Der zweite Punkt sind die Kurzzeitpflegeeinrichtungen! In den Kurzzeitpflegeeinrichtungen gibt es zwei Formen, und zwar einmal die Urlaubs- und Freizeitpflege. Über diese Art der Kurzzeitpflege können Angehörige und Verwandte für maximal vier Wochen im Jahr von ihren anstrengenden Pflegetätigkeiten entlastet werden. Sie können in den Urlaub fahren oder auf andere Weise Kräfte sammeln. In dieser Urlaubs- oder Ersatzpflege haben Pflegeeinrichtungen mit eingestreuten Pflegeplätzen eine hohe Kompetenz.
Haben sie allerdings einen eingestreuten Pflegeplatz nach einem Krankenhausaufenthalt erwischt, dann ist rein statistisch gesehen die Chance ziemlich schlecht, diese Pflegeeinrichtung wieder zu verlassen. Sie liegen dann in der so genannten Warm-upPhase. Das ist nicht gut. Deswegen fordern wir in diesem Bereich ein Umsteuern. Zusammen mit dem Entlassungsmanagement müssen andere Kurzzeitpflegeplätze nach dem Klinikaufenthalt geschaffen werden.
Wenn beispielsweise ein älterer Mensch gestürzt ist und einen Oberschenkelhalsbruch erlitten hat, wird er, wie gesagt, nach leider immer kürzer werdendem Klinikaufenthalt entlassen. Jetzt muss festgestellt werden, wie es weitergeht. Jetzt ist natürlich ein funktionierendes Entlassungsmanagement, wie eben schon von mir dargestellt worden, nötig. Hierbei soll immer der Grundsatz gelten, das ist auch schon von meinen Vorrednern angesprochen worden, ambulante vor stationärer Unterbringung. Hierbei bieten sich unserer Meinung nach Kurzzeitpflegeplätze an, die in direkter Nachbarschaft zu den Krankenhäusern oder mit den Krankenhäusern zusammen eingerichtet werden, denn da kann eine optimale Vernetzung stattfinden.
Diese Kurzzeitpflegeeinrichtungen sollten mit hohem, ich betone noch einmal, mit hohem Fachpersonalaufwand einen Aktivierungsplan erarbeiten. Der Hausarzt, die Ärzte aus dem Krankenhaus, die Patienten, die Angehörigen, die Nachbarn und die Sozialzentren vor Ort sollten eng zusammenarbeiten. Das Fachpersonal in diesen Kurzzeiteinrichtungen sollte neben Ärzten auch aus Sozialarbeitern, Logopäden, Krankengymnasten, Ergotherapeuten und Physiotherapeuten bestehen. Das ist erst einmal ein höherer Aufwand. Durch diesen geballten Einsatz von Fachkräften könnte unserer Meinung nach eine weitaus höhere Quote von anschließender ambulanter Versorgung in der eigenen Wohnung oder im gewohnten Umfeld erreicht werden.
Ganz entscheidend für qualifizierte, hochwertige und aktivierende Kurzzeitpflege, wie ich sie gerade beschrieben habe, ist, dass die Betreiber der Heime auch tatsächlich diesen höheren Aufwand bezahlt bekommen. Dazu sollten schon lange Verhandlungen über die Kurzzeitpflegeeinrichtungen abgeschlossen werden, es ist hier schon oft diskutiert worden, aber bis heute ist immer noch nichts passiert. Dieser Aufwand wird noch nicht vergütet, und somit ist es auch für die Einrichtungen nicht so attraktiv, darauf einzugehen. Diese notwendige Vergütung wird in Bremen nicht geleistet.
Diese kurzfristig aufwendigen Kurzzeitpflegesätze, die ich gerade beschrieben habe, die dann zustande kommen würden, würden sich natürlich wirtschaftlich schnell rechnen, und zwar durch Vermeidung oder Hinauszögerung von Heimaufenthalten. Wenn man also hier investiert, dann kann man nachher doch eine Menge sparen, indem die älteren Leute wieder dahin zurückkehren, wohin sie am liebsten möchten, nämlich in ihre eigene Wohnung, in ihr eigenes Umfeld, zu ihren Freunden. Das ist anzustreben, und das ist für alle, ich betone noch einmal, für alle besser.
