Protokoll der Sitzung vom 17.12.2003

Ich möchte Ihnen an dieser Stelle ganz kurz von einem Kongress in Baden-Württemberg berichten, den eine Ärztin nutzte, um integrierte Versorgung zu beschreiben. Nun gibt es in Baden-Württemberg 44 Stadt- und Landkreise, was uns ja glücklicherweise erspart bleibt, dennoch ist es ein gutes Beispiel. 331 Krankenkassen können einzeln, zu zweit und so weiter mit angenommenen 44 integrierten Versorgungsstrukturen einzeln, zu zweit und so weiter Verträge aushandeln. Aus der Kombination ergibt sich eine unvorstellbare Gestaltungsform nur in einem Bundesland. Das GMG sah als definiertes Ziel für die integrierte Versorgung die Verschmelzung kleiner Einheiten zu wirtschaftlich rentableren größeren Einheiten vor, das lässt sich an diesem Beispiel erst einmal nicht erahnen. Vor allem aber sehe ich schon, dass wir unserer Leidenschaft gerecht werden könnten, uns am liebsten selbst zu verwalten.

Die Welt wird also bunter, wird sie aber auch transparenter? Wo ist nun der Anreiz für den Patienten, sich in die integrierte Versorgung zu begeben? Da sagt der Senat, es gibt finanzielle Anreize, Bonusmodelle. Ja, die gibt es, aber sehr uneinheitlich! Krankenkassen werden unterschiedliche Bonusmodelle anbieten, einmal mit 25 Prozent Reduzierung, einmal mit 50 Prozent, einmal mit 75 Prozent oder mit 100 Prozent. Das heißt, der Antrieb, in die integrierte Versorgung zu gehen, ist erstens die Praxisgebühr zu sparen – die wird ihm ja zur Belohnung erlassen, diese ist aber eigentlich eingeplant, wenn man es ganz genau nimmt, um das System finanziell zu stützen –, zweitens die Eigenverantwortung zu stärken, aber ohne Selbstbeteiligung.

Der erste Schritt des Patienten wird demnächst 2004 der sichere sein. Er geht zu seinem Hausarzt, wenn der übrigens nicht schon längst ins medizinische Versorgungszentrum umgezogen ist, dort wird er dann gelotst, wenn er denn gelotst werden muss. Der Hausarzt wird möglicherweise ein integriertes Versorgungsmodell anbieten, er wird über DMP aufklären, er wird zum Facharzt überweisen oder auch nicht, und hoffentlich kommt der Hausarzt noch zu

seiner eigentlichen Arbeit. Eigentlich übernimmt er hier an der Stelle die Tätigkeit eines Call-Centers, und wir werden noch darüber lesen können, dass er diese Beratungstätigkeit angemessen bezahlt haben möchte. Der Arzt wird ein Praxisschild in Größe DIN A 0 haben müssen, an welchen Programmen er überall beteiligt ist: am DMP Diabetes Typ 2, Diabetes XY, Hausarztteilnehmer der integrierten Versorgung und so weiter.

Integrierte Versorgung wird nicht immer unter einem Dach sein können. Der eine teilnehmende Arzt kann in Gröpelingen sein, der andere theoretisch in Kattenesch, theoretisch! Es werden ja nicht alle umziehen, um sich in nahe zusammenliegende Räumlichkeiten zu begeben. Fragen der Dokumentation, Datenlenkung, Datenübermittlung will ich jetzt an dieser Stelle überhaupt nicht ansprechen. Vielleicht sollten wir auch erst einmal über die medizinischen Versorgungszentren sprechen als idealer Raum beziehungsweise Voraussetzung für integrierte Versorgung. Versorgungszentren als fächerübergreifende, ärztlich geleitete Einrichtungen, in denen Ärzte tätig sind, selbständig oder angestellt, wären meines Erachtens der erste Schritt.

