Wer das Gesetz zur Änderung des Bremischen Abgeordnetengesetzes, Abschaffung des Übergangsgeldes für Abgeordnete, Drucksache 16/42, in erster Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Bericht des Vorstandes der Bremischen Bürgerschaft nach Paragraph 24 des Bremischen Abgeordnetengesetzes vom 2. Oktober 2003
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Diätenkommission hat eine Empfehlung unterbreitet, eine rechnerische Empfehlung, aber keine politische Empfehlung. Die Diätenkommission hat in ihrem Bericht darauf hingewiesen, dass die Entscheidung über die Höhe der Diäten allein in der Verantwortung der Bremischen Bürgerschaft steht, dass das Entscheidungsrecht allein beim Parlament liegt, aber man muss hinzufügen, das ist hier ja nicht nur ein Recht, sondern das ist auch eine Pflicht, weil wir die Pflicht zur Entscheidung über die Höhe der Diäten an niemand anderen delegieren können. Wir haben auch keinen Tarifpartner, mit dem wir über die Höhe der Diäten verhandeln könnten, sondern wir müssen das in eigener Verantwortung entscheiden und letztlich auch gegenüber der Öffentlichkeit allein vertreten.
Damit sind wir wieder, wie eigentlich jedes Jahr, bei der alten und immer neuen Frage: Wie soll dieses bremische Gemeinwesen eigentlich die Abgeordneten bezahlen, welche Höhe soll es sein? Da ist mir eingefallen, dass der durchaus uns mit Kritik begleitende Verwaltungswissenschaftler Professor von Arnim einmal gesagt hat, das bewegt sich eigentlich im Spannungsfeld von zwei Polen, über die wir nachdenken müssen und zwischen denen sich unsere Entscheidung bewegt. Auf der einen Seite sollen Parlamentarier ordentlich bezahlt werden. Das hat seinen Grund darin, dass es sich nicht nur Reiche erlauben können, solche Ämter anzunehmen. Das würde der parlamentarischen Demokratie nicht gut tun. Auf der anderen Seite sollen solche Ämter aber nicht deswegen angestrebt werden, weil es eine gute Bezahlung gibt. Dazwischen soll es sich bewegen, so sagt von Arnim. Das ist ein hoher Anspruch, und da kommt man der Sache nicht so richtig näher. ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
Die Diätenkommission hat uns nun eine Empfehlung gegeben. Wir haben in Bremen, wir haben in der letzten Bürgerschaftssitzung auch schon darüber gesprochen, die Einrichtung im Abgeordnetengesetz, dass eine Kommission, besetzt aus Vertretern verschiedener gesellschaftlicher Gruppen, einen Vergleich unserer Einkommen mit dem vornimmt, wie sich allgemein die Einkommensentwicklung darstellt. Da ist die Diätenkommission jetzt zu dem Ergebnis gekommen, dass sich eine rechnerische Anpassung von 2,16 Prozent ergeben würde.
Ich habe schon in der letzten Debatte darauf hingewiesen, dass es durchaus eine Besonderheit ist, dass unsere Diäten nicht nur mit Einkommen aus Erwerbstätigkeit verglichen werden, sondern auch mit Transfereinkommen, also etwa aus Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe. Die Diätenkommission hat die Angemessenheit zu beurteilen, aber hat uns auch gleichzeitig wie übrigens in allen anderen Berichten aufgegeben, eine Abwägung vorzunehmen, und in dem Bericht heißt es, Sie werden es gelesen haben: Der Spannungsbogen, in dem wir diese Entscheidung zu treffen haben, sei einerseits, dass sich die Schere zwischen den Erwerbseinkommen und den Diäten, von denen die Diätenkommission augenscheinlich ausgeht, weiter öffnen könnte, wenn wir keine Diätenerhöhung vornehmen. Andererseits, so sagt die Diätenkommission, das sage ich einmal mit meinen Worten, hat jede Diätenanpassung auch eine politische Dimension, und deswegen müssen die politischen Rahmenbedingungen einfließen, das heißt, letztlich müssen wir uns fragen, ob wir vor der aktuellen Haushaltslage, vor den aktuellen Rahmenbedingungen in Bremen eine solche Diätenerhöhung vertreten können. Das ist die Entscheidung, die uns die Diätenkommission nicht abnimmt.
