Protokoll der Sitzung vom 12.10.2005

Zu Frage drei: Von einem Aussetzen von Berufungsverfahren sind alle Hochschulen, nahezu alle Fachbereiche und zahlreiche Studiengänge betroffen. Sofern die Stellen vakant sind, müssen die Hochschulen sicherstellen, dass die Lehre von anderen Professoren oder Angehörigen des wissenschaftlichen Mittelbaus übernommen wird. Sofern dies nicht möglich ist, müssen Lehraufträge an Dritte vergeben werden.

Diese Notmaßnahmen wirken sich in der Regel negativ auf die Studienbedingungen und die Forschungsleistungen aus. Daher wird angestrebt, die Entscheidungen über das künftig noch finanzierbare Studienangebot im Laufe des kommenden Jahres bei der Überarbeitung des Wissenschaftsplans zu treffen. In diesem Zusammenhang ist dann auch zu entscheiden, welche Professuren besetzt werden können und welche endgültig entfallen müssen. – Soweit die Antwort des Senats!

Frau Dr. Spieß, haben Sie eine Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Werden überhaupt Professoren bis zum 30. Juni 2006 ihr Amt antreten können und wie viele danach von den etwa 40 genannten Professoren, die Sie angesprochen haben?

Bitte, Herr Senator!

Das kann man zurzeit noch nicht sagen. Wir befinden uns jetzt im Prozess, ich habe die Rektoren anschreiben müssen, um ihnen zu zeigen, dass wir hier gezwungen sind, eine Notbremse – so würde ich das bezeichnen – auszulösen. Wir sind jetzt dabei, mit den Rektoren zu sprechen, mit jedem einzelnen und dann mit der Landesrektorenkonferenz, um zu überlegen, wie wir umsteuern können. Das ist deshalb notwendig, weil wir jetzt nicht Lebenszeitprofessorenstellen besetzen können und dann möglicherweise in zwei oder drei Jahren werden sagen müssen, diesen Studiengang müssen wir schließen. Dann ist diese Stelle für 30 Jahre oder länger besetzt. Deshalb sind wir in der Situation, dass wir zunächst einmal mit den Hochschulen reden müssen, wo die Schwerpunkte gesetzt werden. Erst dann können wir entscheiden, welche Hochschullehrerstellen berufen oder eingestellt werden und welche nicht.

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Können Sie schon einmal einen zeitlichen Rahmen geben? Sie sprachen es selbst an, dass es schon eine Notlage ist, die sich auf die Qualität der Lehre auswirkt, das müsste jetzt dringend vorgenommen werden.

Bitte, Herr Senator!

Ja, das ist überhaupt keine Frage! Wenn Sie nach dem zeitlichen Rahmen fragen, würde ich sagen, bis zum Ende des Jahres müssen wir diese Schwerpunktbildung mit den Hochschulen hinbekommen haben, weil es auch ein Unding ist, wenn man Berufungsverfahren eingeleitet hat, die sind abgeschlossen, die Unterlagen sind klar, wir wissen, wen wir haben wollen. Aber wir können jetzt nicht

in die Details gehen, weil wir eben nicht wissen, ob die Studiengänge auch mit Sicherheit schwerpunktmäßig in den Hochschulen Bestand haben werden.

Eine weitere Zusatzfrage, Frau Dr. Spieß? – Bitte sehr!

Geht der Senat davon aus, dass vor allem die auf Platz eins der Berufungslisten gesetzten Bewerberinnen und Bewerber nach einer so langen Pause noch zur Verfügung stehen, oder wird es da neue Ausschreibungen geben?

Bitte, Herr Senator!

Das ist im Einzelfall sicher ganz unterschiedlich. Ich habe in den letzten Jahren immer wieder erlebt, dass es selbst, wenn Berufene in Verhandlungen mit uns sind, Monate und manchmal Jahre dauert, bis sie dann endlich ihre Arbeit hier aufnehmen. Deshalb kann ich das nicht pauschal beantworten, sondern ich kann nur sagen, das wird jeweils vom Einzelfall abhängen. Es kann sicherlich sein, dass uns der eine oder andere verloren geht, es kann aber auch genauso gut sein, dass es eine Chance ist, wenn wir in einem Jahr noch einmal ausschreiben müssten, dass wir dann möglicherweise auch eine noch bessere Bewerbungslage finden, als es heute eventuell der Fall gewesen ist. Das kann man nicht genauer beantworten.

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Da möchte ich gern noch einmal nachfragen: Gehen Sie denn davon aus, dass dann neu ausgeschrieben wird, oder würden Sie dann den Zweitgesetzten oder die Zweitgesetzte auf diese Stelle berufen?