Integrierte Versorgung setzt erst einmal voraus, dass entsprechende Versorgungsstrukturen geschaffen werden, und dann wird es innerhalb einer Krankheit und eines Systems ein Versorgungsmodell für den Patienten geben. Das muss sich entwickeln. Ganzheitliche Informationssysteme sind notwendig. Nahtlose Integration fordert und erzwingt optimalen Informationsfluss. Die Landschaft in diesem Bereich wird sich ändern, Krankenhäuser werden sich um Arztsitze bemühen, Klinikverbände können die Modelle integrierter Versorgung bestimmen, die wohnortnahe Arztversorgung wird es schwer haben, gegen große Einrichtungen mit der Möglichkeit, Großgeräte und Ähnliches anzuschaffen, zu bestehen. Der Kampf David gegen Goliath!

Die CDU hat sich immer für die freie Arztwahl eingesetzt, für mehr Transparenz und mehr Eigenverantwortung, im Grunde auch im Konsens mit der SPD. Die freie Arztwahl, das haben wir nun auch schon gehört, ist aber deutlich eingeschränkt. Sobald man sich in entsprechende Programme begibt, ist die Eigenverantwortung kaum mehr zu erkennen, da man ja an diesen Modellen auch kaum mehr von Selbstbeteiligung reden kann. Das genau sollte allerdings eine wesentliche Neuerung sein.

Ein weiterer wesentlicher Punkt war auch, die Kosten im Gesundheitswesen zu senken. Auf die Frage nach den Erfahrungen mit integrierter Versorgung im Ausland erwähnt der Senat die Schweiz, was er aber nicht erwähnt, ist, dass die Schweiz seitdem die Kosten dramatisch ansteigen ließ. Um gleich einigen zu erwartenden Bemerkungen Ihrerseits zu begegnen, die da lauten könnten, nicht schon zu Anfang alles zerreden, guten Ideen eine Chance geben, und es würden ja nur 20 Prozent der Patienten

erwartet, die integrierte Versorgung machen werden: Im Grundsatz sind wir als CDU für die integrierte Versorgung, aber im Sinne des Patienten müssen wir auch Neuerungen kritisch begleiten. Theorie und Praxis liegen oft weit auseinander, und die Vergangenheit hat gezeigt, dass man bei grundsätzlichen Veränderungen oftmals nicht an die Umsetzung gedacht hat. Differenzierte Betrachtung hat hier noch nie geschadet. Ich weise schon einmal auf die neuen Zuzahlungsregelungen für 2004 hin. Politik muss auch darauf achten, teuer verwaltetes Chaos zu verhindern.

Was muss also der Politiker tun, und worauf muss geachtet werden? Der Patient muss klar im Vordergrund stehen, der Patient muss qualitativ hochwertige medizinische Versorgung erhalten, das System muss effizient sein, und das Gesundheitswesen muss bezahlbar sein. Aber es muss klare Regeln zur Anschubfinanzierung geben, es darf kein Wildwuchs entstehen, und Gelder dürfen nicht im Windhundverfahren verteilt werden.

(Glocke)

Im Grunde muss eine Ergebnisbewertung her, und die finanziellen Ströme insgesamt dürfen nicht auf Kosten der Regelversorgung nur noch in Strukturen ganz hoch spezialisierter Art fließen. Die Regelversorgung darf nicht gefährdet werden, denn es gibt weiterhin Patienten, die ganz normal zum Arzt gehen wollen, ohne in entsprechenden Programmen versorgt werden zu wollen. – Danke!

(Beifall bei der CDU)

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Hoch.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Integrierte Versorgung im Gesundheitswesen, das Thema ist nicht neu und erst recht nicht bei uns Grünen. Doch leider belegen immer wieder die Gutachten, die in den letzten Jahren im Gesundheitswesen erstellt wurden, dass Deutschland in der Gesundheitsversorgung ein wesentliches Problem hat, und zwar in der starren Trennung der ambulanten und der stationären Versorgung. Diese starre Trennung hat viel mit Über-, Unter- und Fehlversorgung zu tun und mit einer schlechten Versorgungsqualität.