Gleichwohl möchte ich an dieser Stelle einen herzlichen Dank an die Mitglieder der Diätenkommission sagen, vor allem auch an den scheidenden langjährigen Vorsitzenden der Diätenkommission, Dr. Alfred Kuhlmann. Vielen Dank für die geleistete Arbeit in den vergangenen Jahren!
Meine Damen und Herren, wir haben, und das sollte keine Desavouierung der Diätenkommission sein, sondern sollte nur die Debatte auf ein richtiges Gleis lenken, schon vor der Bekanntgabe des Berichts der Diätenkommission als SPD-Fraktion und als CDU-Fraktion die Auffassung vertreten, dass wir in diesem Jahr auf eine Diätenerhöhung verzichten sollten.
Ich sage einmal, man sollte sich diese Entscheidung nicht ganz so einfach machen und sagen, es sei gewissermaßen selbstverständlich. Ich glaube, wir haben in der vergangenen Legislaturperiode gut daran getan, dass wir die jeweiligen rechnerischen
Anpassungsbedarfe, die die Kommission uns vorgelegt hat, auch in eine Diätenerhöhung umgesetzt haben, weil – ich will jetzt gar nicht aufnehmen, ob nun 20 Prozent oder weniger sich die Schere zwischen Erwerbseinkommen und Diäten entwickelt hat – sich natürlich irgendwann die Frage stellt, wenn Einkommen in anderen Bereichen steigen, und sie steigen auch in diesen Zeiten: Was ist eigentlich mit den Diäten? Man kann sie ja nicht auf Dauer nicht anheben, sondern man wird sich in der allgemeinen Einkommensentwicklung halten müssen.
Deswegen, meine Damen und Herren, glaube ich, dass wir an dem Grundsatz wirklich festhalten sollten, dass die kluge bremische Einrichtung einer Diätenkommission mit einer rechnerischen Anpassungsempfehlung jedenfalls im Regelfall dazu führen muss, dass wir ihr auch folgen. Die Frage ist, ob es eine Ausnahme gibt und diese Ausnahme zu sagen gebietet, wir sehen von einer solchen Diätenerhöhung ab.
Ich glaube, wir haben eine solche Ausnahmesituation, und die hat einfach damit zu tun, dass wir uns in einer Haushaltslage befinden – die nächsten Wochen und Monate werden uns mit den Haushaltsberatungen intensiv darauf hinweisen –, in der wir in vielen Bereichen nicht über Leistungszuwächse, über Mehrleistungen reden, sondern über Leistungseinschnitte und Einschränkungen, zum Teil auch schmerzliche Einschnitte reden müssen. Ich denke, es ist ein notwendiges Zeichen, das die Abgeordneten erbringen, wie schon mit der Verkleinerung des Parlaments, die leider nicht so ganz richtig nach außen wahrgenommen worden ist, dass wir jedenfalls in dieser Phase sagen, wir nehmen uns von diesen anstrengenden Einspar- und Sparbemühungen nicht aus, und wir verzichten in diesem Jahr auf die Erhöhung unserer Diäten.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Abschluss sagen, ich glaube nicht, dass wir dafür besonderen öffentlichen Beifall bekommen! Ich bin mir ziemlich sicher, wenn wir die Diäten erhöhten, dass wir dann allerdings öffentliche Aufmerksamkeit gegensätzlicher Art bekommen würden, aber letztlich ist das auch nicht die entscheidende Größe.
Ich will hinzufügen, ich glaube auch nicht, dass man sich vor Leserbriefschreibern, die es reichlich in letzter Zeit gibt, so tief verbeugen kann, dass man am Ende auch noch deren Hochachtung bekommt. Ich habe gehört, dass der Präsident überlegt hat, ob man nicht auf solche Leute zugeht, die ein, wie ich finde, falsches Verständnis der Aufgaben von Abgeordneten haben, um sich zumindest zu bemühen, mit ihnen ins Gespräch zu kommen und sie über die Arbeit, die Pflichten und die Aufgaben dieses Parlaments zu informieren.
