Protokoll der Sitzung vom 23.06.2005

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen Abg. T i t t m a n n [DVU])

Stimmenthaltungen?

(Abg. W e d l e r [FDP])

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) beschließt das Gesetz in zweiter Lesung.

Verbindliche Ausgangsschrift an Grundschulen im Land Bremen

Mitteilung des Senats vom 10. Mai 2005 (Drucksache 16/619)

Dazu als Vertreter des Senats Senator Lemke.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Allers.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Vereinheitlichung einer Ausgangsschrift ist ein Thema mit nicht ganz so großem politischen Tiefgang wie die vorangegangen Themen. Es ist auch nicht so brisant und so kontrovers diskutiert, aber dennoch ganz erfreulich. Wir haben in der Parlamentssitzung im Februar einen Prüfauftrag zur Vereinheitlichung der Ausgangsschrift beschlossen, und diesen Prüfauftrag hat der Senat – da gilt dem Senat auch mein Dank – innerhalb von zwei Monaten, denn der Prüfauftrag lag der Deputation ja schon Ende April vor, abgearbeitet.

(Vizepräsidentin D r. M a t h e s über- nimmt den Vorsitz.)

Ich erinnere mich noch an einen Zwischenruf von Frau Stahmann im Februar, wir würden das Parlament wieder so unnötig beschäftigen. Es mag sein, dass manche Prüfaufträge kostenträchtig und vielleicht nicht immer sehr zielführend sind, aber ich denke, mit dem hier vorliegenden Bericht ist uns eine sehr ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

praktikable Lösung vorgelegt worden, und das eben auch innerhalb kürzester Zeit.

Worum ging es uns eigentlich? Das Anliegen war, eine einheitliche Ausgangsschrift einzuführen. Die Kinder lernen zum Schreiben nach dem Kennenlernen der Druckschrift eine Ausgangsschrift, und derzeit ist es für Außenstehende manchmal nicht nachvollziehbar und auch kaum glaubhaft, aber es gibt eben verschiedene Ausgangsschriften, die an den Grundschulen im Bundesland Bremen gelehrt werden. Insgesamt gibt es drei, die vereinfachte Ausgangsschrift ist dabei die gängigste. Es gibt auch noch die Schulausgangsschrift vorwiegend in den neuen Bundesländern und eben auch die lateinische Ausgangsschrift.

Es ist für Eltern und Kinder wenig förderlich, es ist nicht motivierend und kaum darstellbar, warum zum Beispiel bei einem Schul- oder Klassenwechsel das, was vorher richtig war, jetzt falsch sein sollte. Für Geschwisterkinder, die in einer Schule in verschiedenen Klassen verschiedene Ausgangsschriften lernen, ist es genauso wenig nachvollziehbar. Es wird immer ein bisschen belächelt. Außenstehende glauben kaum, dass es das gibt, aber das gibt es.

Über die pädagogischen, politischen und auch emotionalen Argumente haben wir im Februar – es ist ja noch nicht lange her – ausreichend diskutiert. Deshalb will ich darauf nicht weiter eingehen. Heute liegt uns hier eine Lösung vor, die darin besteht, dass an allen Grundschulen im Bundesland Bremen einheitlich und verbindlich ab dem übernächsten Schuljahr, also 2006/2007, mit der ersten Klasse beginnend die vereinfachte Ausgangsschrift eingeführt wird. Für die Kinder, die sich im kommenden Schuljahr dann noch in der Grundschule befinden, gelten weiter die beschlossenen Regelungen, die es in der Klasse oder Schule gibt. Für Gesamtkonferenzen, die in diesem Jahr noch einen Beschluss fassen müssen, sollen oder wollen, gibt es als Beschlussmöglichkeit nur noch die vereinfachte Ausgangsschrift.

Ich kann mich auch noch an Zwischenrufe im Februar erinnern, dass es ein doch etwas nebensächliches Problem sei, mit dem sich das Parlament befassen müsse. Das fand ich damals schon nicht so, und ich weiß auch, dass wir natürlich die Probleme, die wir mit Iglu oder Pisa attestiert bekommen haben, damit mit Sicherheit nicht lösen werden, aber die Zustimmung von Eltern und auch Lehrern in der vergangenen Zeit, mit denen ich auch über diese Lösung, die jetzt gefunden wurde, gesprochen habe, gibt mir Recht, dass wir als CDU-Fraktion ein bestehendes Problem aufgegriffen und wir alle es gemeinsam zügig und schnell gelöst haben.

