Protokoll der Sitzung vom 10.11.2005

Herr Perschau, ich glaube, da haben wir auch ein gemeinsames Grundverständnis am Freitag erreicht, ich habe das schon Dienstag gesagt. Ich habe mit Freude in der Presse gelesen, dass auch CDU-Politiker in Interviews dazu klare Aussagen gemacht haben. Sparen und Investieren reicht hier eben nicht mehr. Wir werden in eine Etappe kommen, wo wir beim Investieren sparen müssen. Das muss die neue Leitlinie sein. Anders werden wir nicht durchkommen, weder mit unserem eigenen Haushalt noch in dem Verhältnis zu den anderen Ländern. Darum ist das Sparen beim Investieren die richtige Aussage für die nächste Dekade der Sanierungspolitik dieses Bundeslandes.

(Beifall bei der SPD)

Wir müssen, was die Investitionsquote betrifft, darauf dann auch Rücksicht nehmen. Ich will hier deutlich sagen, in der Investitionspolitik, und auf den Weg müssen wir uns machen, werden wir nicht nur weiterkommen, wenn wir uns auf das Kürzen, auf das Strecken und auf das Streichen konzentrieren, sondern, und dafür will ich sehr werben, man muss natürlich weiter investieren, allerdings nur in gezielterem Maße und in geringerem Ausmaß. Das wird Folgen für unsere Wirtschaftspolitik haben.

Ich will dies an der Stelle ansprechen, weil die Wirtschaftspolitik in den vergangenen zehn Jahren darauf konzentriert war, ich darf es einmal salopp formulieren, doch das große Geld auszugeben und natürlich Nachholprozesse und Lücken zu schließen, beispielsweise im Bereich der Gewerbeflächen. Diese

Lücken sind aber geschlossen. Wir haben heute auch wirtschaftspolitisch ganz andere Probleme, und wir müssen deshalb darüber nachdenken, wie wir auch andere Formen der Unterstützung für die Unternehmen organisieren.

Ich glaube, dass wir das Ausmaß der Wirtschaftsförderungsprogramme, das wird sich schon beim Haushalt zeigen, so nicht mehr leisten können. Wenn wir alle die Diskussionen in anderen Bundesländern verfolgen, dann können wir feststellen, dass moderne Wirtschaftspolitik sich zu jeder Zeit neu definiert. Moderne Wirtschaftspolitik ist heute, in viel stärkerem Maße auch Kapitalmarktinstrumente zu nutzen. Wir brauchen nur nach Niedersachsen zu schauen, CDUund FDP-geführt, dort wird dies schon praktiziert. Wir müssen in der Wirtschaftsförderungsstrategie darauf setzen, weil wir die Haushaltsmittel nicht mehr haben, dass wir eine Entkoppelung der Wirtschaftsförderung von Haushaltsmitteln schaffen und stattdessen eine Gewöhnung erreichen an Kapitalmarktinstrumente und natürlich die dazugehörige Beratungskompetenz, wo auch die öffentlichen Institute und Gesellschaften durchaus helfen können.

Sie müssen aber lernen, dass es nicht mehr darum geht, Gewerbeflächen zu planen und Gewerbeflächen schlicht und einfach anzupreisen, sondern dass dies eine neue Kernkompetenz auch von BIG und anderen werden muss. An einer solchen Wirtschaftspolitik müssen wir arbeiten, denn sonst kommen wir da nicht mehr durch, wenn man kein Geld hat, gleichzeitig aber sieht, dass die Wirkungen der hohen Investitionsausgaben leider nicht so sind, wie wir uns das gedacht haben, und wenn man unter diesem starken Blick der anderen Bundesländer steht.

Frau Winther, Sie schütteln den Kopf, das kann ich verstehen, weil wir alle, Sie und ich auch, diese Praxis mitbeschlossen haben in den vergangenen Jahren, aber Zäsur heißt eben, auch zu wissen, wann Schluss ist, und neu anzufangen. Dafür werbe ich auch in der Wirtschaftspolitik.

