Protokoll der Sitzung vom 20.04.2005

Jetzt muss man sich aus dieser gesamten Situation natürlich einmal ansehen, mit welcher Perspektive man überhaupt versucht, den Bereich der Pflege weiterzuentwickeln. Ich denke, dass hier einige Punkte schon angesprochen worden sind. Einer der wichtigsten Punkte aus der Sicht der SPD-Fraktion ist, dafür Sorge zu tragen, dass die Menschen solange wie möglich innerhalb ihrer eigenen vier Wände bleiben können und möglichst nicht gezwungen sind, in Pflegeeinrichtungen zu gehen.

(Beifall bei der SPD)

Ich habe vor einigen Tagen in diesem Zusammenhang auch vor der Seniorenvertretung einen Vortrag gehalten, bei dem es genau um diese Frage ging. Wir haben als SPD-Fraktion die Stadt Bielefeld besucht, um uns einfach anzuschauen, ob es möglicherweise in dieser Stadt, wie wir vorher informiert worden sind, kluge Ansätze gibt, um genau diese Chance besser auszunutzen, Menschen solange wie möglich innerhalb ihrer eigenen vier Wände verweilen lassen zu können. Wir haben da sehr interessante Wege gefunden, wie das in Bielefeld geht. Das Besondere daran ist, das hat Herr Oppermann gerade auch schon gesagt, dass die Wohnungsbaugesellschaften dort deutlich mehr Verantwortung für die älteren Menschen übernehmen, als das hier im Moment der Fall ist.

Wir glauben, dass wir dort noch erhebliche Potentiale haben, indem wir das nachbarschaftliche System stärken, in dem die älteren Menschen leben, so dass sie auch mit Pflegebedürftigkeiten innerhalb ihrer eigenen vier Wände bleiben können und es nicht unbedingt nötig ist, dass sie in stationäre Pflegeeinrichtungen kommen. Das bedeutet, die Wohnungsbaugesellschaften müssen zusammenarbeiten, das bedeutet aber auch, dass die entsprechenden Träger für soziale Dienstleistungen daran mitwirken müssen, die öffentliche Verwaltung muss daran mitwirken, und auch die verschiedenen im Stadtteil tätigen Akteure müssen daran mitwirken, so dass wir auf die Quartiere bezogene Möglichkeiten hinbekommen.

Für den Bereich des Qualitätsmanagements muss man deutlich sagen, es hat Bundesgesetze gegeben, die auch von allen drei hier im Hause vertretenen Fraktionen mitgetragen wurden, die einen höheren Dokumentationsaufwand fordern mit dem Ziel, dass das Qualitätsmanagement in den Häusern gewährleistet ist. Wir stehen jetzt vor der politischen Herausforderung im Bund, in Ländern und in Kommunen, dafür zu sorgen, dass die Menschen dieses Qualitätsmanagement und Dokumentationswesen so bewältigt bekommen, dass sie nicht vor lauter Schreibtischarbeit ihre originäre Pflege nicht mehr leisten können. Dazu gibt es erste Ansätze aus Bayern, in der Antwort wird darüber auch berichtet, meiner Meinung nach gibt es auch sehr positive Ansätze aus Schleswig-Holstein, mit denen man versucht, mit elektronischer Datenverarbeitung im Bereich der Dokumentation effektiver zu werden.

Ein weiteres wichtiges Ziel muss heißen, dass die Bremer in Bremen bleiben, und da sind wir genau bei dem Punkt, den Sie auch angesprochen haben, Herr Oppermann, das ist die Frage der Investitionskosten. Wenn man sich ansieht, was der Senat dazu beschlossen hat, dann bedeutet das, dass die Investitionskostenzuschüsse gesenkt werden sollen und, weil sich das konkret auf die Kosten für die Menschen auswirkt, die in solchen Einrichtungen leben, dass die, die von Sozialleistungen leben, entsprechende Erstattungen bekommen. Insofern bedeutet die Senkung der Investitionskosten für den einen Teil der Menschen eine Erhöhung, und für den anderen Teil muss die Sozialleistung angehoben werden. Wenn wir wollen, dass ältere Menschen verstärkt in Bremen bleiben, können wir nicht weiter die Pflegeinvestitionen absenken.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich bin sehr gespannt, Herr Kastendiek und Herr Oppermann – Herr Kastendiek hat gerade auch sehr engagiert applaudiert, als Herr Oppermann sich positioniert hat –, ich bin sehr offen und hoffe auf Ihre ernsthafte Unterstützung in dieser Frage. Die Haltung der SPD-Fraktion ist Ihnen bekannt, wir würden