Ich will sagen, das ist eine notwendige und richtige Entscheidung, dass wir die Diäten nicht erhöhen. Lassen Sie uns aber nicht in Kleinmütigkeit und man
gelndes Selbstbewusstsein verfallen! Wir haben als Abgeordnete eine wichtige Aufgabe, eine, die wir in erster Linie nicht für uns persönlich erfüllen, sondern die etwas mit dieser parlamentarischen Demokratie und ihrem Funktionieren in Bremen zu tun hat, und diese Aufgabe muss angemessen bezahlt werden. An diesem Grundsatz darf und sollte niemand rütteln. Dennoch wollen wir dieses Mal auf eine Diätenerhöhung verzichten. – Ich danke Ihnen!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Alljährlich diskutieren wir über den Bericht der Diätenkommission, alljährlich diskutieren und beraten wir darüber, in welcher Höhe und ob wir überhaupt die Diäten der allgemeinen Einkommensentwicklung anpassen. Wir würden sicherlich alle miteinander ein anderes Verfahren für viel glücklicher, viel angenehmer werten, wenn wir einfach sagen würden, wir passen uns der allgemeinen Einkommensentwicklung im öffentlichen Dienst zum Beispiel an, im zeitlichen Abstand Tariferhöhungen, die vereinbart worden sind, die für dieses Jahr nicht ganz unwesentlich und auch für das nächste Jahr vorgesehen sind.
Das Bundesverfassungsgericht, Herr Böhrnsen hat es ausgeführt, hat anders entschieden. Wir müssen selbst in eigener Verantwortung über die Höhe der Diäten entscheiden. Dieser Verantwortung nehmen wir uns an, und, wie es eben gerade auch schon gesagt worden ist, hierzu ist eine Diätenkommission eingesetzt worden, die jedes Jahr über die Angemessenheit und Höhe der Diäten im Vergleich zu der allgemeinen Einkommensentwicklung, auch im Vergleich zu Sozialtransfers einen Bericht vorlegt.
Wir haben es uns dabei in den vergangenen Jahren nicht leicht gemacht. Vergleiche mit der Wirtschaft müssen wir nicht scheuen, und auch an die allgemeine Einkommensentwicklung sind wir nicht angekoppelt, wie auch im Bericht der Diätenkommission plastisch dargestellt worden ist. Trotzdem haben viele Menschen den Eindruck, Politiker verdienen zu viel. Dies lässt sich in zweierlei Richtung deuten: Entweder verdienen Politiker in tatsächlicher Höhe mehr als alle anderen, oder sie verdienen mehr, als ihre Tätigkeit eigentlich wert ist. Beides, meine Damen und Herren, stimmt nicht!
Seit Jahren, und das lässt sich auch den alten Plenarprotokollen entnehmen, werden die Menschen gefragt, wie hoch sie den Verdienst der Abgeordneten schätzen würden. Das kommt auch in Leserbriefen immer wieder zum Ausdruck. Seit Jahren liegen dabei die meisten in ihrer Schätzung deutlich über ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
den tatsächlichen Diäten. Mit einer Diät von 2485 Euro plus Amtsentschädigung liegen wir in Bremen nach wie vor im unteren Drittel im Vergleich mit anderen Landtagen.
Meine Damen und Herren, die Arbeit, die hier geleistet wird, verdient auch diese Entlohnung. Mit der Verkleinerung des Parlaments hat sich die Arbeit für jeden Einzelnen von uns erhöht. Fast alle Kollegen arbeiten mittlerweile in zwei, drei oder mehr Deputationen und Parlamentsausschüssen. Wer sich da wirklich einarbeiten und Themen sach- und fachkundig bearbeiten will, ist allein damit schon vollkommen ausgelastet. Die Arbeit innerhalb der Fraktion, in den Stadtteilen, bei Vereinen und Verbänden will ich nur am Rand erwähnen. Den Hinweis aber auf unseren Status als Halbtagsparlament rücke ich nochmals in den Mittelpunkt.
