Protokoll der Sitzung vom 13.12.2006

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich unternehme nicht den Versuch, etwas wegzudiskutieren, aber ich unternehme den Versuch, es dann auch zu diskutieren.

(Beifall bei der SPD) ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft. Herr Möhle, Sie haben in den Punkten, die Sie hier genannt haben, bestimmte Dinge selbstverständlich ausgeblendet. Sie haben ausgeblendet, wenn Sie sagen, dass die Anzahl der Arbeitslosen insgesamt gestiegen ist, dass wir eine Umstellung der Arbeitslosenstatistik hatten – Hartz IV-Gesetzgebung als Stichwort – und dass dies zu Veränderungen in allen Bereichen geführt hat. Wenn wir uns die Veränderungszahlen im Großstädtevergleich – man kann dann in die Vorlage schauen – ansehen, dann steht Bremen im Großstädtevergleich gar nicht so schlecht da. Das heißt noch lange nicht, dass die Situation befriedigend ist. Das würde ich auch nie behaupten. Ich behaupte aber, dass man, wenn wir denn auf die Zahlen im Detail schauen – ich komme nachher auch noch zu anderen Zahlen, wo Sie uns immer an die schlechteste Position bei den Punkten, die Sie genannt haben, zu Recht ja auch, gesetzt haben –, so gibt das gleiche Ranking auch andere Zahlen her, die ich gleich noch einmal nennen werde. Sie haben bei den Arbeitslosenzahlen schlichtweg etwas ausgeblendet. Zur ehrlichen Debatte gehört es dazu, das dann auch zu sagen. Bei den Wissenschaftsausgaben, wonach ja insbesondere auch gefragt worden ist, muss man zunächst einmal feststellen, dass wir hohe Investitionen getätigt haben, die wir ab 2002 verstetigt haben, und gerade im Sinne der Dynamik, die Sie selbst eben beschrieben haben, kann es natürlich nicht so sein, wenn wir nicht weiter steigern, dass wir dann im dynamischen Ranking weiterhin Pluspunkte haben. Auch das gehört dazu, wenn man das beurteilt! Im Übrigen muss man noch einmal darauf hinweisen, dass unsere Universitäten oder unsere Hochschullandschaften ausgesprochen erfolgreich sind: Wenn wir uns den Zeitraum von 1999 bis 2005 anschauen, dann haben wir eine Drittmittelsteigerung von 49 Prozent. Das wird nur leider nicht erfasst. (Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Wir haben von 1995 bis 2005 ein Drittel mehr Studenten als vorher, und unsere Universität gehört zu den Exzellenzuniversitäten. Ich glaube, das muss man alles auch einbeziehen, wenn man zu einer Bewertung kommen will. Ich möchte in diesem Zusammenhang auch noch einmal sagen, was ebenfalls in diesem Ranking steht: Danach steht Bremen beim Punkt „vermeidet Bürokratie“ auf Rang 8. Nun kommen andere Dinge: Der Anteil der Hochqualifizierten an den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten beträgt 13,4 Prozent, Spitzenwert unter den Bundesländern, der Anteil der Sozialversicherungsbeschäftigten in schnell wachsenden Branchen, das hat übrigens auch etwas mit Investitionspolitik zu tun,

(Abg. F o c k e (CDU): Und Strukturwandel!)

beträgt 39,4 Prozent, Spitzenwert unter den Bundesländern! Wissenschaftsausgaben je Einwohner: 386 Euro, zweithöchster Wert! Die Exportquote, das wundert nun überhaupt nicht, auch nach der Debatte, die wir zuvor geführt haben: Spitzenwert unter den Bundesländern! Dann haben wir bei den verfügbaren Einkommen den zweithöchsten Wert unter den Bundesländern.

