Protokoll der Sitzung vom 15.09.2005

Als Nächster hat das Wort Herr Senator Dr. Nußbaum.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte einmal versuchen, aus meiner Sicht ergänzend und sachlich das Augenmerk auf einige Punkte zu legen, sowohl auf die letzten zehn Jahre des Sanierungszeitraums als auch auf die Verfahren und die schwierigen Fragestellungen in den kommenden Haushaltsaufstellungen, wenn wir, wie das auch alle wollen und unterstützen, den Gang nach Karlsruhe zum Bundesverfassungsgericht antreten.

Die Strategie, die Bremen seinerzeit in Abstimmung mit dem Bundesministerium für Finanzen auf der Basis eines für uns recht vorteilhaften Urteilsspruchs des Bundesverfassungsgerichts von 1992 eingeschlagen hat, ist eine Strategie sui generis, eine eigene Strategie, die das Land, und, Herr Pflugradt, darum geht es auch, das ist das, was jede Bundesregierung sagen wird, auch Hans Eichel, eigenverantwortlich eingeschlagen hat. Es werden oft die Begriffe eigenverantwortlich und selbstverschuldet verwechselt. Das sind zwei unterschiedliche Punkte, das möchte ich noch einmal ganz klar machen. Es geht zunächst an dieser Stelle nicht um die Frage des Verschuldens, sondern es geht um die Frage der Eigenverantwortlichkeit. Das will keiner bestreiten, das Land hat diesen Weg, den es gegangen ist, eigenverantwortlich eingeschlagen, und dazu müssen wir stehen, das müssen wir erklären sowohl mit Blick auf die Vergangenheit als auch, wenn wir vor dem Bundesverfassungsgericht antreten, mit dem Blick nach vorn.

Ich bin auch der Meinung, dass wir dazu stehen können. Wir haben das offensiv am 30. Juni im Finanzplanungsrat so vertreten für das Land zusammen mit dem Saarland, dass diese Strategie anders als die Strategie Berlins, die einseitig auf eine Strategie der Schuldentilgung ausgerichtet ist, hier in Bremen immer zwei Komponenten gehabt hat, zum einen eine Strategie der Wirtschaftskraftstärkung. Sie haben das als Aufholjagd bezeichnet. Ich halte dies für ein bisschen dramatisch. Es geht darum, die eindeutige Rückstandssituation, die uns auch in verschiedenen Gutachten wissenschaftlich prognostiziert worden ist, zu glätten, besser zu werden. Das ist in vielen Bereichen gelungen. Ich möchte hier keine wirtschaftspolitische Rede halten, denn wir sind im Haushalt. Wir haben andererseits auch eine Strategie verfolgt, die, wenngleich nicht ausschließlich, den Weg einer unmittelbaren Haushaltskonsolidierung angegangen ist, indem etwa die 8,5 Milliarden DM ausschließlich zur Schuldentilgung eingesetzt worden wären.

Wir haben das einmal rechnen lassen. Es stellt sich die Frage: Was wäre passiert? Hätten wir wirklich einen nachhaltig anderen Schuldenstand? Das ist immer sehr schwierig, wenn man so etwas hypothetisch berechnet. Man muss Steuereinnahmen, Wirtschaftsentwicklung, Wenn-Dann-Operationen machen, aber vielleicht kann man mit aller Vorsicht so viel sagen: Wir hätten nach wie vor einen deutlichen Milliardenschuldenstand. Deswegen bin ich der festen Auffassung, dass diese Strategie, die jetzt von Berlin gewählt wird, möglicherweise eher eine Scheinkonsolidierung gewesen wäre als eine echte Konsolidierung.

