Protokoll der Sitzung vom 15.11.2006

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Nicht weit entfernt von hier steht über dem Eingang eines Hauses „Buten un binnen, wagen un winnen“. Genau das hat dieser Senat, diese Koalition, in den Jahren 1998, 1999, 2000 gemacht, gewagt! Heute können wir feststellen: Wir haben ein Projekt angeschoben, das heftig umstritten war, das aber gerade durch die großartige Unterstützung der Familie Jacobs zu einem wichtigen Erfolg gekommen ist. Das ist für diesen Senat, für diese Landesregierung, von der Bedeutung her nicht zu unterschätzen.

Ich möchte das begründen. Wir haben in der schwierigen Situation der Schließung von großen Industriebetrieben – ich darf an die Werftschließung der Achtzigerjahre erinnern –, die dieses Land furchtbar unter Druck gesetzt hat, gegengesteuert, gegengesteuert, indem wir gesagt haben, wir müssen nicht billiger in der Produktion unserer Produkte werden, sondern wir müssen besser werden. Wir müssen für Bildung und Wissenschaft, für die Forschung in unserem Land Schwerpunkte setzen. Wir haben glücklicherweise die Situation, und das soll in dieser Debatte auch überhaupt nicht zu kurz kommen, dass wir es in der Universität durch das Engagement, übrigens gilt das auch für die Hochschulen, durch das engagierte Eintreten von Hochschullehrerinnen und Hochschullehrern, von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, erreicht haben, dass diese mit einem Mal bundesweit zu einem großartigen Ansehen gekommen ist.

Jetzt kommt die IUB dazu, demnächst Jacobs University Bremen, und wir stellen fest, dass darüber in der ganzen Welt berichtet wird. Ich habe mir einmal diese circa 150 Seiten mitgeben lassen. Das ist aber noch nicht die abschließende Berichterstattung, die es da weltweit gegeben hat. Wann kommt Bremen, außer wenn es um Werders Erfolge gegen Bayern München geht, dazu, dass in der „Herald Tribune“, der „New York Times“, in der internationalen Ausgabe der „Financial Times“ oder in der „Neuen Züricher Zeitung“ über Bremen überschwänglich positiv berichtet wird? Das passiert nicht so häufig, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Das ist deswegen ein ganz wichtiger Punkt, weil Bremen aufgrund der bekannten Schwierigkeiten,

Haushaltsprobleme, Verschuldungslage unseres Landes, diese positiven Signale dringend braucht, damit die Menschen wissen, warum es notwendig ist, Bremen auch in seiner Selbständigkeit zu erhalten, weil hier hoch qualifizierte Arbeit geleistet wird und das im Resultat von so einem riesigen Unternehmen, von einer Firma, von einer Familie wie Jacobs unterstützt wird. Das ist ein wunderbares Signal, das zur richtigen Zeit gekommen ist.

Ich will nicht en détail darauf eingehen, was Frau Busch und Herr Perschau eben gesagt haben. Ich habe mich gefreut, dass Sie es zumindest herausbekommen haben, im ersten Satz zu sagen, dass Sie sich auch gefreut haben, so wie Sie das in der Deputation auch vorgetragen haben, liebe Frau Schön. Die anderen miesepetrigen Aspekte hinterfrage ich jetzt nicht weiter. Darauf gehe ich nicht ein, denn wenn man einen Grund zur Freude hat, dann sollte man auch die Größe besitzen, als Opposition zu sagen: Wirklich, das ist klasse gelaufen, wir stehen auch dahinter, weil es wichtig für die Menschen in unserem Land ist. Dann soll man sagen, wir stehen auch hundertprozentig dahinter.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU – Abg. Frau S c h ö n [Bündnis 90/Die Grünen]: Da haben Sie mir nicht richtig zugehört!)

Ich habe sehr genau zugehört! Das kann man übrigens alles im Protokoll nachlesen, was Sie gesagt haben. Im ersten Satz haben Sie sich gefreut, und ansonsten haben Sie gesagt, was Sie da alles noch zu bemängeln haben. Aber egal!

