Protokoll der Sitzung vom 08.10.2003

vor –, baut mit diesem Geld die Immobilie um. Gut, das ist gemacht worden. Anschließend hat die Stadt die Immobilie für 1,2 Millionen gemietet, das heißt, das Nutzungsrecht an dieser Immobilie ist offensichtlich durch die Miete gegeben. Dann frage ich ganz deutlich: Wo ist der Gegenwert für die Stadt für die Umbaukosten, die die Stadt in diese Immobilie gesteckt hat? Ich kann ihn nicht erkennen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Man könnte auch so sagen: Im Grunde genommen hat der Senat dem Privatinvestor Geld geschenkt. Das ist aber nicht seine Aufgabe, schon gar nicht in einer Zeit, in der an allen Ecken und Enden dieser Stadt gespart werden muss. Es sind nicht nur die Bäder, wo gespart werden muss.

Im Übrigen, wenn Sie sich einmal die Dimensionen anschauen, die da zu vergleichen wären, kann einem, gelinde gesagt, ziemlich schlecht werden, was da an staatlichem Geld, an Steuergeld sozusagen versenkt worden ist, ohne Sinn, ohne Verstand und ohne Nutzen. Der Glaube, dass ein Musical für diese Stadt sinnvoll sein könnte, mag ja noch angehen, dass man darüber nachdenkt, das streite ich nicht ab, ich bin kein Kulturexperte, ich weiß das nicht genau. Ich kann auch deutlich sagen, dass ich das Musical selbst eigentlich nicht so schlecht fand. Ich habe mir das sehr wohl auch angeschaut, aber all das ist relativ unerheblich. Die Frage ist nämlich, ob man ein Musical in Bremen privat betreiben kann oder nicht.

Jetzt gibt es diese grandiose Vorlage für die Wirtschaftsförderungsausschüsse, in der nunmehr gesagt wird, man will einen erneuten Anlauf machen und es noch einmal probieren, möglicherweise ein Musical in Bremen anzusiedeln. Da frage ich mich dann doch allen Ernstes, wie es angehen kann, dass in derselben Vorlage steht, der Markt sei nunmehr bereinigt, die Situation sei auf dem Markt des Musicalwesens wieder verbessert. Dann kommt aber der Nachsatz, und deswegen muss die HVG das als Betreiberin machen. Wieso muss dann, wenn der Markt so grandios ist, die Stadt das betreiben?

(Abg. K a s t e n d i e k [CDU]: Zwischen bereinigen und grandios ist aber ein gro- ßer Unterschied!)

Herr Kastendiek, wenn Sie schon dazwischenrufen, dann wenigstens so laut, dass man es hier vorn hört! Dann kann man darauf auch gescheit eingehen, ansonsten nuscheln Sie weiter in Ihren nicht vorhandenen Bart, und reden Sie dann selbst, wenn Sie sich vielleicht melden! Ansonsten hören Sie mir einmal genau und ganz gut zu, denn diese Stadt hat es verdient, über diese Fragen des Geldverschwendens tatsächlich gründlich aufgeklärt zu werden! Das ist auch der Anlass dieser Aktuellen Stunde, weil

hier eigentlich nichts anderes passiert, als noch mehr Geld in den Sand zu setzen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich höre immer gut zu, und in den Wirtschaftsförderungsausschüssen heißt es dann, was wollt ihr denn, das ist doch gar kein neues Geld! Was ist das denn für ein wahnsinniges Argument? Nunmehr müssen wir also haushaltsrechtlich immer da unterscheiden, ob es neues oder altes Geld ist oder vielleicht nicht ganz so altes Geld oder wie? Tatsache ist, es wird wieder Geld für ein Projekt ausgegeben, von dem ich, ohne Prophet sein zu wollen, schon vorhersagen kann, dass daraus so wohl wenig werden wird.

