Protokoll der Sitzung vom 09.11.2005

Meine Damen und Herren, ich eröffne die 49. Sitzung der Bürgerschaft (Landtag).

Ich begrüße die hier anwesenden Damen und Herren sowie die Zuhörer und die Vertreter der Presse. Auf der Besuchertribüne begrüße ich recht herzlich eine vierte Klasse der Schule Augsburger Straße und eine zehnte Klasse der Realschule des Schulzentrums Graubündener Straße.

Seien Sie ganz herzlich willkommen, und ich wünsche Ihnen einen schönen, spannenden Vormittag!

(Beifall)

Gemäß Paragraph 21 der Geschäftsordnung gebe ich Ihnen folgenden Eingang bekannt:

Gewoba als kommunales Wohnungsunternehmen erhalten, Dringlichkeitsantrag der Fraktionen der SPD und der CDU vom 8. November 2005, Drucksache 16/798.

Gemäß Paragraph 21 Absatz 1 unserer Geschäftsordnung muss das Plenum zunächst einen Beschluss über die Dringlichkeit des Antrags herbeiführen.

Wer einer dringlichen Behandlung des Antrags zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt einer dringlichen Behandlung zu.

(Einstimmig)

Ich schlage Ihnen eine Verbindung mit den Tagesordnungspunkten elf, Gewoba im Eigentum Bremens absichern, und zwölf, Veräußerung der bremischen Anteile an der Gewoba, vor.

Ich höre keinen Widerspruch. Die Bürgerschaft (Landtag) ist damit einverstanden.

Zur Abwicklung der Tagesordnung wurden interfraktionelle Absprachen getroffen, und zwar zur Aussetzung des Tagesordnungspunktes sechs, Der Kopenhagen-Prozess in der beruflichen Bildung, des Tagesordnungspunktes 17, Handlungsbedarf aufgrund des demographischen Wandels, des Tagesordnungspunktes 19, Ausgestaltung des Unterrichtsfachs „Biblische Geschichte“ auf allgemein christlicher Grundlage in Schulen im Land Bremen, des Tagesordnungspunktes 20, Ausbildungsquote in Unternehmen von ausländischen Bürgerinnen und Bürgern im Lande Bremen, des Tagesordnungspunktes 23, Bereitstellung von Ausbildungsplätzen in öffentlichen Einrichtungen, des Tagesordnungspunktes 24, ElternKind-Kuren, des Tagesordnungspunktes 25, Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Arbeitnehmerkammer im Land Bremen und des Tagesordnungs

punktes 29, Notdienst und Bereitschaftsdienst bei der Staatsanwaltschaft und den Gerichten.

Des Weiteren wurden Vereinbarungen getroffen zur Verbindung von Tagesordnungspunkten, und zwar der Tagesordnungspunkte elf, Gewoba im Eigentum Bremens absichern, und zwölf, Veräußerung der bremischen Anteile an der Gewoba, der Tagesordnungspunkte 26 und 27, hier handelt es sich um den ersten Zwischenbericht des Standes der Umsetzung des Gender-Mainstreaming-Prinzips in der bremischen Verwaltung und Bericht und Antrag des Ausschusses für die Gleichberechtigung der Frau dazu, und der Tagesordnungspunkte 37, Gesetz zur Anwendung des Landesrechts bei der Eingetragenen Lebenspartnerschaft, 38, Änderung der Geschäftsordnung der Bremischen Bürgerschaft und Gesetz zur Änderung der Landesverfassung der Freien Hansestadt Bremen, und 39, Einsetzung eines nichtständigen Ausschusses gemäß Artikel 125 der Landesverfassung, sowie zur Vereinbarung von Redezeiten bei zwei Tagesordnungspunkten.

Die Sitzung heute Mittag wird bis 15 Uhr unterbrochen, um den Abgeordneten Gelegenheit zur Teilnahme an der Gedenkstunde für die Opfer der Reichspogromnacht 1938 zu geben.

Hinsichtlich der Abwicklung der Tagesordnung der Bürgerschaft (Landtag) wurde vereinbart, dass zu Beginn der Sitzung heute Nachmittag der Tagesordnungspunkt 34, hier handelt es sich um das Thema „Aus den Affenversuchen aussteigen!“, aufgerufen wird.