Ich bin auch nicht der Meinung, dass, wie das hier an zwei Stellen angeklungen ist, man sagen kann, dass unsere Haushalts- und Wirtschaftspolitik bei den anderen Ländern und beim Bund in Verruf geraten ist. Das möchte ich ausdrücklich zurückweisen. Natürlich haben wir Kritiker. Man muss aber genau schauen, woher die Kritiker kommen, welche Intention sie verfolgen. Wenn Sie beispielsweise von Frau Färber reden, ist natürlich klar, sie stützt den Kurs von Berlin. Das soll aber nicht heißen, dass nicht auch ein Teil der Kritik berechtigt ist.

Nicht all das, was in den letzten zehn Jahren gelaufen ist und was wir gemacht haben, ist aufgegangen. Es ist auch eindeutig, dass der Haushalt nicht konsolidiert ist. Die Zahlen brauche ich hier nicht zu wiederholen, die Vorredner haben sie richtig angeführt. Die Situation ist so, dass Bremen nicht nur in einer Krise ist, sondern Bremen ist haushaltsmäßig in einer ausgesprochen dramatischen Situation. Wir müssen mit dieser Situation umgehen.

Das wird uns im Finanzplanungsrat immer wieder vorgehalten, obwohl wir alle Auflagen eingehalten haben. Anders als das Saarland, das im Jahr 2003 bei der Ausgabenzuwachsgrenze Probleme hatte, hat Bremen die formalen Auflagen eingehalten. Unsere Kritiker sagen natürlich, das reicht nicht, das waren maximale Obergrenzen, ihr hättet mehr machen müssen. Damit werden wir uns auch in Zukunft, das ist ein ganz zentraler Vorwurf, auseinander setzen. Ich bin aber der Auffassung, dass wir auch da Argumente haben, denn in der Zeit, in der wir hätten mehr machen müssen oder sollen, als die Konjunktur und die wirtschaftlichen Rahmendaten, die man diesem Konsolidierungskurs unterlegt hat, nicht so eingetreten sind, haben sich auch die anderen Bundesländer nicht entsprechend verhalten. Das wird man angemessen berücksichtigen und vortragen müssen.

Ich möchte aber an dieser Stelle noch einmal sagen, dass Bremen schon in bestimmten Bereichen in den letzten Jahren ganz deutliche Konsolidierungsbemühungen unternommen hat, auch gerade im Bereich des öffentlichen Dienstes, im Bereich der öffentlichen Beschäftigten. Die öffentlichen Beschäftigten haben ein Gutteil dazu beigetragen, was wir an Einsparleistungen erbracht haben.

(Beifall bei der SPD)

Dafür gilt auch an dieser Stelle nochmals mein ausdrücklicher Dank. Ich möchte aber an dieser Stelle, weil das angesprochen worden ist, gleichwohl noch einmal die Gelegenheit nutzen, ein Wort zum öffentlichen Dienst zu sagen. Es ist eine Tatsache, dass wir in unseren Haushalten, wenn wir über Sanierung der Haushalte reden, die hier auch so massiv eingefordert wird, der wir uns auch stellen müssen, 1,8 Milliarden Euro direkte oder indirekte Personalkosten haben. Das heißt, es ist eine Position, an der kein Finanzminister und kein Haushälter vorbeigehen kann.

(Abg. Frau W i e d e m e y e r [SPD]: Dahin- ter sind viele Menschen, die vieles leisten!)

Der Tarifvertrag, der eben angesprochen worden ist, das muss man einfach wissen, ist ein Tarifvertrag, der auf Länderebene durch die TDL, die Tarifgemeinschaft der deutschen Länder, in der Bremen ein kleines, aber wichtiges Mitglied ist, eben nicht ausgehandelt ist. Soweit zu den Fakten! Wir wissen alle, dass am 23. September auf Initiative von Frank Bsirske ein Spitzengespräch mit dem TDL-Vorsitzenden, das ist auch nicht Bremen, sondern das ist Herr Möhring, der niedersächsische Finanzminister, stattfinden wird. Dann wird es zu Tarifverhandlungen kommen, und dann muss es eine Balance geben, die einerseits vertretbare Einsparungen im Personalbereich, aber andererseits auch einen leistungsorientierten öffentlichen Dienst schafft. Deswegen sage ich an dieser Stelle auch noch einmal ganz ausdrücklich, ich stehe zu einer angemessenen Beförderungspolitik.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Wie in der Vorlage für den Haus- haltsausschuss!)

