Protokoll der Sitzung vom 16.11.2006

Mit dem Bericht, den wir alle zwei Jahre bekommen, können wir die Fortschritte kontinuierlich verfolgen. Deshalb ist es auch richtig, die Berichtspflicht alle zwei Jahre fortzusetzen. Die Berichterstatterin Frau Arnold-Cramer hat ja gesagt, dass der Senat vorgeschlagen hat, den Bericht alle drei Jahre zu geben. Wir wenden uns als CDU-Fraktion strikt dagegen, weil wir meinen, dass ein kontinuierlicher Bericht hier erforderlich ist. Da es der ZGF schon immer ein Herzensanliegen gewesen ist, meine ich, dass es der ZGF eine Freude sein wird, uns als Gleichstellungsausschuss den Bericht auch jetzt wieder alle zwei Jahre vorzulegen.

Meine Damen und Herren, ein Bericht kann nur dann von Nutzen sein und seinen Zweck erfüllen, wenn man mit den Daten auch arbeiten kann. Deshalb bitte ich für die CDU-Fraktion um einen vollständigen Bericht und um Daten, mit denen die Arbeit auch gewährleistet ist. Häusliche Beziehungsgewalt ist ein Thema, das jede und jeden von uns angeht. Keiner sollte damit unsensibel umgehen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der CDU)

Als nächste Rednerin erhält das Wort die Abgeordnete Frau Hoch.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Meine Kolleginnen sind schon ausreichend auf das Thema eingegangen. Die Ausschussvorsitzende hat unsere Beratungsergebnisse vorgestellt, die ja auch einvernehmlich von uns gefasst worden sind, sodass ich sie nicht alle wiederholen muss.

Ich möchte noch ein paar Anmerkungen aus der grünen Sicht machen. Auch wir halten es für wichtig, dass dieser Bericht alle zwei Jahre kommt, weil ich denke, es ist ja nicht nur ein Bericht. Aus einem Bericht zieht man Schlüsse und Folgerungen, und

wenn man etwas verändern und umsetzen will, ist die Zeitspanne von drei Jahren einfach zu lange.

Die Arbeitsgruppe heißt zwar Arbeitsgruppe „häusliche Beziehungsgewalt“, aber in diesem Bericht, wenn Sie ihn einmal lesen, sind auch viele Maßnahmen enthalten, die Gewaltprävention an den Schulen betreffen, ich glaube, das ist gar nicht so bekannt, und auch in anderen Bereichen, sodass er eine gute Darstellung bietet, was alles zum Thema Gewalt hier im Land Bremen passiert. Land Bremen ist, wie gesagt, nicht so ganz richtig, weil leider der Teil Bremerhaven dieses Mal nicht in den Bericht eingeflossen ist. Frau Arnold-Cramer hat es schon gefordert, und als Bremerhavenerin erwarte ich es auch, dass der Bremerhavener Teil das nächste Mal in den Bericht einfließt, denn ich denke, auch dort müssen Maßnahmen getroffen werden, die wir hier vom Land unterstützen können.

Jetzt ein paar Anmerkungen zu Bremerhaven! Wir haben die Leiterin der ZGF in Bremerhaven danach im Frauenausschuss gehabt, sodass sie uns die Lage in Bremerhaven auch erläutert hat. Seit 2006 findet die Beratung für Frauen mit Gewalterfahrung und auch die Betreuung von Menschenhandelsopfern bei der GISBU in Bremerhaven statt, sie ist eine hundertprozentige Tochter des Diakonischen Werkes, das begrüßen wir sehr.

Das ist eine sinnvolle Aufgabe, die so aufgeteilt wurde, auch von der Polizei kann man hören, dass es so gesehen wird. Wiederum wurde uns erzählt, dass gerade bei Aussiedlerfamilien in Bremerhaven ein hohes Potenzial an Gewalt vorhanden ist, dort soll versucht werden, dem mit EU-Mitteln über das DAPHNE-Programm entgegenzuwirken. Auch das finden wir sehr lobenswert.