Zu Beginn der Sitzung der Bürgerschaft (Landtag) morgen Nachmittag werden die miteinander verbundenen Tagesordnungspunkte 26 und 27, Erster Zwischenbericht des Standes der Umsetzung des Gender-Mainstreaming-Prinzips in der bremischen Verwaltung und Bericht und Antrag des Ausschusses für die Gleichberechtigung der Frau dazu, und im Anschluss daran der Tagesordnungspunkt sieben, Auditierung Beruf und Familie im Konzern Bremen, aufgerufen. Zu den Tagesordnungspunkten 26 und 27 ist interfraktionell vereinbart, gemäß Paragraph 28 der Geschäftsordnung der Bremischen Bürgerschaft die Landesfrauenbeauftragte als Sachverständige hinzuzuziehen und sie während der Beratung zu hören.

Nachträglich wurde interfraktionell vereinbart, den Tagesordnungspunkt neun, E-Government in Bremen und Bremerhaven, für die November-Sitzung auszusetzen.

Wird das Wort zu den interfraktionellen Absprachen gewünscht? – Ich sehe, das ist nicht der Fall.

Wer mit den interfraktionellen Absprachen einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) ist mit den interfraktionellen Absprachen einverstanden.

(Einstimmig)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor wir nun in die Tagesordnung eintreten, möchte ich Ihnen mitteilen wie schon gestern in der Sitzung der Stadtbürgerschaft, dass die Fraktion der SPD in ihrer gestrigen Sitzung Herrn Dr. Carsten Sieling zu ihrem Vorsitzenden und unseren ehemaligen Kollegen Herrn Frank Pietrzok zum Fraktionsgeschäftsführer gewählt hat. Ich wünsche Ihnen beiden für Ihre verantwortungsvolle Aufgabe alles Gute und guten Segen dieses Hauses!

(Beifall)

Wir treten in die Tagesordnung ein.

Fragestunde

Für die Fragestunde der Bürgerschaft (Landtag) liegen sieben frist- und formgerecht eingebrachte Anfragen vor.

Die erste Anfrage trägt die Überschrift „Ausbildung in öffentlichen Einrichtungen“. Die Anfrage ist unterschrieben von den Abgeordneten Frau Ziegert, Böhrnsen und Fraktion der SPD.

Bitte, Frau Kollegin Ziegert!

Wir fragen den Senat:

Erstens: In welchen Berufsfeldern bilden das Ausund Fortbildungszentrum des bremischen öffentlichen Dienstes, AFZ, und die Ausbildungsgesellschaft Bremen mbH, Abig, wie viele Jugendliche aus?

Zweitens: Wie hoch ist die Vergütung der Auszubildenden in den einzelnen Berufsfeldern, gegebenenfalls differenziert nach AFZ und Abig?

Drittens: Ist gewährleistet, dass durch die öffentliche Hand subventionierte Ausbildungsplätze nur benachteiligten Jugendlichen zugute kommen und nicht reguläre Ausbildungsplätze durch sie verdrängt werden?

Die Anfrage wird beantwortet von Herrn Senator Dr. Nußbaum.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Zu eins: Das Aus- und Fortbildungszentrum der bremischen Verwaltung, AFZ, und die Ausbildungsgesellschaft Bremen mbH, Abig, bilden zurzeit junge Menschen in folgenden Berufsfeldern aus:

In dem Berufsfeld Wirtschaft und Verwaltung befinden sich zurzeit 234 Personen in der Ausbildung, davon sind 155 weiblich. In dem Berufsfeld Metalltechnik werden 140 junge Menschen ausgebildet, davon sind zwölf weiblich. In den Ausbildungsberufen des Berufsfeldes Elektrotechnik einschließlich der ITBerufe werden zurzeit 50 junge Menschen ausgebildet, davon sind elf weiblich. In dem Berufsfeld Bautechnik befinden sich 32 Personen in der Ausbildung, davon sind 22 weiblich. 14 Personen werden in dem Berufsfeld Holztechnik ausgebildet, davon sind sieben weiblich.

In dem Berufsfeld Chemie, Physik und Biologie befinden sich zurzeit 34 Personen in der Ausbildung, davon sind 22 weiblich. Fünf Auszubildende machen ihre Ausbildung in dem Berufsfeld Drucktechnik, davon sind vier weiblich. In dem Berufsfeld Farbtechnik und Raumgestaltung werden zurzeit 22 Personen ausgebildet, davon sind neun weiblich. In dem Berufsfeld Gesundheit befinden sich 30 ausschließlich weibliche Auszubildende in einem Ausbildungsverhältnis. Insgesamt 90 Auszubildende machen ihre Ausbildung in dem Berufsfeld Ernährung und Hauswirtschaft, davon sind 72 weiblich. Schließlich werden noch 23 Personen in dem Berufsfeld Agrarwirtschaft ausgebildet, davon sind sechs weiblich.

