Ich bin mir sicher, dass wir, gerade auch im Hinblick auf die hohe Arbeitslosigkeit in Bremerhaven, geeignete Wege finden, Bremerhaven zu unterstützen. An dieser Stelle sei es mir noch einmal erlaubt, auf einen Punkt hinzuweisen, auf den wir in den Koalitionsverhandlungen gerade auch mit Blick auf Bremerhaven besonders stolz sind: Es ist uns gelungen, von Sozialdemokraten eingebracht, eine Arbeitsmarktförderung auch über die Zeit hinaus zu beschließen, wo EU-Gelder eingestellt werden und wo die neuen Konstrukte unter Hartz IV diese Möglichkeiten eigentlich nicht mehr geben.
Ich glaube, es ist richtig, bei all diesen Einsparungen, die wir haben, auch eine Antwort darauf zu geben, gerade in Bremen, wie wir mit der hohen Arbeitslosigkeit umgehen wollen. Ich glaube, ich bin ganz zuversichtlich, dass es uns gemeinsam mit dem Arbeits- und dem Wirtschaftsressort gelingen wird, geeignete Programme zu finden, die der Qualifizierung dienen und die auch eine Orientierung auf den ersten Arbeitsmarkt haben und gemeinsam mit Unternehmen hier einen, wenn auch bescheidenen, kleinen Beitrag zur Linderung leisten.
Der letzte Punkt, auf den ich eingehen – –. Ach so, einen Punkt noch! Als Finanzpolitikerin – –. Ich habe 20 Minuten!
Gut, dann sage ich den letzten Punkt – ich melde mich nachher noch einmal – zum Tarifvertrag. Herr Böhrnsen hat es gestern gesagt, und Herr Kastendiek hat dann dazwischen gerufen, das kostet 100 Millionen Euro. Herr Kastendiek, Sie wissen ganz genau, dass das falsch ist!
(Abg. K a s t e n d i e k [CDU]: Das sind die Zahlen von Herrn Nußbaum! 16 und neun mal vier macht 100!)
Im Orientierungsrahmen von Herrn Nußbaum stehen insgesamt 130 Millionen Euro Einsparungen im Personalbereich, die setzen sich aus verschiedenen Komponenten zusammen, dazu gehören diese Geschichten bei den Beamten, dazu gehört aber auch die Erwartung eines Solidarpakts.
Ich glaube, mein Fraktionsvorsitzender hat in seiner Einschätzung Recht, dass es diesen Solidarpakt aus Sicht von ver.di für Bremen überhaupt nicht geben kann. Die SPD hat gestern Abend beschlossen, dass wir den Finanzsenator auffordern, hier diesen Tarifvertrag auch für das Land Bremen zu übernehmen.
Von unseren 25 000 Beschäftigten ist bereits ein Großteil, 13 000, schon betroffen. Es handelt sich lediglich noch um 8000 Bedienstete. Ich glaube, wir sollten die Chance ergreifen, in schwierigen Zeiten dieses Angebot der Gewerkschaften anzunehmen und dafür zu sorgen, dass wir mit motivierten Mitarbeitern, die dann genau wie wir für mindestens drei Jahre eine Planungssicherheit haben, auch schwierige Umbauprozesse in Angriff nehmen. Die Frage der Tarifgestaltung ist übrigens unabhängig von der Frage der PEP-Quote zu betrachten.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Eine kleine Vorbemerkung: Frau Linnert, Sie konnten sich ja gestern kaum auf dem Stuhl halten, weil die Ergebnisse des Koalitionsausschusses Sie ständig so erregt hatten, dass Sie bei fast jedem Debattenbeitrag immer „Koalitionsausschuss“ als Zwischenruf gemacht haben. Mir war bei der heutigen Rede aufgefallen, es tauchte kein einziges Mal auf. Sie haben wohl gestern Abend die „Tagesschau“ gesehen und sich über das Ergebnis des Koalitionsausschusses in Berlin informiert, wie es da läuft. Da wird sogar vorher eine Regierungserklärung abgesprochen und besprochen und nicht nur die groben Züge der Politik, sondern sogar eine Regierungserklärung! Nachdem Sie das wohl gehört haben, haben Sie hier heute von dem Vorwurf Abstand genommen und auch zu Recht Abstand genommen, weil es absurd war.
Das Zweite, was ich anmerken möchte, ist die Frage des Nachtragshaushalts, die hier ja der Hauptgegenstand der Debatte war und ist. Erstens muss man immer wieder sagen, das haben aber auch die Vorredner angesprochen, dass es zu bedauern ist, dass der Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland sein mehrfach gegebenes Wort nicht gehalten hat. Wir bedauern das sehr. Wir haben dem Bundeskanzler Schröder, wie Sie sich vorstellen können, eine Menge zugetraut, aber das haben wir ihm nicht zugetraut, dass er sein Wort so nicht hält. Das ist sehr zu bedauern.