Keiner von uns sagt nach vier Stunden Arbeit am Tag oder nach zweieinhalb Tagen Vollzeit in der Woche, das war es, meine Damen und Herren, die Arbeitszeit ist nun herum. Viele sind weit über diese Zeit hinaus engagiert, und viele haben noch eine berufliche Tätigkeit mit der Arbeit im Parlament in Einklang zu bringen. Dies, meine Damen und Herren, können wir mit Selbstbewusstsein feststellen, und dessen müssen wir uns auch bewusst sein, wenn wir ein solches Thema debattieren.
Meine Damen und Herren, einen weiteren Aspekt will ich nicht außer Acht lassen: die Haushaltssituation unseres Landes. Auch dieses Thema zieht sich durch alle Debatten der vergangenen Jahre. Wer meint, wir wären uns dieser Situation nicht bewusst, der täuscht sich gewaltig. Wir als Parlament sind Haushaltsgesetzgeber. Wir müssen die notwendigen Einsparungen beschließen, die für die nächsten Doppelhaushalte anstehen, und wir wissen, was wir den Menschen und den Institutionen in diesem Land damit abverlangen werden. Trotzdem müssen wir uns differenziert mit unserer Entscheidung auseinander setzen. In diesem Haus wird wie in vielen anderen Bereichen und Institutionen auch eine qualifizierte Arbeit verrichtet, die entsprechend zu entlohnen ist.
Die oft aufgeworfene Frage, wen wir eigentlich in Zukunft noch als Parlamentarier zur Mitarbeit gewinnen wollen, will ich nicht unerwähnt lassen. Der eine oder andere, der sich in den Parteien im Vorfeld von Aufstellungen zu Kandidatenlisten über diese Frage intensiv Gedanken macht und mit Leuten spricht, kann hier sicherlich die eine oder andere Geschichte erzählen.
Meine Damen und Herren, angesichts der Situation haben sich nun alle Fraktionen darauf verständigt, in diesem Jahr auf eine Diätenerhöhung zu verzichten. Dies ist einer der Sparbeiträge des Parlaments. Mit der Verkleinerung der Bürgerschaft haben wir bereits einen vor allem langfristig wirken
den Beitrag geleistet. Das zeigt überdeutlich, dass wir uns hier im Parlament als Haushaltsgesetzgeber selbst in die Pflicht nehmen, nicht zum ersten Mal übrigens, die gleiche Entscheidung gab es schon in den Jahren 1993, 1996 und 1997.
Meine Damen und Herren, eine Folge des Verzichts auf die Erhöhung will ich aber auch ansprechen. Wir haben in den darauf folgenden Jahren immer wieder festgestellt, dass wir die Anpassungen vor uns her schieben. Nach ein, zwei Jahren wurde das mit deutlichen Erhöhungen nachgeholt. Darum hatten wir uns in der letzten Legislaturperiode auch darauf verständigt, einen solchen Nachholbedarf nicht wieder anfallen zu lassen. Das ist uns auch mit maßvollen Entscheidungen der letzten Jahre gelungen. Ich möchte nicht, dass wir längerfristig wieder in die Verschiebetaktik der vergangenen Jahre zurückfallen.
Meine Damen und Herren, mit der heutigen Debatte und der anschließenden Entscheidung beziehungsweise Nicht-Entscheidung machen wir zwei Dinge deutlich: Das Parlament erbringt wie alle anderen in diesem Land einen Anteil an den notwendigen Einsparungen, und wir nehmen die Verantwortung für die Entwicklung der Abgeordnetenentschädigung mit großem Ernst, aber auch dem nötigen Selbstbewusstsein wahr.
Ich schließe mich natürlich auch abschließend dem Dank an die Diätenkommission und an deren langjährigen Leiter Herrn Kuhlmann an und hoffe, dass wir uns im nächsten Jahr, wenn wieder ein Bericht der Diätenkommission vorliegt, auch wieder sehr differenziert und selbstbewusst über diese Frage unterhalten und dann auch zu einer angemessenen und entsprechenden Entscheidung kommen. – Vielen Dank!