(Beifall bei der SPD)

Nun will ich gern einen letzten Punkt inhaltlich ansprechen, weil wir uns noch einmal vor Augen führen müssen, dass Bremen und Bremerhaven zwei Städte und wir ein Bundesland in einer außerordentlich strukturschwachen Umgebung sind. Der Nordwesten ist nicht gerade mit hohen Wachstumsraten und wirtschaftlich starker Struktur gesegnet. Wir, Bremen und Bremerhaven, sind sozusagen ökonomische Hochdruckgebiete in dieser Region. Hier ist eigentlich der Motor für die Entwicklung.

Ich nehme einmal das Beispiel Bremerhaven und die Entwicklung in der Region. Wir sagen alle, wir wollen den Jade Weser Port in Wilhelmshaven entwickeln. Dieses Projekt geht nur, weil Bremerhaven

so stark ist in der Hafenpolitik, weil wir dort eine so gute Infrastruktur haben.

(Beifall bei der SPD)

Dieser Zusammenhang zeigt, Bremerhaven ist an der Stelle ein Motor, und wir können, wenn wir auf die wissenschaftliche Infrastruktur gehen, dies für Bremen deutlich machen, wo aus Bremen heraus auch Motorenfunktion angegangen wird für diesen ganzen Nordwesten.

Bürgermeister Böhrnsen hat das Thema Metropolregion angesprochen. Ich finde, wir müssen auch dazu noch ein tiefergehendes und weitergehendes Verhältnis entwickeln, auch das muss Bestandteil der Sanierungspolitik der nächsten Jahre sein. Die erste Aussage dazu ist natürlich: Diese Region, in der wir das ökonomische Hochdruckgebiet sind, kann nur weiter so funktionieren, wenn Bremen ein selbständiges Bundesland bleibt, denn das bringt jährlich 500 Millionen Euro in diese Region. Darum gibt es gute Gründe, nicht nur für uns, sondern auch für unsere niedersächsischen Nachbargemeinden und Nachbargebietskörperschaften, Landkreise, Städte, daran festzuhalten und darauf zu setzen. Allerdings: Was machen wir? Wir ergießen uns in kleinen Konkurrenzkämpfen, und es ist noch überhaupt nicht erkannt, auch bei den niedersächsischen Nachbarn nicht, welch hohe Bedeutung die Selbständigkeit Bremens hat. In Hannover ist es sowieso noch nicht hinreichend begriffen, aber auch nicht in den Bereichen darum herum.

Wenn man seine eigenen Nachbarn nicht als Partner hat, dann hat man in der Tat ein großes Problem. Wenn wir die Lokomotive des Nordens sein sollen und wollen, dann müssen wir dies auch aufnehmen, und ich rate dazu, noch einmal klüger zu schauen, bevor man sich mit Nachbargemeinden wie Stuhr anlegt, weil diese Einzelhandel dort machen wollen. Man sollte ein paar Kilometer weiter auch schauen, was man auf dem Radio-Bremen-Gelände als Bremen gegenüber den Nachbargemeinden macht!

(Beifall bei der SPD)

Solch unabgestimmtes Handeln ist keine Strategie und führt uns am Ende nicht weiter. Wir ernten schon in der Region und auch von den Nachbargemeinden die entsprechenden Rückzugsbewegungen, und ich halte das für einen äußerst schädlichen Prozess, wenn dieser erfolgen sollte.

Dieser Erfolg für uns, und damit will ich zu einem meines Erachtens wichtigen Punkt kommen, bei dem ich auch eine Erwartung habe, Herr Bürgermeister, hat nämlich damit zu tun, dass wir immer konfrontiert sind natürlich aus bremischer Sicht mit den Einzelinteressen der Gemeinden, Städte und Landkreise um uns herum. Wie wir aber damit umgehen, hat viel

damit zu tun, dass wir leider auch agieren mit den Einzelinteressen der einzelnen Politikbereiche, der einzelnen Ressortbereiche. Es wird gerade in diesen Außenbeziehungen darauf ankommen, dies zu bündeln und eine kohärente Herangehensweise, eine zusammenhängende Herangehensweise zu haben.