Dies hat nicht nur für das Jahr 2005 seine Wirkung, denn diese Summen waren ja per anno eingeplant. Deswegen hat der Nachtragshaushalt die Folge, dass wir in erheblichem Umfang zusätzlich Kredite aufnehmen müssen.
Frau Linnert hat dabei die Frage angesprochen Haushaltwahrheit und -klarheit, der Senat müsse dann auch etwas zu den 60 Millionen Euro sagen. Ich weise darauf hin, dass der Senat hierzu etwas gesagt hat, und ich will mit Genehmigung des Präsidenten zitieren: „Der Senat sieht keine Möglichkeit, durch Kürzungen auf der Aufgabenseite oder durch Mehreinnahmen an anderer Stelle des Haushalts eine Reduzierung dieses Finanzierungsbetrags zu erreichen, zumal im Rahmen des weiteren Haushaltsvollzugs 2005 in beiden Haushalten noch Fehlbeträge, Mindereinnahmen, befürchtete Mehrausgaben, Auflösung der geplanten Minderausgaben in einer Gesamthöhe von 60 Millionen Euro zu lösen sind.“ Das ist die Aussage des Senats. Der Senat will diese 60 Millionen Euro also lösen und nicht wie im vergangenen Jahr durch Steuermehreinnahmen ausgleichen.
Wir teilen die Auffassung des Senats, dass dies ein richtiger Weg ist, die 60 Millionen Euro nicht über einen Nachtragshaushalt zu finanzieren, nicht mit Steuermehreinnahmen oder Krediten zu finanzieren, sondern im Rahmen des Haushaltsvollzugs dieses Problem zu lösen. Ich weise den Vorwurf der Bilanzfälschung, Frau Linnert, den Sie in diesem Zusammenhang an Herrn Nußbaum gemacht haben, ausdrücklich zurück!
Wenn ich schon beim sozialdemokratischen Finanzsenator bin, wie es Frau Wiedemeyer gesagt hat! Es war mir neu, dass er in die SPD eingetreten ist. Ich glaube, Sie haben es auch gleich dementiert.
Aber sei es drum! Ich will an dieser Stelle sagen, ich war ja nicht im Koalitionsausschuss, habe es mir aber berichten lassen. Das will ich ausdrücklich festhalten: Herr Nußbaum, Sie haben im Zusammenhang mit den ganzen Finanzproblemen, die zu lösen waren und die zu lösen sind, eine hervorragende Figur abgegeben. Ich möchte mich ausdrücklich im Namen der CDU bei Ihnen dafür bedanken.
Ich will ein Wort zur Frage des ausgeglichenen Primärsaldos sagen. Dies ist natürlich ein nicht völlig unüblicher Begriff, deswegen kann man ihn auch natürlich gebrauchen. Ich will allerdings darauf hinweisen, de facto bedeutet es, dass man Kredite für Zinszahlungen aufnehmen muss. Das sollte man immer wieder sagen, damit nicht genau das eintritt,
Herr Nußbaum, was Sie zu Beginn Ihres Beitrags auch gesagt hatten, dass nachher die gefühlte Stimmung wieder besser ist als die Lage.
Wir sollten schon deutlich machen, dass ein Primärsaldo ganz eindeutig dazu führt, dass Kredite für Zinszahlungen aufgenommen werden müssen. Solange das der Fall ist, sind wir noch sehr, sehr weit von der Lösung unserer Haushaltsprobleme entfernt. Unser Ziel muss es sein, 2009 einen verfassungskonformen Haushalt hinzubekommen.
(Abg. Frau W i e d e m e y e r [SPD]: Hel- mut, wovon träumst du? – Abg. S t r o h - m a n n [CDU]: Ziel! – Abg. K l e e n [SPD]: 3009?)
Einen verfassungskonformen Haushalt 2009! Dass dieses Ziel sehr wahrscheinlich oder nicht erreichbar ist, sondern das Ziel, bis dahin einen ausgeglichenen Primärsaldo hinzubekommen, das ist schon ein hoch gestecktes Ziel, einen verfassungskonformen Haushalt dürfen wir aber nicht völlig aus den Augen lassen. Darauf wollte ich ausdrücklich noch einmal hinweisen.