Lassen Sie mich, meine Damen und Herren, kurz ausführen, warum! Die bisher in Deutschland vorherrschende sektoral organisierte Versorgung verursachte ständige Stimmungsprobleme und Innovationshemmnisse, etwa bei den Konflikten um Krankenhausambulanzen. Die sektorale Versorgung führt auch notwendigerweise zu höheren Kosten für das ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

Gesamtsystem, weil jeder Sektor auf seine eigene Wirtschaftlichkeit achtet und nicht auf die Gesamtwirtschaftlichkeit über den ganzen Behandlungsprozess. Die eigene Wirtschaftlichkeit steht im Mittelpunkt des Handelns und nicht, wie es richtig wäre, die medizinische Effizienz. Hier eine Änderung zu erreichen, eine bessere Kooperation zwischen diesen einzelnen Versorgungsbereichen zu erzielen, das ist eigentlich schon immer ein wesentlicher Punkt grüner Gesundheitspolitik gewesen.

Wir sehen, meine Damen und Herren, die integrierte Versorgung trägt zu einem wesentlichen Punkt der Weiterentwicklung des Gesundheitswesens bei. Die damalige Gesundheitsministerin Andrea Fischer hat schon damals in der Gesundheitsreform 2000 die gesetzlichen Grundlagen für diese integrierte Versorgung geschaffen. Die gesetzlichen Bestimmungen eröffnen die Möglichkeit, diese Versorgungssysteme etablieren zu können. Doch die Leistungserbringer im Gesundheitswesen haben in mehr als drei Jahren nach dem In-Kraft-Treten dieser Bestimmungen so gut wie gar nichts von diesem Handlungsspielraum genutzt, auch die neue Vertragspolitik wurde kaum genutzt. Da fragt man sich schon, warum! Auch diese Frage wurde hier schon gestellt.

Eigentlich geht es doch um eine bessere Versorgung von Patientinnen und Patienten. Bessere Versorgung, eine sinnvolle Forderung, ich denke, der mag wohl keiner widersprechen. Doch wie so häufig wird über den Weg gestritten, was ja vordergründig kein Problem ist. Wenn dieser Streit jedoch immer unkonstruktiv ist, ist es ein Problem, so lange jedenfalls, wie eine abwehrende Haltung gegenüber neuen Versorgungsformen im Vordergrund steht. Auch in der Ärzteschaft gibt es verschiedene Sichtweisen und Standpunkte, jetzt erst gerade nachzulesen im „Bremer Ärztejournal“ vom letzten Monat. Darin fordern einige die Förderung kooperativer, integrativer Strukturen in Klinik und Praxis. Das ist gut, aber da war auch zu lesen, ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten: „Noch sind Versorgungszentren nur eine drohende Vision.“

Aber, meine Damen und Herren, zum Glück waren die Stimmen, die ich in dieser Zeitschrift wahrgenommen habe, deutlich für eine integrierte Versorgungsform. Trotzdem hätten wir gern gewusst, wie die Kassenärztliche Vereinigung zu diesen integrierten Versorgungsformen steht, das wurde zwar gefragt in Frage zwölf, aber es ist nur beantwortet worden, wie die Krankenkassen darüber denken. Vielleicht weiß die Senatorin das ja aus Gesprächen. Es ist jedenfalls nicht in der Anfrage beantwortet worden.