Ich beteilige mich an dieser Debatte nicht. Ich freue mich aufgrund des Erfolges. Ich freue mich natürlich auch deshalb, weil die harte Kernerarbeit, die Herr Dr. Schaumann in den letzten Jahren geleistet hat, nicht zum absoluten Erfolg, was die finanziellen Dinge anging, geführt hat, aber sehr wohl war er, das weiß ich aus vielen Debatten, der Grundsteinleger für diesen Erfolg. Wir haben mit Herrn Jacobs nicht erst seit einem halben Jahr gearbeitet, aber dennoch haben Sie völlig recht, dass ich hoch erfreut bin für den Konzern Bremen, hoch erfreut über die Verpflichtung von Herrn Professor Treusch hier an unserer Jacobs Universitiy Bremen. Das ist ganz wunderbar, dass wir Sie, lieber Professor Treusch, an unserer Seite haben.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Allerdings möchte ich noch einmal darauf hinweisen, das ist übrigens auch die Auffassung von Herrn Jacobs, dass er sagt, dies muss ein Signal sein. Dies kann nicht nur eine einzelne riesige Spende sein, übrigens die größte Spende, die jemals in Deutschland von einem Spender für eine wissenschaftliche Einrichtung gegeben worden ist, dies muss nicht nur für die bremischen Unternehmer ein Signal sein, nicht nur für die Studierenden, dass sie sich erinnern, wer

ihnen diese exzellente Ausbildung gegeben hat. Das ist einerseits der bremische Steuerzahler, der über die Entscheidung der Landesregierung das Fundament gegeben hat. Andererseits sind das die Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer, die sich unheimlich dafür einsetzen, dass es gelingt.

Meine Damen und Herren, für diejenigen, die das nicht wissen: Das Bachelorstudium wird zu 90 Prozent in der Regelstudienzeit und darüber hinaus geschafft. Das ist sensationell! Nennen Sie mir einmal irgendeine andere Universität in Deutschland, die das von sich sagen kann! Das ist die harte Arbeit der Studierenden, aber natürlich auch der Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer. Das ist grandios, das ist fantastisch, und dafür steht diese Hochschule!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Nun ist ein ganz wichtiger Aspekt hier noch nicht zur Sprache gekommen. Den möchte ich gern noch einmal vortragen. Als Jacobs gefragt worden ist, warum er denn diese große Spende gemacht habe, hat er auf die Ergebnisse der Perspektivkommission hingewiesen. Darauf möchte ich gern, weil sie noch nicht zur Sprache gekommen sind und auch bisher in der Öffentlichkeit noch nicht so verbreitet worden sind, speziell hinweisen. Wichtig sei dort, sagt Jacobs, dass über die großen Rahmenthemen „Energie, Wasser, Nahrung“ – ein Thema –, „Lebenslanges Lernen“ – ein anderes Thema sei. Das ist eine unglaublich wichtige Voraussetzung, die unsere Schülerinnen und Schüler schon in der Schule mitbekommen müssen, dass es nicht nur heißt, eine Ausbildung, und das war es dann, sondern lebenslanges Lernen ist eines der Themen, die dort an der IUB besonders gelehrt werden.

Dann die Frage der Kommunikation, auch ein ganz hoch aktuelles Thema! Dazu fällt mir das ein, was eben auch schon bei Frau Busch und bei Herrn Perschau anklang: Frieden und Konfliktmanagement! Dies ist ein sehr aktuelles und hoch wichtiges Thema.

Und ist es nicht wunderbar, dass, was Frau Busch eben auch schon gesagt hat, wir dort eine Kaserne gehabt haben, wo Mehrere, wie ich gehört habe, nicht nur Herr Perschau, Teile ihres Dienstes abgeleistet haben, und das wir es auf diesem Kasernengelände hinbekommen haben, dass die besten Studierenden – 1600 bewerben sich, 200 kommen dann letztendlich nach einem großen Auswahlverfahren dort an – aus 85 Nationen zusammenkommen, um gemeinsam auf diesem Campus, in einem College zusammen zu studieren? Das ist für mich als Senator ein wunderbares Signal und geht genau in die Thematik Frieden und Konfliktmanagement, auf einem wunderbaren Campus gemeinsam zu arbeiten. Das ist ein Signal, da kann ich mich als Wissenschaftssenator nur freuen.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Ein weiterer Punkt der Perspektivkommission: Die Studierenden müssen besser in unsere Gesellschaft integriert werden, müssen auch in Bremen-Nord besser ankommen und dürfen nicht so isoliert sein! Vielleicht ist das eine schlechte Begrifflichkeit, aber ich sage es einmal so, Sie wissen, was ich damit meine. Dazu hat die Perspektivkommission gesagt, die deutsche Sprache müsse auch gelehrt werden, damit die Studierenden sich besser verständigen und nicht nur sagen, ich komme hierher und spreche eigentlich Bulgarisch, Russisch, Japanisch oder nur Englisch, sondern dass sie auch sagen, ich komme hierher, studiere in Englisch und bekomme eigentlich von der Kultur, von der Stadt, von den Menschen nichts so mit, wie wir uns das wünschen.