Leider wird in Bremerhaven das Thema häusliche Beziehungsgewalt an den Schulen nicht thematisiert mit der Begründung, man habe schon so viele Fortbildungen. Das bedauere ich sehr. Ich denke, gerade bei dem Thema Gewalt kann man dieses Thema einfach nicht ausklammern. Deshalb ist es immer wichtig, dass wir auch hier in der Bürgerschaft dieses Thema ansprechen und uns damit beschäftigen. Ich denke, hier wird dann auch das Signal ausgesendet, dass wir Gewalt nicht dulden und dass wir uns mit diesem Phänomen auseinandersetzen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Wie gesagt, lesen Sie auch den Bericht aus den anderen Gruppen einmal! Er ist wirklich interessant. – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Böschen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Meine Vorrednerinnen haben bereits darauf hingewiesen, dass in dem Bericht dieser ressortübergreifenden Arbeitsgruppe eine Vielzahl von Maßnahmen dargestellt werden, sich allerdings nicht erschließt, wo diese Maßnahmen tatsächlich stattfinden, ob im Land, in der Stadtgemeinde Bremen oder eben in Bremerhaven. Deshalb ist mein Part, hier eben auch noch einmal auf Bremerhaven im Besonderen einzugehen.

Beginnen möchte ich mit einem ganz großen Lob für die Ortspolizeibehörde Bremerhaven, die seit Beginn der Neunzigerjahre mit großem Engagement das Thema häusliche Beziehungsgewalt bearbeitet und für ihre Aktivitäten im Bereich der Prävention bereits mehrere Male den Präventionspreis gewonnen hat.

(Beifall bei der SPD)

Ihrem ständigen Drängen und Nachhaken ist es mit zu verdanken, dass es in Bremerhaven jetzt für die Opfer häuslicher Gewalt eben die bereits genannte zentrale Anlaufstelle für Beratung und Betreuung gibt, nämlich die GISBU. Sie ist jetzt die Anlaufstelle für Frauen mit und ohne Kinder, sowohl in der Woche als auch am Wochenende.

Die Zusammenarbeit der Polizei mit der GISBU, der ZGF und dem Amt für Jugend und Familie schlägt sich in regelmäßigen Zusammenkünften nieder, und auch der zuständige Dezernent lädt regelmäßig zu einem Informationsaustausch der beteiligten Institutionen ein. Frau Senatorin Rosenkötter hat heute Morgen bereits davon gesprochen, wie notwendig eine stärkere Vernetzung der verschiedenen Angebote ist. Dies gilt selbstverständlich auch für Bremerhaven.

Ein akuter Handlungsbedarf besteht immer noch im Bereich der Psychiatrie, in der Opfer von Gewalt nicht selbstverständlich getrennt von den Tätern untergebracht werden. Unbedingt notwendig ist, dass der Psychiatrieentwicklungsplan die psychische Versorgung der von Gewalt betroffenen Mädchen und Frauen aufnimmt. Leider ist Bremerhaven hier nicht auf einem angemessenen Stand, fehlt es doch an entsprechenden Fachkräften, die ausdrücklich im Bereich sexueller Missbrauch beziehungsweise posttraumatische Behandlungsstörungen ausgebildet sind.

Aber auch im Bereich der Tätertherapie fehlt es an Angeboten. Im Umgang mit den Tätern der häuslichen Gewalt sollten aus unserer Sicht von den Gerichten durchaus mehr Auflagen ausgesprochen werden. Dass das Kindeswohl die oberste Priorität haben muss, wenn es darum geht, Kinder in der Familie zu belassen oder sie fremd unterzubringen, ist bei allen Fraktionen Konsens. Wie dieses Kindeswohl allerdings aussehen muss beziehungsweise wie die Erziehungsfähigkeit von Eltern zu bemessen ist, scheint uns nicht immer einheitlich zu sein. Ein Maßnahmenstopp für familienpädagogische Maßnahmen

