Protokoll der Sitzung vom 12.12.2007

Wir haben in der Vergangenheit leider manche Bremer Irrwege gehabt wie die Ausbildung zum Stufenlehrer. Mit der Novelle der Lehrerausbildung haben wir auch dies rückgängig gemacht. Es gibt ja in Bremen zum Glück wieder eine Ausbildung nach Lehrämtern, und wir appellieren an Sie als Senat, als Koalition, dass Sie mit Ihrem Weg hin zur Zwangseinheitsschule die positiven Entwicklungen der Bremer Schulgesetznovelle von 2004 nicht kaputt machen und Bremer Schülerinnen und Schüler auch in Zukunft ermöglichen, ein Abitur zu machen, mit dem sie bundesweit mithalten können. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat der Abgeordnete Güngör.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine Vorbemerkung: Die Weiterentwicklung des Schulwesens diskutieren wir im Fachausschuss der Deputation für Bildung, Herr Rohmeyer, und nicht bei dem Tagesordnungspunkt doppelter Abiturjahrgang, aber das nur als Bemerkung vorweg!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. F o c k e [CDU]: Wir können aber sagen, was wir wollen!)

Ja, das können Sie ja im Fachausschuss machen: sagen, was Sie wollen!

(Zuruf des Abg. F o c k e [CDU]) ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft. Herr Focke, vielen Dank für die Zwischenbemerkungen! Wenn ich jetzt weiter fortfahren darf! Sie können sich ja gern auch noch zu Wort melden. Ich bin sehr gespannt auf Ihre bildungspolitischen Ansichten, die Sie hier dann vortragen werden. (Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/ Die Grünen und bei der Linken)

Meine Damen und Herren, die Einführung der Möglichkeit, das Abitur nach 12 Jahren abzulegen, bietet Schülerinnen und Schülern eine Gelegenheit, früh eine Ausbildung oder ein Studium zu beginnen. Das Land Bremen stellt sich mit der Realisierung des Abiturs nach 12 Jahren auch einer wichtigen Herausforderung für die Weiterentwicklung des Schulsystems und dessen Leistungsfähigkeit. Der doppelte Abiturjahrgang ist wahrlich eine Herausforderung. Die Frage ist, ob ein Chaos eintreten wird oder ob das Ganze gut vorbereitet reibungslos über die Bühne geht.

Der doppelte Jahrgang ist zwar nicht vermeidbar, aber er ist planbar und wird organisatorisch sehr schwierig werden. Beruhigend ist ja schon einmal, dass die Behörde mit den Vorbereitungen für die Bewältigung dieser Aufgabe auch begonnen hat. In der Antwort des Senats wird festgehalten, dass Ressourcen, die in diesem Zusammenhang nötig und wichtig sind, also Personal und Räume, vorhanden wären. Damit könnte man dem Ganzen gelassen entgegen sehen, könnte!

Bevor wir das ruhigen Gewissens tun, müssen wir die Sorgen, die schon in der Presse zu lesen waren, ernst nehmen und entsprechend handeln. Da gibt es zum Beispiel berechtigte Bedenken im Bremer Westen und Sorgen von anderen Schulen sowie Schulleiterinnen und Schulleitern, und diese Sorgen nehmen wir als SPD-Fraktion ernst, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD)

Die Behörde muss hier mit allen Beteiligten eine sehr große Aufgabe stemmen. In der Antwort des Senats können wir auch lesen, dass recht früh – und solche Vorbereitungen können ja nie früh genug sein – eine Planungsgruppe unter Beteiligung von Vertreterinnen und Vertretern der Schulen eingesetzt wurde, um die zu erwartenden Probleme zu analysieren. Damit sind schon einmal die Weichen gestellt, um eine größere Anzahl von Schülerinnen und Schülern in der Oberstufe zu bewältigen. Die von der Behörde eingesetzte Projektgruppe soll nun alles Weitere begleiten. Aber es ist ja nicht nur die Behörde, betroffen sind darüber hinaus viele verschiedene Akteure, die damit vor verschiedene Aufgaben gestellt sind.

Klar bei der ganzen Sache ist: Es müssen genügend Räume zur Verfügung stehen, also wird ein solides

Raumkonzept benötigt werden, und wenn die zu klärenden Raummöglichkeiten mit Kosten verbunden sein sollten, so muss dies frühzeitig in die Planung einfließen, meine Damen und Herren.