Darum sage ich, dieser Bereich der regionalen Entwicklung ist für den Senat eine Chefaufgabe, und ich möchte gern, dass eine Koordination dieser Politikbereiche auch im Rathaus stattfindet. Ich glaube, das wäre ein Schritt nach vorn, mit dem wir nicht etwas für die Region bringen, sondern mit dem wir etwas schaffen für Arbeitsplätze, für die wirtschaftliche Entwicklung und am Ende des Tages auch für die Selbständigkeit unseres Bundeslandes.

(Beifall bei der SPD)

Ich will zum Schluss kommen und sagen, dass wir uns in der Tat konzentrieren sollten, und so war auch die Debatte, dass wir alle an einem Strang ziehen für Bremen und Bremerhaven. Ich will an der Stelle sagen, ich sehe es, wie es der Bürgermeister dargelegt hat und es hier auch unterstrichen worden ist, es ist gut, sich jetzt hier zu Beginn dieses Neuanfangs nicht auf die Einzelheiten zu konzentrieren. Frau Linnert, die einzelnen Punkte, die die einzelnen Ressorts angehen sollen, gehören in andere Debatten. Hier ist doch die Stärke, dass wir die Grundsatzfragen des Landes angehen, ins Auge fassen und erst einmal diese Gemeinsamkeit herausarbeiten.

Herr Bürgermeister, ich plädiere dafür, dass wir die Zusammenarbeit von Senat und Parlament an dieser Stelle für diese Aufgaben vertiefen. Die SPD-Fraktion ist zu einer solch vertieften und verbesserten Zusammenarbeit auf jeden Fall bereit. Meine Damen und Herren, ich finde, dieser Bürgermeister und dieser Senat verdienen die volle Unterstützung dieses Hauses. – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der SPD)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Wedler.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir debattieren eine Mitteilung des Senats, die erst gestern Abend auf die Tagesordnung des Hauses gekommen ist, eine Regierungserklärung, die gestern, wie gesagt, erst gegen 18 Uhr, wie ich durch den Präsidenten gehört habe, auf die Tagesordnung gekommen ist, und das finde ich vom Verfahren her nicht sehr seriös.

(Abg. P f l u g r a d t [CDU]: Aber den Bür- germeister haben wir am Tag vorher ge- wählt! Das haben Sie doch mitbekommen!)

Am Dienstag haben wir ihn gewählt! Am Dienstag hätte man dann theoretisch schon sagen können, wie es ursprünglich ja auch einmal angedeutet worden war, wir geben dann an dem letzten Tag, also heute, eine Regierungserklärung ab. Ich finde es vom Verfahren her nicht sehr witzig, insbesondere gegenüber uns hier im Hause, den einzelnen Abgeordneten gegenüber, die heute Morgen erst die Mitteilung in ihren Fächern gefunden haben. Damit will ich es aber bewenden lassen. Ich hoffe, diese Sitte haben wir hinter uns, und sie reißt nicht ein. Ich traue den Worten des neuen Bürgermeisters, Herrn Böhrnsen, dass Sie auch einen neuen Stil in das Rathaus bringen wollen und dass wir in Zukunft solche Dinge etwas vorbereiteter debattieren können.

In der Rede von Herrn Böhrnsen und auch in der Regierungserklärung tauchte der Begriff „Erfolge der großen Koalition“ wieder auf. Wir haben in diesem Hause darüber schon mehrfach debattiert. Ich habe auch mehrfach darüber Klage geführt, dass diese Selbstbeweihräucherung der Koalition fehl am Platze ist, denn die Tatsachen sprechen ja vollständig dagegen. Ein Blick in den Haushalt zeigt, wie die Situation ist. Auch ein Blick in die Tagesordnung des heutigen Tages zeigt, dass wir ja zum Beispiel den zweiten Nachtragshaushalt schon für dieses Jahr auf der Tagesordnung haben. Das soll nachher in den Haushalts- und Finanzausschuss überwiesen werden. Das heißt, wir beschäftigen uns in diesem Jahr schon zum zweiten Mal mit einem Nachtrag für den laufenden Haushalt, und wir haben noch nicht einmal den Entwurf des neuen Doppelhaushalts auf dem Tisch liegen, nämlich für den Haushalt 2006/2007. Das, denke ich, zeigt zur Genüge, in welcher Situation wird sind und wie die Erfolge dieser Koalition eigentlich aussehen.

