Zu der Frage der aufenthaltsrechtlichen Erlaubnis hier in Bremen! Der Innensenator Röwekamp sagte, na ja, man hätte ja auch über ein Besuchervisum nachdenken können, wenn es denn nicht anders gegangen wäre. Ist es wirklich so für jemanden, der in Bremen geboren ist, hier aufgewachsen ist, eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis hatte und dem das Verwaltungsgericht, nicht vox populi und nicht der Abgeordnete der Grünen, Herr Güldner, sondern das Verwaltungsgericht Bremen zugestanden hat, in den vorherigen Stand eingesetzt zu werden und selbstverständlich so behandelt zu werden, als hätte er diesen Antrag rechtzeitig gestellt und selbstverständlich wieder nach Bremen zurückkehren zu dürfen, dass hier sozusagen eine ganz klare Grundlage dafür gelegt worden ist, dass ausländerrechtlich eben zu Recht gehandelt wird, wenn man ihn nach einer eventuellen Freilassung wieder nach Bremen hineinlässt?
Wenn es so war, dass Sie rechtlich eine andere Einschätzung vom Ausländeramt vorgetragen bekommen haben und dass Sie als Senator die Zwänge gespürt haben, wenn es so gewesen sein sollte, hier kann ich nicht anders, denn ich habe eine rechtliche Begutachtung aus meinem Hause, von der ich nicht abweichen kann, dann haben Sie jetzt ein Urteil eines bremischen Verwaltungsgerichts, das Sie rechtlich auf absolut sichere Füße stellt. Dies können Sie akzeptieren und sagen, der Bremer Senat setzt hier ein Zeichen und wird sozusagen mit diesem Urteil im Rücken, gestärkt durch dieses Urteil, die Idee, Herrn Kurnaz, wenn er denn in Guantánamo freigelassen wird, nicht wieder nach Bremen zurückzulassen, fallen lassen, weil Sie rechtlich jetzt mit diesem Urteil in guten Schuhen stehen. Das wäre doch eine schlüssige Haltung, und dazu fordere ich Sie heute noch einmal nachdrücklich auf.
Es wurden einige Gründe genannt, warum man diesen Antrag der Grünen ablehnen möchte. Ich habe es verstanden, Herr Grotheer, die Nöte sind auch im Vorfeld deutlich geworden, dass Sie im Grunde genommen die Auffassung teilen, und das, was Sie hier gesagt haben, respektiere ich auch sehr, das hat sich sehr mit dem gedeckt, was die Grünen auch über diesen Fall denken. Es ist dann immer ein bisschen schwierig – das würde uns auch so gehen, und ich
habe Verständnis dafür –, hinterher zu begründen, warum man einen solchen Antrag, wenn tatsächlich eine Abstimmung im Parlament über diese Punkte erfolgt, ablehnt.
Sie haben formale Gründe genannt, dies wäre zum Beispiel gar nicht der richtige Ort. Sie haben gesagt, es sei eine Selbstverständlichkeit, dass Bremen sich da einsetzt. Wir fordern, Punkt eins, Bremen soll sich einsetzen. Dann müssen Sie also nachher die Hand heben, wenn dieser Punkt abgestimmt wird. Der zweite Punkt, da sind wir uns auch einig, wir haben jetzt das Verwaltungsgericht im Rücken – Sie haben das Urteil gelobt –, Bremen soll den Plan fallen lassen, Herrn Kurnaz aus seiner Heimatstadt auszuschließen. Der dritte Punkt ist lediglich eine Resolution des Europarates, die Deutschland insgesamt mitgetragen hat.
Was spricht also dagegen, diesen Antrag anzunehmen? Überhaupt nichts, außer Koalitionsräson! Das ist auch nichts Besonderes und auch nichts Skandalöses. Wir alle kennen Koalitionen und wissen, wie es funktioniert. Dennoch sollten Sie es benennen, dass es die Koalitionsräson ist, und nicht so tun, als gäbe es noch weitere Gründe, diesen Antrag jetzt hier gleich abzulehnen und damit wieder ein kleines Stück Hoffnung für die Angehörigen von Murat Kurnaz zu verhindern, meine Damen und Herren.