Die Frage, die wir uns stellen müssen, Frau Linnert, und ich habe in Ihrer Analyse eigentlich mehr ein Beschreiben des Zustandes gefunden, denn die Frage, was hätten Sie denn in den letzten zehn Jahren anders gemacht, ist doch, wie kann Sanierung in Zeiten einer gesamtwirtschaftlichen Rezession ablaufen, also in Zeiten, in denen es keine wirtschaftlichen Zuwächse zu verteilen gibt, sondern in denen es realen Abwachs gibt. Das ist einfach eine andere Situation, als sie seinerzeit 1995 aufwärts prognostiziert worden ist.

Es wäre zu einfach zu sagen, ausschließlich die Investitionsseite hätte anders gehandhabt werden müssen. Natürlich sind Ausgaben in Investitionen Ausgaben, die, wenn sie auf Kredit finanziert werden, die Schuldenstandsquote und damit den Zinsaufwand im Haushalt erhöhen, gleichwohl sind Investitionen notwendig, ich denke, das ist unbestritten. Sie müssen sich natürlich der Frage stellen, und das ist mir hier einfach zu kurz gekommen, ein Kürzen bei den Investitionen, was sicherlich notwendig ist und wo wir auch dabei sind, reicht nicht aus, um das Ziel eines

verfassungskonformen Haushalts zu erreichen. Wir alle müssen klar sagen, wo wir auch bei den konsumtiven Ausgaben kürzen. Das haben Sie einfach ausgespart. Dazu habe ich kein einziges Wort gehört. Wo wäre denn eine Kürzung oder eine Sanierung im Bereich der konsumtiven Ausgaben erfolgt?

So sehr ich mit Ihnen der Meinung bin, dass die Investitionsausgaben insbesondere jetzt nach zehn Jahren einer positiven Investitionstätigkeit an die realwirtschaftlichen Gegebenheiten angepasst werden müssen, nicht nur die des Bremer Haushalts, sondern auch der Gesamtsituation der Bundesrepublik, umso mehr müssen Sie natürlich die Frage beantworten, wo, und das gilt gerade für die Zukunft, werden wir im konsumtiven Bereich diese Eigenanstrengungen machen und zeigen, dass wir auch das von Ihnen gewollte gute Image einer bremischen Haushaltspolitik auch von außen bestätigt bekommen, dass wir Mitstreiter bekommen.

Dass das Finanzausgleichsgesetz, das Sie eben auch angesprochen haben, Bremen zurzeit benachteiligt, ist meines Erachtens unbestritten. Man muss vielleicht aber fairerweise auch überlegen, was zum damaligen Zeitpunkt, als dieses Gesetz beschlossen worden ist, die Alternativen für Bremen als kleinstes Bundesland waren. Was hätte das Bundesland Bremen an dieser Stelle ändern können? Man muss fairerweise vielleicht überlegen, ob dieses neue Finanzausgleichsgesetz, das 2005 eingesetzt wurde und bis 2019 laufen soll, nicht damals auch unter anderen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen gesetzt worden ist.

Wenn wir uns das einmal anschauen, stellen wir fest, wenn die Wachstumsdaten, die damals Anfang 2000 zugrunde gelegt worden sind, sich so realisiert hätten, wäre dieser Finanzausgleich auch für Bremen keine Belastung, sondern günstiger gewesen. Deswegen, kann man heute die These vertreten, und ich denke, wir werden das auch vor dem Bundesverfassungsgericht vortragen müssen, wenn wir unser Normenkontrollverfahren einleiten, ist dieser Finanzausgleich, so wie er jetzt gestaltet ist, wegen einer fehlenden Konjunkturkomponente möglicherweise verfassungswidrig.

