Protokoll der Sitzung vom 12.12.2007

Allerdings, was über die 809 000 Euro hinausgeht, dafür gilt dann die Steuerklasse, und das wollen Sie nun über den Kompromiss in Berlin hinaus auch noch beseitigen. An dieser Stelle sagen wir nein, und ich denke einmal, es sind auch sehr wenige, die über 809 000 Euro erben, aber das ist nicht die Begründung. Das, was darüber hinausgeht, sind 10 Prozent der Fälle. Hier gilt dann der Steuersatz, und dieser ist unterschiedlich zwischen Ehen und Lebenspartnerschaften. Das bejahen wir. Ich will auch noch einmal sagen, weil Sie immer versucht sind, uns oder denjenigen, die hier anders denken, Diskriminierung und mangelnde Toleranz vorzuwerfen, dass wir genau das nicht wollen, sondern wir wollen nach wie vor Ehe in besonderer Weise stärken, aber natürlich auch eingetragene Lebenspartnerschaften mit einem großen Schritt nach vorn gleichberechtigen.

(Beifall bei der CDU)

In unserem Grundsatzprogramm, und ich darf zitieren, wir haben es gerade in Hannover verabschiedet, heißt es: „Wir respektieren die Entscheidung von Menschen, die in anderen Formen der Partnerschaft ihren Lebensentwurf verwirklichen. Wir erkennen an, dass auch in solchen Beziehungen Werte gelebt werden, die grundlegend für unsere Gesellschaft sind. Dies gilt nicht nur für nichteheliche Partnerschaften zwischen Frauen und Männern, dies gilt auch für gleichgeschlechtliche Partnerschaften. Wir werben für Toleranz und wenden uns gegen jede Form einer Diskriminierung. Eine Gleichstellung mit der Ehe

zwischen Mann und Frau als Kern der Familie lehnen wir ab.“ Soweit das Grundsatzprogramm der CDU! Genau aus diesem Grund, denke ich, muss es irgendwo noch Unterschiede geben zwischen Ehe und einer eingetragenen Partnerschaft.

(Abg. D r. G ü l d n e r (Bündnis 90/Die Grünen): Nur, wem nützt es, wenn es diese Unterschiede gibt?)

Das will ich Ihnen sagen, wenn Sie zu Ende zuhören, Herr Dr. Güldner. Ich finde, Sie sollten einmal in Ruhe zuhören.

Ich will noch einmal zitieren, auch warum die Ehe einen besonderen Stellenwert nicht nur für Christdemokraten, sondern auch für Christen, für viele Menschen in unserem Land hat, und ich zitiere mit Genehmigung des Präsidenten noch einmal das Grundsatzprogramm: „Die Ehe ist unser Leitbild der Gemeinschaft von Mann und Frau. Sie ist die beste und verlässlichste Grundlage für das Gelingen von Familie. In der Ehe kommt die gemeinsame Verantwortung von Vätern und Müttern für ihre Kinder verbindlich zum Ausdruck. Auch in Ehen, die ohne Kinder bleiben, übernehmen Männer und Frauen dauerhaft füreinander Verantwortung. Deshalb steht die Ehe unter dem besonderen Schutz unseres Grundgesetzes.“ Das ist das, was wir zur Ehe zu sagen haben.

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: Zurück ins Mittelalter!)

Es ist eben noch ein Unterschied, ob Sie sich versprechen: „Bis das der Tod euch scheide“, oder ob sie eben diese Perspektive, jedenfalls von vornherein, nicht haben.

(Glocke)

Frau Kollegin, die ersten fünf Minuten sind vorbei! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Tschöpe?

Bitte, Herr Kollege!

Ich mache es ganz kurz! Frau Motschmann, wenn Sie diese feine Differenzierung zwischen Ehe und Lebenspartnerschaft vornehmen, dann ist mir nicht klar, wo hier der Unterschied sein soll. Eine Lebenspartnerschaft ist genauso auf Dauer angelegt, sie ist genauso auf gegenseitige Unterhaltsleistungen angelegt, und ich glaube, das Grundsatzprogramm der Union ist nicht Richtlinie für verfassungsrechtliche Rechtsprechung hinsichtlich Diskriminierung und Ähnlichem. Wo ist denn bitte schön

die inhaltliche Begründung dafür. Ich möchte nicht so viel Zeit von Ihrer Redezeit rauben!

(Abg. Frau M o t s c h m a n n [CDU]: Mei- ne Redezeit ist schon um, und deshalb kön- nen wir jetzt ganz in Ruhe reden, Herr Tschö- pe! – Heiterkeit)

Wo ist die inhaltliche Begründung, einen rechtlich gleichen Sachverhalt ungleich zu behandeln?

(Beifall bei der SPD)

Es gibt ein christliches Menschenbild, und es gibt ein atheistisches Menschenbild. Vom christlichen Menschenbild her sage ich klar, dass wir hier einen Unterschied sehen zwischen einer Ehe zwischen Mann und Frau, die auch für Kinder und eine Familie sorgen, und einer eingetragenen Partnerschaft.