Lassen Sie mich einen letzten Punkt anführen! In dieser Debatte gibt es komischerweise eine seltsame Übereinstimmung, wie sie hier vorgetragen worden ist. Das hat ein bisschen mit der Öffentlichkeit zu tun und wie sich die Öffentlichkeit, vor allen Dingen, sagen wir einmal, die konservative Presse, die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ und die „Welt“, in den vergangenen Monaten und Jahren positioniert hat. Sie hat sich nämlich massiv in dem Sinne, wie wir es heute vorgetragen haben, auch gegen Guantánamo und das Verfahren dort und gegen das Schicksal, das Murat Kurnaz dort erlitten hat, positioniert.
Diese Harmonie in diesem Hause kann so ganz vielleicht dann doch nicht ehrlich gemeint sein. Ich möchte hier noch einmal auf die Rede von Herrn Herderhorst aus der CDU vorhin eingehen und auf eine Presseerklärung, die Herr Herderhorst vor einem Jahr zu diesem Thema abgegeben hat.
Ich darf mit Genehmigung des Präsidenten kurz aus dieser Presseerklärung zitieren. Dort sagt Herr Herderhorst nämlich: „In dieser Diskussion um den so genannten Bremer Taliban Murat Kurnaz hat der CDU-Innenpolitiker Rolf Herderhorst vor einer falschen Legendenbildung gewarnt. Wir haben es hier nicht mit einem unbedarften Rucksacktouristen zu tun, der von den USA aus seinem Urlaub verschleppt wurde. Kurnaz ist ein mutmaßlicher Talibankämpfer, der unter Terrorverdacht steht.“
Wenn Sie das so meinen, dann sagen Sie das hier bitte auch! Es hat dem Parlamentarismus und der Demokratie schon immer geschadet, wenn man die tat
sächlichen Gegensätze zu verschleiern versucht, weil man merkt, dass man mit einer Position da außen nicht mehr ankommt. Dann sagen Sie hier, wie Sie es meinen!
Ich glaube, es ist ganz klar, dass wir in der Verurteilung des Verfahrens, wie die Gefangenen nach Guantánamo gekommen sind, wie sie dort behandelt werden, wie weiter mit ihnen umgegangen wird, und insbesondere, weil wir hier in einem bremischen Parlament sind, da das Schicksal von Murat Kurnaz einen bremischen Bürger betrifft, eine klare Haltung einnehmen müssen. Dann wird es noch lange und schwierig genug sein, zu einem günstigen Ergebnis zu kommen, aber die eindeutige Haltung Bremens würde zumindest ein Signal nach außen senden, dass wir uns das nicht gefallen lassen, dass mit einem Bremer Bürger so umgegangen wird. – Vielen Dank!
Wer dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 16/730 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Ich gehe davon aus, Herr Bürgermeister Röwekamp, dass Sie die Antwort auf die Große Anfrage der Fraktionen der CDU und der SPD nicht mündlich wiederholen möchten. – Das ist der Fall.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Von Guantánamo wieder nach Bremen! „Arbeit der Freiwilligen Feuerwehr im Lande Bremen“ ist die Überschrift, unter der wir eine Große Anfrage an den Senat gestellt haben, die auch umfangreich beantwortet worden ist. Wir haben in der Großen Anfrage noch einmal nachgefragt, wie es um unsere freiwilligen Feuerwehren bestellt ist, und natürlich haben wir auch nachgefragt, wie es mit der Nachwuchsarbeit aussieht.
In unserer Gesellschaft wird den Bürgern oft ein zu großes Anspruchsdenken nachgesagt, das dazu führt, immer mehr vom Staat zu fordern, aber selbst passiv zu bleiben, anstatt persönlich ehrenamtlich auch einmal selbst die Initiative zu ergreifen. In Deutschland – in Bremen sieht es dagegen noch positiv aus – fehlen nach Einschätzung des Deutschen Feuerwehrverbandes mehr als eine viertel Million Feuerwehrleute bei den Freiwilligen. Zehn Prozent der zurzeit rund 1,3 Millionen Aktiven haben in den letzten Jahren die Freiwilligen Feuerwehren, die immerhin rund die Hälfte der jährlich eine Million Einsätze übernehmen, verlassen.