wirklich gern die Pflegeinvestitionen nicht absenken. Wenn Sie uns die politischen Handlungsspielräume dazu geben, dann sind wir da sehr offen. Im Moment kann ich sie allerdings nur schwer erkennen.

(Abg. K a s t e n d i e k [CDU]: Überzeu- gen Sie erst einmal Ihre Senatorin!)

Meine Senatorin brauche ich an dieser Stelle überhaupt nicht zu überzeugen. Wenn ich Sie darauf hinweisen darf, dann beschließen die Haushalte wir hier im Hause, und wenn wir die entsprechenden Positionen beschließen, dann steht der Umsetzung nichts im Weg, und ich bin sicher, dann steht dem auch Frau Senatorin Röpke nicht im Weg. Ein deutliches Wort heißt aber auch, dass Sie natürlich bei solchen Haushaltsberatungen sich immer darüber klar werden müssen, aus welchen finanziellen Budgets man eine Finanzierung auf die Beine stellen kann, und darüber muss dann auch gesprochen werden, und dazu habe ich von Ihnen noch keinen Vorschlag gesehen.

(Beifall bei der SPD)

Wir müssen darüber nachdenken, wie wir in Zukunft Modelle von familiärem Engagement in den Häusern, in denen stationäre Pflege stattfindet, besser fördern können. Es gibt mittlerweile einzelne Einrichtungen und auch Träger, die sich damit sehr intensiv auseinander setzen. Ich bin der Auffassung, dass wir hier die Erfahrungen auswerten müssen und diesen Bereich weiter protegieren müssen, aber ich sehe auch hier eigentlich keine politische Kontroverse innerhalb dieses Hauses. Ich bin der Meinung, wir müssen im Hinblick auf die Verbesserung der Substanz den bisher eingeschlagenen Weg weitergehen. Mein Eindruck ist, dass der Anteil der Investitionskosten, die angefallen sind bei den Trägern, zu wachsenden Anteilen in die Verbesserung der bestehenden Substanz gegangen ist. Viele Häuser haben schon eine Umwandlung von Zweibettzimmern in Einbettzimmer betrieben, die aus offensichtlichen Gründen mittlerweile auch Standard sind. Insofern bin ich der Meinung, wir sind durchaus auf einem guten Weg, stehen aber immer in dem Widerspruch, dass wir Schwierigkeiten haben, die finanziellen Voraussetzungen dafür zu schaffen.

Herr Oppermann, Sie haben sich sehr deutlich dazu geäußert, darauf möchte ich auch noch einmal eingehen, wie sich Alexander Künzel von der Bremer Heimstiftung in der Öffentlichkeit geäußert hat. Das Papier ist immer noch einzusehen unter „Mehr dazu“, diese Seite von der „taz“, dort ist es immer noch zu finden. Sie haben gesagt, es handelt sich dabei um ein Sahnehäubchen, aber im Kern sind die sozialstaatlichen Fragestellungen immer noch so zu beantworten, wie das bisher der Fall war.

Ich kann dem sehr viel abgewinnen, was Sie da gesagt haben. Herr Künzel hat sehr deutlich heraus

gearbeitet, dass wir im Prinzip in einer massiven Zäsur des Sozialstaates stehen und dass er von völlig anderen Voraussetzungen für das Bürgerengagement ausgeht. Auch ich bin der Meinung, dass es eine klare Überinterpretation von Herrn Künzel ist zu sagen, dass man so viele Kernaufgaben des Sozialstaates verlagern kann auf das Bürgerengagement. Ich glaube auch, dass das Bürgerengagement dann in einer Weise überfrachtet wird, so dass die Unterstützung, die für solches Engagement von staatlicher Seite kommt, total unglaubwürdig wird.

