Protokoll der Sitzung vom 26.11.2003

Wenn Sie das wollen, dann sagen Sie, Sie schaffen die Stiftung „Wohnliche Stadt“ ab! Dann tun Sie die Mittel in den Haushalt, dann richten Sie Töpfe ein, die man wie auch immer nennen kann, die die gleichen Zwecke wie die Stiftung „Wohnliche Stadt“ verfolgen, dann mag das angehen! Wenn Sie aber einfach sagen, Sie wollen das streichen, dann gefährden Sie bis hinein in die Beiratsgebiete, bis hinein in die Kleinprojekte und die Stadtteile genau die Projekte, die nämlich mit Hilfe der Stiftung „Wohnliche Stadt“ positive Arbeit, innovative Arbeit für unser Bundesland, denn das gilt ja auch für Bremerhaven, geleistet haben.

Das alles wollen Sie hiermit sozusagen gefährden, und da kann ich Ihnen ganz deutlich sagen, entweder machen Sie das eine, und dann machen Sie es offen und sagen, okay, wir wollen die Mittel im Haushalt haben. Dann bekommen Sie meine Zustimmung nur, wenn Sie das über ausgewiesene Töpfe sicher

stellen könnten, aber nicht, wenn die Mittel der Stiftung „Wohnliche Stadt“ irgendwie im Nirwana in der Haushaltsberatung versickern! Damit tun Sie all diesen Projekten, die im Übrigen ja auch über Jahre hinweg wissen, dass die „Wohnliche Stadt“ im Zweifel dann auch immer ein Finanztopf für kleinere Projekte war, keinen Gefallen, sondern die machen Sie gleich mit kaputt.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Da kann man ruhig klatschen, das finde ich auch! Ich habe jetzt schon Anträge auf dem Tisch liegen aus Beiratsgebieten, Schulen, Kindergärten, die sagen, sie wollen ihren Spielplatz umbauen, und es gibt keine Haushaltsmittel dafür. Deswegen wenden sie sich an die Stiftung „Wohnliche Stadt“. Wenn Sie das alles ersatzlos streichen wollen, dann bitte, meine Damen und Herren, sagen Sie das auch, machen Sie das nicht klammheimlich! Sie plündern sozusagen die Stiftung „Wohnliche Stadt“ aus, Sie verpflichten die Stiftung „Wohnliche Stadt“, Mittel auszugeben, die haushaltsentlastend sind, und dann sind die Mittel weg. Auf Jahre hinaus braucht der Stiftungsrat, das habe ich vorhin schon einmal gesagt, dann eigentlich nicht mehr zu tagen. Das finde ich unredlich, das finde ich nicht in Ordnung.

Die Krönung des Ganzen ist dann, wenn Sie in den Wirtschaftförderungsausschüssen, wie letzte Woche, immer noch behaupten, dass für Projekte in der Stadt sozusagen Hunderttausende an Mitteln aus der Stiftung „Wohnliche Stadt“ ausgegeben werden sollen. Das ist dann der Gipfel an Scheinheiligkeit, das ist kaum mehr zu toppen.

Ich sage Ihnen, wir lehnen das, was Sie hier vorhaben, ab. Ich glaube, wenn Sie ein bisschen klüger wären, dann würden Sie die erste Lesung selbst erst gar nicht machen, weil ich aus Ihren Redebeiträgen nur entnommen habe, dass Sie sich da überhaupt nicht sicher sind, dass Sie schon ahnen, dass Sie gewaltig Ärger bekommen mit diesem Beschluss. Mit unserer Zustimmung können Sie in dieser Frage jedenfalls überhaupt nicht rechnen.

Ich wäre gern bereit, über Fragen nachzudenken, die die Stiftung sicherstellen. Wenn dann wieder einmal „zu viele Mittel“ anfallen würden, darüber könnte man auch sehr wohl reden. Ich glaube, die Grünen haben damals auch mitgetragen, diese Mittel abzubauen,

(Abg. D r. S i e l i n g [SPD]: Ja, so ist es!)

weil es wenig Sinn macht, dass das eine Art Sparkasse ist. Das ist mir auch völlig klar, aber das, was Sie jetzt beschließen, geht weit darüber hinaus, und ich sage noch einmal, das ist der Anfang vom Ende der Stiftung „Wohnliche Stadt“, und bitte, dann sa

gen Sie das auch so! – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als Nächster erhält das Wort Herr Senator Röwekamp.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Möhle, der Senat und die ihn tragenden Fraktionen werden weder das eine machen, was Sie sagen, also Beibehaltung in der bisherigen Form, noch das andere, was Sie gesagt haben, Abschaffung der Stiftung, sondern wir werden genau das Richtige machen, indem wir mit dem vorliegenden Gesetz die Voraussetzungen dafür schaffen, dass wir, wie viele andere Länder auch, nicht benachteiligt werden im Länderfinanzausgleich durch unsere Zuwendungspraxis an die Stiftung „Wohnliche Stadt“. Das führt dazu, dass wir in unserem Länderfinanzausgleich mehr Geld zur Verfügung haben, und das ist im Interesse des Landes und dient der Sache.