Auch in Bremen und Bremerhaven haben die Freiwilligen Feuerwehren ihren Platz in der Gesellschaftsmitte. 23 Freiwillige Feuerwehren, davon 20 in Bremen und drei in Bremerhaven, mit insgesamt 634 Feuerwehrmännern und -frauen sorgen für unsere Sicherheit. Sie retten, löschen, bergen und schützen, und dabei riskieren sie Leib und Leben, und das alles freiwillig und ehrenamtlich.
Das ist ein wichtiger Dienst an unserer Gesellschaft, denn sie verlassen sich im Notfall nicht darauf, dass ein anderer schon weiß, was zu tun ist, nein, sie packen selbst an. Dabei opfern sie ihre Freizeit, das gilt nicht nur für die Einsätze selbst, die größte Arbeit kommt ja vor und nach den Einsätzen, nach dem Motto „nach dem Einsatz ist vor dem Einsatz!“. Sie bilden sich in Rettungstechniken fort, sie warten ihre Einsatzgeräte, investieren aber nicht nur ihre Freizeit, sie investieren vor allem ihre Person. Das gilt für das Engagement, mit dem sie ihren Dienst leisten, und das gilt noch mehr für die psychische Belastung, der sie ausgesetzt sind.
Wir wollen mit dieser Großen Anfrage dieses Thema beleuchten. Es wird dem Nachwuchs in den Jugendfeuerwehren, und ich halte das für unbedingt wichtig, nicht nur Feuerwehrwissen beigebracht, sondern es werden auch Werte vermittelt: Solidarität, Zurückstellen eigener Bedürfnisse und natürlich auch Dis––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
ziplin. 211 Mädchen und Jungen sind Mitglieder in der Jugendfeuerwehr in Bremen. In Bremerhaven verfügt die Jugendfeuerwehr über 23 Mitglieder, hier könnte es noch ein bisschen besser werden. Durch Ausbildungsveranstaltungen, Wettkämpfe, Gruppenarbeit, Fahrten, Zeltlager, Feuerwehr- und Sportfeste wird der Nachwuchs zur Leistungsbereitschaft angehalten, um sich fit für die Zukunft zu machen. Mit meinem Fraktionskollegen Rolf Herderhorst war ich in diesem Jahr im Zeltlager der Feuerwehr am Werdersee, und wir konnten erleben, dass dort Kameradschaft, Hilfsbereitschaft herrschte, und es war ein starker Zusammenhalt in der Gruppe zu erkennen.
In den Jugendfeuerwehren wird der jungen Generation das Bewusstsein der Verantwortung gegenüber anderen in Not und Unglücksfällen nahe gebracht. Die Feuerwehren helfen damit den Jugendlichen, zu verantwortungsbewussten Mitgliedern unserer Gesellschaft heranzuwachsen. Sie verkörpern geradezu eine soziale Gegenbewegung zu einem allgemeinen Negativtrend, der den Egoismus und die Selbstsucht zum Lebensinhalt werden lässt. Bei den Feuerwehren geht es darum, sich vorbehaltlos und vor allem selbstlos für andere Menschen einzusetzen. Darum müssen wir das Gerede über die Jugend von heute vergessen. Sie steht nicht nur auf Computer, Fernsehen und Handys, die Jugendlichen sind in großer Mehrheit auch leistungsbereit und engagiert.
Wir müssen ihnen aber auch die dazugehörigen Rahmenbedingungen für ihr Engagement bieten und den Dienst in der Feuerwehr jugendgerecht und attraktiv gestalten. In der Antwort auf die Große Anfrage sind für Bremen positive Zahlen genannt worden, die die hervorragende Jugendarbeit in der Feuerwehr belegen. Hierfür möchte ich mich im Namen meiner Fraktion bei allen Helfern bedanken.