Wenn wir uns die Situation anschauen, die wir im Haushalt haben, dann muss man auch darauf hinweisen, dass alle Politikbereiche von dieser Situation betroffen werden. Das ist nicht nur ein Problem des Haushalts und des Finanzsenators, sondern es ist ein Problem, das alle Politikbereiche, alle Aufgabenbereiche, alle Senatsbereiche betrifft. Deswegen stehen alle Politikbereiche letztendlich zur Disposition und zur Überprüfung. Das muss uns klar sein, wenn wir uns hier jetzt weiter mit solchen Dingen beschäftigen.

Dann spielen natürlich die gesetzlichen Aufgaben, die wir in den beiden Kommunen und auch im Land zu vollziehen haben, eine gewichtige Rolle. An denen kann nicht so viel gestrichen werden. Viele andere Bereiche aber stehen zur Disposition, so auch das Investitionspaket. Das heißt also, alle Politikbereiche einschließlich der Investitionen sind hier angesprochen und betroffen und müssen sozusagen auf den politischen Prüfstand.

Oberstes Ziel muss die Überwindung der extremen Haushaltsnotlage sein, die Rückkehr zu einer seriösen Haushaltspolitik. Das, was die Koalition bisher

dazu präsentiert hat, ist nicht besonders berauschend. Es ist eher als skandalös zu bezeichnen. Das zeigt auch, dass zumindest in der Vergangenheit der Wille nicht sehr ausgeprägt war, hier zu einem wesentlich besseren Ergebnis zu kommen.

Der Abgang von Henning Scherf müsste und könnte jetzt zu einem Neubeginn auch in der Betrachtung dieser Probleme führen. Ich hoffe, dass mit dem neuen Mann im Rathaus ein neues Denken und ein wirklicher Neubeginn bei diesen politischen Überlegungen eintreten werden.

Eine extreme Haushaltsnotlage beklagen inzwischen mehrere Bundesländer. Mehrere Bundesländer fahren derzeit verfassungswidrige Haushalte. Selbst das Bundesland Hessen, das im Zentrum der Republik liegt und von dem man es eigentlich am wenigsten erwarten würde, hat inzwischen, wie ich mir habe sagen lassen, verfassungswidrige Haushalte. Das zeigt, wie schwierig die Haushaltslage in allen Ländern ist. Wenn wir uns die Koalitionsverhandlungen in Berlin und den Bundeshaushalt anschauen, dann sehen wir auch, vor welchen Problemen die Politik dort steht. Das heißt also, wir haben bundesweit verfassungswidrige Situationen oder sogar extreme Haushaltsnotlagen wie in Berlin und im Saarland. Das müssen wir berücksichtigen, wenn wir uns überlegen, inwieweit wir den Blick jetzt nach vorn richten, nach Berlin laufen oder sogar nach Karlsruhe gehen.

Das Schielen nach Berlin und ein neuer Gang nach Karlsruhe sind sicherlich notwendig. Es wird aber Probleme bringen. Ich sehe dort erhebliche Probleme, denn Berlin hat, wie gesagt, erhebliche eigene Probleme. Sie müssen nach Brüssel schauen, die Maastricht-Kriterien einhalten, und da kommen riesige Haushaltsprobleme auf den Bund zu. Die Lösungen, die dort derzeit in der Diskussion sind – Genaueres habe ich noch nicht, das weiß ich nur aus den Medien –, sind, glaube ich, für uns und für das Bundesgebiet nicht sehr witzig.