Wir müssen uns die Frage stellen, ob kleinere Wirtschaftseinheiten in ihrer Wirtschaftselastizität nicht anders reagieren als größere Einheiten, also die einfache Frage, was in einer Rezessionsphase mit einem großen, in seiner Wirtschaftsstruktur möglicherweise breiter aufgefächerten Flächenstaat und einem Stadtstaat, der in einer anderen Wirtschaftsstruktur verfasst ist, passiert. Berücksichtigt der Finanzausgleich eventuell diese andere Strukturiertheit, diese andere Verfasstheit eines Stadtstaates, ob das nun Hamburg, Berlin oder Bremen ist, der auch in seiner Wirtschaftsstruktur eben nicht mit einem Flächenstaat zu vergleichen ist? Das, finde ich, wird ein spannendes Thema sein, das werden wir auch im Zusammenhang mit unserer Klage vorbereiten.

Bremen ist in der Tat in einer Situation, in der das Land sich aus eigener Kraft nicht mehr aus einer Haushaltsnotlage befreien kann. Wir sind der Auffassung, dass die Haushaltsnotlage sich fortsetzt. Deshalb halte ich es auch für richtig, dass wir zum Bundesverfassungsgericht gehen. Es gibt eine Reihe von Instrumenten, die wir dort einfordern können. Ich möchte Sie nicht mit dieser ganzen Fragestellung heute hier befassen, aber im Grunde läuft es darauf hinaus, dass wir unabhängig davon, in welcher Ausprägung wir Hilfe vom Bund und den anderen Ländern bekommen, einen Anspruch auf diese Hilfe haben.

Wenn in diesem Zusammenhang eine Neugliederung des Bundesgebietes oder die Konkursfähigkeit von Staaten, von Ländern angesprochen wird, so kann ich nur sagen, das ist heute nicht der verfassungsrechtliche Status quo. De legislatur sind Bundesländer gesetzt, und wir haben nach geltender Verfassung einen Anspruch darauf, dass jedes Bundesland so ausgestattet ist, dass es seine Landesautonomie unter bestimmten Voraussetzungen auch ausüben kann. Darauf hat es nach heutiger Verfassung einen Anspruch. Wenn es einige gibt, die die Verfassung ändern wollen, dann kann man das natürlich im politischen Raum immer äußern, aber das Bundesverfassungsgericht wird sich auf der Grundlage der geltenden Verfassungslage mit der Frage des Landes Bremen auseinander setzen müssen. Da sind wir der Auffassung, dass es doch verfassungsrechtlich gute Argumente gibt, die die Eigenständigkeit des Landes Bremen unterstreichen.

(Beifall bei der SPD)

Aber was aus meiner Sicht die entscheidende Herausforderung werden wird, auch wenn wir jetzt mehrere Gutachten in der Vorbereitung haben, und das sind hervorragende Gutachten, die werden auch diese Tendenz bestätigen, das ist die verfassungsrechtliche Seite. Dieser verfassungsrechtlichen Seite muss natürlich ein finanzwirtschaftlicher Kurs unterlegt werden, der deutlich macht, dass die Hilfe, die Solidarität der anderen Bundesländer auch perspektivisch einen Sinn macht. Da geht es um die Glaubwürdigkeit zukünftiger bremischer Finanzpolitik. Wer meint, er kann mit der Klage vor dem Bundesverfassungsgericht diesen Fragen vielleicht ausweichen, weil er sagt, damit sind wir erst einmal beim Bundesverfassungsgericht, da wird verhandelt, da gibt es Stellungnahmen, da gibt es Vorträge, und in zwei, drei, vier Jahren, wann auch immer das hohe Gericht entscheidet, werden wir wissen, wo wir stehen, und die Klage beim Bundesverfassungsgericht könnte uns so einen Aufschub geben wie das Einsetzen des Kanzlerbriefes in unsere Haushalte, der irrt sich.

