Protokoll der Sitzung vom 26.01.2006

ein Argument, was man erwägen müsste. Ich glaube, es sind einige Prüfungen notwendig, aber wenn der Innensenator dann diese Fragen geklärt hat und ein schlüssiges Konzept vorlegt, kann ich mir vorstellen, dass dies auch hier in Bremen einmal im Einvernehmen in einem Modellversuch, vielleicht von einem Jahr, stattfinden kann. Jedenfalls scheinen mir Argumente recht schlüssig zu sein, dies zu tun.

Lassen Sie mich abschließend noch einmal über einige Grundannahmen reden! Wir haben mit der Polizei eine Institution, die so etwas wie der Ausputzer der Nation ist, sie ist mit allen sozialen, gesellschaftlichen Problemen, sozusagen der Rückseite unserer Hochglanzgesellschaft konfrontiert, und das soll sie für uns regeln. Wir kommen auch gleich noch auf das Ordnungsrecht, das wollen wir ja anschließend noch einmal debattieren, obwohl ein Teil, der Landesteil des Gesetzes, hier auch verankert ist. Das ist eine Aufgabe, die teilweise natürlich eine große Überforderung ist, weil Polizei nicht der Staubsauger der Nation ist, der alle sozialen Probleme im Nachhinein für uns regelt. Manchmal müssen wir einfach auch durch soziale, gesellschaftliche, wirtschaftliche Aktivitäten die Probleme selbst regeln und sie nicht an die Polizei weiterschieben.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Die Maßnahmen, die Sie vorschlagen, werden wir wie bisher auch an dem messen, was sie für eine Bürgerin oder einen Bürger von Bremen und Bremerhaven konkret bedeuten. Innere Sicherheit ist ein extrem anfälliges Terrain, und zwar ganz unabhängig von der Parteizugehörigkeit, für große Symbolik, große Taten, riesige Gesetzespakete, tausende von Seiten, die aufgeschrieben werden. Gemacht werden müssen sie dann im kleinen und tagtäglichen Betrieb, und dann sieht es ganz oft ganz anders aus, als die große Politik das manchmal dann vorgaukeln möchte.

Ich glaube, dass wir zwischen der ersten und zweiten Lesung der Gesetze noch sehr viel Arbeit haben. Wir haben hier in diesem Haus keinen Innenausschuss, an den wir das überweisen könnten. Wir können aber meines Erachtens, obwohl wir in der Innendeputation darüber gesprochen haben, allerdings nicht über alle Details, das Thema natürlich noch einmal in der Sitzung der Innendeputation zwischen den Beratungen aufrufen.

Ich hatte mit der Elektroimpulswaffe einen Punkt genannt, wo ich die Situation sehr unbefriedigend fand. Wir haben dort keinerlei Gutachten, keine Expertenanhörung, gar nichts haben wir gemacht. Ein ordentliches Parlament würde das machen, bevor es die Ermächtigung zu einer solchen Waffe dann herausgibt. Ich glaube, dass wir das noch tun könnten.

Auch die Frage, wer der beste Innensenator ist, der, der zehnmal das Polizeigesetz geändert hat, oder der, der sechsmal das Polizeigesetz geändert hat, können wir so nicht beantworten, sondern die Frage, wer Er

folg im Bereich der inneren Sicherheit hat, stellt sich und wird beantwortet tagtäglich in ganz kleinen Dingen. Sie müssen Leserbriefe lesen, wie Menschen manchmal enttäuscht sind, wenn sie mit ihren Problemen, wenn es nur kleine Straftaten sind, kommen und dann keine Berücksichtigung finden. Dort entwickelt sich auch nicht nur objektive, sondern auch subjektive Sicherheit.

Ich glaube, dass wir auch in den kommenden Haushaltsberatungen, ich sage das hier gerade als Grüner, einen Schwerpunkt darauf legen sollten, die Grundlage für diese tägliche Arbeit der Polizei in Bremen und Bremerhaven nicht zu zerstören. Es gibt immer eine untere Grenze, unter die Sie nicht gehen dürfen, ohne dass eine Organisation nicht mehr in der Lage ist, ihre Aufgaben zu erfüllen. Lassen Sie uns gemeinsam darüber befinden, dass wir dies für die Polizei Bremen und Bremerhaven nicht wollen, sondern diese Grundlagen gemeinsam erhalten! – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das Wort erhält der Abgeordnete Tittmann.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich lasse den Anwesenden noch ein bisschen Zeit, damit sie hinauslaufen können, weil sie die Wahrheit einmal wieder nicht ertragen können.