Ich kann sagen, wir haben uns als CDU-Fraktion sicherlich gewünscht, dass es vielleicht schon zum kommenden Schuljahr eine Vereinheitlichung geben sollte, aber die Erfüllung von Wünschen orientiert sich nun einmal an deren Machbarkeit, und wenn es aus

organisatorischen und finanziellen Gründen, weil eben doch noch neue Lern- und Lehrmittel beschafft werden müssen, nicht anders möglich ist, können wir mit diesem Kompromiss wirklich vollauf zufrieden und glücklich sein.

Für mich persönlich ist das sogar ein kleines Erfolgserlebnis, auch wenn es nur eine Nebensache hier im Parlament ist. Wir wurden vor Ort auf ein Problem aufmerksam gemacht, das wir mit wenig Verwaltungsund Finanzaufwand gelöst haben, und da wir das in der heutigen Zeit relativ selten erleben, bin ich darüber auch schon sehr froh. Ich danke Ihnen für die Geduld und Aufmerksamkeit, die Sie diesem Thema doch noch einmal gewidmet haben! – Danke!

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Stahmann.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Allers hat dankenswerterweise hier noch einmal den Hintergrund der heutigen Bürgerschaftsdebatte dargelegt. Die Fraktionen der CDU und SPD hatten in einem gemeinsamen Antrag vom Januar dieses Jahres, den wir dann im Februar im Landtag debattiert haben, gefordert, dass der Bürgerschaft berichtet werden soll, ob nicht eine einheitliche Ausgangsschrift in den Grundschulen ab der ersten Klasse insgesamt im Land Bremen eingeführt werden kann. Die Verwaltung ist dem zeitnah nachgekommen und hat der Deputation für Bildung einen Bericht vorgelegt. Dieser Bericht ist äußerst interessant, denn wir haben kontrovers über das Thema diskutiert.

Ich bleibe auch dabei, Frau Allers, ich glaube, dass es um etwas anderes geht! Es geht nicht darum, dass alle Kinder gleich schreiben, sondern es geht um das Ziel. Das Ziel ist, dass jedes Kind eine gut lesbare Handschrift erwirbt. Ich glaube nicht, dass wir den Weg zu dieser Handschrift definieren müssen, sondern es geht darum, das Ziel zu definieren, und das Ziel der Grundschule ist, Lust am Lesen und am Schreiben zu fördern, und ich glaube nicht, dass eine einheitliche Schreibweise dazu der richtige Weg ist.

Ich möchte mit Genehmigung der Präsidentin aus der Antwort des Senats zitieren, die der Bürgerschaft zugeleitet worden ist. Ich zitiere: „Die Regelungen der einzelnen Bundesländer zur Errichtung und Verwendung verbundener Ausgangsschriften innerhalb des Schreiblehrgangs in der Grundschule sind unterschiedlich.“

Jetzt möchte ich auf die unterschiedlichen Länder eingehen, denn es wurde ja auch immer in der Debatte gesagt, wenn Kinder in ein anderes Bundesland umziehen, hätte man dadurch Vorteile, wenn jetzt ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

alle einheitlich schreiben würden. „Hamburg hat vor kurzem die Schulausgangsschrift verbindlich vorgegeben, die dort im Hinblick auf ihre ästhetischen Merkmale bevorzugt wird. Baden-Württemberg ist nach lokalen Protesten von einer Vereinheitlichung abgerückt. Niedersachsen spricht eine Empfehlung für die vereinfachte Ausgangsschrift aus, lässt daneben aber die lateinische Ausgangsschrift zu, so dass die Bremer Kinder, die mit ihren Eltern nach Niedersachsen in der Grundschulzeit umziehen, nicht in jedem Fall einen Vorteil von der Vereinheitlichung in Bremen hätten. Die Bundesländer Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern, mit denen Bremen gemeinsame Fachrahmenpläne entwickelt hat, haben ebenfalls keine verbindlichen Regelungen vorgegeben.“

Soweit der Bericht des Senats, und ich finde, wir hätten im Land Bremen, lieber Kollege Rohmeyer, auf diese Regelung verzichten können, denn was ich hier für die grüne Bürgerschaftsfraktion vermisse, ist, dass diese Vorlage auch Auskunft über die Kosten gibt! In Zeiten, in denen wir uns wirklich Gedanken machen müssen, wo wir unser Geld auch im Bildungsbereich in der Priorität einsetzen, können wir nicht verschweigen, dass diese Maßnahme auch zu Kosten führt. Wir müssen abwägen, welche Maßnahmen uns wichtig sind. In einer Deputationssitzung, in der wir uns darüber unterhalten haben, dass der Senat der Bildungsdeputation beispielsweise vorschlägt, auf die Pisa-Mittel für Bremerhaven zu verzichten, die gerade für die Sprachförderung, für die Arbeit mit Migrantenkindern wichtig sind, angesichts der Haushaltslage muss ich sagen, ich würde das Geld, was das hier jetzt kostet, lieber dafür nehmen, um beispielsweise in Bremerhaven die Sprachförderkurse aufrechtzuerhalten.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Diese Abwägung müssen wir als Haushaltsgesetzgeber treffen.

