Prozent führen ganze Einheiten durch. Die Reaktion der Klassen auf Übungen aus diesem Programm wird größtenteils positiv bewertet. Die Erfahrungen zeigen, dass Lions Quest grundsätzlich in allen Klassenstufen einsetzbar ist, vorzugsweise aber in den Klassen fünf bis sechs eingesetzt wird.

Aus der Liste der beteiligten Schulen ist zu ersehen, dass quer durch unsere Bildungslandschaft alle Schulformen des S-I-Bereiches und auch, als bisherige Ausnahme, eine Sekundarstufe II das Programm anwenden. Aus Bremerhaven sind mir neun Schulen im S-I-Bereich bekannt, die intensiv mit Lions Quest arbeiten, dies fest im Plan haben und auf eine eigene Praxisbegleitung zurückgreifen können.

Wie soll es weitergehen? Großes Interesse besteht bei den Lehrerinnen und Lehrern daran, dass nach dem Einführungsseminar die gemeinsame Arbeit mit dem Programm „Erwachsenwerden“ nicht aufhört und dass die Kolleginnen und Kollegen eine Praxisbegleitung haben, in der auftauchende Probleme gemeinsam gelöst werden können, aber auch das Unterrichtsmaterial weiterentwickelt werden kann und neue Ideen ausprobiert werden können.

Ein hoher Bedarf besteht an Informations- und Erfahrungsaustausch und an curricularer Planung im Bereich Sozialtraining. Im Februar 2005 fand ein erstes Eltern-Lehrer-Seminar statt, dem unbedingt noch andere folgen sollten.

(Beifall bei der SPD)

Dieses Eltern-Lehrer-Seminar dient dem Abbau von Unsicherheiten und Ängsten und verbessert so die Kommunikation zwischen Schule und Elternhaus. Die Finanzierung dieses Programms Lions Quest, „Er

wachsenwerden“, wird durch Lions Clubs für eine Startphase von drei Jahren sichergestellt. Zu den übernommenen Kosten gehören die Informations- und Seminarveranstaltungen in ihrem örtlichen Umfeld sowie auch die Unterrichtsmaterialien einschließlich der Eltern- und Schülerhefte. Das LIS ist Kooperationspartner und begleitet Lehrerinnen und Lehrer bei der Umsetzung und Weiterentwicklung des Programms. Nach Ablauf dieser drei Jahre tragen die interessierten Lehrerinnen und Lehrer die Kosten für die Unterrichtsmaterialien zum Teil selbst. Die begleitende Betreuung wird vom LIS weiterhin sichergestellt. Die engagierten Lehrerinnen und Lehrer investieren viele Stunden ihrer Freizeit in diese Arbeit. Auch das muss deutlich gesagt werden.

(Beifall bei der SPD)

Lions Quest ist besonders dort wirkungsvoll, wo eine Verknüpfung zu anderen Programmen im Rahmen des Sozialtrainings hergestellt werden kann. So verbindet zum Beispiel die Integrierte Stadtteilschule in den Sandwehen Lions Quest mit dem Modellversuch „Schule als Raumbühne“ und „Demokratie lernen und handeln“ und erzielt bemerkenswerte Erfolge.

Zusammenfassend stellt die SPD-Fraktion fest, das Lions-Quest-Programm hat sich so bewährt, dass eine Ausweitung auf alle Bremer Schulen wünschenswert ist,

(Beifall bei der SPD)

jedoch nicht als Verordnung, sondern, und da sind Schulen auf dem besten Wege, durch Überzeugungsarbeit.

Das Lions-Quest-Programm ist eine Hilfe zur Verbesserung sowohl des sozialen Klimas als auch des Lernklimas und wirkt sich damit auch positiv auf die Lernergebnisse der Schülerinnen und Schüler aus. Durch eine noch intensivere Vernetzung von Schule und anderen in der Region befindlichen Einrichtungen – auch Polizei, Amt für Soziale Dienste, Täter-Opfer-Ausgleich zum Beispiel – ist die Wirkung von Lions Quest zu verstärken und breiter zu nutzen.

Habe ich noch ein wenig Zeit? Dann bringe ich einfach zwei Beispiele aus dem Leben, da es ja alles sehr theoretisch ist. Zwei Schüler streiten sich, ein dritter kommt dazu. Dieser dritte hat schon einige Konferenzen hinter sich, da er mit den Fäusten schneller ist als mit dem Mund. Dieser Schüler geht zu den beiden sich Streitenden und sagt: „Hört auf, euch zu prügeln, da kann man doch Konflikte anders regeln. Ihr sollt miteinander reden.“ Das Lob, das er dann bekommt, tut er ganz cool mit einem Achselzucken ab und sagt, das haben wir in der Schule gelernt. Ich finde, an dieser Stelle hat sich Lions Quest wirklich bewährt.