Ich finde aber auch, dass wir uns damit auseinander setzen müssen, wie wir solche Wege weiterentwickeln können, ohne dem Diskurs von Herrn Künzel zu folgen, und würde deswegen auch sagen, dass der Begriff des Sahnehäubchens insofern falsch ist, weil wir es zum Teil wirklich mit Bedarfen zu tun haben, die wir natürlich auch über solche bürgerschaftlichen Subsysteme, also Hilfsleistungen, bewerkstelligen oder bewältigen, dass man nicht von Sahne reden kann. Sahne heißt immer, dass es nicht unbedingt nötig ist, aber dass es schön ist, wenn man das hat. Mein Eindruck aber ist, dass auch jetzt schon Dinge über solches Engagement geleistet werden, die dringend nötig sind. Das muss auch weiter so sein, und wir wollen uns auch bemühen, das auszubauen, aber im Grundsatz unterstütze ich auch hier Ihre Position. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Das Wort hat der Abgeordnete Tittmann.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Dass es auch in Bremen immer mehr Menschen gibt, die pflegebedürftig sind, ist eine Tatsache. Auch dass durch die steigende Lebenserwartung das Risiko der Pflegebedürftigkeit weiter zunehmen wird, ist vollkommen richtig. Zwar hat der ältere Mensch heute günstigere Lebensprognosen als je zuvor, doch die Änderung der Sozialstruktur hat die schon früher vorhandenen Probleme noch deutlich verschlimmert, da an der Stelle der deutschen Großfamilie die Kleinfamilie getreten ist. Nicht zuletzt wegen der jahrzehntelangen verfehlten und gescheiterten Familien- und Sozialpolitik der Altparteien in Verbindung mit Massenarbeitslosigkeit sind erhebliche schwerwiegende Folgen in Bezug auf die Finanzierung unserer Sozialsysteme vorprogrammiert. In der Antwort des Senats heißt es, ich darf zitieren: „Vor dem Hintergrund des demographischen Wandels stellt dies die finanzielle Leistungsfähigkeit der Pflegekassen, aber auch der Sozialhilfeträger vor große und wachsende Herausforderungen.“

Hinsichtlich anfallender Kosten wird Bremens Situation immer als Haushaltsnotlageland betont. Meine Damen und Herren, tatsächlich wird immer dann der

Begriff Haushaltsnotlageland ins Gespräch gebracht, wenn Politiker der Altparteien niederträchtige und unsoziale Kürzungen im Sozialbereich rechtfertigen müssen. Anfang April hat die Landesarbeitsgemeinschaft, LAG, der freien Wohlfahrtsverbände vor weiteren Rotstiftaktionen im Sozialbereich gewarnt und zum Protest unter dem Motto „Fünf nach zwölf, höchste Zeit für Gerechtigkeit“ aufgerufen. Das haben wir von der Deutschen Volksunion selbstverständlich unterstützt.

Angeprangert wurde dabei vor allem der Beschluss des Koalitionsausschusses, bis 2009 sage und schreibe etwa 25 Millionen Euro, das sind 50 Millionen DM, im Sozialetat zu kappen. Allein diese Vorgabe bedeutet massive Verschlechterung bei der Betreuung. Etliche Pflegebedürftige brauchen aber eine 24-Stunden-Betreuung, das heißt also rund um die Uhr Betreuung. Müssen diese Zeiten aber infolge zusätzlicher Einschnitte und Einsparungen gekürzt werden, so würde das unweigerlich bedeuten, der Betroffene müsse morgen zum Beispiel im Bett bleiben, weil niemand da ist, um ihm zum Beispiel in den Rollstuhl zu helfen. Mangels Personal könnte er nicht einmal zur Toilette gebracht werden und so weiter.

