Ich komme zum Schluss, weil die Zeit arg begrenzt ist und es natürlich auch bei diesem umfangreichen Thema schwierig ist. Herr Präsident, ich komme zum Schluss! Sie können wirklich strahlen!
Ich würde Sie noch einmal um eines bitten: Berichte sind für die Verwaltung oft etwas sehr Lästiges. Ich weiß um das interne Gestöhne darum. Berichte haben dann einen Sinn und eine Qualität, wenn aus ihnen Beschlüsse erwachsen und neue Strategien entwickelt werden. Dann halte ich sie übrigens auch für sinnvoll, keine Bleiwüste. Ich glaube, Sie hier haben ganz sicher die Möglichkeit, in dem Thema nach vorn zu gehen, diesen Senat zu überholen, wo
Liebe Kolleginnen und Kollegen, dass wir mit dem Rederecht Neuland betreten haben, können Sie auch daran sehen, dass ich es nicht gewagt habe, nach zehn Minuten abzuklingeln, weil wir eigentlich nach Geschäftsordnung reden, und Frau Hauffe hat genau 17 Minuten gesprochen. Es war aber eine Bereicherung für unser Haus.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Hauffe, ich möchte Sie beglückwünschen! Es war eine hervorragende Rede. Ich weiß nicht mehr, was ich noch sagen soll. Das ist so umfänglich und exzellent vorgetragen worden, es ist wirklich hervorragend gewesen! Sie dürfen ruhig klatschen, meine Damen und Herren.
Das ist es wert gewesen. Ich möchte aber ganz gern noch einmal am Anfang anfangen, weil hier auch die Besuchertribünen voll sind.
Ich glaube, es ist doch so, dass viele mit dem Begriff Gender Mainstreaming nicht unbedingt viel anfangen können. Keine Angst, es ist nur eine ganz, ganz kleine Einweisung! Gender Mainstreaming, was ist das, werde ich häufig gefragt. Ihnen geht es sicherlich auch nicht anders als mir. Gender Mainstreaming meint, dass Geschlechterpolitik in allen Politikfeldern mit Bedacht und in konsequenten Maßnahmen umgesetzt werden soll. Mit Gender Mainstreaming soll Frauenpolitik aus dem Nischendasein heraus, und in den Köpfen der Menschen sollen sich Einsichten um gerechtere Verteilung zum Beispiel der Erwerbs- und Familienarbeit, der Führungspositionen, der Bildungschancen, nicht zuletzt der Macht-, der Einkommensverhältnisse durchsetzen.
Dieser neue Weg ist das erste Mal 1985 bei der dritten Weltfrauenkonferenz in Nairobi beschritten worden. In der Entwicklungspolitik wurde klar: Die erfolgreichen Projekte geben den Frauen Hilfe zur Selbsthilfe, Frauen bekommen Bildung, Hilfen zur Familienplanung, Geld für bessere Infrastruktur und zur Schaffung von Arbeitsplätzen, Hilfe zum Ausbau und zur Herstellung von Nahrungsmitteln. 1995, ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
bei der nächsten Weltfrauenkonferenz in Peking, wurde die Bedeutung des Gender-MainstreamingKonzepts erneut betont und um die Forderung ergänzt, dass die unterschiedlichen Auswirkungen von Entscheidungen auf Männer und Frauen entsprechend zu analysieren sind, bevor Entscheidungen überhaupt getroffen werden.
Die damalige Frauenministerin, Claudia Nolte, hat damals in China die deutsche Sicht deutlicher und mutiger, insbesondere auch beim Einfordern der Menschenrechte für Frauen deutlicher gemacht als andere Ministerinnen. Gender Mainstreaming eroberte dann auch die Organe der Europäischen Union. Mit zwei Aktionsprogrammen zur Gleichstellung von Männern und Frauen wurde versucht, die Forderung des Konzepts voranzutreiben. Wirkliche Erfolge aber erzielten in diesem Prozess nur die skandinavischen Länder, vermutlich weil dort alle Maßnahmen schon lange nicht mehr als Frauenpolitik, sondern als partnerschaftliche Geschlechterpolitik ausgerichtet war.