(Unruhe)

Die Verbindlichkeit ist nicht die gleiche, und die auf Dauer angelegte Ehe ist auch nicht gleich mit einer Partnerschaft. Ich kann das aber juristisch nicht begründen, Herr Tschöpe. Es gibt Dinge, die man eben nicht juristisch begründen kann, sondern wo man einfach sagen muss, hier ist ein anderer Standpunkt, den ich aber zu respektieren bitte!

(Beifall bei der CDU – Abg. T s c h ö p e [SPD]: Danke für die Beantwortung!)

Als nächster Redner erhält das Wort der Abgeordnete Möllenstädt.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich werde mich bemühen, in aller gebotenen Nüchternheit und Sachlichkeit dieses Thema zu erörtern, niemandes Gefühle zu verletzen und die gebotene Toleranz hier walten zu lassen! Sie haben aber von einem Liberalen auch nichts anderes zu erwarten.

(Beifall bei der FDP, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Es wird Sie sicherlich nicht überraschen, auch wir wollen erreichen, dass bei der Erbschaftsteuerreform und im Einkommensteuerrecht eine Gleichstellung von Lebenspartnerschaften mit Ehen erreicht wird. In Deutschland wird viel über Gleichbehandlung gesprochen, es werden ganze Gesetze dafür gemacht, über die kann man dann im Einzelnen streiten, aber das Ziel der Gleichbehandlung sollte doch hier unstrittig sein. Ich finde, es ist nicht Ordnung, wenn es, wie im Todesfall, um das Geldverteilen geht, dann

muss für den Staat natürlich auch gelten, dass die Gleichbehandlung hier anzuwenden ist und nicht, dass man da noch einmal besonders bei den Homos zulangt. Das kann nicht unsere Position sein!

(Beifall bei der FDP, bei der SPD, beim Bünd- nis 90/Die Grünen und bei der Linken)

Ich finde, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, das ist ziemlich scheinheilig, und mir fällt eigentlich auch kein vernünftiges Argument ein, was dafür spräche, das nicht so zu regeln.

Die FDP-Fraktion wird dem Antrag der Koalition zustimmen, das darf ich vorausschicken. Ich will auch sagen, die Beratungen in Berlin, was den Grundfreibetrag angeht, scheinen in die Richtung eines kleinen Erfolges zu gehen, aber am Ende ist es leider doch immer noch ein fauler Kompromiss, der nicht ausreichend ist. Ich habe die Hoffnung, dass unser Senat sich in Berlin intensiv für diese Richtung einsetzen wird, dass wir auch tatsächlich eine Gleichbehandlung in diesem Bereich bekommen. Ich glaube, dass alle Menschen, die Verantwortung füreinander übernehmen, egal ob das nun in einer Lebenspartnerschaft zum Beispiel der Fall ist oder in einer Ehe, hier in gleicher Weise die Toleranz erfahren müssen und auch gleich behandelt werden sollen. Das gilt insbesondere in den sensiblen Fragen des Steuerrechts.

(Beifall bei der FDP, bei der SPD, beim Bünd- nis 90/Die Grünen und bei der Linken)

Mein Kollege Buhlert hat mir auf dem Weg hierher zugerufen, dass meine Vorrednerin für ihn als Christen nicht sprechen könne.

(Beifall bei der FDP, bei der SPD, beim Bünd- nis 90/Die Grünen und bei der Linken)

Ich glaube das auch. Ich glaube, dass es sehr viele Christen in Bremen gibt, für die meine Vorrednerin nicht gesprochen hat. Ich glaube auch wirklich von ganzem Herzen, dass die CDU da auf einem richtigen Weg ist, den sie jetzt in ihrer programmatischen Auseinandersetzung eingeleitet hat, aber Sie haben in Hannover unheimlich schwer gerungen, ihr Grundsatzprogramm auch nur schrittweise näher an die Lebensrealität von vielen Menschen in Deutschland zu bringen. Die Richtung stimmt, aber die Geschwindigkeit ist viel zu gering, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der FDP, bei der SPD, beim Bünd- nis 90/Die Grünen und bei der Linken – Zuruf der Abg. Frau A h r e n s [CDU])

Richtigerweise muss man auch sagen, es ist nicht Aufgabe dieses Parlaments und auch nicht Aufgabe der Gesellschaft, dafür zu werben, dass Sie sich den Realitäten anpassen, sondern ich verstehe Parteien

so, dass sie Impulse aus der Bevölkerung aufnehmen und in deren Interesse handeln.

(Beifall bei der FDP, bei der SPD, beim Bünd- nis 90/Die Grünen und bei der Linken)

Das ist eigentlich etwas, worum es hier gehen müsste, und ich glaube, dass man das auch von einer großen Volkspartei, die Sie ja sein wollen – das bildet sich hier im Haus nicht mehr ganz so ab –, auch erwarten können muss, dass Sie die Lebensentwürfe von Menschen zumindest respektieren. Dann, finde ich, kann man auch mit Recht Toleranz für eine andere Meinung einfordern. Die haben Sie auch von mir, ich toleriere, dass Sie hierzu eine andere Position haben, das will ich hier auch noch einmal deutlich unterstreichen.