Lassen Sie mich an dieser Stelle noch einmal ganz klar sagen: Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bewertet die Chancen, die jetzt im Gesundheitsmodernisierungsgesetz stehen, für diese integrierte Versorgung als positiv. Wir hoffen, dass sich diese Ver

sorgungsform schnell etablieren wird, denn es gibt inzwischen auch einige positive Beispiele. So hat die Bundesknappschaft erfolgreich nachgewiesen, dass ein Programm der integrierten Versorgung auch wirtschaftlich und erfolgreich sein kann. Die Basis dazu war die Verknüpfung zwischen ambulant und stationär sowie eine Verpflichtung der eingeschriebenen Versicherten auf bestimmte Ärzte und Krankenhäuser. Das haben wir hier ja auch schon gehört, dass das dann so ist, wenn man an dieser Versorgung teilnimmt. Flankiert wurde dieses Angebot mit einem angepeilten Anreizprogramm. Nach überraschend kurzer Zeit, zwei Jahre nach dem Start des Programms, wurde eine Ausgabenminderung von sieben bis zehn Prozent bekannt gegeben. Auch wenn die Zusatzaufwendungen für das Management des Systems bei diesen Werten noch gegengerechnet werden, ist das, denke ich, ein beträchtlicher Erfolg.

Im Oktober dieses Jahres hat sich die Deutsche Gesellschaft für integrierte Versorgung im Gesundheitswesen gegründet. Ziel dieser Gesellschaft ist es, den gegenseitigen Austausch von Trägern und potentiellen Trägern von Netzwerken der integrierten Versorgung zu fördern. Sie sehen, meine Damen und Herren, es gibt positive Ansätze. Ich denke, darauf sollte aufgebaut werden. Der Zug der integrierten Versorgung ist langsam in Fahrt, und das ist auch richtig so.

Zwei Punkte möchte ich hier noch ausführen, die für mich ebenfalls im Zusammenhang mit der integrierten Versorgung stehen, zwei Punkte, die eigentlich unverzichtbar damit sind, nämlich erstens die Optimierung des Entlassungsmanagements in den Krankenhäusern und zweitens die Disease-ManagementProgramme.

Zur Optimierung des Entlassungsmanagements! Die neue Abrechnungsform in den Krankenhäusern nach Fallpauschalen wird zu einer kürzeren Verweildauer führen, das wissen wir alle. Eine individuelle Beplanung nicht für, sondern mit den Patienten, das muss angestrebt werden. So wird nicht nur die Zufriedenheit der Patienten gesteigert, sondern es steigt auch die Prozess- und Ergebnisqualität in den Versorgungszentren.

Zweitens zu den Disease-Management-Programmen! Diese Programme sind zwar nicht zwingend für diese Versorgungsform, aber sie betreffen einen hohen Anteil der Gesamtbevölkerung. Außerdem ist hier die gute Zusammenarbeit zwischen ambulant und stationär besonders wichtig. Deshalb bieten sich diese Programme für diese Versorgungsform an. Viele Krankenhäuser haben begriffen, welche Rolle sie in diesem Versorgungssystem spielen, und sie sind auf dem Weg zu Gesundheitszentren. Das ist besonders wichtig für die Krankenhäuser hier im Land Bremen, denn fast 40 Prozent unserer Patienten kommen aus dem ländlichen Umland.

Ob diese Zukunftspositionierung auch in Bremerhaven gelingen wird, ist zweifelhaft. Herr Brumma, Sie haben es angesprochen, es steht zwar im Koalitionsvertrag, dass das zu einem Gesundheitszentrum führen wird, wunderbar, ich muss Ihnen leider sagen, an diesem Gesundheitszentrum wird seit dem Jahr 2000 gestrickt, und die Beteiligten haben sich inzwischen verheddert. Es ist immer noch nicht klar, welche Schwerpunkte dort gesetzt werden sollen, und es ist immer noch nicht die Frage geklärt, ob es zu einem Neubau oder zu einem Anbau an das Zentralkrankenhaus kommen soll. Solange diese Fragen nicht geklärt sind, können sich diese Häuser nicht auf die Suche nach anderen Kooperationspartnern machen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Gerade diese Nichtentscheidung kann eben nicht dazu führen, dass diese Versorgungsstruktur in Bremerhaven aufgebaut wird, und das halte ich auch als Bremerhavenerin für besonders wichtig, denn gerade dieses Zentrum Elbe-Weser-Dreieck ist besonders wichtig für Bremerhaven. Dass die BIS das jetzt bei uns richten soll, das halte ich auch nicht gerade für vertrauenerweckend, aber das nur, weil Sie Bremerhaven angesprochen haben!