Meine Damen und Herren, erstens, Herr Herderhorst, wie sieht das denn mit dem Kampf gegen den zunehmenden Linksextremismus aus? Dazu haben Sie sich nicht geäußert, Herr Dr. Güldner hat sich dazu auch nicht geäußert. Zweitens, Herr Dr. Güldner, wenn Sie die Zahlen, die Sie vorhin genannt haben, einer steigenden Kriminalität, hier zu Recht benannt haben, dann frage ich mich, warum Sie diese Zahlen, die ich Ihnen damals schon benannt habe, immer als Erstes vehement abgestritten haben und der Erste waren, der immer dazwischengeschrien hat, dass ich sozusagen lügen würde oder dass die Zahlen und Fakten nicht stimmen würden. Da waren Sie der Erste. Nun muss ich ja zu der Erkenntnis kommen, dass Sie auch einmal langsam vernünftig werden.

Meine Damen und Herren, der vorliegende Gesetzentwurf, der zur Beschlussfassung vorliegt, ist aus meiner Sicht überflüssig, weil der so genannte Verfassungsschutz seinem Wesen nach auch nach Inkrafttreten dieses Gesetzes so überflüssig ist wie ein Kropf. Nun will ich Ihnen einmal die Geschichte und die Skandale des Verfassungsschutzes erzählen. Wer die Geschichte dieses Geheimdienstes bundesweit mit seinen vielen Skandalen, seinen kriminellen Drahtziehern, kriminellen Agenten und kriminellen Aktionen betrachtet,

(Zuruf des Abg. K n ä p p e r [CDU])

muss zu der Erkenntnis kommen, dass diese Einrichtung zu einer ungeheuren Schande für den freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat geworden ist. Das schändliche Treiben von unzähligen Agenten

(Abg. K n ä p p e r [CDU]: Beim Verfas- sungsschutz ist keiner kriminell!)

dieser mit riesigen Summen aus den Steuerkassen unterhaltenen Institution begann bereits – und jetzt sollten Sie einmal zuhören, wenn Sie es können – mit dem ersten Verfassungsschutzpräsidenten Otto John. Er ging als Landesverräter, der der Bundesrepublik Deutschland sehr schwer geschadet hat, in die Geschichte ein. Bereits 1954, also dreieinhalb Jahre nach seinem Amtsantritt,

(Abg. S c h m i d t m a n n [Bündnis 90/Die Grünen]: Zum Thema, Herr Tittmann, zum Thema!)

setzte er sich nach Ostberlin ab, um dort im verbrecherischen SED-System als Agent gegen die Bundesrepublik zu wirken. So prangerte er unter anderem auch Ihren Kanzler Adenauer als Feind des Friedens und Kriegshetzer an. Als John ein Jahr später wieder in der BRD auftauchte, wurde ihm wegen Landesverrats der Prozess gemacht. Schließlich wurde der oberste Verfassungsschützer 1956 zu vier Jahren Zuchthaus verurteilt.

Meine Damen und Herren, die „Nationalzeitung“ hat immer wieder die unglaublichen und unendlichen Skandale des Verfassungsschutzes unter die Lupe genommen und umfangreiche Aufklärungsarbeit betrieben und über Vorgänge und Hintergründe berichtet,

(Abg. K n ä p p e r [CDU]: Herr Tittmann, reden Sie doch einmal zum Thema!)

von denen die meisten Bürger und Sie auch nicht nicht einmal im Entferntesten etwas ahnten. So berichtete die „Nationalzeitung“ – Dr. Frey, Herausgeber der „Nationalzeitung“ – schon seit Jahrzehnten über zahlreiche personelle Irrsinnsentscheidungen bezüglich der Führung dieses Geheimdienstes, Rücktritte und Verurteilungen von Verfassungsschützern und Bossen und deren nützlichen Idioten.