Ich glaube aber, dass die Entwicklung dort an Ihnen vorübergegangen ist, und ich glaube auch, dass es nicht zu mehr Gerechtigkeit und zu einer vernünftigeren Regelung des Erbschaftsteuer- und Einkommensteuerrechts führt, wenn man diesen Kompromiss, der in Berlin überlegt worden ist, tatsächlich zur Realität werden lässt. Wir wollen etwas anderes, wir wollen weiter gehen. Meine lieben Kolleginnen, liebe Kollegen, ich habe die Hoffung, dass wir heute hier im Haus mit breiter Mehrheit diesen aus meiner Sicht sehr guten Antrag verabschieden können.

Ich will Ihnen sagen, auch die FDP ist dort in vielen Landtagen in dieser Hinsicht unterwegs gewesen. Vor fünf Wochen haben unsere Kollegen einen fast gleichlautenden Antrag in den saarländischen Landtag eingebracht, und daran zeigt sich auch, dass es wirklich eine sehr breite Übereinstimmung, glaube ich, gibt zwischen denjenigen, die hier im Hause sitzen, und den Fraktionen, die hier vertreten sind. – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der FDP, bei der SPD, beim Bünd- nis 90/Die Grünen und bei der Linken)

Als nächster Redner erhält das Wort der Abgeordnete Beilken.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte auf die Vorhaltungen der Kollegin Frau Motschmann am Anfang kurz eingehen. Ich will mich hier nicht zu einer Religion bekennen, aber ich bin in christlichen Traditionen aufgewachsen, und ich lasse insofern auf das Christentum und auf die Grundregeln nichts kommen, dass diese, richtig angewendet, natürlich auch gegen Diskriminierung gelten und nicht umgekehrt.

(Beifall bei der Linken, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen) ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Das vorweg! Der Kollege Tschöpe hat selbst gesagt, dieser Antrag, dem wir übrigens zustimmen, um das einmal vorwegzunehmen, sei ein kleiner Schritt in die richtige Richtung, wenn ich das richtig verstanden habe. In diesem Sinne bitte ich auch unsere darüber hinausgehenden, jetzt gleich folgenden Anmerkungen zu verstehen. Das ist also eine Kritik, die wir deswegen üben, weil wir darüber hinaus in Zukunft und sehr bald gern weitergehen möchten, und das natürlich auch möglichst gemeinsam, damit wir dafür auch eine Mehrheit haben.

Es geht in dem Antrag sehr konkret um einen sehr speziellen Punkt, nämlich die Gleichstellung bei der Erbschaftsteuer, und es geht um ganz bestimmte Lebenspartnerschaften, nämlich eingetragene Lebenspartnerschaften, die so behandelt werden sollen wie Ehen. Hier passiert etwas, das wir in solchen Zusammenhängen und speziell in diesem immer wieder kritisch anmerken. Die überkommene Rechtsform der Ehe erfasst längst nicht mehr die Vielfalt der Formen, die Lebensgemeinschaften, Partnerschaften und Familien heute annehmen.

Wenn man in der Geschichte weit genug schaut oder auch in den großen Büchern der großen Religionen, dann kommen auch vielfältige Formen zum Ausdruck, aber das nur nebenbei. Für diese Vielfalt müssen wir die entsprechenden Rechtsformen finden, und dies ist nur ein kleiner Schritt in die Richtung. Wenn wir uns hier an die Ehe anlehnen, dann sind wir noch nicht bei dem angekommen, was auch der Kollege Möhle, glaube ich, wenn ich richtig verstehe, angemahnt hat, eben auf diese Vielfalt, die wir heute haben, auch rechtlich einzugehen.

In dem Sinne kritisieren wir es, wenn hier diejenige Form genommen wird, die der Ehe am ähnlichsten sieht, nämlich die eingetragene Lebenspartnerschaft, und wenn man dann sagt, die soll wie eine Ehe behandelt werden. Im Grunde heißt das praktisch, gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften dürfen heiraten, es muss nur anders heißen. Dabei wird aber mitgeschluckt, dass die Ehe in ihrer rechtlichen Form die Norm des Zusammenlebens bleibt, und zwar die Ehe als Versorgungsgemeinschaft. Dafür muss man hier auch einmal die Begründung des Antrags lesen, ich zitiere mit Zustimmung des Präsidenten: „Die Lebenspartner haben dieselben Unterhaltsverpflichtungen wie Ehegatten. Das entlastet den Staat bei den Sozialleistungen.“

Sie stellen also die verschiedenen Lebensgemeinschaften gleich, auch damit Sie Sozialleistungen sparen, damit Menschen füreinander zahlen, aber das ist nach unserer Auffassung genau die falsche Richtung. Die richtige Richtung ist es, dass Menschen ihre individuellen Ansprüche nicht verlieren, wenn sie heiraten oder sich in eine Lebensgemeinschaft begeben.

(Abg. T s c h ö p e [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage. – Glocke)