Protokoll der Sitzung vom 21.02.2007

Die achte Anfrage trägt die Überschrift „Frauen für Gründungen und Übernahmen im Handwerk gewinnen“. Die Anfrage ist unterschrieben von den Abgeordneten Frau Böschen, Frau Marken, Dr. Sieling und Fraktion der SPD.

Bitte, Frau Kollegin Böschen!

Wir fragen den Senat:

Erstens: Wie können Gründungen und Übernahmen im Handwerk durch Frauen offensiv gefördert werden, um damit auch Verlusten von Betrieben und Arbeitsplätzen durch ungeregelten Betriebsübergang entgegenzuwirken?

Zweitens: Welche Möglichkeiten sieht der Senat in diesem Zusammenhang, das Interesse von Frauen am Handwerk durch Maßnahmen wie die Einrichtung von Mentoringprogrammen oder Initiativen zur Entwicklung eines eigenständigen Berufsbildes Handwerkskauffrau für mithelfende Frauen, auch Ehefrauen, zu stärken?

Drittens: Welche Möglichkeiten sieht der Senat, im Land Bremen über frauenspezifische Rahmenbedingungen und Instrumente, wie sie Nordrhein-Westfalen beispielsweise als Meister-/-innengründungsprämien und -darlehen mit verlängerten Laufzeiten anbietet, die Selbständigkeit von Frauen im Handwerk zu fördern?

Die Anfrage wird beantwortet von Herrn Senator Kastendiek.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Zu Frage 1: Der Senat misst den Existenzgründerinnen und Existenzgründern sowohl bei der Eröffnung eines neuen Unternehmens als auch bei einer Übernahme eines bestehenden Unternehmens im Hinblick auf Wachstum und Beschäftigung eine sehr hohe Bedeutung zu, und er unterstützt diese deshalb auch durch eine Vielzahl von Maßnahmen.

Vor diesem Hintergrund steht für alle Gründungsvorhaben, das heißt auch für die im Handwerk, der One-Stop-Shop der Bremer Existenzgründunginitiative B.E.G.IN mit seinem Beratungsnetzwerk, bestehend aus 14 verschiedenen Institutionen, zur Verfügung. Neben einer Erstberatung kann je nach Anforderung an andere entsprechend spezialisierte Partner verwiesen werden. Für die spezifischen Bedürfnisse von Frauengründungen wurde darüber hinaus in den letzten Jahren verstärkt ein entsprechender Beratungsschwerpunkt entwickelt, der durch die Vereine „Frauen in Arbeit und Wirtschaft“, das „Arbeitsförderungszentrum in Bremerhaven, AFZ“, und „Belladonna“ mit dem Coachingprogramm sowie der Beteiligung an der „bundesweiten gründerinnennetzwerk, bga“, für Frauen repräsentiert wird.

Ein besonderes Augenmerk wird seit Oktober 2006 in Bremen auf das Thema „Unternehmensnachfolge“ gelegt. Durch das ReSoSta-Projekt zur Unternehmensnachfolge werden insbesondere die Probleme bei der Übergabe von Unternehmen analysiert und darauf aufbauend konkrete Nachfolgefälle professionell begleitet. Zusätzlich zu diesen für alle Branchen offenstehenden Instrumenten bietet die Handwerkskammer Bremen eine spezielle Beratungsförderung im Handwerk an, die sowohl vom Land als auch vom Bund unterstützt wird. Die drei handwerkseigenen Betriebsberater, davon eine Betriebsberaterin, stehen für die Gründung oder bei der Übernahme von bestehenden Unternehmen besonders auch durch Frauen beratend zur Seite.

Einen weiteren handwerksspezifischen Schwerpunkt stellt der jährlich stattfindende Wettbewerb der Meistergründungsprämie dar. Bewerben können sich alle Handwerksbetriebe, die im Vorjahr mit der Qualifikation des Meisterbriefes gegründet wurden. Prämiert wurden maximal 10 Bewerberinnen und Bewerber, die durch ein tragfähiges, innovatives Unternehmenskonzept eine Jury, besetzt aus Vertretern von Banken, Beratungsunternehmen, der Handwerkskammer, der B.E.G.IN-Gründungsleitstelle und Senator für Wirtschaft und Häfen, überzeugen können.