Wir sind Sanierungsland, wir haben mittlerweile jeden Euro mehrfach umzudrehen, das spüren die Bürgerinnen und Bürger in beiden Städten. Deswegen erwarten sie auch von uns, dass wir Entscheidungen und Entscheidungsspielräume nutzen, die dazu führen, dass wir mehr Geld in Bremen behalten können beziehungsweise mehr Geld bekommen. Deswegen bedanke ich mich ganz herzlich bei den Fraktionen von SPD und CDU, dass sie den vorliegenden Gesetzesantrag mittragen möchten.

Selbstverständlich machen wir uns auch gemeinsam Gedanken sehr konstruktiver Art über die Frage, was dann eigentlich mit der Stiftung „Wohnliche Stadt“ passiert. Wer die Vorlage genau liest, weiß, dass die Stiftung „Wohnliche Stadt“ auch in Zukunft Geld bekommen wird. Von daher wäre es völliger Quatsch, Herr Möhle, zu sagen, wir müssen sie auflösen, weil sie kein Geld mehr bekommt. Sie bekommt perspektivisch weniger Geld aus der Spielbankabgabe, so ist es zumindest bisher in der Vorlage vorgesehen, aber ich kann Ihnen sagen, Herr Möhle und meine Damen und Herren, wir sind sehr konstruktiv dabei sicherzustellen, dass die Stiftung, wie im bisherigen Auftrag auch, weiterhin und in Zukunft für die Menschen in Bremen und Bremerhaven in sinnvolle Projekte investieren und diese auch finanzieren kann.

Deswegen werden wir im Laufe der weiteren Beratungen sicherstellen, dass die beschlossenen Projekte mit den Mittelabflüssen in den Jahren 2003 bis 2005, wie in den Zuwendungsbescheiden vorgesehen, auch umgesetzt werden können. Wir grätschen nicht in laufende Projekte hinein, und das betrifft sämtliche Projekte, die vom Stiftungsrat der Stiftung „Wohnliche Stadt“ bereits bewilligt worden sind. Wir werden über die Mehreinnahmen, die wir

durch die Zuflüsse aus dem Länderfinanzausgleich haben, auch eine entsprechende Finanzierung im Rahmen unserer Haushalte sicherstellen können.

Darüber hinaus, Herr Möhle, auch das spricht für das vorliegende Gesetz, werden wir sicherstellen, dass wir ab 2004 wieder neue Projekte über die Stiftung „Wohnliche Stadt“ finanzieren können. Wenn Sie also sagen, Sie sind für ganz oder gar nicht, dann ist das einfach falsch. Es gibt einen Weg in der Mitte, der es uns zum einen ermöglicht, die fiskalischen Effekte, die wir uns wünschen, tatsächlich zu erzielen, und auf der anderen Seite uns auch ermöglicht, die stadtteilnahe kultur- und städtebauliche Arbeit, die wir mit dieser Stiftung immer über viele Jahre geleistet haben, in Zukunft fortzusetzen.

Wir werden das mit verminderten Geldsummen machen können, das ist klar. Wenn wir sparen müssen, müssen wir überall sparen, das betrifft dann auch die Stiftung „Wohnliche Stadt“, aber die Alternative ist nicht die Auflösung, Herr Möhle, sondern die Alternative ist die Konzentration auf Projekte in der Zukunft, mit denen wir die Städte Bremen und Bremerhaven für die Menschen, die hier leben, lebenswerter und wohnlicher machen können, und dafür werden die große Koalition, dieser Senat und die sie tragenden Fraktionen auch in Zukunft die Gewährleistung übernehmen.

Ich entnehme Ihrem Votum, dass Sie diesen Weg nicht mitgehen wollen, was ich sehr bedauere, aber das ist ja nicht das erste Mal, dass wir in dieser Frage getrennte Wege gehen. Wir werden, was die Stiftung betrifft, weiter zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger eine dauerhafte Finanzierung und weiterhin dauerhafte Projekte sicherstellen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als Nächster erhält das Wort der Abgeordnete Möhle.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ob das Quatsch ist, was ich sage, na ja, Herr Röwekamp, da bin ich mir nicht so sicher. Möglicherweise ist das, was Sie sagen, ähnlich zu qualifizieren, denn in Wirklichkeit habe ich nicht gesagt, ganz oder gar nicht, sondern ich habe Ihnen die Alternativen aufgezeigt. Dass wir natürlich für den Erhalt der Stiftung sind, glaube ich, habe ich ziemlich deutlich zum Ausdruck gebracht.

Ich glaube jedenfalls, der erste Teil in der Frage Länderfinanzausgleich ist für mich auch nachvollziehbar, damit habe ich nicht die großen Probleme. Sie vermengen das aber mit einer Kürzung der Stiftungsmittel, und das ist sozusagen genau der Knackpunkt, dass die Stiftung nämlich dann nicht mehr über Geld verfügt. Was Sie machen, ist, und das ist ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

natürlich auch so ein bisschen das, ich weiß es nicht, was Ihre Politik so kennzeichnet, jedenfalls Ihre Haushaltspolitik: Sie sagen einfach, in Zukunft wird es auch noch Geld geben. Sie verpflichten sozusagen immer weiter in die Zukunft hinein, irgendwann sind Sie im Jahre 2020 und sagen, na ja, das können wir ja auch noch beleihen. Meiner Auffassung nach geht das so nicht solide zu machen.