außer bei akuter Kindeswohlgefährdung ist auf keinen Fall zu akzeptieren.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, der Bericht der Arbeitsgruppe macht in seiner Darstellung deutlich, dass auch die Schulen die Gewaltthematik mittlerweile sehr viel stärker in ihren Blick genommen haben. Projekte wie Streitschlichtung, Mut gegen Gewalt oder Zivilcourage eignen sich hervorragend für die Entwicklung präventiver und interventiver Strategien gegen Gewalt. Leider findet ein Bezug zur häuslichen Beziehungsgewalt in diesen Maßnahmen eher nur mittelbar statt. Trotzdem weiß ich, dass Schulen außerordentlich ambitioniert versuchen, in entsprechenden Fällen Hilfe zu leisten. Leider musste ich aber auch erfahren, dass trotz Ansprache der Stadtteilbüros von dort häufig keine Rückmeldungen kommen, oft nicht einmal der Bitte um Rückruf auf dem Anrufbeantworter entsprochen wird. Das ist nicht zu akzeptieren.

Obwohl eine eindrucksvolle Reihe von Maßnahmen und Veranstaltungen aufgezählt wird, die sich an Lehrkräfte und Betreuungspersonal in Schulen wenden, weiß ich, dass viele Lehrkräfte und Betreuungspersonen sich überfordert fühlen würden, wenn sie vermuten müssten, dass ein Kind tatsächlich misshandelt würde. Längst nicht jede Schule hat sich in ihren Konferenzen oder Fortbildungen mit der Thematik auseinandergesetzt, eher sind es immer dieselben, die den Kontakt zu den zuständigen Einrichtungen herstellen.

Was aber an jedem Schwarzen Brett in jeder Schule hängen sollte, ist zum Beispiel die Handlungsanweisung, was ich tun kann, wenn ich sexuellen Missbrauch bei einem Jungen oder Mädchen vermute. Sie informiert über entsprechende Beratungsangebote und gibt ganz praktische Ratschläge im Umgang mit der Situation, die für häusliche Gewalt insgesamt gilt. Die Ansprechadresse ist allerdings nur geeignet für Kinder, die selbst in der Lage sind, über ihre Situation zu sprechen. Für kleine Kinder gibt es nicht einmal Therapeutinnen.

Bis heute gibt es auch keine Anlaufstelle für die Problematik der Kinder, die völlig übersexualisiert an anderen Kindern ausüben, was sie selbst zu Hause gesehen oder erfahren haben. Auch dieses Problem wird immer größer und muss dringend in den Blick genommen werden.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort Frau Senatorin Rosenkötter.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Im Juni dieses Jahres

hat die ressortübergreifende Arbeitsgruppe „Häusliche Beziehungsgewalt“ ihren dritten Bericht über Maßnahmen der bremischen Behörden zur Prävention und Intervention des Problembereichs häusliche Beziehungsgewalt dem Senat vorgelegt und diesen dann an die Bürgerschaft weitergeleitet.

Im April 2000 wurde der erste Bericht vorgelegt. Die Maßnahmen, die dort entwickelt und für die Zukunft weiter fortgeschrieben werden sollten, bezogen sich zunächst nur auf Bremen. In Bremerhaven hat mittlerweile der Magistrat den unter der Federführung der ZGF tagenden runden Tisch „Gewalt gegen Frauen“ gebeten, ein Konzept zu entwickeln. Wir konnten hier, vielen Dank, Frau Abgeordnete, sehr eindrucksvoll hören, welche Maßnahmen mittlerweile auch in Bremerhaven stattfinden. Ich will auf die einzelnen Dinge nicht eingehen, die auch in dem Bericht sehr dezidiert dargestellt worden sind.

Eines ist hier als Wunsch auch geäußert worden, ich glaube, dem kann ohne Weiteres entsprochen werden, den Teil Bremerhaven zukünftig aufzunehmen. Ich glaube, das ist selbstverständlich.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Angesprochen worden ist auch die etwas ungewöhnliche Struktur dieses Berichts. Das ist richtig so. Bisher waren Sie dort eine andere Struktur gewohnt. Es ist so vorgegangen worden, dass dieser Bericht sich nicht an den Arbeitsfeldern des Ressorts orientiert, sondern an den Lebensentwicklungen. Sie sehen dort sozusagen die einzelnen Lebensschritte. Um ein Beispiel zu geben: Die vorschulische Erziehung und die offene Jugendarbeit gehören beide in mein Ressort. Im Bericht sind sie aber getrennt aufgeführt. Zwischen diesen Bereichen stehen die schulischen Maßnahmen, die beim Bildungssenator ressortieren.