Bedauerlich ist die ganze Angelegenheit schon deshalb, das habe ich eingangs schon gesagt, weil Sie nicht den Mut aufbringen zu sagen, dann soll es bitte schön doch privat gemacht werden. Wenn der Markt so ist, dass man ein Musical in Bremen betreiben kann, dann bitte privat und nicht staatlich! Dagegen hätten wir dann nichts, da hätten Sie die Opposition auch auf Ihrer Seite, was ja nicht so häufig der Fall ist. Dann können wir alle zufrieden sein. Offensichtlich wollen Sie das nicht.

Dann sagen Sie, wenn man das privat betreiben würde, wäre die Konkurrenz zur Glocke zu groß. Das kann doch nicht angehen! Das kann doch kein ernsthaftes Argument dafür sein, aus dem Musical einen Staatsbetrieb zu machen. Nein, so, glaube ich, werden wir da nicht einig, so wird das nichts! Man kann im Grunde genommen die Fragen, die sich an dieses Musical stellen, wirklich mit Pleiten, Pech und Pannen beantworten. Sie setzen diese Veranstaltung im Grunde genommen ungebrochen fort.

Sie haben angekündigt, das war auch irgendwie redlich, vor gar nicht so langer Zeit ist der neue Senat vereidigt worden. Er hat im Eid die schöne Floskel, der Senat möge Schaden von Bremen abwenden. Ich sage nur: Bitte schön, dann tun Sie das! Dann wenden Sie Schaden von Bremen ab! An dieser Frage können Sie es wunderbar machen. Sie haben auch angekündigt, Sie wollen nunmehr alle Projekte auf den Prüfstand stellen. Dann, bitte schön, prüfen Sie, stellen Sie dies auf den Prüfstand, und Sie werden feststellen, dass es so nicht funktioniert!

Sie können uns als Opposition auch nicht mit der Antwort entgegenkommen, das sei nun einmal alles so. Wollen Sie denn etwa, dass die Immobilie leer steht? Was ist das denn für ein Argument? Was ist das denn für ein wahnwitziges Argument zu sagen, wir haben jetzt in der Frage Musical jahrelang Murks gemacht? Wenn man sich die Verträge anschaut, dann glaubt man es ja nicht.

Ich bin neu in dem Bereich Wirtschaftspolitik, habe mir sehr gründlich das Vertragswerk angeschaut, und ich kann Ihnen sagen, wenn ein Privater solche Verträge abschließen würde, würde man dem alles

Mögliche unterstellen, aber keine kaufmännische Kenntnis von der Materie. Das ist das sozusagen Allerletzte, was da an Vertragswerk auf dem Tisch liegt, und sich dann nach jahrelangem Gemurkse hinzustellen und der Opposition zu sagen, wollen Sie, dass die Immobilie leer stehen bleibt? Das ist ja wirklich so ziemlich das Allerletzte!

Der nächste Punkt! Dass wir irgendwann an irgendeiner Stelle zugestimmt hätten – das Gerücht wabert auch so durch diese Stadt –, das halte ich nun auch für völlig absurd. Eine Gratwanderung, und das war es auch für uns, ist die Frage, ob man so etwas machen kann, ja oder nein. Gegen ein Musical, wie gesagt, haben wir nichts, um das ganz deutlich zu sagen. Wir haben etwas gegen ein staatliches Betreiben dieser Veranstaltung.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Dass jetzt eine Zwischennutzung für das Theater am Goetheplatz in der Immobilie Richtweg stattfindet, auch das finden wir nicht so abwegig, weil das eine einigermaßen vernünftige Lösung ist. Es kann gut sein, dass Sie in Ihren Vorlagen konzeptionelle Dinge verbunden haben mit der Frage der Nutzung des Theaters am Goetheplatz, und wenn man dann der Nutzung des Theaters am Goetheplatz zustimmt, glauben Sie nicht, dass das gleich bedeutet, dass wir auch dem Konzept zustimmen! Das ist beileibe nicht so.