Bitte, Herr Senator!

Sie wissen, dass ich sehr stark auf die Autonomie der Hochschulen setze. Ich würde ungern diese Entscheidung in der Behörde fällen lassen, sondern ich finde, das muss ich zurückspielen in die Universität, in die Hochschulen. Diese müssten im Prinzip sagen, ob der Zweitqualifizierte so gut ist, dass sie sagen, der Erste und der Zweite haben sich kaum etwas genommen, dann nehmen wir den Zweitplatzierten, oder sie sagen, nein, da war so eine Distanz in der Qualität – das ist dann Sache der Universität und der Hochschulen –, nein, wir schreiben neu aus. Das muss man aber von Fall zu Fall unterschiedlich betrachten.

Frau Dr. Spieß, bitte!

Ja, ich habe noch eine Frage! Ich hätte gern noch gewusst, Herr Senator, das

ist natürlich auch eine Kostenfrage: Was kostet eigentlich so ein Berufungsverfahren? Haben die Universitäten überhaupt die Möglichkeit, das neu auszuschreiben? Stehen die finanziellen Mittel dafür zur Verfügung? Bei 87 Professoren ist das natürlich eine sehr hohe Summe, denke ich einmal.

Bitte, Herr Senator!

Ich glaube, dass das im Vergleich zu einer lebenslangen Professur, die wir jetzt beginnen würden, sehr geringe Kosten sind. Natürlich kosten Berufungsverfahren Geld. Ich kann Ihnen jetzt nicht genau sagen, was da an Reisekosten et cetera konkret für jeden einzelnen Fall anzurechnen ist. Ich garantiere Ihnen aber, es wäre absolut falsch, angesichts der desaströsen Haushaltslage die Berufung vorzunehmen und dann anschließend mehrere Professoren zu haben in einem geschlossenen oder zu schließenden Studiengang, die wir dann lebenslang bezahlen müssen. Wenn ich das abwäge, dann, meine ich, ist es richtig zu sagen, wir ziehen die Notbremse in diesem Augenblick und diskutieren mit den Hochschulen in einem schwierigen Prozess, wie wir das Problem lösen können.

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Nur noch eine Bitte! Vielleicht können Sie uns dann die anfallenden Kosten in der Deputation nennen.

Bitte, Herr Senator!

Ja, das kann ich gern machen!

(Abg. Frau D r. S p i e ß [CDU]: Vielen Dank!)

Eine weitere Zusatzfrage von der Abgeordneten Frau Schön! – Bitte sehr!

Herr Senator, wir haben jetzt von Ihnen erfahren, dass 87 Stellen im Berufungsverfahren sind, aber dass alle erst einmal gestoppt sind, so habe ich Sie verstanden. Meine Frage ist jetzt: Ist denn damit zu rechnen, dass diese 87 Professuren irgendwann freigegeben werden, oder ist damit zu rechnen, dass nach dem, was Sie jetzt vorhaben, einen neuen HGP zu schreiben, nur ein Teil davon freigegeben wird und dass ein Teil der Stellen ganz eingespart wird von den 40 Professuren, mit deren Beantragung durch die Hochschulen Sie rechnen, oder ist da schon klar, dass diese Professuren in der Perspektive nicht besetzt werden können?

Bitte, Herr Senator!

Die Frage kann ich Ihnen präzise momentan nicht endgültig beantworten. Wir müssen jetzt in den Sondierungsgesprächen mit den Hochschulen und der Universität herausbekommen, wo sie selbst ihre Schwerpunkte setzen wollen, das dann vergleichen und abgleichen mit den ausgeschriebenen Professorenstellen und sehen, wo wir ganz sicher sind, welche Studiengänge weiter erhalten bleiben und wo die Schwerpunkte sind. Dann können wir relativ schnell zu einem konkreten Abschluss der Verfahren kommen. Es wird aber Professorenstellen geben im Berufungsverfahren, die wir erst einmal auf Eis legen müssen, bis es eine Entscheidung gibt, in welcher Hochschule jeweils die Prioritäten gesetzt werden. Das können wir aber nicht innerhalb von Wochen, sondern das wird eher ein längerer Prozess sein, denn er muss auch nach Möglichkeit einvernehmlich und nicht in Konfrontation gelöst werden. Das muss man aber von Fall zu Fall sehen. Das kann ich Ihnen nicht pauschal beantworten.

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Die Frage richtet sich darauf, ob Sie darüber jetzt einen konkreten Abbau von Stellen planen oder ob es nur eine Frage der Zeitschiene ist.

Bitte, Herr Senator!

