Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zu den Ausführungen von Herrn Tittmann möchte ich nichts sagen, denn er hat ja zu den Gesetzestexten hier nichts erzählt.
Ich habe nur wahrgenommen, dass er die Gesetze ablehnen wird. Das heißt, er hat sich innerlich nicht
damit beschäftigt. Ich interpretiere das so, dass die DVU offensichtlich zu diesem schwierigen Komplex, der sich mit den Bürgerrechten auf der einen Seite und mit dem Thema innere Sicherheit und staatliche Eingriffsbefugnisse in diesem Bereich auf der anderen Seite beschäftigt, nichts zu sagen hat. Das, denke ich, ist ein Armutszeugnis für die DVU hier.
was meine Redezeiten anbetrifft. Die ersten Redner der Fraktionen haben ja insgesamt 30 Minuten, ich habe nach Geschäftsordnung zu reden, das heißt nur zehn Minuten. Da Sie alle vier Punkte zusammengefasst haben, habe ich nun das Problem, wie gehe ich jetzt damit um. Bei vier Punkten könnte ich theoretisch viermal drei Minuten reden, das will ich aber nicht. Ich habe deswegen in dieser Situation meine Redebeiträge zweigeteilt. Ich werde mich also zunächst einmal mit dem Verfassungsschutzgesetz und mit dem Gesetz zu den Rechtsetzungsbefugnissen beschäftigen, und im Anschluss daran werde ich mich noch einmal melden und dann zum Polizeigesetz und zur Videoüberwachung etwas sagen.
Zu dem Verfassungsschutzgesetz möchte ich eine Vorbemerkung machen. Sie ist notwendig, es wird auch in der Begründung des Gesetzes ständig darauf hingewiesen. Die rotgrüne Bundesregierung hat nämlich unter dem Beifall der CDU unmittelbar nach den Anschlägen vom 11. September 2001 die umfassendsten Sicherheitsgesetze auf den Weg gebracht, die es in der Geschichte der Bundesrepublik jemals gegeben hat. Die SPD, die CDU und Bündnis 90/Die Grünen haben damals im Hauruckverfahren in einer riesigen Zahl von einzelnen Gesetzesänderungen Bürgerrechte ausgehebelt. Interessanterweise hat sich damals auch die grüne Fraktion widerstandslos zum Erfüllungsgehilfen der Schilys und Becksteins machen lassen. Ich bin froh, dass sich die große Koalition hier in Bremen dafür entschieden hat, von solchen Schnellschüssen abzusehen und erst heute einen Gesetzentwurf mit einer Neufassung für das Verfassungsschutzgesetz vorlegt.
Doch ganz ehrlich, wenn man jetzt einmal das Ergebnis vergleicht mit dem, was im Bund passiert ist, dann muss man leider feststellen, dass das Ergebnis nicht sehr überzeugend ist. Wenn man nur die Überschrift des Verfassungsschutzgesetzes nimmt, das müsste eigentlich heißen Gesetz zum Abbau von Bürgerrechten durch den Verfassungsschutz. Sie behaupten nämlich, dass es nur um die Übertragung bundesrechtlicher Bestimmungen insbesondere aus dem so genannten Terrorismusbekämpfungsgesetz gehe.
Das ist so nicht richtig! Wir von der FDP haben die sehr begründete Befürchtung, ich bin sogar der Überzeugung, dass der Gesetzentwurf insbesondere bei den besonderen Befugnissen und im Bereich der Wohnraumüberwachung weit über das Ziel hinausschießt. Zugleich haben wir große Probleme mit dem gesamten Abschnitt, der sich mit der Informationsübermittlung beschäftigt, insbesondere also die Paragraphen 18 folgende.
Bei den besonderen Befugnissen des Landesamtes für den Verfassungsschutz, die in Paragraph 7 geregelt sind, geht es unter anderem um die Informationsbeschaffung bei Kreditinstituten, Finanzdienstleistern und ähnlichen Unternehmen, bei Luftfahrtunternehmen, bei Postdienstleistern, bei CK- und Teledienstunternehmen. Die verpflichteten Unternehmen müssen kostenlos Auskünfte geben, auch wenn die Auskunftserteilung mit Aufwand verbunden ist. Einbezogen in die Beauskunftung können völlig Unbeteiligte sein. Zwar ist die Auskunftserteilung nur im Einzelfall erlaubt, da die Zwecke beziehungsweise die Aufgaben des Landesamts für Verfassungsschutz jedoch recht offen und unbestimmt sind, ist diese Einschränkung nicht besonders eng. Im Übrigen gibt es auch eine Vielzahl von Einzelfällen, wenn man sich mit einer ganzen Gruppe beschäftigt. Ich kann die Bedenken des Landesbeauftragten für den Datenschutz an dieser Bestimmung völlig teilen und sehr gut nachvollziehen.