Zu Frage 2: Der Senat schätzt Mentoringprojekte auch im Rahmen von Unternehmensgründungen und Betriebsübergaben als überaus wichtig ein, da das ehrenamtliche Bürgerengagement nicht durch Förderprogramme ersetzbar wäre.

In Bremen zielt das Projekt „Cross Mentoring“ des „Expertinnen Beratungsnetz Bremen e. V., ebn“, darauf, Frauen den Weg in Führungspositionen kleinerer und mittlerer Unternehmen zu ebnen, indem sie von Mentorinnen und anderen Expertinnen des ebn-Beratungsnetzwerks unterstützt werden. Das Projekt wird seit 2003 im Rahmen des „Beschäftigungspolitischen Aktionsprogramms, BAP“, gefördert und steht auch Frauen offen, die in Handwerksunternehmen Führungspositionen – auch in Form einer Betriebsübernahme – anstreben.

Dem Senat ist bekannt, dass sich die Initiative der „Unternehmerfrauen im Handwerk“, ein geeignetes Berufsbild für „Handwerksfrauen“ beziehungsweise für „mithelfende (Ehe) Frauen“ zu realisieren, bereits auf einem erfolgreichen Weg befindet. So konnte das Berufsbild „Fachwirtin für kaufmännische Betriebsführung im Handwerk“ in die berufliche Fortbildung des Paragrafen 42 der Handwerksordnung integriert werden. Diese Fortbildung, die auf dem Berufsbild „Bürokaufrau im Handwerk“ aufbaut, kann nebenberuflich in 500 Unterrichtsstunden, gestreckt auf rund 1,5 Jahre, in Anlehnung an die Meisterkurse absolviert werden. Das „HandWERK Kompetenzzentrum“ – früher BFZ – der Handwerkskammer Bremen wird bei ausreichender Nachfrage eine entsprechende Fortbildung anbieten. Darauf aufbauend kann dann in einer weiteren Ausbildungsstufe nebenberuflich

der Abschluss „Betriebswirt des Handwerks“ erlangt werden.

Zu Frage 3: Der Senat hat Kenntnis darüber, dass die Landesregierung Nordrhein-Westfalen Gründungen im Handwerk im Rahmen der Meistergründungsprämie NRW fördert. Berücksichtigt wird hierbei die jeweils erste Gründung durch eine Handwerksmeisterin beziehungsweise einen Handwerksmeister. Die Antragstellung muss vor der Gründung, Übernahme oder Beteiligung bei der zuständigen Handwerkskammer erfolgen. Die Fördersumme von 7500 Euro wird unter der Bedingung, dass das Mindestfinanzierungsvolumen 25 000 Euro bei Vorhaben von Männern und 20 000 Euro bei Vorhaben von Frauen beträgt, vergeben.

Eine Darlehensvergabe, wie in der Anfrage formuliert, ist mit diesem Instrument nicht verbunden, ebenso haben die erweiterten „Laufzeiten“ für Frauen keine Gültigkeit mehr. Hierbei handelte es sich um die zusätzliche Bedingung, dass die Firmengründung bei Männern innerhalb von 3 und bei Frauen innerhalb von 5 Jahren nach dem Erwerb des Meisterbriefes vorgenommen werden musste, um in den Genuss der Meistergründungsprämie zu kommen. Diese Limitierung wurde zwischenzeitlich für alle abgeschafft, um allen Gründerinnen und Gründern im Handwerk einen unbegrenzten Zugang zu gewähren. Eine solche Regelung besteht im Land Bremen bereits seit Einführung des Wettbewerbs der Meistergründungsprämie im Jahr 2002. – Soweit die Antwort des Senats!