Nun zu meinem letzten Punkt, der Altenplan, auch schon angesprochen worden von Herrn Oppermann und Herrn Pietrzok! Der letzte Altenplan der Stadt Bremen ist von 1997, der letzte Altenplan von Bremerhaven ist sogar von 1990. Seit dieser Zeit hat sich viel verändert. Wir brauchen endlich einen neuen Altenplan. Im Übrigen ist diese Planung der pflegerischen Versorgungsstruktur auch gesetzlich vorgeschrieben, nämlich nach dem Bremischen Ausführungsgesetz zur Pflegeversicherung, Paragraph 4 Absatz 2. Diese Planung soll von der Sozialsenatorin veröffentlicht werden.
In einem vernünftigen Altenplan sind umfassende Bestandsdaten zur Lebenssituation alter Menschen zu erheben. Diese Bestandsdaten sind wichtig, um die Situation der unterschiedlichen Lebenslagen älterer Menschen zu bilanzieren. Des Weiteren soll der Altenplan Prognosen für die Zukunft geben sowie Zielvorgaben formulieren. Diese Zielvorgaben sollen mit dem jeweiligen Ist-Zustand abgeglichen werden. Nur auf diesen Grundlagen können Fehlentwicklungen frühzeitig aufgedeckt werden, nur so kann realistischerweise einer nicht erwünschten Entwicklung schnell entgegengewirkt werden, und gewünschte Entwicklungen können so gezielt gefördert werden. Nur so ist unserer Meinung nach eine Steuerung überhaupt möglich. Wir brauchen also dringend diesen Plan. Nur das Herumdoktern an unerwünschten Symptomen bringt hier genauso wenig wie sonst im Leben.
Die Idee des Finanzsenators, die Investitionskosten der Pflegeeinrichtungen zu kürzen oder gar zu streichen, ist absolut kontraproduktiv,
statt die Förderung für Kurzzeitpflegeplätze zu erhöhen und damit auf Dauer unnötige Kosten im Sozialhaushalt zu verursachen. Wir können und dürfen die Betroffenen, die pflegebedürftigen Menschen, in dieser schwierigen Lebenslage nicht allein lassen. Damit sie ihrem Wunsch gemäß gut versorgt leben können, muss es verlässliche, staatliche Planung und kompetente Beratung im Einzelfall geben. Nur dann können die jetzt schon pflegebedürftigen Menschen beruhigt in die Zukunft schauen! – Vielen Dank!
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Herr Pietrzok, Bielefeld, und da habe ich Ihnen sehr gut zugehört bei dem Beispiel, ist eines von vielen Beispielen, wie sich die Republik im Moment in der Pflegelandschaft verändert. Wir brauchen gar nicht so weit zu schauen. Mein Kollege aus Blumenthal, Herr Peters, hat mir gerade gesagt, in Blumenthal vermietet die Gewosie Wohnungen, wo pflegebedürftige Menschen von einem privaten Pflegedienst kostengünstiger gepflegt werden, als wären sie in einem Heim.
Da muss man ja nicht immer weit fahren, die eigenen guten Beispiele dürfen wir hier ja auch einmal nennen.
Aber wir dürfen bei dieser Entwicklung natürlich auch nicht den einen Fehler machen, und Sie haben das auch in Ihrer Diskussion mit den Seniorenvertretern gesagt, dass Sie das nicht wollen, wir dürfen nicht Altenghettos entstehen lassen, durch solche neuen Formen darf es nicht passieren, dass wir die bunte Mischung von Wohnungen von Jung und Alt nebeneinander auflösen, denn sonst, wenn das passiert, kann der Gedanke von Herrn Künzel überhaupt nicht funktionieren. Wenn wir Ghettos schaffen, dann kann das nicht funktionieren.
Aber über Künzel würde ich dann doch lieber bei der Debatte über die Bürgerstadt sprechen, und ich bin mir sicher, Frau Linnert ist im Moment nicht zu sehen, dass die Vorlage eines Tages doch auch die Senatskanzlei passieren wird. Herr Pietrzok, wir haben
uns sehr gefreut über Ihre deutlichen Worte zur Investitionszulage, ich finde gut, dass wir einen Schulterschluss haben, wir müssen da auch zusammen durch.