Wenn ich an die Mehrwertsteuererhöhungspläne denke, die kontraproduktiv sind, was die Binnennachfrage betrifft, sie erzeugen einen weiteren Druck in Richtung Schattenwirtschaft, das gibt erhebliche Probleme. Wenn ich mir anschaue, dass auch im direkten Steuerbereich eine Reichensteuer und andere Dinge in der Diskussion sind, dann bedeutet es faktisch, dass eine Steuererhöhung auch im direkten Steuerbereich stattfindet. Das Ganze wird sich kontraproduktiv auf die Binnennachfrage auswirken. Das müssen wir auch hier in Bremen realisieren. Selbst wenn wir erhoffen, dass über eine Mehrwertsteuererhöhung vielleicht einiges hier in unseren Landeshaushalt fließt, glaube ich nicht, dass die Rosinen riesig sein werden, sondern ganz im Gegenteil.

Selbst ein positives Urteil in Karlsruhe, glaube ich, wird uns nicht viel weiterhelfen, wenn wir zurückschauen, was das letzte Urteil gebracht hat. Das hat nämlich am Ende eine Veränderung der Finanzver

fassung gebracht, bei der Bremen zugestimmt hat und bei der Bremen erhebliche Zugeständnisse hat machen müssen. Das wird auch dieses Mal wieder so sein, selbst wenn wir ein positives Urteil bekommen werden, werden wir es im Nachhinein beim Verhandeln um die Finanzen mit allen anderen Bundesländern und auch mit dem Bund zu tun haben. Ich habe eben schon gesagt, welche Probleme dort bestehen und welche Probleme damit letztlich bei uns entstehen. Wir wissen aus den eigenen Familien, auch aus Freundschaften, welche Probleme es beim Streit ums Geld gibt. Das wird uns dann spätestens einholen.

Die Hafenlasten sind bei der letzten Änderung verändert worden. Jetzt sollen sie wieder neu eingeführt werden. Die anderen Bundesländer werden das Thema Hafenlasten auch bringen. Ich weiß nicht, ob das ein guter Gedanke ist. Auf jeden Fall ist die Idee, dass das einen bundesweiten Effekt hat, sicherlich richtig. Ob man das aber bei diesen Finanzverhandlungen tragfähig machen kann, weiß ich nicht.

Sicherlich ist die Föderalismusreform ein markanter Punkt. Nur, das, was wir bisher wissen, ist ja so, dass die Finanzverfassung da nicht in Rede steht. Das heißt, wir haben sogar nachteilige Effekte, wenn da jetzt Abgrenzungen, neue Zuordnungen vorgenommen werden bei den Hochschulförderungsmaßnahmen. Ob für Bremen dabei etwas Positives herauskommt, das muss man noch abwarten. Die Finanzprobleme sind ausgeklammert.

Ein Drittes noch in dem Zusammenhang! Ich glaube nicht, dass an der Grundstruktur unserer Finanzverfassung, unseres horizontalen und vertikalen Finanzausgleichs sich Wesentliches verändern wird. Das haben wir schon ein paar Mal versucht. Das wird nicht passieren. Vielleicht wird erreichbar sein, dass sich im Bereich der Einwohnerwertung Veränderungen ergeben und größere Anteile an dem selbst erwirtschafteten Steueraufkommen vor Ort verbleiben, sprich hier in Bremen. Das wäre schon ein riesiger Erfolg, wenn so etwas als Ergebnis herauskäme. Ich persönlich bin aber sehr skeptisch, was in diesen Finanzverhandlungen zwischen allen Beteiligten, zwischen den Ländern und dem Bund, passieren wird. Wie gesagt, ablehnen wird man es nicht können. Ich werde es selbstverständlich mittragen, nur große Erfolge sehe ich darin nicht.