(Beifall bei der SPD)

Ein anderes Beispiel: Ich muss die Hausaufgaben meines zwölfjährigen Sohnes nachsehen. Hausaufgabenstellung ist: „Nenne Vorurteile, positive und negative! Was denken Mädchen über Jungen, und was denken Jungen über Mädchen?“ Insider wissen, das ist Lions Quest. Mein Sohn schreibt: „Was denken Mädchen über Jungen? Jungen sind cool, Jungen können gut Fußball spielen, Jungen kämpfen gut, Jungen denken oft über Sex nach. Was denken Jungen über Mädchen? Mädchen sind zickig, Mädchen heulen bei jeder Kleinigkeit, Mädchen petzen, Mädchen reden soviel über Diäten.“

(Abg. B ö d e k e r [CDU]: Das ist aus dem Leben gegriffen!)

Ich finde, meine Damen und Herren, hier muss Lions Quest noch ansetzen. Das reicht noch nicht.

(Beifall bei der SPD)

Auch daher spricht sich die SPD-Fraktion dafür aus, das Lions-Quest-Programm an den Schulen fortzusetzen, die sich dafür entscheiden. Die SPD-Fraktion dankt den Lehrerinnen und Lehrern für ihre bisher geleistete Arbeit und für ihr hohes Engagement. Durch die Initiative und Unterstützung der Lions Clubs sind Bremer Schülerinnen und Schüler einen guten Schritt auf dem Weg zum Erwachsenwerden weitergekommen, und auch dafür unseren Dank an die Lions Clubs! – Ich danke Ihnen!

(Beifall bei der SPD)

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Stahmann.

(Abg. B ö d e k e r [CDU]: Aber nicht zickig!)

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nie, Herr Bödeker, nie bin ich zickig, höchstens manchmal laut und gemein, das gehört hier zu meiner Aufgabe!

Frau Schmidtke, mein Kollege Herr Crueger sagte: „Mensch, jetzt hat Frau Schmidtke deine Beispiele genommen.“ Nein, das ist nicht ganz so!

Die Große Anfrage von SPD und CDU macht deutlich, dass das Lions-Quest-Programm ein ganz hervorragendes Programm ist, das die Schulen in ihrer praktischen Arbeit unterstützt. Auch die grüne Bürgerschaftsfraktion unterstützt die Schulen, die an diesem Projekt teilnehmen wollen, und begrüßt auch das Engagement der Lions Clubs, die ja auch mit finanziellen Mitteln dieses Programm möglich gemacht

haben. Ich finde, das müsste die Bürgerschaft auch an dieser Stelle würdigen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der CDU)

Es ist eigentlich inhaltlich nicht mehr viel zu dem Thema zu sagen. Frau Allers hat es in Grundzügen dargestellt. Das Programm dient dazu, Jugendliche stark zu machen. Das ist das Ziel von vielen Programmen. Programme des Kinderschutzbundes zielen hierauf hin, auch von Schattenriss, ebenso Fortbildungsprogramme für Lehrerinnen und Lehrer, die Schülerinnen und Eltern an Grundschulen. Das ist positiv.

Ich finde, man kann nicht sagen, alle Schulen müssen jetzt dieses Lions-Quest-Programm machen. Da, denke ich, verstehen wir uns auch oder sprechen mit gleicher Stimme, dass wir sagen, unter selbständiger Schule muss man natürlich verstehen, dass sich jede Schule selbst Fortbildungsprogramme suchen kann und dass es den Schulen dann aber auch möglich gemacht wird, diese Fortbildungen einzukaufen.

Bei den Haushaltsberatungen wird es natürlich jetzt eine spannende Sache. Wie viel Fortbildung können wir künftig noch den Bremer Schulen zur Verfügung stellen? Darauf kann man heute natürlich noch keine Antwort finden. Ich denke, dass das in diesem Hause noch einmal Thema sein wird, wenn wir uns mit der Zukunft und auch mit der Arbeit des Landesinstituts für Schule auseinander setzen. Es liegt ein Gutachten vor.

Ich finde es gut und sehr positiv, dass sich das Landesinstitut für Schule bei diesem Projekt sehr engagiert hat. Ich möchte auch, dass wir den Schulen in Zukunft ausreichende Budgets zur Verfügung stellen, um sich selbst Fortbildung einkaufen zu können, aber auch, um an Veranstaltungen beim Landesinstitut für Schule teilnehmen zu können. Es müssen Veranstaltungen angeboten werden – und das haben wir beim Thema Gewaltprävention ja immer wieder –, die die Schulen nicht per se nachfragen, sondern bei denen man auch sagen muss, dazu müssen wir die Schulleiter und die Lehrerinnen und Lehrer anhalten, sich mit bestimmten Themen auseinander zu setzen, auch um ihre Arbeit qualitativ zu verbessern.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich möchte mich noch einmal bei denjenigen Lehrerinnen und Lehrern bedanken, die dieses Programm durchgeführt haben, und ich denke, wir werden uns in der Deputation für Bildung noch einmal mit diesem Thema, was die Perspektive angeht, auseinander setzen. – Danke schön!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Aussprache ist geschlossen.