Es werden auch mehr Lehrkräfte in der Oberstufe benötigt. Bis zum nächsten Schuljahr müssen daher alle personellen Maßnahmen getroffen werden, um den Unterricht an den Oberstufen sicherzustellen. Zu begrüßen ist deshalb, dass sich die Behörde vorgenommen hat, die Einstellung von neuen Lehrkräften rechtzeitig in Angriff zu nehmen, und das ist auch gut so, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD)

Das bedeutet aber auch, dass die jetzigen Lehrerinnen und Lehrer der Sekundarstufe I mit einer Lehrbefähigung für die Sekundarstufe II mit in den Oberstufen unterrichten werden müssen. Das führt natürlich auch dazu, dass die betroffenen Lehrkräfte pendeln müssten. Wenn die Schulen nun weit auseinander liegen, dann ist das eine zusätzliche Belastung für die Lehrerinnen und Lehrer. Daher wäre es wichtig, im Vorfeld die betroffenen Lehrkräfte eng mit in diese Planung einzubeziehen, und bei den Einstellungen in den nächsten beiden Schuljahren sollten dazu auch gewisse Steuerungsmöglichkeiten wahrgenommen werden. Nur so können wir die zu erwartenden Belastungen für die Lehrerinnen und Lehrer so gering wie möglich halten, und genau das muss eine hohe Priorität bei dieser Aufgabe haben, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD)

Voraussetzung für das Gelingen des ganzen Projektes ist eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Bildungsressort, den Schulleiterinnen und Schulleitern und natürlich den Lehrerinnen und Lehrern, denn genau diese Menschen müssen das ganze Vorhaben doppelter Abiturjahrgang in der Praxis bewältigen. Auch den Schülerinnen und Schülern wird durch die Umsetzung einiges abverlangt. So werden einige von ihnen einen etwas volleren Stundenplan haben. Dies aber ist notwendig, um in Zukunft auch im Land Bremen ein noch leistungsfähigeres Schulsystem zu haben.

Schwierig wird die Planung natürlich auch insgesamt dadurch, dass wir heute die Schüleranwahlen noch nicht prognostizieren können und damit auch noch keine Kenntnisse darüber haben, wie groß die jeweiligen Kurse werden. Wir erwarten vom Bildungsressort, dass in regelmäßigen Abständen der aktuelle Stand in der Deputation für Bildung berichtet wird. Wir werden das Ganze kritisch und konstruktiv beobachten. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg, und diesen Weg kann ich in der Vorlage des Senats erkennen, und ich denke, dass alle Beteiligten alles Nöti

ge tun werden, um die Aufgabe zu bewältigen. – Danke schön!

(Beifall bei der SPD)

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Stahmann.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Zu Beginn der Debatte, ehe ich in das Thema der Großen Anfrage einsteige, möchte ich einmal zwei Phänomene ansprechen, zwei naturwissenschaftliche Phänomene, die mir eben aufgefallen sind. Erstens handelt es sich um ein chemisches Phänomen, das der Kollege Rohmeyer aufgezeigt hat, der uns glauben machen will, dass mit der Einführung von durchgängigen Gymnasien 1600 Schüler im Land verschwinden würden. Das müssen Sie hier noch einmal erklären!

(Heiterkeit beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. R o h m e y e r [CDU]: Nein, die Pro- bleme werden einfacher zu lösen sein!)

Dann haben wir ein physikalisches Phänomen, Kollege Rohmeyer. Seitdem Sie in der Opposition sind, gibt es eine gewisse Ablehnungshaltung oder eine Distanz, man kann auch sagen, eine gewisse Bipolarität zu Ihren Entschlüssen, die Sie in der Großen Koalition gefasst haben: Was gut ist, hat die CDU gemacht, was schlecht ist, hat die SPD gemacht.

(Abg. R o h m e y e r [CDU]: Das war auch so! – Zurufe vom Bündnis 90/Die Grünen und von der SPD)

Das können Sie hier gern behaupten, aber damit lassen wir Sie gar nicht durchkommen, denn Sie waren eine Regierung, und auch Sie müssen dafür geradestehen, was damals beschlossen worden ist!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und bei der FDP)

Ich kann auch noch ein weiteres Phänomen in dieser Debatte ausmachen, das will ich auch gleich am Anfang machen: Ich finde, es ist auch ganz destruktiv, wenn man hier einen Schulstandort in Bremen-Nord wiederholt zur Disposition stellt. Wir waren gemeinsam eingeladen in die Alwin-Lonke-Straße, und ich kann es noch einmal ganz deutlich sagen: Wir werden diesen Schulstandort noch brauchen, wenn die doppelten Jahrgänge kommen, und es wird weiter––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

hin eine gymnasiale Oberstufe an diesem Standort geben.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD – Zuruf des Abg. R o h m e y e r [CDU])

Über diese Punkte können wir ja gleich noch diskutieren!

Alle Bundesländer in Deutschland haben sich entschlossen, den gymnasialen Bildungsgang von 9 auf 8 Jahre zu verkürzen,

(Abg. R o h m e y e r [CDU]: Nein, Rheinland-Pfalz nicht!)

mit der Ausnahme von Rheinland-Pfalz, aber die diskutieren das auch schon, Herr Rohmeyer. Das hat Auswirkungen, einmal inhaltlich für die Schülerinnen und Schüler, die jetzt sehr dichtgedrängte Stundenpläne haben. Der gleiche Stoff, der bisher in 13 Jahren gelernt worden ist, wird nun in 12 Jahren gelernt, und da sich die Lehrer und Lehrerinnen und die Schulen zumeist gegen Samstagsunterricht ausgesprochen haben, haben die Kinder einen ganz vollen Stundenplan, und ich habe es hier schon ein paar Mal gesagt, einen Stundenplan, der eigentlich gegen das Jugendarbeitsschutzgesetz in Deutschland verstößt.