Meine Damen und Herren, auch das gehört dann dazu, und das macht natürlich auch klar, dass man die Zahlen, ich will jetzt nicht sagen, so und so sehen kann, denn das Bewertungssystem, das angewandt worden ist, kommt im Rahmen dieses Rankings dazu, dass Bremen jetzt im dynamischen Ranking auf dem letzten Platz liegt. Das heißt aber überhaupt nicht – und diesen Eindruck, denke ich, darf man nicht entstehen lassen, und deshalb habe ich diese Zahlen genannt –, dass Bremen insgesamt schlecht dasteht. Das wäre eine völlig falsche Darstellung.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Ich möchte auch noch einmal sagen, in dieses dynamische Ranking gehen auch Punkte ein, von denen wir vielleicht politisch sagen: Eigentlich möchten wir, dass wir dort mehr Geld ausgeben. Als Haushaltsnotlageland sind wir aber auch in der Situation, dass wir uns anderen Ländern anpassen müssen. Wenn wir zum Beispiel heruntergestuft werden, weil unsere Bildungsausgaben pro Kopf geringer sind als bei anderen, wenn unsere Klassen größer sind als bei anderen – insbesondere bei den ostdeutschen Bundesländern – oder wenn im umgekehrten Fall gesagt wird, dass der Abbau der Beschäftigten im Kernbereich des öffentlichen Dienstes den höchsten Wert hat und das als positiv gesehen wird, dann kann man das politisch auch anders gewichten. Im Ranking dieser Institute ist dies aber anders beurteilt worden, und insofern, denke ich, muss man auch überprüfen, ob man die Kriterien, die insgesamt beim Ranking angelegt werden, so akzeptiert oder man nicht in bestimmten Dingen sagt: Wir haben bewusst einen anderen Weg gewählt, und wir nehmen auch bewusst in Kauf, dass die Zahlen andere sind.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Im Übrigen möchte ich ebenfalls mit einem Zitat des Kollegen Möhle meine erste Wortmeldung hier beenden. Er hat in der gleichen Debatte, auf die er abgehoben hat, im Jahr 2003 ausgeführt, es sei ein Irrglaube, dass die Rankinglisten die Realität eins zu eins abbilden. – So ist es!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Focke.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Von Max Liess war das so ein schöner Satz, eigentlich braucht man dazu jetzt nichts mehr zu sagen, denn es ist ja tatsächlich so, und Herr Liess hat es ja eben auch dezidiert an den einzelnen Punkten schon gesagt, dass ich das auch nicht wiederholen muss, insbesondere was die wichtigen Punkte anbetrifft, Arbeitslosenzahlen und Bruttoinlandsprodukt, die ja besonders gewertet werden, wie wir da hier in diesem Ländervergleich oder Rankingvergleich verzerrt dargestellt werden.

Wenn man sich in Wirklichkeit betrachtet, was die Arbeitslosenzahlen anbetrifft, waren wir ja immer bis zu dem Umbruch, als das Arbeitslosengeld II eingeführt wurde und die Sozialhilfeempfänger alle mit eingerechnet wurden, in dieser Stadt oder in dem Land überhaupt nicht schlecht positioniert. Das kommt deswegen, weil sich das hier so konzentriert wie in allen anderen Großstädten oder in vielen Großstädten ausgewirkt hat.

Wenn man das jetzt aber einmal auf aktuellem Niveau sieht, in dem Jahre 2006, was nicht abgeschlossen ist, Herr Möhle, aber die Arbeitslosenzahlen, die können wir schon für November 2006 sehen, und da sieht man, dass Bremen überproportional die Arbeitslosigkeit abgebaut hat gegenüber anderen Großstädten. Das, finde ich, ist ein sehr positives Zeichen.

Man darf diesen Bruch 2004/2005 nicht zum Maßstab nehmen. Man kann das ja auch nachlesen im Benchmark-Bericht, wie die Arbeitslosenzahlen sich verhalten. Sie sind natürlich nicht toll, aber sie sind wesentlich besser dieses Mal als in manch anderer Großstadt. Wir haben, insbesondere auch in diesem Jahr, etwas dafür getan, dass das weiter herunter geht.

Auch die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze hat in diesem Jahr erstmals wieder zugenommen, sodass wir durchaus davon ausgehen können, dass auch in diesen Punkten das im Jahre 2006 etwas anders aussehen wird.