Es ist völlig klar, Frau Schön, da wir nach den Haushaltsplänen bis 2010 etwa 100 Millionen Euro weniger zur Verfügung haben, dass es eine unglaubliche Belastung für unser Ressort, die Hochschulen und die Universität ist. Es ist völlig klar, dass wir die eine oder andere Stelle streichen müssen, weil wir das Geld dafür nicht zur Verfügung haben. Jetzt müssen wir Prioritäten setzen, welches die wichtigen Bereiche sind, die uns nach vorn bringen. Da werden wir uns von dem einen oder anderen Studiengang im Einvernehmen, das machen die Hochschulen natürlich nicht gern, trennen müssen. Da wäre es fatal, wenn wir heute eine Stelle besetzten für einen Studiengang, den wir in fünf Jahren auflösen müssen.

Eine weitere Zusatzfrage, Frau Kollegin? – Bitte sehr!

Sie sagten, dass Sie im Moment dadurch, dass die Stellen nicht besetzt werden, quasi mit einem Notprogramm arbeiten, das durch Lehrbeauftragte gemacht wird. Nun ist es so, dass auch die Hochschulen selbst damit ein großes Problem haben, weil sie die Lehrbeauftragten natürlich auch nicht so schnell bekommen können, wie sie das gern möchten, und die Hochschulen selbst sagen, dass es ihnen immer schwe

rer fällt, eine ordnungsgemäße Lehre sicherzustellen und ein Studium in der Regelstudienzeit überhaupt noch zu garantieren.

Jetzt möchte ich Sie gern fragen, Herr Senator: Was ist denn Ihr Beitrag, auch gerade vor dem Hintergrund von Studiengebühren, zu garantieren, dass die Hochschulen sicherstellen können, dass Studierende in der Regelstudienzeit fertig werden können unter solchen Bedingungen, dass Stellen nicht besetzt werden können?

Bitte, Herr Senator!

Nach wie vor, Frau Schön, schaffen es Studierende, die nicht gleichzeitig unter der Belastung leiden, dass sie für ihre gesamte Lebenshaltung aufkommen müssen, in der Regelstudienzeit zu ihrem Abschluss zu kommen. Es gibt übrigens auch Beispiele, bei denen beides verbunden wird. Man kann nicht sagen, dass es generell nicht geht. Sie haben aber völlig Recht, in der Lehre haben wir erhebliche Defizite in der Beratung, auch in der Orientierung übrigens. Viele Studierende kommen überhaupt nicht orientiert in die Hochschulen und fangen ein Studium an, das sie nach einigen Semestern wieder abbrechen. Hier haben wir erhebliche Defizite, da müssen wir deutlich besser werden. Sie haben völlig Recht, dass es nicht förderlich ist, was wir im Augenblick machen.

Ich habe aber keine andere Handlungsoption, es sei denn, dieses Haus hier – es entscheidet ja über den Haushalt – setzt klarere Prioritäten und sagt, okay, wir geben für die Hochschulen, für die Wissenschaft diese 100 Millionen Euro, die uns jetzt hier fehlen, zusätzlich, aber dann müssen Sie sie an anderer Stelle wegnehmen. Das ist unendlich schwer, wenn man weiß, dass wir vier Milliarden Euro ausgeben und drei Milliarden Euro einnehmen.

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage, Frau Kollegin? – Bitte sehr!

Ich glaube, wir haben uns da beide gegenseitig richtig verstanden, dass, wenn die Hochschulen große Probleme haben, die Lehre sicherzustellen, es auch ein großes Problem für die Studierenden ist, in der Regelstudienzeit fertig zu werden. Wenn Sie jetzt an einem Abbau von Professorenstellen, wie Sie das sagen, möglicherweise nicht vorbeikommen, ich sehe das ein bisschen anders, ich sehe das auch mit den 100 Millionen Euro etwas anders: Was heißt das in der Konsequenz? Werden Sie dann damit einen größeren Abbau von Studienplätzen hier in Bremen planen?

Frau Kollegin Schön, wenn ich mir das erlauben darf, Herr Senator, das ist eigentlich jetzt schon ein Tagesordnungspunkt, der im Par

lament auch hätte debattiert werden können! Sie steigen jetzt so tief in diese Materie ein, das übersteigt eigentlich den Rahmen einer Fragestunde, sehr geehrte Frau Schön, wenn ich mir das erlauben darf zu sagen!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Es ist meine letzte Frage! Es hat ja Konsequenzen, wenn Professorenstellen nicht besetzt werden können, dann hat das natürlich Konsequenzen an der Stelle.

Bitte, Herr Senator!