Meine Damen und Herren, bei der Antwort auf Frage neun kommt bei mir eine leichte Verwunderung auf, gleichzeitig macht die Antwort auch noch einmal deutlich, dass wir dringend ein verlässliches Zahlenwerk benötigen. Wir haben gefragt, wie das in der Zukunft aussieht, was zu erwarten ist. Wenn die Antwort ist, auch bundesweit geht man von einem Korridor von 0,8 bis 1,2 Prozent jährlicher Zunahme von pflegebedürftigen Menschen aus, dann wird das in Bremen sicherlich nicht anders sein. Wir haben aber noch keine fundierten Zahlen, aber, wie gesagt, das ist nun schon von der Senatorin gesagt worden, wenn der Altenplan kommt, werden wir auch die Zahlen haben, und dann können wir uns als Sozialpolitiker auch wieder auf den Weg machen, über neue Dinge zu diskutieren.
Außerordentlich erfreut bin ich über die Antwort, die zeigt, dass wir bei der Versorgung und mit der Ausbildung von Fachpersonal einen deutlichen Schritt nach vorn gekommen sind, dass wir dort nahezu eine Bedarfsdeckung erreicht haben für die nächste Zeit. Das zeigt doch, dass wir alle gemeinsam hier in diesem Haus uns dafür eingesetzt haben, zunächst einmal vor acht oder neun Jahren, einen Bremer Weg der Erstausbildungen in der Altenpflege zu gehen, dann den bundesweiten Schritt, dass wir das Richtige gemacht haben. Ich glaube, wir können über die erreichte Arbeit, über das, was wir geleistet haben, durchaus erfreut sein.
In diesem Zusammenhang lassen Sie mich einen Ausblick auf die europäische Dienstleistungsrichtlinie machen, die heute auch noch diskutiert wird! Meine Damen und Herren, diese europäische Dienstleistungsrichtlinie darf nicht dazu führen, dass die Qualität der Arbeit in den Altenpflegeheimen reduziert wird, heruntergefahren wird.
Da sind wir als CDU der Meinung, das geht nicht, und alles Weitere wird meine Kollegin Frau Dr. MohrLüllmann dann in der Debatte sagen, aber für den Bereich Altenpflege, das will ich hier einmal vorwegnehmen, weil wir gerade dabei sind, darf das nicht sein. Wir haben einen sehr hohen Standard erreicht. Diesen Standard gilt es zu sichern, auch in schwierigen Zeiten, und den wollen wir auch sichern.
Die Mithilfe von Angehörigen in Pflegeeinrichtungen ist sicherlich zu verbessern. Sie ist übrigens auch für den Angehörigen, den man dort hat, die beste Kontrolle, dass alles das gemacht wird, was für ihn zur Verfügung steht. Der Besuch hilft in jedem Heim,
die Anstrengungen noch zu verstärken. Wenn man weiß, dass dort regelmäßig Besuch kommt, dass auch jemand da ist, der sich kümmert, ist das wichtig. Dieses Kümmern und dieser Ausbau von Mithilfe von Angehörigen aber, da sind die Kirchen, die Wohlfahrtsverbände, die Träger öffentlicher Einrichtungen gefragt, kann niemals professionelle Pflege ersetzen. Das kann nur additiv zur professionellen Pflege erfolgen.
Bei professioneller Pflege, glaube ich, sind wir auch alle aufgefordert, etwas für das Image der Menschen, die in der Pflege arbeiten, zu tun. Sie haben wirklich nicht das beste Image, und es wird auch teilweise von den Journalisten nicht gerade gut geschrieben. Ich glaube, wir müssen alle dankbar sein, dass es Menschen gibt, die in Pflegeeinrichtungen diese schwere und auch seelisch belastende Arbeit machen. Wir sollten uns eigentlich alle verbünden, um die Menschen, die in der Pflege tätig sind, mit einem besseren Image auszustatten.
Mit dem Übergang vom Krankenhaus in Pflegeeinrichtungen hat meine Kollegin Frau Dr. MohrLüllmann auch schon Debatten bestritten. Das Management ist sicherlich in der Professionalität zu verändern und zu verbessern. Darüber sind wir uns hier im Haus aber eigentlich alle einig, genauso wie eigentlich auch bei der Pflegedokumentation, über den Bürokratieabbau. Da haben wir am 26. Januar den Senat in einem Antrag aufgefordert, tätig zu sein, was auf Bremen übertragbar ist an bundesdeutschen Modellen. Das Modell, das Herr Pietrzok angesprochen hat, wird ja nicht nur in Bayern gepflegt, sondern auch in Rheinland-Pfalz. Es gibt verschiedene Ansätze. Wir haben uns auch über Schleswig-Holstein schon des Öfteren unterhalten.