Jeder im Bundesland Bremen weiß auch, dass die Grünen von Anfang an gegen den Umbau der Immobilie am Richtweg waren. Ich selbst habe vor Jahren, als ich Abgeordneter in der vorletzten Legislaturperiode war, genau gegen diese Baumaßnahme auch schon einmal an dieser Stelle gesprochen, also sozusagen eine Geschichte über Pleiten, Pech und Pannen, und es wird nicht besser, es wird eher immer schlechter. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Focke.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Möhle, irgendwie hat man schon gemerkt, dass Sie sich erst seit kurzer Zeit mit Wirtschaftspolitik beschäftigen, und es ist eigentlich schade, dass wir das, was wir in den letzten Jahren hier schon diskutiert haben, heute noch einmal wiederholen müssen, obwohl Sie ja selbst schon viel weiter gewesen sind.

Sie spielen auf eine Sitzung der Wirtschaftsförderungsausschüsse an, in der Sie mit uns gemeinsam, das war eine einstimmige Veranstaltung, diesem Eck––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

punktekonzept, das wir jetzt im September beschlossen haben, zugestimmt haben, und das sieht nun einmal vor, dass die HVG sich auch damit beschäftigt. Das war uns von vornherein klar, das war uns allen klar. Eines ist aber ganz deutlich: Ein staatseigener Betrieb wird es dadurch nicht werden. Wir haben nie gesagt, dass die HVG die Betreiberfunktion als Produzent oder so etwas übernehmen soll, sondern sie wird das Theater für Produktionen an andere vermieten, und das ist etwas ganz anderes, als Sie das darstellen mit einem volkseigenen Betrieb.

(Beifall bei der CDU)

Sie haben festgestellt, dass wir gar kein neues Geld geben, haben auch versucht, das so ein bisschen durcheinander zu bringen. Es ist Tatsache, darüber haben wir auch seit Jahren gesprochen, das wissen wir, wir haben einen langfristigen Vertrag zu erfüllen bis zum Jahr 2017.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Die gleichen Leute, die das ver- brochen haben, sollen das weitermachen!)

Das ist doch keine neue Erkenntnis! Das ist eine alte Erkenntnis, die hier schon zigfach besprochen worden ist!

(Zuruf der Abg. Frau L i n n e r t [Bünd- nis 90/Die Grünen])

Aus diesem Vertrag können wir nicht heraus, das sind 2,26 Millionen jedes Jahr. Dann haben wir den Betrieb des Theaters am Richtweg in dieser Vorlage bis zum 30. Juni 2004, und das sind die Gelder, die wir beschlossen haben. Sonst haben wir überhaupt nichts beschlossen. Es ist weder neues Geld beschlossen worden noch ist neues Geld für den Betrieb eines Musicals beschlossen worden. Das ist alles nicht der Fall, das ist alles falsch, sachlich falsch dargestellt!

Der Beschluss vom 25. September hat ja nur im einen Teil das Geld betroffen, der andere Teil besagt tatsächlich, dass wir versuchen wollen, mit der Immobilie auch wieder Geld zu verdienen, das heißt also, dass die HVG versucht, das Theater gut zu vermarkten, an private Produzenten zu vermieten, unter anderem auch für Musicalveranstaltungen. Das ist sicherlich richtig.

Es ist ja auch nicht so, dass in Deutschland überhaupt kein Musical läuft, aber, meine Damen und Herren, die laufen zum großen Teil auch unter anderen Voraussetzungen. Da braucht der Betreiber keine Mieten zu zahlen, keine Kapitaldienstkosten zu bezahlen. Es ist eindeutig so, dass es in Deutschland natürlich nicht möglich ist, Musicals zu führen, wenn sie Kapitaldienstkosten, hohe Mietkosten und so etwas haben. Deswegen werden in Hamburg und

in anderen Städten die Häuser ja auch zur Verfügung gestellt, und wenn sie dann zur Verfügung gestellt werden und gut laufen, dann können sie auch Gewinne produzieren. Wir haben eben gedacht, wir könnten das auf einer anderen Basis hinbekommen, aber es hat sich herausgestellt, dass das eben nicht möglich ist. Die Erkenntnis haben wir ja schon vor einiger Zeit gewonnen.