Meine Damen und Herren, die CDU-Fraktion sieht Gender Mainstreaming auch als partnerschaftliche Geschlechterpolitik. Das haben wir hier eben von Frau Hauffe schon ausführlich gehört, und da können wir nur zustimmen. Gender Mainstreaming muss bereits in der Planungsphase von Maßnahmen, Programmen und Gesetzen angewandt werden, das heißt, es muss ein Top-down-Prozess erfolgen. Mit dem Beschluss vom 19. Februar 2002 hat der Senat die Grundlage für die Implementierung des Gender-MainstreamingAnsatzes in der Bremer Landespolitik gelegt. Er forderte die Ressorts auf, die Geschlechterperspektiven in ihre jeweiligen Politik- und Tätigkeitsfelder sowie in ihr praktisches Verwaltungshandeln einzubeziehen. Die ZGF wurde im September 2002 mit der Leitung einer ressortübergreifenden Arbeitsgruppe betraut, um ein Konzept zur Umsetzung zu erarbeiten, was nun wirklich auch nicht einfach war.
Ich möchte hier aber noch einmal betonen, dass Gender Mainstreaming keine Frauenpolitik ist, sondern Gender Mainstreaming ist geschlechtsneutral. Wenn man sich den Bericht über die Pilotprojekte anschaut, merkt man, dass doch schon ein Umdenken zum Beispiel im Bereich der Kindertagesstätten stattgefunden hat. Der Genderaspekt bei Stellenbesetzungen im Kindergarten kommt zum Tragen, weil die Stellen auch zum größten Teil in der neuen Zeit mit Männern besetzt werden. Das ist nur zu begrüßen, weil es gerade in der heutigen Zeit sehr viele Alleinerziehende gibt und die väterliche Seite bei der Erziehung dann, wie gesagt, auch fehlt.
Wir als CDU-Fraktion sehen darin einen großen Fortschritt. Gender Mainstreaming in der Umweltforschung, im Marktwesen, Genderperspektive bei der Vergabe von Zulassungen für Schausteller bei Volksfesten und so weiter, ich möchte es hier jetzt aber nicht alles aufzählen, denn, wie wir vorhin schon von Frau Arnold-Cramer gehört haben, wir haben unten
im Foyer eine Ausstellung, die von den verschiedenen Ressorts hervorragend gemacht worden ist. Es ist eine Bereicherung, und man kann da unheimlich viel, auch an Material, mitnehmen.
Gender Mainstreaming ist der Weg zur Gleichberechtigung, die realitätsnahe Analyse der konkreten Bedürfnisse und Lebenssituationen von Frauen und Männern. Die Verantwortung für eine erfolgreiche Umsetzung des Konzepts liegt bei der Ressortleitung. Deshalb meine ich, dass eine Berichtspflicht der Ressortleiter über die Umsetzung von Gender Mainstreaming sehr hilfreich sein kann. Gender Mainstreaming muss in die Köpfe der Hierarchieebenen implantiert werden. Nur so ist die Umsetzung gewährleistet. Auch eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe, um einen regelmäßigen Erfahrungsaustausch zu gewährleisten, ist unverzichtbar.
Die Senatskanzlei und die Verwaltung der Bremischen Bürgerschaft haben sich nicht an dem Pilotprojekt zur Einführung des Gender MainstreamingKonzepts beteiligt und sind deshalb in der bremischen Verwaltung nicht unbedingt ein gutes Vorbild. Wir als CDU-Fraktion hoffen, dass dies schnellstmöglich nachgeholt werden wird. Das Fortbildungsangebot der ZGF wird zu wenig genutzt. Das ist etwas, was unbedingt geändert werden muss, denn der Bedarf an Wissen und an praktischen Erfahrungen mit Gender Mainstreaming ist doch vorhanden. Das sieht man ja immer wieder.
Meine Damen und Herren, ich weise Sie noch einmal auf die Genderausstellung unten in der Eingangshalle hin, und ich schließe mit den Worten unseres ehemaligen Bürgermeisters: „Wir machen nicht nur Gender Mainstreaming, wir brauchen es. Es profiliert unsere Arbeit und macht sie besser, und weil damit unsere Ressourcen besser eingesetzt werden, sparen wir eines Tages, wer weiß, auch damit Geld.“ – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Als Erstes möchte ich Herrn Perschau beglückwünschen, dass er über seinen Schatten gesprungen ist und es hier möglich gemacht hat, dass Frau Hauffe hier reden darf. Das gibt Hoffnung, Herr Perschau! Vielen Dank!
Wir reden hier heute über den ersten Zwischenbericht über die Umsetzung des Gender-Mainstreaming-Konzepts in der bremischen Verwaltung. So ein
Bericht ist immer eine gute Möglichkeit, auch darüber zu reden, was wir erreichen wollen, was wir erreicht haben und ob die Mittel und Wege richtig sind, die wir eingeschlagen haben. Fangen wir mit der Frage an: Was wollen wir erreichen? Eigentlich ist die Antwort ganz einfach, nämlich die Umsetzung des Artikels 3 des Grundgesetzes, in dem steht: Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Männern und Frauen und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin, so beschlossen schon 1949. Doch die Realität ist, wie wir alle wissen, eine andere, denn inzwischen schreiben wir das Jahr 2005.