Was das Bruttoinlandsprodukt betrifft, so wissen wir ja auch, dass gerade in kleineren Städten oder Ländern wie im Saarland und in Bremen, wo es sehr große Arbeitgeber gibt und wenn zum Beispiel Daimler-Chrysler, das kann Herr Liess vielleicht viel besser erklären, einen neuen Wagen auflegt und einmal ein Jahr nicht so viel produziert, das bei uns natürlich gleich in die Tiefe sackt, und ähnlich ist es, wenn die Stahlproduktion im Saarland sich verändert. Das macht sich sehr viel stärker bemerkbar als in anderen Bundesländern, wo es ganz breit gefächerte Industrien gibt.

Deswegen muss man auch bei diesem Bruttoinlandsprodukt immer sehen, dass man über mehrere Jahre das vergleicht. Wenn wir das dann vergleichen in den letzten Jahren zwischen 2003 und 2005, dann stellen wir fest, dass wir ein sehr hohes Wachstum ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

gehabt haben mit über 13 Prozent. Da liegen wir an vierter Stelle in ganz Deutschland und an erster Stelle sogar noch vor Hamburg in Norddeutschland.

Man kann natürlich die rein nackten Zahlen nehmen und sagen: Das ist alles Mist, aber wenn man das etwas beleuchtet, Herr Möhle, dann sieht das ganz anders aus. Man kann auch nicht jeden Faktor übertragen auf Flächenländer.

Im Übrigen sieht man doch, um auch einmal gleich ein bisschen aufzuräumen mit der Mär, hier ist doch enorm viel los in Bremen! In Wirklichkeit – wir haben uns gerade eben über den Hafen unterhalten – müsste man eigentlich sagen, Bremen ist Boomtown. Was den Hafen betrifft, was den Tourismus betrifft, was die Übernachtungszahlen betrifft, das ist doch alles hervorragend in den letzten ein, zwei Jahren gewesen! In diesem Jahr ist es noch einmal besonders deutlich geworden, auch anhand der vielen Messen, Weltmeisterschaften. Bremen ist in aller Munde, und das müssen wir auch nutzen und dürfen es hier nicht von diesem Pult aus schlecht reden, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der CDU)

Die Hochschulen und die Universitäten sind doch auch spitze, das haben wir doch die letzten Monate diskutiert. Nur weil wir uns auf so einem hohen Level mit unseren Wissenschaftsausgaben befinden und jetzt praktisch nicht mehr darüber können, deswegen sinken wir im Dynamikranking ab. Das muss man dazu sagen, wenn Sie schreiben, dass wir auf Platz 16 rangieren.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben nicht nur den Space-Park gehabt, wir haben das Universum, wir haben auch das Musicaltheater, das gut läuft und hier nicht weiter kaputtgeredet werden sollte. Gehen Sie hinein in die Aufführung! Es wird super angenommen. Die Hoteliers finden es toll, dass das Ding wieder läuft, und die Übernachtungszahlen orientieren sich daran und steigen. Es gibt sehr viele positive Dinge, die wir auf den Weg gebracht haben und sich auch in den kommenden Jahren in den Rankings auszahlen werden, meine Damen und Herren. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Herr Möhle, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Liess, den Satz, den ich seinerzeit gesagt habe, würde ich heute direkt auch noch einmal sagen, weil ich glaube, dass es kein Ranking dieser Welt gibt, das ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

irgendwie in der Lage wäre, die Wirklichkeit abzubilden. Aber es waren doch Ihre Fraktionen, die so getan haben, als sei das so.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Sie haben doch gesagt, als wir noch auf dem zweiten Platz waren, was man alles Positives daraus ableiten kann! Die Richtigkeit der Investitionspolitik! Ja, Herr Perschau, Sie haben wirklich gesagt, das gute Abschneiden Bremens im Ländervergleich sei das Ergebnis einer konsequenten Investitionspolitik. Das war in 2003! Was sagen Sie denn jetzt, da wir auf Platz 16 und nicht mehr auf Platz zwei sind?

(Abg. P e r s c h a u [CDU]: Jetzt inves- tieren wir weniger!)