Zum Schluss lassen Sie mich noch zusammenfassen! Wir halten die Form der integrierten Versorgung für ein gutes Angebot an die Patienten, denn wer sich einmal in dieser ganzen Zwischenstation bewegt hat zwischen Rehabilitation, ambulanter, stationärer und häuslicher Krankenpflege, und das noch, wenn er krank ist, der weiß es zu nutzen, wenn er so ein qualitativ gutes Angebot bekommen kann. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort Frau Senatorin Röpke.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir stellen leider fest, dass sich im jetzigen Gesundheitswesen die Leistungssektoren nicht immer gut miteinander verstehen beziehungsweise gut miteinander arbeiten, sondern leider auch häufig gegeneinander arbeiten, sei es jetzt ambulant oder stationär, seien es Hausärzte oder Fachärzte, seien es ärztliche oder nichtärztliche Leistungserbringer. Das ist dringend verbesserungsbedürftig, da muss etwas geschehen!

Frau Hoch, Sie haben gesagt, Frau Fischer hat es im Jahr 2000 schon als ersten Ansatz versucht. Ich muss Ihnen dann leider sagen, das ist nicht gelungen. Sie hat versucht, diese starren Strukturen aufzubrechen, hat einen Entwurf vorgelegt, der ist dann sozusagen in das SGB V auch aufgenommen worden, aber diese starren Regeln sind leider nicht durch

brochen worden, so dass es nicht zum Erfolg geführt hat. Es muss nach dem jetzt geltenden System immer noch so sein, dass Verträge geschlossen werden müssen, dass vor allen Dingen, auch wenn es um ärztliche Leistungen geht, zusätzliche Rahmenvereinbarungen beachtet werden müssen, die zwischen den Spitzenverbänden und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung abzuschließen waren, also hohe Hürden an Regelungen.

Diese Regelungsdichte, insbesondere die Pflicht zur Beachtung der Rahmenvereinbarungen, die Begrenzung auf einzelne zugelassene Leistungserbringer und die einseitige nachträgliche Möglichkeit beizutreten, das waren die Gründe, warum so geringe Anreize im System bestanden, dass es nicht zum Erfolg geführt hat. Das sind im Übrigen auch die Gründe dafür, warum hier in Bremen – das ist ja keine Bremer Erscheinung, sondern eine bundesweite Erscheinung – so wenig passiert ist.

Ich kann das noch einmal mit Erlaubnis des Präsidenten zitieren aus einem Gutachten vom AOK-Bundesverband, das das pointiert ausgedrückt hat, wo denn sozusagen die Ursachen liegen. Da heißt es: „Das bisherige Scheitern der grundsätzlich richtigen Idee der integrierten Versorgung ist vor allem darauf zurückzuführen, dass es bei den gesetzlichen Regelungen bislang nicht vorrangig um die Förderung neuer Versorgungsformen ging. Im Vordergrund stand vielmehr, die von der integrierten Versorgung möglicherweise ausgehenden Störungen bestehender Kollektivregelungen zu minimieren. Diese Logik gilt es umzukehren.“

Genau das ist jetzt mit dem Gesundheitsmodernisierungsgesetz geschehen. Es bestand dringender Handlungsbedarf, und die integrierte Versorgung ist eine zentrale neue Regelung des GMG. Das ist ein wirklicher Fortschritt an dieser Stelle, weil die bestehenden juristischen und ökonomischen Hemmnisse beseitigt worden sind, denn das Ziel ist, mehr Qualität in der medizinischen Versorgung des einzelnen Patienten zu sichern, der eine hochwertige Behandlung erhalten soll, und auch mehr Effizienz in dieses integrierte System zu bringen, das ist hier schon erwähnt worden, die Vermeidung von Brüchen in der Versorgung und die Vermeidung zum Beispiel von Doppeluntersuchungen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass das jetzt auch gelingt, weil diese Straffung der bisherigen Regelungen jetzt endlich auch zielgerichtet neu orientiert ist.