Frau Kollegin Böschen, haben Sie eine Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Vielen Dank, Herr Senator, für die umfangreiche Antwort und die Darstellung der verschiedenen Maßnahmen! Können wir denn jetzt davon ausgehen, dass wir in Bremen rund 50 Prozent Frauen bei den Gründungen im Handwerk tatsächlich auch vorfinden?

Bitte, Herr Senator!

Davon, Frau Abgeordnete, kann man nicht automatisch ausgehen, weil es natürlich vielfältige Aktivitäten gibt, die sicherlich das besondere und spezielle Bedürfnis und die speziellen Anforderungen, die Frauen bei Unternehmensoder Existenzgründungen haben, entsprechend berücksichtigen. Aber jetzt hier gewisse Quoten anzunehmen, das wird sich sicherlich sehr unterschiedlich entwickeln. Entscheidend ist, dass wir die Quote ständig durch ein entsprechendes Beratungsangebot nach oben bringen.

Frau Kollegin Böschen, haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Kann ich denn davon ausgehen, Herr Senator, dass die bereits von Ihnen erwähnten Maßnahmen auch daraufhin überprüft werden, inwieweit sie tatsächlich die Gründungen von Frauen im Handwerk erfolgreich unterstützen und darüber hinaus gegebenenfalls auch weitere aufgelegt werden, denn nach meiner Kenntnis sind wir von dieser 50-Prozent-Marge weit entfernt?

Bitte, Herr Senator!

Ja, das ist wohl richtig, dass man weit davon entfernt ist. Sie müssen natürlich, gerade was das Handwerk angeht, da zwei, drei Stufen vorher ansetzen. Sie können nicht einfach den Schalter umdrehen, und dann kommt vom Himmel irgendeine 50-Prozent-Quote, sondern Sie müssen natürlich viel frühzeitiger ansetzen, dass man junge Mädchen, junge Frauen für den Handwerksberuf interessiert, damit auch Meisterbriefe übernommen werden können. Das heißt, Sie können nicht am Ende der Kette jetzt irgendwelche Quoten fordern oder anstreben, da am Anfang einer Kette entsprechende Grundlagen und Fundamente gesetzt werden. Deswegen müssen dahingehend junge Frauen, junge Mädchen für diese technischen Berufe, für diese Handwerksberufe interessiert werden.

Das ist eigentlich der Ansatz, und dann werden wir sukzessive zu höheren Quoten diesbezüglich kommen. Ich bin des Öfteren im Gespräch mit Vertreterinnen gerade von „Beladonna“, die an dieser Stelle sehr vorbildliche Arbeit leisten. Das, was ich an Feedback bekomme diesbezüglich, ist, dass das, was wir zwischenzeitlich mit diesem Netzwerk B.E.G.IN geschaffen haben, eigentlich sehr positiv gesehen wird. Falls weitere Anforderungen entstehen, stehen wir dem natürlich sehr offen gegenüber.

Frau Kollegin Böschen, haben Sie eine weitere Zusatzfrage?

(Abg. Frau B ö s c h e n [SPD]: Nein, danke!)

Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, eigentlich ist die Fragestunde beendet, aber die Frage 10, „Anerkennung der Berufsfachschule für Kosmetik“, steht wahrscheinlich im Zusammenhang mit dem Besuch von Auszubildenden der Berufsschule für Kosmetik, die dort oben auf den Besucherrängen sitzen. Wären Sie damit einverstanden, dass wir diese Anfrage noch zulassen und dann auch die Antwort des Senats dazu bekommen?

Es besteht Einverständnis!

Bitte, Herr Kollege Rohmeyer, stellen Sie Ihre Frage!

Herr Präsident, vielen Dank für diese Ausnahme! Wir fragen den Senat:

In welchem Umfang und mit welchen Mitteln wurde die staatlich anerkannte Berufsfachschule für Kosmetik in der Freien Hansestadt Bremen, die als Privatschule in einer zweijährigen Ausbildung zum/zur staatlich anerkannten Kosmetiker/Kosmetikerin ausbildet, in der Vergangenheit gefördert?