(Abg. H e r d e r h o r s t [CDU]: Sondern?)

Der zweite Punkt ist, dass Sie deutlich wissen müssen, oder ich nehme eigentlich an, dass Sie es im Grunde genommen vielleicht sogar auch wissen, dass die Mittel geringer geworden sind, die Abgaben der Spielbank sind geringer geworden. Das heißt, da trifft ein doppeltes Phänomen aufeinander, nämlich geringer gewordene Abgaben der Spielbank und jetzt noch ihre Kürzung. Dann sagen Sie mir ehrlich: Wo sehen Sie da eigentlich noch die Spielräume, wenn Sie es nicht so machen, dass Sie das Ganze bis weit in die Zukunft hinein beleihen, was Sie im Haushalt häufiger machen, was aber unsolide und nicht richtig ist? Das gefährdet tatsächlich die Substanz, die Existenz dieser Stiftung.

Mich ärgert, dass Sie das dann nicht auch so sagen, da muss man so viel Ehrlichkeit und so viel Mut auch aufbringen, dass man nämlich sagt, man will die Stiftung platt machen, dann sagen Sie es doch! Das, was Sie tun, ist genau das, was ich hier gesagt habe, und das ist kein Quatsch, sondern das ist die Realität, die man bei Licht besehen schnell nachvollziehen kann. – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als Nächster erhält das Wort Herr Senator Röwekamp.

Sehr geehrter Herr Möhle, ich muss ganz ehrlich sagen, das kann unwidersprochen so nicht stehen bleiben. Wenn Sie darunter verstehen, dass man etwas platt macht, indem man ihm in Zukunft jährlich 5,3 Millionen Euro gibt, dann haben Sie Recht. Dieser Gesetzesvorschlag beinhaltet aber, dass wir bei gleichbleibendem Spielertrag in Zukunft jedes Jahr, auch nach dem vorgelegten Änderungsentwurf, 5,3 Millionen Euro an die Stiftung „Wohnliche Stadt“ und damit für stadtteilbezogene Projekte, für die Menschen in dieser Stadt aufwenden und abführen wollen. Da können Sie doch nicht sagen, wir machen die Stiftung platt!

(Abg. M ö h l e [Bündnis 90/Die Grünen]: Haben Sie doch schon ausgegeben!)

Eine Stiftung, die 5,3 Millionen Euro bekommt, ist nicht platt, Herr Möhle, das ist völliger Unsinn!

Sie können ja nicht sagen, wir wollen das eine und das andere nicht! Sie wollen die Effekte aus dem Länderfinanzausgleich, Sie wollen aber die Spielbankabgabe nicht kürzen. Das eine geht ohne das andere nicht. Wir bekommen nur mehr Geld aus dem Länderfinanzausgleich, wenn wir die Spielbankabgabe kürzen, das ist doch der Effekt.

(Widerspruch beim Bündnis 90/Die Grünen)

Sie wollen offensichtlich kürzen, aber irgendwie trotzdem genauso viel bezahlen wie vorher. Das geht nicht, Herr Möhle! Was geht, ist, und das machen der Senat und die ihn tragenden Fraktionen: Wir werden die verminderte Spielbankabgabe nach dem vorliegenden Gesetz auch in Zukunft dauerhaft zahlen. Wir werden darüber hinaus für die bestehenden Projekte die Finanzierung für die Jahre 2003 bis 2005 sicherstellen, das heißt, es gibt ab 2004 auch frisches Geld für neue Projekte der Stiftung „Wohnliche Stadt“. Es wird eine vitale, bürgernahe Stiftung bleiben, die viel Gutes für diese Menschen tut. Mich ärgert es einfach, wenn hier einzelne Abgeordnete aus grobem Unverständnis behaupten, wir würden eine Stiftung platt machen. Das Gegenteil ist der Fall, Herr Möhle! Wir sichern die Stiftung langfristig und dauerhaft ab, und dafür benötigen wir Ihre Zustimmung. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit ist die Beratung geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Wer das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Zulassung einer öffentlichen Spielbank, Drucksachen-Nummer 16/71, in erster Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, CDU und Abg. T i t t m a n n [DVU])

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen Bündnis 90/Die Grünen)

Stimmenthaltungen?

(Abg. W e d l e r [FDP])

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) beschließt das Gesetz in erster Lesung.

Wahl eines Mitglieds des Landesjugendhilfeausschusses

Der Wahlvorschlag liegt Ihnen schriftlich vor.

Die Beratung ist eröffnet. – Wortmeldungen liegen nicht vor. – Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Wahl.

Wer entsprechend dem Wahlvorschlag wählen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen und Abg. W e d l e r [FDP])