Es kann einfach nicht mehr länger notwendig sein, dass die Pflegepersonen 35 bis 40 Prozent ihrer täglichen Arbeit in Papier stecken, in Dokumentationen. Ich glaube, wir sind gefordert, professionellere Methoden auszuarbeiten. Ich habe beim letzten Mal gesagt, wenn ich ein Eis essen gehe mit meiner Familie, dann hat der Kellner ein Gerät, in das er alles hineintippt, abends wissen die, welche Eissorte am besten geht und zu welchen Zeiten der Andrang am größten war. So etwas muss doch auch bei der Pflege möglich sein. Die Pflege muss bei den Menschen ankommen und nicht irgendwo auf Papier.
Wir erwarten einfach, dass die Senatorin dort am Ball bleibt, dass es hier zu einer Veränderung kommt.
Dann möchte ich noch etwas zum runden Tisch Pflege in Berlin sagen. Die Antwort auf die Fragen 13 und 14, mit denen wir nach den bundesweiten Anstrengungen fragen, verwundert mich doch etwas.
Wenn ein hochrangig angesiedelter runder Tisch zur Lösung dieses Problems tagt, der auch Papiere anfertigt, der auch im Internet zu sehen ist, wieso antwortet der Senat, dass dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen Entbürokratisierungsmodelle auf Bundesebene nicht bekannt sind? Arbeitet der Medizinische Dienst der Krankenkassen der Freien Hansestadt Bremen auf Bundesebene nicht mit? Ist das für den MDK kein Thema, oder ist dieser runde Tisch in Berlin, von der Fachministerin ausgerüstet, nur weiße Salbe, um die Leute zu beruhigen, die sich mit Pflege beschäftigen? Darauf hätte die CDU-Fraktion gern eine Antwort, dass die Senatorin auch etwas sagt, was der runde Tisch in Berlin für eine Bedeutung hat, ob er auch Ergebnisse produziert oder ob er, wie gesagt, nur weiße Salbe ist, um die Seelen von Menschen, die sich um Pflege Sorgen machen, zu beruhigen.
Meine Damen und Herren, bedarfsgerechte Versorgung für pflegebedürftige Menschen ist für die Zukunft ein wichtiges Thema, dessen wir uns alle gemeinsam annehmen müssen. Wir brauchen, das betone ich noch einmal, belastbare Zahlen. Diese erwarten wir für die Zukunft. Dazu brauchen wir, und dazu sind wir alle gemeinsam aufgefordert, auch eine Vorstellung, wie das System Pflege menschlich und bezahlbar wird und bleibt. Die Anforderungen, die uns allein durch die demographische Entwicklung erwarten, sind hier und auch in den anderen Debatten deutlich skizziert worden. Ich möchte hier nur die Zunahme von Altersdemenz und von Demenz insgesamt erwähnen und bedanke mich für diese Debatte und für Ihr Zuhören!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte angesichts dieser sozialpolitischen Debatte mich noch einmal äußern zu dem, was wir hier gerade von Herrn Tittmann von der DVU gehört haben, denn ich bin der Meinung, dass wir hier ein ideologisches Grundmuster bei der DVU in seiner Rede erkennen konnten, was nicht neu ist, sondern was durchaus in der Tradition der NSDAP steht.
Ich will das an einem Beispiel deutlich machen, und zwar folgt Herr Tittmann der Konstruktion, dass alle anderen demokratischen Parteien nicht dazu in der Lage sind, ein gesellschaftspolitisches Problem zu lösen,
(Zuruf des Abg. T i t t m a n n [DVU] – Abg. S c h m i d t m a n n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Ruhe da hinten!)
macht dann ganz allgemeine Vorschläge, ohne sie so zu konkretisieren, dass sie politisch handhabbar sind, mit dem Ziel nachzuweisen, dass die Demokraten nicht in der Lage dazu sind, entsprechende gesellschaftspolitische Probleme zu lösen.
Das hat eine ganz klare argumentative Funktion. Sie ist in ihrer Grundausrichtung antidemokratisch, und deswegen weise ich sie zurück!
Herrn Tittmanns Rede war antieuropäisch, und zwar will ich das an dem Punkt deutlich machen, dass Herr Tittmann hier signalisiert, dass die Europäische Union soviel deutsches Geld absorbieren würde, dass genau dieses Geld am Ende fehlen würde, um sozial gerechte Politik für die älteren Generationen zu machen.