(Zurufe von der SPD)

Erst im vergangenen Jahr 2005 wurde der oberste Chef des Geheimdienstes Holger Pfahls sogar von Interpol wegen krimineller Machenschaften weltweit gesucht

(Abg. K n ä p p e r [CDU]: Erzählen Sie doch auch einmal etwas zu Canaris!)

und zu zwei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt.

(Abg. K n ä p p e r [CDU]: Reden Sie doch einmal zum Thema!)

Ich weiß, das hören Sie nicht gern!

(Glocke)

Herr Abgeordneter! Ich bitte erst einmal, hier in diesem Hause zu respektieren, dass Äußerungen der Präsidentin nicht kommentiert werden, von niemandem! Zweitens bitte ich Herrn Tittmann, zum Thema zu reden!

(Abg. T i t t m a n n [DVU]: Das ist zum Thema!)

Wir debattieren hier die Vorlagen der bremischen Gesetze, und ich bitte, sich darauf zu beziehen!

Auf alle Fälle hat der Verfassungsschutz bundesweit Agenten eingesetzt, die nur einzig und allein dazu dienten, um die Rechten zu kriminalisieren. Ich kann hier unendlich viele Namen nennen, und das dürfte Ihnen auch sogar bekannt sein. Meine Damen und Herren, die Skandale des Verfassungsschutzes insgesamt füllen inzwischen Bücherregale. Darum ist es dringend erforderlich, dass sich die Mehrzahl der Bürgerinnen und Bürger durch die „Nationalzeitung“ über die unendlich schmutzigen Aktionen des Verfassungsschutzes informieren.

Ich denke einmal, ich muss es ja jetzt leider abkürzen,

(Abg. K n ä p p e r [CDU]: Da hat ihm je- mand etwas Falsches aufgeschrieben!)

meine Damen und Herren, der so genannte Verfassungsschutz wird zwecks Sicherung von Machtinteressen der Altparteien gegen politisch Unbequeme rücksichtslos eingesetzt, die jedes Jahr Unsummen an Steuergeldern verschlingen, und das können wir uns in dem völlig ruinierten Bundesland Bremen nicht mehr länger leisten. Darum wäre es zweckmäßiger und sinnvoller, diese für äußerst dubiose Aktionen des Verfassungsschutzes verschwendeten Geldmittel zugunsten einer dringend notwendigen Verstärkung der Polizeibehörde zu verwenden. Dafür wird sich die Deutsche Volksunion zum Schutz unserer Bürgerinnen und Bürger immer und zu jeder Zeit einsetzen. Die vorliegenden Gesetzentwürfe zum Verfassungsschutz werde ich im Interesse der Bürger ablehnen.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grü- nen]: In Ihrem eigenen Interesse ist das doch!)

Darüber hinaus ist zu erwähnen, dass Ihre unsoziale, verfehlte Polizeireform auf Kosten der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten erbärmlich gescheitert ist.

Nun kommen wir noch einmal zur Videoüberwachung! Aus der Mitteilung des Senats und dem Erfahrungsbericht geht eindeutig hervor, dass eine Videoüberwachung im öffentlichen Raum durchaus als ein Teil der Kriminalitätsbekämpfung angesehen werden kann, meine Damen und Herren, aber eben nur zum Teil anzusehen ist. Eine zum Teil erfolgreiche Videoüberwachung darf aber niemals über die Tatsache hinwegtäuschen, dass Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte und uneingeschränkt geöffnete Polizeireviere vor Ort niemals, aber auch niemals zu ersetzen sind. Hier wird von Seiten des Senats in einem so genannten Erfahrungsbericht und mit einer blödsinnigen Plakataktion „Wir sind ganz in Ihrer Nähe“, was ja auch gar nicht stimmt, unserer Bevölkerung ein nicht vorhandenes Sicherheitsgefühl suggeriert. Damit belügen, betrügen und täuschen Sie unsere Bevölkerung. Sie wollen mit dieser Diskussion der Videoüberwachung und mit diesem so genannten Erfahrungsbericht unseren Bürgerinnen und Bürgern einreden, dass trotz des zunehmenden Stellenabbaus bei der Polizei und der unverantwortlichen Nachtschließungen von Polizeirevieren die Sicherheit durch Videoüberwachung wie bisher gewährleistet ist.