Meine Damen und Herren, es soll in Bremen jetzt erstmals auch im Verfassungsschutzgesetz der Lauschund Spähangriff in und aus Wohnungen, sprich der verdeckte Einsatz technischer Mittel im Schutzbereich von Artikel 13 Grundgesetz, erlaubt werden. Eine solch einschneidende Maßnahme würde im Vorfeld eines Anfangsverdachtes intensivste Eingriffe in den Kernbereich der Privat- und Intimsphäre auch völlig unverdächtiger Personen erlauben. In diesem Zusammenhang möchte ich auf drei Punkte besonders hinweisen.
Erstens: Der Einsatz von Lauschmitteln in Wohnungen darf sich zwar nur gegen verdächtige Personen richten, das bedeutet aber keinesfalls, dass damit der Eingriff ausschließlich in der Wohnung des Verdächtigen vorgenommen werden dürfte. Es können auch Wohnungen völlig Unverdächtiger verwanzt werden, wenn sich die verdächtigte Person dort möglicherweise aufhält. Es gibt also keinen Schutz für Unverdächtige und bloße Kontaktpersonen wie zum Beispiel Familienangehörige oder Freunde. Damit werden unkalkulierbar viele unverdächtige Personen involviert und in ihren intimsten Bewegungen überwacht mit einer Eingriffsintensität, die weitaus höher ist als etwa bei der Telefonüberwachung oder bei der Wohnungsdurchsuchung.
Zweitens: In der Legalisierung des Lausch- und Spähangriffs werden stillschweigend auch zwangsläufig damit verbundene Maßnahmen erlaubt, beispielsweise der Einbruch in die auszuforschende Woh
Drittens: Die Verfahrenssicherung in diesem Zusammenhang, also die richterliche Vorabkontrolle, ist meines Erachtens völlig unzureichend ausgestaltet.
Fazit für uns in der FDP in diesem Zusammenhang: Die Absicherung privater Räume vor staatlicher Überwachung war der historische Grund für die verfassungsrechtliche Verankerung des Grundrechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung. Um dieses elementare Grundrecht nicht noch weiter auszuhöhlen, ich erinnere auch an den großen Lauschangriff im Zusammenhang mit der Strafverfolgung beziehungsweise im Polizeigesetz, rate ich dringend davon ab, geheimdienstliche Lausch- und Spähangriffe in dieser umfassenden Form in Bremen zu legalisieren.
Das neu gefasste Verfassungsschutzgesetz geht zwar weiterhin, ein nächster Punkt, von der organisatorischen Trennung von Polizei- und Verfassungsschutz aus, es wird aber ein enger Informationsverbund zwischen den beiden Bereichen hergestellt. Die funktionale Trennung zwischen den Bereichen wird hierdurch partiell aufgehoben.
Dies gilt im Übrigen auch für andere Behörden, die sich im Informationszugriff des Verfassungsschutzes befinden. Der gesamte vierte Abschnitt des Gesetzes, der die Informationsübermittlung betrifft, belegt dies ganz eindrucksvoll. Wir in der FDP haben erhebliche Zweifel, ob dies dem auch von uns geforderten und unterstützten Trennungsgebot von Verfassungsschutz und Polizei noch entspricht und ob die umfassenden Datenübermittlungsgebote und Registereinsichtsrechte verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen.
Ein weiterer Punkt: Das Gesetz wimmelt nur so von unbestimmten Rechtsbegriffen, die letztendlich nur von den Gerichten inhaltlich bestimmt werden können. Dies gilt auch für die vielen datenschützerischen Begriffe, zum Beispiel das Erforderlichkeitsprinzip oder die schutzwürdigen Interessen, die hier häufig benannt werden. Es wird Datenschutz im Grunde genommen nur vorgegaukelt. Die bestehende oder die gewünschte Praxis der Verwaltung wird einfach im Gesetz festgeschrieben und damit auch für die Arbeit des Datenschutzbeauftragten verbindlich gemacht, denn der kann nur im Rahmen ihm vorgegebener Gesetze überhaupt kontrollieren und tätig werden.