Weshalb erhält die Berufsfachschule für Kosmetik, die deutlich mehr Bewerbungen erhält, als sie Plätze anbieten kann, und die damit trotz Schulgeldes fester Bestandteil des beruflichen Schulangebotes ist, zurzeit keine Mittel?

Welche Möglichkeiten sieht der Senat, die Berufsfachschule für Kosmetik mit Mitteln des Senators für Bildung zu fördern und als Ersatzschule anzuerkennen?

Die Anfrage wir beantwortet von Herrn Senator Lemke.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Zu Frage 1: Die Berufsfachschule für Kosmetik, die den Status einer Ergänzungsschule hat, erhielt in der Vergangenheit keine staatliche Förderung. Anspruch auf öffentliche Förderung haben lediglich anerkannte Ersatzschulen. Um Landesmittel zu erhalten, müsste die Berufsfachschule für Kosmetik als Ersatzschule anerkannt werden.

Zu Fragen 2 und 3: Nach Paragraf 2 des Gesetzes über das Privatschulwesen und den Privatunterricht, Privatschulgesetz vom 3. Juli 1956, zuletzt geändert durch Gesetz vom 28. Juni 2005, können nur Schulen Ersatzschulen werden, für die im Land Bremen eine entsprechende Schule in öffentlicher Trägerschaft vorhanden ist.

Eine solche Berufsfachschule für Kosmetik in öffentlicher Trägerschaft existiert im Land Bremen nicht. Es werden zwar im Land Bremen im dualen System Kosmetikerinnen und Kosmetiker ausgebildet, die in Bremerhaven die Berufsschule besuchen, dies ist jedoch kein Bildungsgang, der mit der vollschulischen Ausbildung an der Berufsfachschule für Kosmetik vergleichbar ist, da es sich um keine entsprechende Schulart im Sinne des Schulgesetzes handelt.

Eine Anerkennung als Ersatzschule ist deshalb rechtlich nicht möglich. Demzufolge kann die Berufsfachschule für Kosmetik auch keine Gelder aus Landesmitteln erhalten. Unbeschadet der vorangegangenen Ausführungen können die Schülerinnen und Schüler der Berufsfachschule für Kosmetik Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhalten. – Soweit die Antwort des Senats!

Herr Kollege, haben Sie eine Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Nur eine kurze Bemerkung, Herr Präsident! Ich möchte die Geduld des Hauses jetzt auch nicht überstrapazieren. Gerade vor dem Hintergrund, dass wir auch die International School vor einiger Zeit in einen Status versetzt haben, kündige ich nur eine entsprechende Initiative in der Bildungsdeputation an, in der wir das Thema weiter verfolgen werden.

(Beifall bei der CDU)

Eine weitere Zusatzfrage durch die Abgeordnete Frau Böschen! – Bitte, Frau Kollegin!

Herr Senator, ist Ihnen bekannt, ob es Werbemaßnahmen gibt, die dahin gehen, die seit zwei Jahren in Bremerhaven eingerichtete Berufsschule für Kosmetikerinnen aufzufüllen, vielleicht auch mit Bewerberinnen aus Bremen? Die Schule dort in Bremerhaven läuft ja im Rahmen eines Ausbildungsverbundes und ist in ihrer Klasse längst noch nicht ausreichend ausgelastet. Es gäbe Möglichkeiten auch dort, sage ich einmal, sich einzubinden.

Bitte, Herr Senator!

Uns ist das selbstverständlich bekannt. Mir sind konkrete Werbemaßnahmen nicht bekannt. Im Zuge dieser Anfrage haben wir das Problem hausintern diskutiert und überlegt, inwieweit wir mit den entsprechenden Kammern Betriebe erreichen können, um dafür zu werben, dass die Auszubildendenzahl, die hier mit 11 angegeben ist, deutlich gesteigert werden kann. Wenn wir dort nämlich die entsprechenden Möglichkeiten haben, dann sollten wir sie auch nutzen. – Vielen Dank!

Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor. Damit ist die Fragestunde beendet.