Meine Damen und Herren, zudem ließ der Geschäftsführer des Diakonischen Werks Bremen, Herr Hans Wiesenbach, wissen, Frau Präsidentin, ich darf zitieren, „dass sogar 1000 Arbeitsplätze gefährdet seien, wenn diese Kürzungen wie geplant umgesetzt würden“. Der Tagespresse war in diesem Zusammenhang zu entnehmen, sein Kollege aus Bremerhaven, Herr Eberhard Muras, warf der großen Koalition außerdem vor, mit bremischem Geld Arbeitsplätze in Niedersachsen statt in Bremen zu fördern.

Etwa 3300 Bremer leben derzeit in Altenheimen des Nachbarlandes, weil die Plätze hierzulande in Bremen nicht ausreichen. Das ist eine Schande sondergleichen, die mit keinem Wort in der Antwort des Senats erwähnt wird. Bemerkt wird lediglich, das Angebot der stationären Pflege in Bremerhaven ist mit 732 Plätzen viele Jahre auf einem deutlich niedrigeren Niveau als in Bremen konstant geblieben. Im Februar 2005 wurde eine neue Einrichtung mit zirka 60 Plätzen in Betrieb genommen. Zurzeit sind zirka 250 weitere Plätze der stationären Altenpflege in Planung. Altenheime, Altenwohnheimplätze werden in Bremerhaven zurzeit aber nicht angeboten. Das ist ein Skandal sondergleichen und zeigt eindeutig die katastrophale Versorgungssituation alter, bedürftiger Menschen im Land Bremen.

Dazu passt ein Pressebericht vom Dezember 2004, in dem heißt es, Frau Präsidentin, ich darf zitieren: „Wer als Sozialfall ab 2005 ins Heim kommt, erhält maximal 133,20 Euro, nur noch 89,70 Euro Taschengeld im Monat“, ich betone im Monat, nicht in der Woche, „dabei habe schon zuvor das Geld für das Nötigste gefehlt. Grund für die Verschlechterung sei Hartz IV. Das Gesetz sehe den Wegfall von ohnehin schon lächerlich geringen Zahlungen vor.“

Meine Damen und Herren, mindestens 2700 bedürftige Senioren können sich wegen beschämend geringen Taschengelds als Heimbewohner nicht einmal den Friseur, eine Fernsehzeitung oder sonstige kleine Extras leisten. Das ist eine Schande, die Sie als verantwortliche Politiker zu verantworten haben. Wenn Sie nur ein bisschen Verantwortungsbewusstsein gegenüber den bedürftigen älteren Menschen unseres Volkes hätten, dann würden Sie eine solche zum Himmel schreiende Ungerechtigkeit als verantwortliche Politiker nicht zulassen. Aber natürlich, wenn man Unsummen für irrwitzige, unrealistische Ausländer- und Asylpolitik, für die Überzahlungen an die EU und so weiter verschwendet, dann ist es natürlich nicht überraschend, wenn für unsere eigenen pflegebedürftigen Menschen im Land Bremen, für unsere Senioren, kein Geld mehr vorhanden ist. Das ist bei Ihrer verfehlten Politik vollkommen klar.

Bei Ihren unsozialen Sparbeschlüssen werden sogar noch diejenigen bestraft, die zwingend auf unsere Hilfe angewiesen sind. Sie bestrafen mit Ihrer unsäglichen Politik pflegebedürftige ältere Menschen, die ihr Leben lang für die Gemeinschaft gearbeitet haben, ihr Leben lang in die Sozialkassen eingezahlt haben und unendliche Solidaropfer erbracht haben und die Deutschland nach dem Krieg mit eigenen Händen und ohne Ausländer und sehr viel Leid, Mut, Tränen, Trauer und Entbehrung wieder aufgebaut haben. Sie belügen und betrügen unsere ältere Generation um einen mehr als verdienten gerechten, sozial abgesicherten Lebensabend. Ich erinnere Sie hier nur einmal an die Rentenlüge von Kanzler Schröder, SPD.