Wir dürfen aber auch nicht lockerlassen und uns ausruhen. Angesichts der demographischen Entwicklung und der zunehmenden Vielfalt attraktiver Betätigungsfelder für Jugendliche werden wir uns im Gegenteil künftig noch mehr darum bemühen müssen, die junge Generation für den Dienst in der Feuerwehr, aber auch in anderen Hilfsorganisationen zu begeistern. Aufgrund des raschen technischen Fortschritts und einer tiefgreifenden Wandlung der Lebens- und Arbeitsverhältnisse in den letzten Jahren sehen sich die Feuerwehren heutzutage einer Aufgabenvielfalt gegenüber, die höchste Anforderungen stellt und eine ständige technische Anpassung erfordert. Mit dem Ausbildungsangebot unserer Landesfeuerwehrschule trägt das Land Bremen dazu bei, dass die Feuerwehren hervorragend beschult werden. Dort werden die Feuerwehrleute durch eine Vielzahl an
Warum machen wir das alles? Ich sage hier ganz deutlich: Weder der Staat noch der Markt können die anstehenden Zukunftsaufgaben im Hilfs- und Rettungsdienst allein durch die Berufsfeuerwehr bewältigen lassen. Die Berufsfeuerwehr ist hier in Bremen voll ausgelastet und wird, wenn es nötig ist, von den Freiwilligen Feuerwehren entlastet. Personell, die Zielzahl liegt hier bei 499, so sehe ich das, das ist meine persönliche Meinung, ist hier kein Spielraum mehr vorhanden. Mehr denn je kommt es auf die Bürger selbst, auf ihre freiwillige Mithilfe und ihre Beteiligung bei den Freiwilligen Feuerwehren an. Ehrenamt, Ausbildung in der Jugendfeuerwehr, Freiwilligentätigkeit bei der Feuerwehr und Bürgersinn gewinnen eine zentrale Bedeutung für die Reform des Sozialstaates, eine moderne Wirtschaft und eine erneuerte Demokratie.
Wer daher die Tätigkeit in den Freiwilligen Feuerwehren für einen verstaubten Begriff hält, der hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Dem sage ich hier ganz deutlich: Ehrenamtliches freiwilliges Engagement in den Freiwilligen Feuerwehren unseres Landes, in Bremerhaven und in Bremen, ist gelebte Freiheit in unserem Alltag, gehört zu unserem Sozialkapital. Wir erleben im Moment in unserer Gesellschaft einen Wandel, der bedenklich erscheint. Erlauben Sie mir, dass ich kurz aushole, um deutlich zu machen, wie wichtig das freiwillige Engagement in der Freiwilligen Feuerwehr ist!
Wir haben hier zwar das Thema Freiwillige Feuerwehr, aber ich möchte im gleichen Atemzug betonen, dass alle, ob im ASB, im Malteser Hilfsdienst, beim Deutschen Roten Kreuz, bei der DLRG, der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger, beim THW, in der Arbeiterwohlfahrt, ich könnte hier noch eine Vielzahl von Institutionen aufzählen, die dort ein Ehrenamt ausüben, genauso wichtig sind.
Der stillschweigende gesellschaftliche Konsens der zu Ende gehenden Industriegesellschaft lautet: Eine Wirtschaft mit ständigem Wachstum stellt volle Erwerbsplätze zur Verfügung. Aus den Erträgen der Erwerbsarbeit werden ein rapide wachsender Lebensstandard und die soziale Sicherung bezahlt. Für die soziale Umverteilung sorgt ein väterlicher Wohlfahrtsstaat. Was wir aber zurzeit erleben, gerade auch bei den Haushaltsberatungen, ist das starke Bröckeln dieses ungeschriebenen Gesellschaftsvertrags. Die großen Umbrüche unserer Zeit führen zu einer neuen Ausbalancierung der Verhältnisse von Staat, Gesellschaft und Wirtschaft. Die Veränderung mit einer historisch einmaligen Schnelligkeit erleben wir alle. Moderne Produktionsverfahren, weltumspannende Telekommunikation und natürlich auch die soziale Sicherung stehen aufgrund der engen Koppelung an
die Erwerbsarbeit und einer hohen Arbeitslosigkeit unter finanziellem und demographischem Druck, und das muss umgebaut werden.