Die Abstimmung mit dem Datenschutzbeauftragten, obwohl zugesagt, ist nach meiner Kenntnis, und ich stütze mich dabei auf Presseerklärungen und auf die Stellungnahme des Senats im 27. Tätigkeitsberichts des Datenschutzbeauftragten, nicht zufriedenstellend abgeschlossen worden. Herr Kleen hat das
vorhin, glaube ich, auch angedeutet, dass das noch nachgeholt werden soll, offensichtlich jetzt nach der ersten Lesung und bis zur zweiten Lesung. Bei einem so wichtigen Gesetz wäre eine Abstimmung mit dem Datenschutzbeauftragten aber dringend notwendig gewesen: Wo soll Datenschutz eigentlich in unserer heutigen Zeit überhaupt stattfinden? Das geht doch nur im vorgelagerten gesetzgeberischen Bereich, wenn den Diensten oder den staatlichen Institutionen Grenzen gesetzt werden für ihre Eingriffe in geschützte Privatrechte des Bürgers. Ich kann also aus diesen genannten Gründen dem Verfassungsschutzgesetz nicht zustimmen, werde es also ablehnen.
Noch eine kurze Anmerkung zu dem Tagesordnungspunkt 34 mit den Rechtsetzungsbefugnissen! Ich habe keine grundsätzlichen Probleme, diesem Gesetz zuzustimmen. Das ist ein Landesgesetz, das den beiden Kommunen Bremen und Bremerhaven Möglichkeiten gibt, tätig zu werden.
Gut, das wusste ich nicht, das nehme ich zur Kenntnis, dann haben sie es schon! Sie werden aber möglicherweise das dann vielleicht ändern müssen vor dem Hintergrund dieses Gesetzes. Heute Abend wird die Stadtbürgerschaft dazu diskutieren, das ist außerhalb meiner Tätigkeit hier in diesem Gremium. Ich werde mich gleich noch einmal melden zu dem Thema Polizeigesetz. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zunächst vorangestellt, Herr Dr. Güldner, ich habe Sie nur hier zitiert.
Wenn das nicht mehr Ihre Meinung ist, dann nehme ich das gern zur Kenntnis, aber das war Ihr Kommentar zu diesen einzelnen Komplexen, die wir hier heute beraten.
Zweiter Punkt, auf Herrn Tittmann will ich ansonsten nicht näher eingehen, will ihm nur sagen, Sie hören ja nicht einmal richtig zu! Ich habe weder von Linksnoch von Rechtsextremismus gesprochen, sondern nur von Extremismus, und das umfasst alles!
Ich habe mittlerweile soviel aufgeschrieben, dass ich nicht mehr weiß, wo ich anfangen soll, und ich will auch nicht unbedingt noch zehn Minuten hier ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
reden. Zunächst sage ich noch einmal zu Herrn Wedler, zu den Bürgerrechten, und das gilt auch in großen Teilen für Herrn Dr. Güldner und die Grünen, das ist alles richtig, aber wenn beispielsweise die datenschutzrechtlichen Fragen hier im Vorfeld geklärt sind, dann sind sie geklärt. Es ist in diesem Fall so, deswegen können Sie nicht mutmaßen. Sie sind nicht in der Innendeputation, insofern habe ich dafür noch ein gewisses Verständnis. Sie haben da aber ganz offenbar ein Defizit genauso wie bei der Regelung in Bremerhaven, die Ihnen offenbar nicht bekannt war, die aber schon seit längerem läuft, hier sogar schon in der Debatte benannt wurde. Das dazu! Ansonsten kann ich Ihnen nur sagen, wir jedenfalls sind in allen Feldern immer dafür zu haben, wenn es um Opferschutz vor Täterschutz geht und nicht umgekehrt.
Meine Damen und Herren, die Ausführungen von Herrn Dr. Güldner weisen im Grunde auch darauf hin, dass wir natürlich hier die Bürgerrechte zu berücksichtigen haben, das ist keine Frage. Ich behaupte aber auch genauso, dass diese Bürgerrechte geschützt werden müssen, und zwar insofern geschützt werden müssen, als wir bestimmte Instrumentarien schaffen, die diesen Schutz auch ermöglichen, nämlich insbesondere durch die Verfolgungsbehörden. Insofern macht es wenig Sinn, sich jetzt immer nur auf Bürgerrechte zu beziehen und was wir alles nicht dürfen, sondern wir sollten eher darüber reden, was möglich ist.
Ich kann Ihnen nur zum Thema Wohnraumüberwachung einmal empfehlen, diesen Artikel in einer BDK-Zeitung zu lesen, rechtliche und kriminaltaktische Anmerkung zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur akustischen Wohnraumüberwachung unter präventiven Gesichtspunkten! Darin ist unter anderem enthalten, wie schwer es ist, jetzt mit diesen restriktiven Positionen des Verfassungsgerichts umzugehen in der täglichen praktischen Arbeit, wie schwer es ist, sich in organisierte Kriminalitätsstrukturen hineinzuarbeiten, wenn man keine entsprechenden Rechtsgrundlagen hat, die einem dann auf diese Weise entzogen sind. Das ist der Punkt, wo man sich entscheiden muss, in der Tat, will man wirklich Schutz erreichen, und will man die Erkenntnisse, die vorhanden sind, entsprechend auch auswerten und dann gezielt dagegen vorgehen, oder will man unter dem Mantel der Bürgerrechte und der Annahme, dass nun gleich alle Bürger betroffen sind, andere Positionen beziehen.