Das ist der zweite Teil dieser Vorlage gewesen, wie das Theater am Richtweg weiter betrieben werden kann. Darüber ist ja auch ausführlich gesprochen worden. Wenn es uns gelingt, es so zu vermieten, dass wir 120 Veranstaltungstage haben, dann können wir die Kosten, die verursacht werden, durch den Betrieb des Theaters decken.

(Zuruf von der SPD)

Ja, das können Sie nie hundertprozentig vorhersagen, das wissen Sie nicht, aber die Möglichkeiten, die durch diese Veränderung der Rahmenbedingungen hier gegeben werden, sagen aus, dass es eben durchaus möglich ist, und die Erfolge, die es in der Vermarktung schon ab 2004 im Herbst gibt, sind schon da, sie sind sichtbar. Es wird für mehrere Monate ein Musical geben. Der Kartenvorverkauf hat schon begonnen, es sind schon die ersten Karten verkauft worden, und das wird dazu führen, dass wir zumindest schon einmal, das kann man wohl sagen, im ersten Jahr die Auslastung so weit haben, dass die Kosten gedeckt werden können.

Alles Weitere, was dazu kommt, sind zusätzliche Einnahmen und vermindern dadurch unsere Kosten, die wir durch die Finanzierung der Umbaukosten haben. Ich finde, wir haben Anfang Juni letzten Jahres, als diese Eckpunkte ja schon aufgenommen und beschlossen worden sind, bis jetzt hin zum endgültigen, hier abgesegneten Konzept als Stadt eine solide Arbeit abgeliefert

(Zurufe vom Bündnis 90/Die Grünen)

mit der Hoffnung, dass wir aus der Immobilie noch etwas machen und den Verlust reduzieren können.

Wir können aus dem Vertrag nicht aussteigen.

(Abg. Frau S t a h m a n n [Bündnis 90/ Die Grünen]: Aber wer hat den denn ab- geschlossen? – Zuruf der Abg. Frau L i n - n e r t [Bündnis 90/Die Grünen])

Aber das haben wir doch alles schon hundert Mal gesagt, das ist ja nichts Neues! Neu ist an dieser ganzen Diskussion gar nichts. Neu ist nur, dass wir das Konzept jetzt am 25. September beschlossen haben, ohne dass wir zusätzliches Geld in den Betrieb dieser Immobilie geben. Wir werden keine Betreiberfunktion übernehmen, die Immobilie wird von uns vermietet. Das ist doch das Entscheidende, dass

wir mit dieser Immobilie auch Einnahmen erzielen wollen, und ich hoffe, dass wir das auch tun, um die Verluste auf der anderen Seite zu reduzieren. – Danke schön!

(Beifall bei der CDU)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Liess.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte mich noch einmal vom Titel her dem Thema der Aktuellen Stunde nähern. Es wird gesagt „volkseigener Betrieb“. Volkseigener Betrieb heißt, wenn ich mich richtig entsinne, dass die Produktionsmittel, die Immobilien und der Grundbesitz im Besitz des Volkes sind. Das ist hier ja genau nicht der Fall

(Beifall bei der SPD – Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Das stimmt!)

und macht natürlich auch einen Teil des Problems aus.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, ich stehe hier nicht an zu sagen, dass die damaligen Entscheidungen, wie wir das vertraglich organisiert haben, die richtigen waren. Rückblickend müssen wir anerkennen, dass wir die damals eingegangenen Verpflichtungen, für 20 Jahre 2,26 Millionen Euro für die Bereitstellung dieser Immobilie aufwenden zu müssen, nach damaligen Gesichtspunkten und auch unter der Berechnung regionalwirtschaftlicher Effekte – Herr Möhle, wenn Sie darauf hinweisen, damals ist das so diskutiert worden – heute in der Tat anders sehen, und wir sehen das ja nicht erst heute anders, sondern schon seit mehreren Jahren.