Die vorliegende Antwort des Senats zielt auf Ablenkung vom eigenen Verschulden. Wahr ist nämlich, mit Blick auf die immer betonte Haushaltsnotlage, dass zum Beispiel auch für Prestigeobjekte wie Space-Park, Musicaltheater, Klangbogen, Universum, Rennbahnausbau, Stadtkosmetik, Bahnhofsvorplatz, Bewerbung Kulturhauptstadt und so weiter – ich könnte bis morgen früh noch aufzählen – Steuergelder in Massen zum Fenster hinausgeworfen wurden und jetzt wieder einmal, natürlich, bei den Bedürftigen und sozial Schwachen gekürzt werden, wo denn auch sonst, weil Sie es geschafft haben, Bremen mit über zehn Milliarden Euro zu verschulden, wofür täglich mehr als 1,5 Millionen Euro, das sind drei Millionen DM, ich betone täglich, nur an Zinsen aufgebracht werden müssen, ohne einen Cent zu tilgen.

Hier sage ich im Namen der Deutschen Volksunion, Politiker der Altparteien, die dieser Verschuldung jahrzehntelang tatenlos zugesehen und zugestimmt haben, gehören wegen Veruntreuung von Steuergeldern für mindestens zehn Jahre ins Gefängnis.

Meine Damen und Herren, für eine bedarfsgerechte Versorgung pflegebedürftiger Bürgerinnen und Bürger muss im Land Bremen deutlich mehr Förderung

möglich sein und ermöglicht werden. Das ist auch durchaus finanzierbar, denn es gibt im Land Bremen unzählige sinnlose Projekte, die mit Unsummen von Steuergeldern finanziert werden, besser gesagt, wo Unsummen verschwendet werden. Aber andererseits wird bei den Pflegeeinrichtungen im Land Bremen rücksichtslos und skrupellos ein massiver Stellenabbau weiter vorangetrieben. Tatsache ist doch, wo zu wenig qualifiziertes Pflegepersonal oder sogar kein Personal tätig werden kann, ist keine qualifizierte Betreuung möglich, insbesondere nicht im Umgang mit unseren älteren Menschen.

Darüber hinaus muss es darum gehen, das Pflegerisiko besser als bisher abzusichern, um zu verhindern, dass eine Pflegebedürftigkeit nach kurzer Zeit die Sozialhilfebedürftigkeit nach sich zieht. Dazu gehört auch, dass in den Stadtgemeinden Bremen und Bremerhaven viel mehr für menschenwürdiges Wohnen in Alters- und Pflegeheimen getan werden muss.

Meine Damen und Herren, parteiübergreifend sollte es keinen Zweifel daran geben, dass die Betreuung älterer Menschen eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist. Dazu gehört auch eine umfassende Förderung individueller familiärer Selbsthilfe.

(Glocke)

Ihre Redezeit ist beendet, Herr Abgeordneter!

Ich bin gleich am Ende! Nicht zuletzt sei festgestellt, dass für eine angemessene Versorgung pflegebedürftiger Menschen auch eine Erhöhung der Mittel für die Pflegeversicherung erforderlich ist. Notwendig ist eine andere, bessere Finanzierungsgrundlage für die Pflegeversicherung. Notwendig ist zum Wohle bedürftiger Deutscher eine Sozialpolitik, die die Bezeichnung sozial auch wirklich verdient. – Ich danke Ihnen!

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Schmidtmann.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Tittmann, was Sie hier wieder abgeliefert haben, war wieder unter aller Kanone! Immer wieder die alten Sprüche, man kann es ja langsam nicht mehr hören.