Eine nächste Bemerkung, die ich machen möchte, betrifft die Frage, was der Rechnungshof hier gestern angesprochen hat, das berührt ja auch die Diskussion, die wir hier insgesamt führen. Der Rechnungshof hat einen schonungslosen Lagebericht angesprochen, und die Wertung ist daraus erfolgt: „Prüfer decken Tricks und Täuschungen auf“. Ich will sagen, dass der Rechnungshof für das Parlament ein bedeutender und wichtiger Ratgeber ist. Ich will allerdings auch sagen, dass der Rechnungshof schon sehr darauf achten muss bei dem, was er an Aussagen trifft und was er unterlässt. Das sage ich ausdrücklich, damit nicht hier und da ein falscher Eindruck entsteht, Frau Wiedemeyer hat dies angesprochen.
Wenn der Rechnungshof zum Beispiel die GBI im Zusammenhang mit dem Ankauf des Siemens-Hochhauses kritisiert und das noch nicht einmal 24 Stunden hält, ich finde, auch dem Rechnungshof hätte bekannt sein müssen, als der Ankauf getätigt wurde, dass es da die GBI noch gar nicht gab.
Die nächste Bemerkung: Wenn der Rechnungshof kritisiert, dass zum Beispiel überhöhte Gehälter an die Geschäftsführer der BSAG gezahlt werden, wenn die Geschäftsführergehälter gestiegen sind, sind die Mitarbeitergehälter gesunken. Dieser Eindruck wird doch erweckt. Der Rechnungshof weiß ganz genau, wie diese Steigerungen zustande kommen. Wenn ein Vorstandsmitglied ausscheidet, entstehen Mehrkosten, das wissen Sie, Herr Spielhoff. Sie wissen aber auch, wenn ich die Verträge umgestalte, dass zum Beispiel die Pensionszahlungen nicht mehr von der BSAG gezahlt werden, sondern den Mitarbeitern und dass es da eine Umstellung gibt, auch das wissen Sie, dass es dann andere Dinge gibt. Sie nicken. Damit
bestätigen Sie das! Dann dürfen Sie aber nicht so einen Eindruck erwecken, wie Sie ihn gerade erweckt haben, und ich finde, Sie haben Verantwortung dafür, dass Sie auch, wenn Sie ernst genommen werden wollen – und wir finden alle, dass der Rechnungshof ernst genommen wird –, solche Eindrücke vermeiden sollten.
Ich will das im Zusammenhang mit diversen Vorwürfen, die Sie gemacht haben – nicht alle kann ich hier ansprechen –, sagen, weil das mit der Frage der Sanierung zu tun hat. Wenn ich hier ein Stück weit etwas positiv hervorhebe, will ich den Satz vorweg erwähnen, den ich ausdrücklich teile, der in der Überschrift der Presseerklärung von Herrn Nußbaum steht: „Es liegt noch ein langer und steiniger Weg vor uns, aber der eingeschlagene Weg ist richtig.“ Ich will zu dem eingeschlagenen Weg noch zwei, drei Bemerkungen machen.
Herr Spielhoff, Sie sprechen zur Einhaltung der Sanierungsauflagen etwas an, aber erwähnen zum Beispiel überhaupt nicht die Auflagen, nämlich die Frage, wie weit es Vorschriften im Hinblick auf die Ausgabenentwicklung gab. Da war es so, dass uns der Finanzplanungsrat eine Ausgabenentwicklung für den abgelaufenen Sanierungszeitraum von 24,3 Prozent zugelassen hat. Wir haben aber nur eine Ausgabenentwicklungsquote von 8,1 Prozent ausgeschöpft. Das macht eine Minderausgabe von 633 Millionen Euro. Das verschweigen Sie schlicht! Wenn ich die Konsolidierungsfortschritte im konsumtiven Bereich nehme, haben die Länder und Gemeinden einen Zuwachs von 24,2 Prozent gehabt. Wir haben in Bremen nur einen Zuwachs von fünf Prozent gehabt. Dies bedeutet Minderausgaben von 547 Millionen Euro. Das verschweigen Sie!
Das heißt, dass wir im konsumtiven Bereich noch weiter etwas tun müssen und dass wir da noch weiter Probleme haben, und dazu gibt es auch entsprechende Beschlüsse. Ich finde aber, es gehört mit dazu, dass wir die Rahmenbedingungen, die uns im Zusammenhang mit der Sanierung auferlegt worden sind, eingehalten und weit übererfüllt haben. Das gehört auch mit zur Wahrheit, und ich finde, wenn Sie einen Bericht abgeben, der nicht nur in Bremen gelesen wird – es gab ja auch eine entsprechende Überschrift in der FAZ, „Bremer Sanierungsdesaster“ –, dann wäre es bei solch einer Berichterstattung auch ganz fair gewesen, wenn Sie das mit in Ihren Bericht einbezogen hätten, und dann würde nicht solch ein völlig falscher Eindruck entstehen.