Der Zug der Gleichberechtigung hat in den letzten Jahren zwar langsam Fahrt aufgenommen, jedoch der Zielbahnhof ist noch lange nicht erreicht. Zum Erreichen dieses Ziels, nämlich der tatsächlichen Gleichberechtigung, ist es natürlich auch sehr wichtig, möglichst viele Menschen in diesem Zug mitzunehmen, die dann auch den Zielbahnhof erreichen und auch nicht unterwegs aussteigen oder eventuell die Notbremse ziehen. Dafür sind paradigmatische gesellschaftliche Veränderungen im Geschlechterverhältnis notwendig.
Um diesen Paradigmenwechsel zu erreichen, wurde vor zehn Jahren bei der UN-Weltfrauenkonferenz in Peking erstmals die Kategorie Gender in die internationale Politik eingeführt. Mit dem Instrument des Gender Mainstreaming sollen staatliche Institutionen, internationale Organisationen und Unternehmen stereotype Geschlechterrollen im privaten wie im öffentlichen Raum hinterfragen und im emanzipatorischen Sinne verändern. Dabei ist es eine wichtige Grundvoraussetzung, dass der Abbau von Ungleichheit und undemokratischen Verhältnissen zwischen den Geschlechtern nicht ausschließlich Frauen-, sondern auch Männersache ist und eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sein muss.
In der Konsequenz bedeutet das, der Mythos der Geschlechterneutralität politischer und unternehmerischer Maßnahmen und Entscheidungen hat keinen Platz mehr.
Kein Sektor, von der Finanz- über die Steuerpolitik, über die Außen- und Sicherheitspolitik, bis hin zur Arbeitsmarkt-, Sozialpolitik und auch Verkehrspolitik, darf demnach ausgeklammert werden. Reflektion und Analyse der Auswirkungen auf die Geschlechterverhältnisse müssen politischem, organisatorischem und unternehmerischem Handeln vorausgehen und auf mehr Gerechtigkeit zielen.
Den Ansatz des Gender Mainstreaming auch hier in Bremen in der bremischen Landespolitik umzusetzen, das war unser Ziel, als wir hier 2001 einen Antrag vorgelegt haben mit dem Titel „Gender Mainstreaming gezielt und konsequent umsetzen“. Damals
haben wir es leider nicht geschafft, hier einen interfraktionellen Antrag zu beschließen. Ihnen war unser Antrag damals zu konsequent, aber im Zwischenbericht wird deutlich, dass uns diese fehlende Konsequenz heute sozusagen auf die Füße fällt.
Das wird in dem Zwischenbericht ganz deutlich bei der Aussage, dass das stetige Fortbildungsangebot der ZGF zu dem Thema bislang zu wenig genutzt wurde. Wir Grünen haben bei diesem Punkt damals gefordert, dass es eine verpflichtende Fortbildung geben muss. Weiterhin ist es nicht akzeptabel, dass Führungskräfte ihre Rolle nicht wahrnehmen und an den Fortbildungen nicht teilnehmen,
denn die Verantwortung und auch die Umsetzung des Gender Mainstreaming liegt bei den Führungskräften. Es ist bewusst als Top-down-Prinzip angelegt. Ebenso ist es die Aufgabe der Führungskräfte, die Gender-Beauftragten bei der Initiierung und Umsetzung von Pilotprojekten zu unterstützen. Das ist leider auch nicht der Fall gewesen. Das wurde bei einem Treffen der Gender-Beauftragten von Pilotprojekten im November 2004 deutlich. Die Beauftragten gaben an, dass sie sich allein gelassen fühlten, von anderen Mitarbeitern war zu hören, dass die Pilotprojekte als unwichtig angesehen wurden, besonders vor dem Hintergrund der derzeitigen Haushaltsprobleme, andere fühlten sich ins kalte Wasser geworfen.
Umso erfreulicher ist, dass es auch Aussagen gibt, dass die erworbene Gender-Kompetenz als Qualifikation begriffen wird. Auch das möchte ich hier noch einmal deutlich sagen. Deshalb möchte ich auch an dieser Stelle allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern danken, die unten die Ausstellung initiiert und sich bereit erklärt haben, Ihnen auch Fragen zu beantworten, die Sie hoffentlich auch stellen werden. Deshalb hier noch einmal vielen Dank an dieser Stelle!