Wir werden merken, wenn wir diese Klage erhoben haben, dass wir eine mittelfristige Finanzplanung unterlegen müssen, dass die Haushalte 2006/2007, die Gegenstand des Verfahrens werden, dann auf dem

Prüfstand stehen werden. Alle Bundesländer, auch der Bund werden sich mit Genauigkeit anschauen, was das Land Bremen vorhat, was wir als Haushaltsgesetzgeber für die nächsten Jahre vorhaben. Dann wird es meines Erachtens, wenn wir unsere Erfolgsaussichten nicht gefährden wollen, kein Abweichen von diesem Kurs mehr geben können. Das muss ein realistischer Kurs sein, er muss nachhaltig sein, und wir müssen ihn durchhalten können. Deswegen müssen wir eine Debatte nach der Bestandsaufnahme haben, mit der wir in Bremen hoffentlich zu einem Konsens darüber kommen, wo die Schwerpunkte sein werden. Wir werden es uns nicht so einfach machen können, dass wir nur sagen, die Investitionen müssen eingeschränkt werden, sondern wir müssen uns auch fragen, wo in den konsumtiven Bereichen wir unsere Schwerpunkte setzen wollen.

Wir werden uns vor allen Dingen mit anderen Großstädten und Ländern vergleichen müssen. Das wird in einer so harten Konsequenz passieren, dass manche überrascht sein werden, denn wer zum Bundesverfassungsgericht geht und die alten Verfahren kennt, der weiß, dass diese Fragen auch vom Gericht mit einer sehr großen Präzision auch finanzwirtschaftlicher Kennziffern gestellt werden. Die anderen Bundesländer werden alles tun, um auch zu zeigen, dass Bremen in dem einen oder anderen Bereich möglicherweise noch Konsolidierungsmöglichkeiten hat. Das wird ein für Bremen herausfordernder Prozess werden.

Ich bin aber sicher, dass wir uns gemeinsam diesem Prozess stellen können. Wir werden also, und das ist meine Bitte, dass Sie daran teilhaben, gemeinsam in eine Diskussion mit Entscheidungen darüber treten müssen, wo die Schwerpunkte der Ausgaben im Land Bremen gesetzt werden. Wir dürfen es uns nicht zu einfach machen und sagen, es gibt Grenzen des Sparens. Wenn das eine pauschale Aussage ist, wird das so nicht reichen. Jedenfalls sollte dann keiner meinen, dass wir Erfolg beim Bundesverfassungsgericht haben und dass wir dann von den anderen Bundesländern die Hilfe bekommen würden, die uns, wenn wir es richtig machen, zusteht. Wenn wir es richtig machen, bin ich der Auffassung, dass wir sie bekommen können.

Deswegen bin ich auch der festen Überzeugung, dass wir aus den letzten zehn Jahren eine Menge ableiten können an Erfolgen, an positiven Voraussetzungen. Wir können auch eine Menge lernen. Ich denke auch, dass die anderen Bundesländer, die sich ja zum Teil in ebenso dramatischen Finanzsituationen befinden wie das Land Bremen oder dabei sind hineinzurutschen, aus diesen Vorgängen lernen können. Deswegen mein Appell an Sie alle noch einmal, dass wir diese Aufgabe gemeinsam anfassen! – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Das Wort hat der Abgeordnete Pflugradt.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Linnert, zu Ihren Ausführungen wollte ich doch zwei, drei Anmerkungen machen, damit nicht der Eindruck entsteht, als würde man dem so zustimmen, weil man geschwiegen hat.

Sie haben den Kanzlerbrief angesprochen, haben von einem großen Politikschwindel gesprochen und dabei auf Ihre Internetseite verwiesen. Das Bessere wäre gewesen, Sie hätten den Kanzlerbrief einfach einmal vorgelesen oder daraus zitiert.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Er ist leider etwas lang!)