(Zuruf des Abg. T i t t m a n n [DVU])

Ich spreche heute, wie meine Vorredner auch, über die bedarfsgerechte Versorgung von pflegebedürftigen Menschen. Wir alle wissen, dass der demographische Wandel in unserer Gesellschaft

(Abg. T i t t m a n n [DVU]: Es wundert mich, dass die Grünen das überhaupt aus- sprechen können!)

uns in allen Bereichen des Lebens vor große Herausforderungen stellt, zum Beispiel im Baubereich durch schrumpfende Städte, im Bildungs- und Jugendbereich durch sinkende Kinderzahlen und im Seniorenbereich, im Bereich älterer Menschen durch eine immer höhere Lebenserwartung und eine kontinuierliche Zunahme der Zahl von Altenpflegeplätzen und -einrichtungen. Unsere Sozialsysteme stoßen an ihre Grenze, weil die Höhe der Sozialversicherungsbeiträge allein an die Erwerbstätigkeit geknüpft ist. Das müssen wir langfristig durch die Einführung der Bürgerversicherung ändern. Mittelfristig und ebenfalls auf Bundesebene muss im Bereich der Pflegeversicherung unbedingt etwas passieren, auch das wissen wir alle.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Aber auch auf Bremer Ebene gibt es kurzfristig Dinge zu tun, um die Lage pflegebedürftiger Menschen zu verbessern. Ich möchte hier nur aus Sicht der Grünen auf drei wichtige Punkte eingehen, und zwar verbessertes Qualitäts- und Entlassungsmanagement, Stärkung der Kurzzeitpflege selbst und, das ist auch schon von meinen Vorrednern angesprochen worden, der Altenpflegeplan des Landes Bremen!

Der Übergang in die stationäre Pflege findet häufig nach einem Krankenhausaufenthalt statt. Die Behandlungszeiten werden immer kürzer, immer schneller müssen Patienten und Patientinnen entscheiden, wie sie vorübergehend oder dauerhaft versorgt werden können, denn sie sind noch nicht wieder so gesund, dass sie allein nach Hause kommen und sich zurechtfinden können. Geht es jetzt in die Reha, oder nehmen sie einen Kurzzeitpflegeplatz, das sind Fragen, die teilweise sehr schnell entschieden werden müssen. Gibt es vernünftige, begleitende Hilfe, um doch schon in die eigene Wohnung zurückkehren zu können, welche Möglichkeiten gibt es überhaupt?

Die Betroffenen und auch die Angehörigen sind oft von diesen plötzlichen Situationen überfordert und benötigen professionelle Hilfe. Alle, denen das schon einmal passiert ist, wissen, worüber ich rede. Sie brauchen eine Entlassungsmanagerin oder einen Entlassungsmanager, die zusammen mit den Betroffenen, Angehörigen, Ärzten, Fachpersonal und den Sozialzentren vor Ort einen Entlassungsplan entwickeln. Hierbei ist nicht nur die vorhandene Wohnung auf die neue Lebenssituation zu überprüfen und eventuell rechtzeitig zu ändern, es müssen auch Gespräche mit Angehörigen über die neue Situation geführt werden. Sie sollen über mögliche Kosten und Probleme aufgeklärt werden, das ist sehr wichtig.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Kurz gesagt, es gibt eine Menge Arbeit für das Entlassungsmanagement.

Wir glauben, dass das Entlassungsmanagement den Betroffenen und den Angehörigen neuen Mut in diesen schwierigen und ungewohnten Situationen geben kann. Wenn das vernünftig gemacht wird, ist das schon der erste Schritt in die Kurzzeitpflege oder wieder, was wir alle hoffen wollen, zurück nach Hause nach einem schweren Unfall oder einem Krankenhausaufenthalt, meistens sind es ja Oberschenkelhalsbrüche bei älteren Menschen.

Der zweite Punkt sind die Kurzzeitpflegeeinrichtungen! In den Kurzzeitpflegeeinrichtungen gibt es zwei Formen, und zwar einmal die Urlaubs- und Freizeitpflege. Über diese Art der Kurzzeitpflege können Angehörige und Verwandte für maximal vier Wochen im Jahr von ihren anstrengenden Pflegetätigkeiten entlastet werden. Sie können in den Urlaub fahren oder auf andere Weise Kräfte sammeln. In dieser Urlaubs- oder Ersatzpflege haben Pflegeeinrichtungen mit eingestreuten Pflegeplätzen eine hohe Kompetenz.