Wenn ich die Steuereinnahmen nehme, dann stellen Sie ja fest, das sagen Sie selbst in Ihrer Ziffer 140, dass geplant war, dass sich durch die Steuereinnah
men im Jahr 2003 eine Erwartung von vier Milliarden Euro ergeben wird. Tatsächlich aber lagen die Steuereinnahmen nur bei 2,3 Milliarden Euro. Dies ist eine Differenz von 1,7 Milliarden Euro. Wenn Sie gleichzeitig einbeziehen, dass wir nur 1,1 beziehungsweise 1,2 Milliarden Euro Schulden aufnehmen und wenn die Steuerentwicklung so eingetreten wäre, wie es 1993 vorausgesagt worden ist, dann hätten wir heute kein Problem. Wir wissen, dass es Steuerausfälle in erheblichem Umfang gab, und deswegen gab es nach der ersten Sanierungsphase auch die zweite Sanierungsphase. Im Übrigen muss man in dem Zusammenhang auch darauf hinweisen, dass vor dem Hintergrund der Erfahrungen der ersten Sanierungsphase mit den Steuerausfällen das Petitum im Zusammenhang mit der Steuerreform gerade das war, dass wir nicht weitere Steuerausfälle akzeptieren wollten und konnten, und deshalb haben wir auf diesen Kanzlerbrief gedrängt. Das, finde ich, gehört auch mit dazu zu sagen.
Das Nächste, was ich in dem Zusammenhang ansprechen will: Wenn man sich Bremen anschaut, dann haben wir ja auch unter besonderen Rahmenbedingungen zu leben. Wir wissen, dass wir ein finanzielles Problem haben. Wir wissen auch, dass wir teilweise ein strukturelles Problem haben, das wir versuchen abzubauen. Wenn man dann aber zum Beispiel die kleine Delle bei der Entwicklung des Bruttosozialprodukts 2004 nimmt, dann muss man doch wissen, dass wir nach wie vor besonders anfällig für bestimmte Entwicklungen in der Bundesrepublik Deutschland sind. Wir müssen doch sehen, dass wir drei Jahre lang Stagnation in Deutschland hatten. Wir müssen feststellen, dass von 20 Steuerschätzungen bei 14 Steuerschätzungen der Daumen nach unten gezeigt hat. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass für die gesamte Bundesrepublik Deutschland diese Steuermindereinnahmen 642 Milliarden Euro ausmachen. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen, was das für Steuermindereinnahmen sind! Das ist der anderthalbfache Bundeshaushalt, und deswegen kann man diese Rahmenbedingungen nicht einfach so beiseite schieben.
Dann will ich aus dem Rechnungshofbericht zitieren, mit Genehmigung des Präsidenten: „Der Vergleich mit dem Saarland, das in der ersten Phase des Sanierungszeitraums einen deutlichen Schuldenabbau betrieben und entsprechend weniger investiert hat, zeigt, dass auch eine wesentlich weniger ausgeprägte Investitionsstrategie innerhalb des Sanierungszeitraums zu vergleichbaren wirtschaftlichen Ergebnissen geführt hat.“ Wenn ich mir nur die Berichterstattung über den Haushalt im Saarland ansehe, dann stelle ich erst einmal fest, dass die mit einer anderen Investitionsstrategie auch Probleme in erheblichem Umfang haben.
Zweitens: Wenn ich mir dann einmal Ihren Vergleich anschaue, Herr Spielhoff, mit der Entwicklung des Bruttosozialprodukts, dann stelle ich erstens in
aber im Jahr 1993 hatten wir noch kein Investitionssonderprogramm. Die Wirkungen kamen erst sehr viel später. Aber sich dann schon auf das Jahr 1993 zu beziehen? Wenn ich das als Fälschung bezeichnen würde, würde ich das Vokabular von Frau Linnert übernehmen, das liegt mir nicht. Deshalb will ich nur darauf hinweisen, dass es eine korrektere Möglichkeit gegeben hätte, das darzustellen.
Wir wissen doch beide, dass Investitionen erst sehr viel später ihre Wirkung zeigen, etwa nach drei bis sechs Jahren. Nicht ohne Grund ist darauf hingewiesen worden – darüber hat es auch eine Diskussion gegeben, Sie haben das im Übrigen in Ihrem Bericht auch angesprochen –, dass die Bestwirkung des Sonderinvestitionsprogramms, des AIP, erst 2016 eintreten wird. Dann aber trotzdem so zu tun, als lägen wir bei der Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts schlecht, ist so nicht richtig.