Ein wichtiges Signal ist, das kann ich nur nachdrücklich unterschreiben, und ich glaube, es sind schon Planungen im Gang, dass das dritte Studienjahr nicht mehr im College stattfinden soll, sondern dass man nach Möglichkeit die Studierenden dann in Studentenbuden, -wohnungen, -wohngemeinschaften in Bremen-Nord oder umzu unterbringen lässt. Das ist ein wichtiger Punkt der Perspektivkommission!

Jetzt komme ich eigentlich zu dem Punkt, der mir besonders am Herzen liegt. Ich habe vorhin auf die Arbeit der staatlichen Hochschulen hingewiesen. Als man mit Herrn Jacobs kurz vor der Einigung stand, habe ich gehört, dass es Herrn Jacobs sehr wichtig war, und das wurde nachdrücklich von Herrn Treusch unterstützt, dass man seiner Forderung, ich sage das bewusst, nachkommt und sagt, wir möchten gern, so wie es die Perspektivkommission sagt, die Zusammenarbeit zwischen der staatlichen Universität und der Internationalen Universität verbessern, weil es falsch ist, mit einem Bauchladen herumzulaufen, alles anzubieten, keine Schwerpunkte zu setzen. Zu den Schwerpunkten habe ich eben die Ergebnisse, auch die inhaltlichen, der Perspektivkommission genannt.

Wir müssen uns konzentrieren, sagt die Perspektivkommission, und wir müssen uns mit anderen verzahnen, vernetzen, die an gleichen wichtigen Themen arbeiten. Das ist in dem Fall bereits bei der ersten Phase des ersten Exzellenzwettbewerbs passiert und wird jetzt verstärkt bei der zweiten Phase. Da haben sich die beiden Rektoren beziehungsweise Präsident und Rektor zusammengeschlossen, wofür ich sehr dankbar bin, und haben gesagt, ja, wir machen das weiter so wie bisher, aber noch verstärkt. Dafür hat sich die Landesregierung eingesetzt, und ich stehe hundertprozentig dazu. Ich bin sehr dankbar, dass das vom Bürgermeister, vom Finanzsenator und auch mit der Zustimmung des Wirtschaftssenators realisiert wurde. Das sind die Bereiche, die die IUB damals gemeinsam getragen haben. Ich stehe heute hier nur stellvertretend für diese vier Bereiche, um diese schöne Debatte führen zu dürfen.

Deshalb glaube ich, meine Damen und Herren, das ist für mich ein ganz wichtiges Signal, dass da nicht zwei feindliche Brüder gegenüberstehen, sondern

dass wir alle es von Beginn an gespürt haben, dass die kleine Schwester IUB, die es in vielen Bereichen leichter hat als die staatliche Universität, deshalb aber nicht ausgegrenzt wird, sondern man ermöglicht der kleinen Schwester eine optimale Kooperation mit der Universität Bremen. Ich muss das ganz klar sagen: Da bin ich Herrn Professor Müller ausgesprochen dankbar, mit dem ich kurz vor der Bekanntgabe noch einmal persönlich gesprochen habe. Er steht hundertprozentig zur IUB, er steht hundertprozentig zu der Kooperation. Das war für mich ein ganz wesentlicher Faktor, ohne Wenn und Aber den Senat zu bitten, in dieser 5-Millionen-Frage zuzustimmen.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Ich komme zum Schluss! Für uns als Standort ist das unendlich wichtig. Ich habe auch gerade etwas zum Ansehen des Landes Bremen gesagt, dass ich das als sehr wichtig empfinde, dass die Menschen nicht nur in Deutschland, sondern in Europa oder weltweit wissen, dass sich hier etwas entwickelt, was sehr positiv für uns, für die Zukunft ist. Ich möchte das, was Frau Busch und Herr Perschau eben auch ausgeführt haben, noch einmal bekräftigen. Für unsere Wirtschaft ist das sehr wichtig. Mittlerweile sind die ersten Absolventen der IUB bereits in unseren Firmen hier in Bremen. Von dort höre ich ausschließlich Positives, dass wir also die besten Absolventen aus den verschiedenen Nationen hierher bekommen, die hier dann erfolgreich in den Arbeitsprozess integriert werden. Das ist wunderbar.