Ich habe gesagt, es muss immer darum gehen, die Lust am Lesen und Schreiben zu fördern. Dass eine einheitliche Schrift ein sinnvoller Weg dahin ist, bezweifle ich. Es geht meines Erachtens eben um das Erlernen einer persönlichen Handschrift, und die Bremische Bürgerschaft tut sich nicht gut, indem sie jetzt anfängt, jedem vorzuschreiben, wie er in der Grundschule zu schreiben hat.

Frau Allers, da bauen Sie hier auch einen Pappkameraden auf! Ich habe mich auch mit vielen Lehrerinnen und Lehrern unterhalten, und diese wissen sehr wohl, dass es Kolleginnen und Kollegen gibt, die ihre Kinder nach der lateinischen Schrift unterrichten. Sie streichen das aber eben nicht als Fehler an, wenn sie Kinder bekommen, die nach der vereinfachten Ausgangsschrift Schreiben gelernt haben, sondern die Kinder lernen in der Regel schnell um und passen sich dann der Klasse an. Kinder sind da pfif

figer, und man kann auch von den Lehrerinnen und Lehrern erwarten, dass sie das nicht als Fehler ankreuzen. Vorhin haben Sie gesagt, der Schulfrieden wird damit nicht gestört. Ich habe eher erlebt, dass gerade dieses Thema in Grundschulen doch einiges bewegt und dadurch auch der Schulfrieden ganz schön ins Wackeln geraten kann.

(Zuruf des Abg. R o h m e y e r [CDU])

Ach, Herr Rohmeyer! Sie haben doch die Artikel und die Leserbriefe in der Zeitung gesehen. Da gab es die eine oder andere Meinung, aber ich glaube, es muss Sache der Schulen und der Lehrerinnen und Lehrer sein, wie sie ihre Kinder unterrichten. Wir müssen als Politik die Ziele vorgeben, aber wir können doch nicht in jedes einzelne Klassenzimmer gehen und vorschreiben, was in jeder Minute im Takt zu geschehen hat! Das wäre doch eine völlig falsche Rollendefinition!

Es geht hier um Kenntnisnahme, ich habe hier an dieser Stelle auch auf die Kosten hingewiesen und darauf, dass die Grünen bildungspolitisch andere Prioritäten setzen müssen. Das müssen Sie auch als große Koalition zur Kenntnis nehmen! – Danke schön!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Bevor ich jetzt der nächsten Rednerin Frau Hövelmann das Wort gebe, möchte ich ganz herzlich auf der Besuchertribüne Schwerbehindertenvertreter und Betriebsräte der Energiewirtschaft begrüßen.

Herzlich willkommen!

(Beifall)

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Hövelmann.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Im Vorfeld, als ich mit meinen beiden Kolleginnen besprochen habe, mit welcher Intensität wir dieses Thema behandeln, hat jede von uns gesagt: Höchstens drei Sätze! Ich sehe, dass darin doch mehr gewesen ist an Argumentation. Ich will aber versuchen, mich daran zu halten und es kurz zu machen.

Ab 2006/2007 schreiben alle Kinder der ersten Klasse gleich. Ich finde es richtig, dass es so ist,

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

denn, Frau Kollegin Stahmann, es ist wichtig, dass man das definiert. Wir definieren ja auch die Rechtschreibung. Ich glaube, es ist wichtig, dass man klare Regeln hat, dass man sich damit auseinander set––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

zen muss und dass es hier nicht einmal heute so und morgen so ist. So viele Kinder, die dann umziehen und ein großes Problem haben, weil dann dort anders geschrieben wird, sehe ich übrigens nicht, denn auch die heutige Situation ist ja nicht befriedigend.

Aufregend, dabei bleibe ich, finde ich das Thema nach wie vor nicht, denn mehr als die Hälfte aller Bremer und Bremerhavener Schulen schreibt jetzt schon in der vereinfachten Ausgangsschrift und hat das verbindlich eingeführt. Von daher, meine Damen und Herren, glaube ich, haben wir hier, Frau Kollegin Allers, keinen Kompromiss erzielt, sondern wir treffen hier eine gute Entscheidung. Die Umsetzung erfolgt mit Augenmaß, das heißt, dass es auch vollzogen werden kann. Deshalb freue ich mich, dass wir das Thema so schnell abschließen können und danke Ihnen für die Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat Herr Senator Lemke.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich hatte ursprünglich gar nicht vor, mich zu melden, aber weil Frau Stahmann auf den Kostenfaktor hingewiesen hat, möchte ich doch ganz kurz eben dazu etwas sagen.