Diese Form des Berichts ist deshalb sinnvoll, weil so zu sehen ist, wie die einzelnen Maßnahmen logischerweise aufeinander aufbauen und sich gegenseitig unterstützen. Ich denke, wir sollten darüber noch einmal sprechen, ob Sie sich mit dieser Form des Berichts anfreunden können oder ob die alte Vorgehensweise wieder aufgenommen werden soll. Ich möchte gern die beiden Punkte, Berichtszeitraum und möglicherweise sich auch mit einem Schwerpunktthema zu beschäftigen, aufnehmen und für einen nächsten Bericht zumindest diskutieren.

Der einzige Bereich, der etwas aus dieser Berichtsstruktur herausfällt, ist der Bereich Gewalt in der Pflege. Im engeren Sinne handelt es sich hier nicht um häusliche Beziehungsgewalt, aber die Arbeitsgruppe hat ihn dennoch aufgenommen, weil sie richtigerweise der Meinung war, dass Gewalt in der Pflege ein wichtiger und bedeutsamer Bereich ist, dem man Aufmerksamkeit schenken muss. Im Übrigen enthält

dieser Bericht kaum Zahlen, das werden Sie festgestellt haben, außer im Bereich der Wegweisungen durch die Polizei, dort sind Zahlen genannt.

Lassen Sie mich noch eines hervorheben! Dieser Bericht, und das ist auch schon von Frau ArnoldCramer gesagt worden, ist eine umfassende Rechenschaftslegung einer Kommune, wie sie das Problem häusliche Beziehungsgewalt in all ihren unterschiedlichen Facetten angeht, und er ist bundesweit einzigartig.

(Beifall bei der SPD)

Er enthält eine Fülle von Maßnahmen und Projekten, die sich alle mit dem Problem der Gewalt und des Umgangs der Geschlechter miteinander beschäftigen. Wenn auch im Titel manch eines Projektes die häusliche Beziehungsgewalt nicht explizit erwähnt wird, so kann doch davon ausgegangen werden, dass jedes Projekt im Kindergartenbereich, in der Schule oder in der freien Jugendarbeit, das sich mit Gewaltprävention beschäftigt, auch einen Beitrag gegen die Perpetuierung von häuslicher Gewalt leistet. All diese Maßnahmen und Projekte werden im Rahmen der laufenden Haushaltsfinanzierung abgedeckt. Das unterstreicht noch einmal ganz deutlich die Bedeutung, die der Senat der Bekämpfung häuslicher Gewalt beimisst.

(Beifall bei der SPD)

Auf einen Punkt möchte ich zu sprechen kommen, weil er sich bisher in dem Bericht nicht wiederfindet. Es ist, und das muss man selbstkritisch anmerken, bisher nicht gelungen, die Gruppe der von häuslicher Gewalt betroffenen Migrantinnen in der Beratung zu erreichen. Zwar ist dies im gesamten Bundesgebiet so, aber wir müssen in Bremen Modelle entwickeln, wie wir dieses Problem angehen können und wie wir dort Hilfe leisten können, in Anbetracht der Tatsache, dass mehr als die Hälfte der von den Polizei weggewiesenen Männer einen ausländischen Pass hatten. Von dieser Zahl werden nicht die Bürger mit deutschem Pass und Migrationshintergrund erfasst. Wir müssen uns diesem Thema deutlich und nachdrücklich widmen.

Lassen Sie mich abschließend sagen, Bremen hat viel zur Prävention von häuslicher Beziehungsgewalt getan und hat Maßnahmen entwickelt, um den von Gewalt betroffenen Frauen konkret zu helfen. Uns ist klar, dass das gesellschaftliche Problem weiter besteht und wir daran arbeiten müssen, unsere Maßnahmen weiter zu konkretisieren, insbesondere und gerade für die Gruppe der Migrantinnen. Ich hoffe, dass wir nach der Vorlage des vierten Berichts insbesondere in diesem Bereich ein bisschen weitergekommen sind. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer den Bemerkungen des Ausschusses für die Gleichberechtigung der Frau beitreten möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!