Die Koalition plant einen ausgeglichenen Primärhaushalt für 2009, also für den übernächsten Doppelhaushalt 2008/2009, wenn es dann einen solchen geben sollte. Solche Vorsätze sind schön, sie lösen aber im Grunde genommen das Problem nicht, denn ein ausgeglichener Primärhaushalt bedeutet nichts anderes, als dass die Zinsen aus der Betrachtung herausgenommen werden, aber die Verfassungswidrigkeit der Haushalte nicht beseitigt wird. Es bleibt dabei, und jeder neue Kredit, der aufgenommen wird, führt zu neuen Zinsen, die wiederum letztendlich den Haushalt belastet. Die Situation wird also durch ein

Streben nach einem ausgeglichenen Primärhaushalt nicht verbessert, sondern weiter verschlimmert.

Das Ziel muss die Rückkehr zu einem seriösen, sprich verfassungsmäßigen Haushalt sein. Das bedeutet erheblichste Kraftanstrengungen. Ein „Weiter so“ geht nicht mehr. Das war aus den Worten, aus der Erklärung des Bürgermeisters auch herauszuhören, und das ist von ihm hier schon mehrfach gesagt worden. Das müsste dann aber auch Auffassung in der Koalition sein. Deshalb ist nach meiner Ansicht ein Beharren auf der seinerzeitigen Koalitionsvereinbarung heute verfehlt, denn die Voraussetzung für diese Koalitionsvereinbarung, nämlich Rückkehr zu einem verfassungsgemäßen Haushalt ab Anfang dieses Jahres, ist nicht gegeben. Deswegen müssen neue Überlegungen angestellt werden. Wir haben keinen sanierten Haushalt, und die extreme Haushaltsnotlage besteht weiterhin. Das berührt, ich sagte es schon, alle Politikbereiche und alle Haushaltsbereiche, und da darf sich niemand in diesem Hause irgendwelchen Illusionen hingeben.

Weiteres Sparen ist also angesagt, und zwar in allen Haushaltsbereichen, und das gilt auch bei den Investitionen. Nur die dringendsten Ausgaben können überhaupt noch getätigt werden. Wir werden froh sein, wenn wir wenige Politikbereiche als Schwerpunkte definieren können und von dem extremen Haushaltsund Spardruck werden ausnehmen können. Bei diesem Kraftakt sind natürlich erhebliche Eigenanstrengungen notwendig, nicht allein, wenn wir Richtung Karlsruhe schauen, sondern auch allein, wenn wir nur in unseren eigenen Haushalt schauen.

Ich habe es an anderer Stelle schon einmal gesagt, hier ist es bei der Modellregion angeklungen: Wir müssen auch die Aktivitäten, die die Kooperationen mit unseren Nachbarn betreffen, verstärken, insbesondere mit Niedersachsen, denn da liegen meines Erachtens noch Chancen für beide Seiten, nicht nur für uns in Bremen, sondern auch für Niedersachsen, mögliche Haushaltseffekte zu erzielen.

Spielräume, das wurde vorhin schon gesagt, sehe ich genauso wie Frau Linnert auch nicht. Es geht hier eigentlich nur darum, ob wir mehr oder weniger Kredite aufnehmen. Wenn wir mehr oder weniger Kredite aufnehmen, sind damit immer Zinszahlungen verbunden, und diese fließen zwangsläufig in die Haushaltsbelastungen hinein. Das heißt also, das kann nicht die Lösung des Problems sein.

Ressortegoismen müssen zurückgestellt werden. Das ist auch schon angeklungen. Ich meine, das kann man nicht laut und deutlich genug sagen, denn das Ganze muss in ein Gesamtkonzept eingefügt sein. Der Blick muss auf das Ganze gerichtet werden. Da reicht es nicht und ist auch völlig deplatziert, wenn die Koalitionspartner jeweils auf ihre Bereiche achten und nur schauen, dass bei ihnen möglichst wenig und bei den anderen vielleicht mehr gespart wird. Das heißt,

das Ganze muss ins Auge gefasst werden, und da passen Ressortegoismen überhaupt nicht hinein.