Meine Damen und Herren, dass das nicht stimmt, das kann Ihnen jedes fünfjährige Kind erklären. Sie können und Sie werden mit dieser Videoüberwachungs-Scheinalibi-Diskussion unsere Bürgerinnen und Bürger nicht darüber hinwegtäuschen, dass zum Beispiel Finanzsenator Nußbaum mit seinen Sparorgien gerade im sehr wichtigen Bereich der inneren Sicherheit trotz vielleicht vermehrter Videoüberwachung die innere Sicherheit des Landes Bremens gefährdet.

Ihnen noch einmal zur Erinnerung: Jährlich gehen zirka 80 Polizeibeamtinnen und -beamte in Pension. Bis zum Jahr 2005 konnte diese Quote durch Neueinstellungen gerade noch, ich sage bewusst, gerade noch, in etwa aufgefangen werden, aber ab 2006 will Finanzsenator Nußbaum meines Wissens hier nur noch 25 Neueinstellungen zulassen. Da können Sie noch so viele Überwachungskameras im öffentlichen Raum installieren, mit einem solch überdurchschnittlichen, unverantwortlichen Personalmangel bei der Polizei werden Sie niemals, aber auch niemals eine effektive und schnelle innere Sicherheit zum Schutz unserer Bürgerinnen und Bürger gewährleisten können. Das geht gar nicht, vor allen Dingen nach den aktuellen schrecklichen Ereignissen im Bereich der berühmt-berüchtigten Bremer Diskomeile, die gerade in den letzten Tagen durch einen blutigen und ausländischen Türsteherkrieg das Land Bremen wieder einmal in Verruf gebracht hat.

Meine Damen und Herren, wenn Sie noch so viele Überwachungskameras in dieser Meile installie

ren würden, wenn Sie noch so viele kurzfristige polizeiliche Scheinalibikontrollen durchführen und diese in einer Selbstbeweihräucherung als großartigen Erfolg feiern würden, die Bevölkerung glaubt Ihnen schon lange nicht mehr, erstens, weil verstärkte Polizeikontrollen oft nur von kurzer Dauer sind, die immer nur dann durchgeführt werden, wenn vorher etwas Schreckliches passiert ist, um die Bevölkerung quasi zu beruhigen, und zweitens: Wie wollen Sie zum Beispiel auf dieser so genannten Diskomeile oder anderem öffentlichen Raum durch vielleicht geplante Videoüberwachung ein schnelleres, effektiveres polizeiliches Eingreifen zum Schutz unserer Bürgerinnen und Bürger umsetzen, zumal jetzt schon Racheakte anderer ausländischer Türsteher zu befürchten sind?

Meine Damen und Herren, Tatsache ist doch, dass Sie aufgrund unverantwortlichen Personalmangels bei der Polizei, trotz Videoüberwachung im öffentlichen Raum den in der Mehrzahl ausländischen Gewalttätern, ausländischen Jugendbanden und der zum größten Teil organisierten ausländischen Kriminalität insgesamt schon lange das Feld kampflos überlassen haben. Nur wollen Sie diese Tatsache trotz jahrelanger Mahnungen und Warnungen der Deutschen Volksunion und eindeutiger Statistiken, Herr Dr. Güldner hat es gesagt, nicht wahrhaben. Wenn Sie mir immer noch nicht glauben, dann fragen Sie doch einmal unsere insgesamt frustrierten Polizeibeamtinnen und -beamten,

(Abg. Frau M a r k e n [SPD]: Das ist ja eine Unverschämtheit! – Glocke)

die dank Ihrer niederträchtigen Einsparungen jeden Tag unterbezahlt, ohne politischen Rückhalt und unter Lebensgefahr mutig gegen Windmühlen ankämpfen müssen.

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist zu Ende!

(Abg. T i t t m a n n [DVU]: Dann komme ich gleich noch einmal wieder! Ich melde mich jetzt schon einmal! Ich melde mich schon einmal!)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Wedler.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zu den Ausführungen von Herrn Tittmann möchte ich nichts sagen, denn er hat ja zu den Gesetzestexten hier nichts erzählt.