Das ist nicht für alle Kinder zu schaffen, das sind auch Probleme, über die wir heute an dieser Stelle nicht reden, aber dieser verkürzte gymnasiale Bildungsgang führt nicht nur zu räumlichen Problemen, wie Kollege Rohmeyer ausgeführt hat, sondern auch richtig zu Problemen in der Umsetzung im pädagogischen Bereich und beim Lernen und Lehren.

Wir haben in allen Bundesländern nun die Diskussion: Wie macht man es eigentlich mit den doppelten Jahrgängen? In Bremen ist es besonders schwierig, da wir die Stufenschule haben. Ich finde aber, dass dies kein Nachteil ist. Ein Nachteil ist eher, dass sich die Große Koalition zugetraut hat, das alles handstreichartig an dieser Stelle zu lösen, Herr Rohmeyer, und daran waren Sie ja beteiligt.

Ich sage jetzt einmal rückblickend: Man hätte sich bei dieser ganzen Diskussion etwas mehr Zeit nehmen sollen, denn es wird nicht nur an den Schulen eng, es wird in den Universitäten und dem Ausbildungsmarkt insgesamt in Deutschland eng. Da hätte man sich mehr Zeit nehmen müssen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Zum Schuljahr 2009/2010 werden die Schülerinnen und Schüler der 9. Klassen und die Schüler der 10. Klassen gemeinsam in die dreijährige gymnasiale Oberstufe gehen. Das Thema beschäftigt nicht nur die Bürgerschaft, es beschäftigt die Beiräte, es beschäftigt auch die Stadtteilkonferenzen in Bremerha

ven, Eltern machen sich Sorgen. Das müssen wir als Politiker ernst nehmen.

Ich finde es auch wichtig, dass die Senatorin die Transparenz der Behördenpläne erhöht und auch die Anregung aufgegriffen hat, eine Elterninformation herauszugeben. Ich denke, das ist der erste Schritt, da müssen noch weitere folgen. Es ist aber wichtig, dass die Eltern Klarheit haben, wie es eigentlich für ihre Kinder nach Klasse 9 und 10 weitergeht.

Bremen und Bremerhaven stehen vor ganz unterschiedlichen Problemen. In Bremerhaven besuchen auch 30 Prozent der Schüler, die aus Niedersachsen kommen, die GO. In Bremerhaven wird es aufgrund der früheren Einführung des achtjährigen Gymnasiums in Niedersachsen nicht zu so großen Problemen kommen wie in der Stadt Bremen. Darüber müssen wir heute auch sprechen. Die drei städtischen Oberstufen in Bremerhaven und das in der Trägerschaft des Landkreises Cuxhaven befindliche Kreisgymnasium Wesermünde sind von allen Bremerhavener Schülerinnen und Schülern und von denen aus Wesermünde anwählbar, auch innerhalb der frei vorhandenen Kapazitäten. Die Räumlichkeiten werden dort auch ausreichen. So ist es der Antwort des Senats zu entnehmen. Lediglich am Standort Schulzentrum Geschwister Scholl wird in Erwägung gezogen, für 3 Jahre zusätzlich Mobilbauten anzumieten. Das steht jedenfalls schon fest.

Am Llyod-Gymnasium haben wir eine besondere Situation, da wir dort eine Oberstufe mit 12 bis 14 Lerngruppen haben, in der 5. Klasse aber bislang 4 Lerngruppen. Die Oberstufe war früher eine reine Oberstufe als Schulzentrum Mitte. Eng war es an dieser Schule schon immer. Damit ist man schon immer auf andere Schulen ausgewichen. Lehrkräfte müssen in Bremerhaven nicht so versetzt werden wie in der Stadtgemeinde Bremen. Lediglich 10 bis 12 Lehrkräfte werden benötigt, um das mit dem doppelten Abiturjahrgang zu schaffen, das geht aus der Senatsantwort hervor. Das wird man bei der normalen Lehrereinstellung erledigen können. Es werden in den nächsten Jahren viele Lehrer in Pension gehen. Dann wird man es im Rahmen der natürlichen Fluktuation regeln können.

In der Stadt Bremen, das hat Kollege Rohmeyer auch angesprochen, wird es deutlich größere Probleme geben, und es wird Reibungen und Auseinandersetzungen mit Lehrern geben, wenn wir über Versetzungen reden müssen, denn wir haben Lehrer in der Sekundarstufe I, die die Lehrbefähigung zur Sekundarstufe II haben, aber nicht alle wollen gern in der Sekundarstufe II unterrichten. Damit werden wir uns befassen müssen, Kollege Rohmeyer, deswegen ist es gut, dass wir heute noch einmal darüber reden.

(Abg. R o h m e y e r [CDU]: Seien Sie froh, dass wir gefragt haben!)

Ich denke, dieses Thema wird uns auch weiter in der Bildungsdeputation begleiten. Wir haben auch danach gefragt.

(Abg. R o h m e y e r [CDU]: Wo?)

Ich muss Ihnen keine Rechenschaft darüber ablegen, wo wir gefragt haben. Dann sind wir morgen noch nicht fertig.