Die Rahmenvereinbarungen, die ich eben ins Feld geführt habe, sind ersatzlos gestrichen, und die Kassenärztlichen Vereinigungen werden nicht mehr ausdrücklich als mögliche Vertragspartner genannt. Das ist dann vielleicht auch eine Erklärung dafür, wie die Kassenärztlichen Vereinigungen dieses Gesetz bewerten. Mehr möchte ich an dieser Stelle dazu nicht sagen.

Auf der anderen Seite wurden mögliche Vertragspartner neu aufgenommen, und das ist auch schon

gesagt worden, es gibt nicht mehr diese starre Einschränkung, sondern es sind Träger von Einrichtungen, die eine integrierte Versorgung durch Versorgung der Versichertenberechtigteleistungserbringer anbieten. Das heißt also im Klartext, es muss nicht immer eine ärztliche Vereinigung sein, es kann auch eine Managementgesellschaft sein. Es muss auch nicht ein Versorger direkt sein, sondern dieser kann sich auch Leistungen einkaufen, also eine viel höhere Flexibilität.

Auch die hinderliche Regelung, das einseitige nachträgliche Beitrittsrecht, wurde abgeschafft. Wesentliche Neuerung ist insbesondere auch der Umstieg auf eine Förderung der integrierten Versorgung. Das ist neu. Mit diesem einen Prozent, das von den ärztlichen Vertragspartnern und den Krankenhäusern sozusagen abgeschöpft wird, soll ausdrücklich und ausschließlich integrierte Versorgung gefördert werden. Wenn das Geld nicht innerhalb von drei Jahren dort hinfließt, dann muss es zurückgezahlt werden. Das, finde ich, ist ein sehr wichtiger neuer Schritt, um in diesem Bereich tatsächlich auch einen Push zu bringen.

Frau Dr. Mohr-Lüllmann, das sehe ich genauso wie Sie, und ich bin sehr dafür, dass wir an der Stelle auch den Wettbewerb fördern, denn es geht um einen Wettbewerb um Qualität. Wenn Sie das hier so doch sehr kritisieren, was da zum Teil vereinbart worden ist, dann muss ich Ihnen das an der Stelle wieder zurückgeben, denn wenn Sie noch einmal den Entwurf, den Frau Schmidt vorgelegt hat, Gesundheitsmodernisierungsgesetz, mit dem vergleichen, was Ihre Partei, insbesondere dann aber auch Herr Seehofer, der gehört ja nicht direkt zu Ihnen, gefordert hat, dann werden Sie feststellen, dass an vielen Stellen der Entwurf der CDU/CSU dahinter zurückbleibt und Frau Schmidt mehr Wettbewerb und Qualität wollte und mehr Strukturveränderung, als wir es jetzt leider vorfinden. Ich hätte es sehr begrüßt, wenn man an vielen Stellen noch konsequenter vorangegangen wäre.

(Beifall bei der SPD)

Ich bin sehr davon überzeugt, dass nur der Wettbewerb in diesem verkrusteten System dazu führen wird, dass die Patientinnen und Patienten eine bessere Versorgung bekommen.

Es ist schon gesagt worden, wir haben wirklich genug Geld im System, aber es kommt nicht zielgerichtet dort an, wo es ankommen muss. Wir haben viel Über- und Unterversorgung, und daran müssen wir weiter arbeiten. Da bin ich mit dem Gesetz auch noch nicht zufrieden. Ich glaube, dass wir noch sehr große Aufgaben vor uns haben, aber es lohnt sich. Wir wollen alle eine bessere Versorgung der Patientinnen und Patienten. – Danke schön!

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Aussprache ist geschlossen.

Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Antwort des Senats, Drucksache 16/93, auf die Große Anfrage der Fraktionen der SPD und der CDU Kenntnis.

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