Man muss auch endlich einmal mit der Mär aufhören, als gehe es darum, dass Polizeibeamtinnen und -beamte auf der Grundlage solcher Bestimmungen nun jedwede Kontrolle, jedwede Überwachung, jedwede Durchsuchung vornehmen. Dem ist doch absolut nicht so, und dafür gibt es auch keine Belege, sondern im Gegenteil, es handelt sich hier um die Be
Dies akzeptieren wir jedenfalls, wenn Sie damit Probleme haben, dann müssen Sie die vertreten, ich kann mich dem jedenfalls nicht anschließen, und deswegen sage ich, auch diese Regelungen im Polizeigesetz, die wir jetzt noch nachträglich wieder aufgenommen haben, dienen allesamt dazu, immer nur in diese kriminellen Machenschaften einzudringen und dort entsprechend wirken zu können.
Vielen Dank, Herr Kollege! Sehe ich es richtig, dass wir auch auf der Basis der jetzt schon geltenden Rechtslage, das neue Gesetz kommt ja erst noch, nach den Ereignissen auf der Diskomeile umfangreiche Kontrollen, Vollsperrungen der Hochstraße, des Rembertirings durchgeführt haben, dort, wo diese Schwerstkriminalität stattgefunden hat, dass dies bereits möglich war aufgrund der geltenden Gesetze?
Ich habe das vorhin gesagt. Ich habe gesagt, dass wir bislang die Praxis hatten, Gefahrenorte festlegen zu können, nämlich dass der Polizeipräsident sagt, hier ist ein Brennpunkt, das ist ein Gefahrenort, und da können solche Maßnahmen vorgenommen werden. Weil wir das können, besteht eigentlich dann erst recht kein Grund, diese Kontrollen in diesem Rahmen, wie es jetzt im Gesetz vorgesehen wird, durchzuführen, weil es dann eine allgemeine Rechtslage gibt. Hinzu kommt, auch das habe ich vorhin gesagt, dass wir in der Tat in der Praxis feststellen, dass die Beamten bei Kontrollen, bei Verkehrskontrollen beispielsweise, sich darauf berufen, zeigen Sie einmal den Verbandskasten, oder zeigen Sie einmal das Warndreieck und so weiter, tatsächlich aber nicht dieses Dreieck sehen wollen, sondern im Grunde gleich andere Feststellungen treffen wollen, wenn sie denn festzustellen sind. Das ist das Problem, und deswegen würden wir hier über diesen Weg Abhilfe schaffen. Hinzu kommt natürlich, auch das will ich nicht ausklammern, dass wir zugebenermaßen zwar nur eine recht kleine EU-Außengrenze haben, aber immerhin haben wir eine, auch von daher macht es viel Sinn, hier eine solche verdachtsunabhängige Kontrolle einzurichten.
Ich will nur noch sagen, weil ich, wie gesagt, nicht zu lange ausführen möchte, was beispielsweise die Videoüberwachung auf dem Bahnhofsvorplatz anbelangt, so wiederhole ich mich gern. All dies kann nur ergänzend zu anderen Maßnahmen der Polizei laufen, völlig klar! Das ist von daher nur ein Mosaiksteinchen in dem Bereich, in dem wir hier andere Maßnahmen vornehmen müssen.
Aus der Vergangenheit will ich einmal schildern, wie das denn lief. Da hatten wir eine mobile Wache am Bahnhof stehen, wunderbar. Jeder Bürger sah das Auto, ganz toll, und das wirkt in der Tat erst einmal natürlich auch präventiv. Die Drogenhändler aber, die da am Werke waren, haben sehr schnell gemerkt, welchen Hintergrund das Ganze hatte, nämlich den, dass sie, wenn sie festgenommen wurden, der Wache zugeführt wurden, durchsucht wurden, es wurden möglicherweise auch Drogen festgestellt, Haftbefehl wurde aber nicht erlassen, und wenn der Beamte gerade wieder an der mobilen Wache eingetroffen war, dann kam der, den er vorher festgenommen hatte, vorbei und hat ihn freundlich gegrüßt.
Dieses Spielchen ist wahrlich auch kein Entlastungsmoment für die Polizei. Deswegen ist diese Maßnahme, wie wir sie hier im Probelauf hatten, durchaus positiver und kann dazu führen, dass wir unabhängig von Statistik, die sicherlich auch wichtig ist – ich habe aber auch über subjektive Eindrücke vorhin berichtet –, davon ausgehen können, dass diese Maßnahme durchaus fruchtbringend ist.