Ich würde an Ihrer Stelle, ehrlich gesagt, ins stille Kämmerlein gehen, wie Dieter Focke sagt, das Licht anmachen, um das vernünftig zu beleuchten und vielleicht nicht zu einer neuen Interpretation, sondern zu einer neuen Einsicht kommen. Das wäre an dieser Stelle extrem hilfreich, weil wir dann endlich vernünftig über Wirtschaftspolitik diskutieren können! – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Herr Kollege Liess, Sie erhalten das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine Bemerkung muss ich auch noch einmal machen, da Herr Möhle mich direkt angesprochen hat. Ich unterschreibe den Satz, um den es ging, auch eindeutig.

(Zuruf des Abg. M ö h l e [Bündnis 90/ Die Grünen])

Ja, aber, Herr Möhle, dann müssen Sie bitte die Protokolle noch einmal genau nachlesen! In Jubelarien bin ich jedenfalls bei diesen Rankingdingen nie verfallen! Das können Sie mir nicht vorwerfen!

(Beifall bei der SPD)

Ich habe damals ausgeführt, wir befinden uns, und da standen wir auf dem Rang zwei, in einem Aufholprozess, und diesen Aufholprozess müssen wir fortsetzen, und das ist und bleibt nach wie vor richtig!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Das Wort erhält nun Herr Senator Kastendiek. ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will den Hinweis aus der letzten Debatte aufnehmen, Herr Möhle. Ich hätte mir gewünscht, dass Sie einmal ein Wort über Strategien und Notwendigkeiten aus den Ergebnissen dieses Rankings gezogen hätten. Das, was Sie hier gemacht haben eben gerade, hatte mit Ernsthaftigkeit und seriöser Debatte über Wirtschaftspolitik überhaupt nichts zu tun, meine Damen und Herren. Das war Kasperletheater, was Sie hier aufgeführt haben!

(Beifalll bei der CDU)

Sie haben hier einige Protokolle zitiert, Sie haben hier, ohne in die Details dieses Rankings in dieser Umfrage einzusteigen, einfach das gesagt, was sich bei Ihnen gerade so im Bauch entwickelt hat, aber Substanzielles an dieser Stelle überhaupt nicht. So kann man keine Wirtschaftspolitik betreiben, so kann man auch nicht über Wirtschaftspolitik diskutieren, Herr Möhle!

Ich will zwei, drei Anmerkungen machen, weil ich hoffe, dass Sie mich zumindest in der Vergangenheit nicht so wahrgenommen haben als jemanden, der einfach immer pauschal jubelt, undifferenziert Dinge herausposaunt und dann an der Stelle versucht, daraus irgendwelche Rückschlüsse zu ziehen. Beschäftigen Sie sich ernsthaft mit diesem Ranking, dann werden Ihnen einige Dinge, wo die strukturellen Probleme dieses Standortes liegen, glaube ich, endlich einmal bewusst.

Punkt eins: Im Ranking werden die Wirtschaftssektoren überdurchschnittlich gewichtet, die bei uns unterdurchschnittlich vertreten sind, insbesondere der Dienstleistungsbereich.

Wenn man das einmal auf die Rankings der vergangenen Jahre überträgt, zeigt das, wie erfolgreich wir in der Vergangenheit überhaupt waren, dass wir in einem unterdurchschnittlich vertretenen Bereich bei einer überdurchschnittlichen Gewichtung trotzdem bei diesen Rankings sehr gut abgeschnitten haben, und im Umkehrschluss dazu ist natürlich der Bereich, der überdurchschnittlich hier in der Wirtschaftsstruktur vertreten ist, verarbeitende Gewerbe, Industrie, in dem Ranking nur unterdurchschnittlich gewichtet.

Wir sind fünftgrößter Industriestandort Deutschlands. Dann ist natürlich klar, dass mit Prozessen an dieser Stelle bei dem Bereich, der auch noch überdurchschnittlich bei uns vertreten ist, verarbeitendes Gewerbe, bei Abbau von Arbeitsplätzen, ich nenne nur zwei Stichworte – Daimler-Chrysler und Arcelor die letzten Jahre – solche Ergebnisse in der Statistik herauskommen, wie sie herauskommen.

Aber ist das denn die Antwort darauf, ob Wirtschaftspolitik, Strukturwandel erfolgreich war, ist, ja oder