Die 15 Pilotprojekte, die in dem Zwischenbericht beschrieben sind, sind nicht nur vom Inhalt und der Durchführung her sehr unterschiedlich, sondern auch in ihrer Qualität. Offensichtlich sind nicht alle Ressorts ernsthaft bemüht oder in der Lage, das Prinzip des Gender Mainstreaming anzuwenden. Es werden bereits laufende Projekte als Pilotprojekte angeboten, ohne dass hier überhaupt eine Vorstellung besteht, wie Gender Mainstreaming in diesen Projekten Anwendung finden könnte.
Defizite zeigen sich auch bei der geschlechtsspezifischen Datenerhebung. Schon 2002 bat der Senat alle Ressorts, ihre Daten geschlechtsspezifisch zu
erheben. Deshalb kann die Datenerhebung an sich auch kein Pilotprojekt darstellen, sondern sie liefert erst die Grundlage, um Sachverhalte auf ihre Geschlechterrelevanz hin beurteilen zu können.
Aus zeitlichen Gründen möchte ich jetzt hier nicht auf alle Projekte eingehen, aber überrascht war ich über das Pilotprojekt des Senators für Bildung und Wissenschaft. Auch hier gab es eine mangelnde Akzeptanz der Fortbildungsangebote, und die ressortinterne Arbeitsgruppe tat sich sehr schwer bei der Auswahl geeigneter Pilotprojekte. Gerade in diesem Bereich bietet sich das Thema förmlich an, beziehungsweise es springt einen fast an! Die Pisa-Studie hat nicht nur gezeigt, dass sich deutsche Schülerinnen und Schüler im internationalen Leistungsvergleich auf den hinteren Plätzen befinden – das haben wir ja gestern in der Aktuellen Stunde noch einmal zu hören bekommen –, sie hat auch verdeutlicht, dass es signifikante Unterschiede in den Leistungen zwischen Mädchen und Jungen gibt.
In den Pressemitteilungen in den letzten Wochen war auch zu lesen, dass Lehrerinnen und Lehrer Mädchen und Jungen unterschiedlich beurteilen, und dann muss man natürlich Strategien entwickeln, wie man dem entgegenwirken kann. Das geht aber nur, das wurde hier auch deutlich gesagt, wenn man das analysiert hat. Es ist außerdem sinnvoll, dass sich Schülerinnen und Schüler frühzeitig mit dem Gender-Aspekt auseinander setzen, denn dann, denke ich, findet es auch Akzeptanz in ihrem späteren Leben.
Der Senator für Wirtschaft und Häfen hat das Projekt Existenzgründungshilfen – auch unter dem Begriff B.E.G.IN als Projekt bekannt – als Pilotprojekt angemeldet. Es ist ein durchaus erfolgreiches Projekt, darüber haben wir schon oft geredet, und wir haben uns auch schon oft davon überzeugt, aber das Projekt läuft auch schon seit Jahren, es ist nichts Neues. Auf weitere Projekte möchte ich jetzt hier nicht eingehen.
Lassen Sie mich zuletzt noch einmal auf die Frage eingehen: Sind die Mittel und Wege richtig, die wir eingeschlagen haben? Was müssen wir tun, damit Gender Mainstreaming nachhaltig auch hier in der bremischen Verwaltung verankert wird? Erstens: Fortbildungen müssen verpflichtend sein, besonders auch für Führungskräfte. Zweitens: Die Akzeptanz von Gender Mainstreaming muss erhöht werden. Drittens: Auch Bereiche wie die Senatskanzlei und die Verwaltung der Bremischen Bürgerschaft dürfen nicht außen vor bleiben. Viertens: Die jährliche Berichterstattung muss eingehalten werden, und über andere Sachen, die bei der Umsetzung noch hilfreich sind, hat Frau Hauffe schon geredet.
Zum Schluss möchte ich jetzt noch einmal einen Appell an meine Kolleginnen und Kollegen hier im Haus richten: Ich denke, als wir 2001 darüber geredet haben, wie Gender Mainstreaming hier in die
Verwaltung implementiert werden kann, haben viele doch gedacht, ich habe es so an den Gesichtern gesehen: Was ist das denn für ein alter Hut mit neuen Federn, der hier jetzt so vorgestellt wird! Ich denke, in dieser Phase befinden wir uns nicht mehr, inzwischen werden immer mehr auch die Frauen einbezogen. Das haben wir heute Morgen gerade gehört. Es heißt nicht mehr: Alle Mann an Deck! Auch die Frauen gehen jetzt an Deck. Das heißt aber noch lange nicht, dass geballte Gender-Kompetenz hier im Hause vorhanden ist.
Ich denke, da müssen sich auch noch einige auf den Weg der Fortbildung begeben, und Sie finden eine gute Begleitung. Nehmen Sie sich Material von unten mit! – Vielen Dank!