(Glocke)

Außerdem finde ich es großartig, wenn diejenigen, die dann weiterstudieren und eines Tages in Tokio oder in Washington arbeiten, wissen werden, dass sie hier studiert haben. Die Netzwerke sind international wichtiger denn je, das zeigt uns der globalisierte Markt. Jetzt ein allerletztes Zitat mit Genehmigung des Präsidiums, obwohl ich meine Redezeit 15 Sekunden überschritten habe.

Wie viel?

15 Sekunden!

Herr Senator, Ihre Zeit beträgt nur 10 Minuten!

Ja, ich habe auch mitgestoppt! Nur ein Zitat, lieber Herr Präsident, das ist so schön, das möchte ich dem Hause noch vorlesen! Ich zitiere hier aus einem Interview, das Herr Jacobs der „Herald Tribune“ gegeben hat. Im letzten Satz sagt er: „Why didn’t Jacobs give his millions to his own Alma Mater, the university of Hamburg? They didn’t ask, he said.“ Welch schönes Zitat, dass wir zur richtigen Zeit

den richtigen Mann angesprochen und so unglaublichen Erfolg gehabt haben! Wir als Senat, liebe Abgeordnete, stehen weiter hinter der wunderbaren Entwicklung dieser IUB in Kooperation mit unseren staatlichen Hochschulen. – Ich danke Ihnen!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Damit ist die Beratung geschlossen.

Prävention von Sexualstraftaten verbessern – Konsequent besonders gegen Mehrfach- und Wiederholungstäter vorgehen

Große Anfrage der Fraktionen der SPD und der CDU vom 6. Juni 2006 (Drucksache 16/1035)

D a z u

Mitteilung des Senats vom 26. September 2006

(Drucksache 16/1150)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Bürgermeister Böhrnsen.

Gemäß Paragraf 29 unserer Geschäftsordnung hat der Senat die Möglichkeit, die Antwort auf die Große Anfrage in der Bürgerschaft mündlich zu wiederholen.

Ich gehe davon aus, Herr Bürgermeister Böhrnsen, dass Sie darauf verzichten wollen, sodass wir sofort in die Aussprache eintreten können.

Als erster Redner erhält das Wort der Abgeordnete Grotheer.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! „Prävention von Sexualstraftaten verbessern – Konsequent besonders gegen Mehrfach- und Wiederholungstäter vorgehen“, das ist die Überschrift unserer Anfrage. Wir meinen, dass zur Präventionspolitik auch gehört, dass man über die Bekämpfung der Sexualstraftaten öffentlich diskutiert. So gesehen ist auch unsere heutige Debatte ein Beitrag zu dieser Prävention.

(Vizepräsidentin D r. M a t h e s über- nimmt den Vorsitz.)

Diese Debatte hat einen erheblichen zeitlichen Vorlauf. Wir haben bereits im Mai dieses Jahres fraktionsintern über dieses Thema gesprochen, haben dann mit der CDU gesprochen und es im Juni eingebracht. Jetzt debattieren wir im November über dieses Thema. Es gibt ja leider einen ganz aktuellen Bezug zu einem Gerichtsverfahren, in dem es um

schwerwiegende Sexualstraftaten geht. Wir sehen daran, wie wichtig es ist, dass wir uns mit diesem Thema befassen.

Für uns war damals ein bremisches Verfahren Anlass, das Thema aufzugreifen. Der „Weser-Kurier“ hatte damals am 8. Februar getitelt „Für das Lehramt noch geeignet?“ und gefragt – es ging damals um einen Fall von Exhibitionismus, der Täter war ein Referendar an einer Bremer Schule –, ob und wie sichergestellt werden könne, dass solch ein Täter nicht irgendwann als Lehrer in einer Schule unterrichtet. Ich sage Ihnen ganz offen, wir sind als Fraktion auch der Meinung: Wir müssen sicherstellen, und diese Frage stellen wir uns auch, wir wollen sicherstellen, dass Derartiges nicht passiert. Wir meinen, dass jemand, der als Exhibitionist in dieser Weise auftritt, im wahrsten Sinne des Wortes, als Lehrer an einer Schule nichts zu suchen hat.