Ich habe ihn aber dabei, und deswegen braucht keiner auf Ihre Internetseite zu gehen, sondern ich kann Ihnen das ja einmal vorlesen, was hier gesagt worden ist. Im Brief vom Juli 2000 an Herrn Scherf und Herrn Perschau heißt es, ich zitiere mit Genehmigung des Präsidenten:

„Ihre Sorge, durch die Neuordnung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs und im Zusammenhang mit der Steuerreform drohten insbesondere finanzschwachen Ländern erhebliche Einnahmerisiken, vermag ich nachzuvollziehen.“ Dann heißt es an anderer Stelle: „Auf jeden Fall darf ein erneutes Abgleiten der Sanierungsländer in eine extreme Haushaltsnotlage durch die finanziellen Auswirkungen von Steuerreform und Neuordnung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs nicht zugelassen werden, so dass eine ansonsten erforderliche Fortführung von Sanierungshilfen vermieden wird. Die Bundesregierung“, so heißt es weiter, „sagt zu, sich im Gesetzgebungsverfahren dafür einzusetzen, dass der durch die Neuordnung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs gegebene finanzielle Status Bremens erhalten bleibt auch im Hinblick auf die Auswirkungen der Steuerreform.“

Dies ist nun eindeutig, dass die Auswirkungen der Steuerreform negativ für Bremen gewesen sind.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Konjunkturprobleme, und das wis- sen Sie ganz genau!)

Deswegen berufen wir uns zu Recht auf diesen Brief des Bundeskanzlers. Am 19. September 2002 hat er diesen Brief im Übrigen noch einmal bestätigt. Deswegen ist das kein Politikschwindel, sondern dann kann ich eher sagen, es ist ein Schwindel der Grünen, dass Sie Zusagen, die gegeben worden sind, hier einfach beiseite schieben wollen aus parteiegoistischen Gründen, weil Sie ja mit an der Bundesregierung beteiligt sind

(Beifall bei der CDU – Lachen beim Bündnis 90/Die Grünen)

und Sie sich leider nie beim Bundeskanzler, bei der Bundesregierung dafür eingesetzt haben, dass dieser Kanzlerbrief auch eingehalten wird. Sie haben mit Ihrer Politik Bremen geschadet.

(Beifall bei der CDU)

Eine nächste Bemerkung! Ziel der Sanierungsstrategie, so haben Sie ausgeführt, sei es, die Finanzen in Ordnung zu bringen. Ziel der Sanierungsstrategie sei es nicht gewesen, die Wirtschaftsstruktur zu verbessern. Ziel der Sanierungsstrategie war es immer, einerseits zu sparen, und das im konsumtiven Bereich, und andererseits zu investieren. Das war immer die Sanierungsstrategie, und diese Sanierungsstrategie ist auch aus unserer Sicht voll eingehalten worden. Wir haben in erheblichem Umfang im konsumtiven Bereich gespart, ich habe die Zahlen vorhin vorgetragen, bei den sonstigen konsumtiven Ausgaben im Personalbereich. Wie kein anderes Bundesland haben wir in diesen Bereichen gespart. Wenn wir mehr hätten sparen sollen, wie Sie, Herr Wedler, das hier ausgeführt haben, dann hätten Sie das doch einmal bitte sagen sollen. Wo sollen wir denn weiter sparen?

(Beifall bei der CDU)

Da werden aber die Freien Demokraten sehr schweigen, drei Tage vor der Wahl, da haben sie keinen Mut, sich hier hinzustellen und zu sagen, wo nun weiter gespart werden soll.

(Beifall bei der CDU)

Insofern sind das Lufthülsen, was Sie hier vorgetragen haben, und ist nicht ernst zu nehmen.

(Beifall bei der CDU – Abg. W e d l e r [FDP]: Schauen Sie nach Niedersachsen!)

Frau Linnert, Sie haben gesagt, wir haben unsere Beschäftigtenzahl, unsere Ziele, was die Zahl der Beschäftigten und die Einwohnerzahlen betrifft, nicht eingehalten.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Nicht erreicht!)