Insgesamt werden zurzeit im AFZ 400 Auszubildende, davon 237 weibliche, und in der Abig 274 Auszubildende, davon 113 Frauen, ausgebildet. Dieses Verhältnis wird sich mittelfristig ändern, da alle nicht bedarfsbezogenen Ausbildungsgänge gemäß Beschluss des Senats vom 5. Juli 2005 in der Abig ausgebildet werden.

Zu zwei: Die Höhe der Ausbildungsvergütungen ist unabhängig von dem jeweiligen Berufsfeld. Die Ausbildungsvergütung bei den Auszubildenden des Aus- und Fortbildungszentrums des bremischen öffentlichen Dienstes beträgt im ersten Ausbildungsjahr 617,34 Euro, im zweiten Ausbildungsjahr 666,15 Euro, im dritten Ausbildungsjahr 710,93 Euro und im vierten Ausbildungsjahr 773,06 Euro. Die Auszubildenden der Ausbildungsgesellschaft Bremen mbH, Abig, erhalten im ersten Ausbildungsjahr 415 Euro, im zweiten Ausbildungsjahr 472 Euro, im dritten Ausbildungsjahr 539 Euro und im vierten Ausbildungsjahr 601 Euro.

Zu drei: Das Aus- und Fortbildungszentrum für den bremischen öffentlichen Dienst, AFZ, und die Ausbildungsgesellschaft Bremen mbH, Abig, sind zentral zuständig für die Ausbildung in den Dienststellen des bremischen öffentlichen Dienstes. Dabei handelt es sich um Ausbildungsplätze nach dem dualen System, die allen Ausbildungsplatzsuchenden zugänglich sind. Da Ausbildungsfähigkeit eine Voraussetzung für die Einstellung als Auszubildender ist, müssen sich die Bewerber einem Auswahlverfahren unterziehen. Dies gilt insbesondere für die Berufe des öffentlichen Dienstes, da nach der Ausbildung eine

Übernahme in den bremischen öffentlichen Dienst angestrebt wird.

Um diese Ausbildungsfähigkeit herzustellen, führen Abig und AFZ gezielt eine berufsvorbereitende Maßnahme zur Förderung der Einstellung von Jugendlichen durch, die aufgrund ihres Migrationshintergrundes bei der Ausbildungsplatzsuche benachteiligt sind. Im Jahr 2004 betrug die Einstellungsquote von Migranten 24 Prozent. Des Weiteren wird speziell für junge Menschen, die durch gravierende Beeinträchtigungen erschwerte Chancen auf dem Ausbildungsmarkt haben, die Ausbildung in dem Beruf Hauswirtschaftshelfer angeboten mit 15 Einstellungen pro Jahr.

Bei der Schaffung zusätzlicher Ausbildungsplätze werden zunächst die vorhandenen Ausbildungskapazitäten des bremischen öffentlichen Dienstes genutzt. Zur Sicherstellung und weiteren Ausweitung des Ausbildungsplatzangebotes ist es aber notwendig, zusätzliche Ausbildungskapazitäten durch Kooperationen, insbesondere durch Verbundausbildungsmaßnahmen mit Betrieben der Wirtschaft, zu gewinnen. Aufgrund der festgelegten Kriterien für die Auswahl der Betriebe und der engen Zusammenarbeit sowie Abstimmung mit den zuständigen Kammern ist eine Verdrängung von Ausbildungsplätzen in der Wirtschaft so gut wie ausgeschlossen. Dies wird dadurch sichergestellt, dass die an der Verbundmaßnahme teilnehmenden Betriebe bislang in dem jeweiligen Ausbildungsberuf noch nicht, nicht mehr oder noch nicht in diesem Umfang ausgebildet haben beziehungsweise allein die erforderlichen Ausbildungsinhalte nicht vermitteln können. – Soweit die Antwort des Senats!

Haben Sie eine Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Zunächst einmal noch zu der Frage der benachteiligten Jugendlichen! Wenn ich mich recht erinnere, war einmal in der Überlegung, als die Abig gegründet wurde, dass insbesondere für benachteiligte Jugendliche zusätzliche Ausbildungsplätze geschaffen werden. Insofern bin ich jetzt etwas erstaunt, dass Sie sagen, dass sie sich sozusagen auf dem ganz allgemeinen Ausbildungsmarkt bewegen. Das erst einmal nur als Feststellung! Sehen Sie nicht auch ein Problem darin, dass es unterschiedliche Vergütungen im AFZ und in der Abig gibt? Wenn ich das jetzt richtig verstehe, dass die Ausbildungsplätze im AFZ zugunsten der Abig zurückgeführt werden, dann bedeutet das ja auch eine Vergütungsabsenkung für die Auszubildenden. Ist das so?