Protokoll der Sitzung vom 12.12.2007

(Abg. T s c h ö p e [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage. – Glocke)

Herr Kollege Beilken, entschuldigen Sie, dass ich Sie unterbrochen habe! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Tschöpe?

Die Redezeit ist verdammt knapp! Am Schluss, lieber Kollege! Es ist wirklich freundlich gemeint, ich hatte schon gedacht, die Glocke läute wegen der Redezeit. Ich bitte sehr höflich um Verständnis, ich würde gern darauf eingehen!

Die richtige Richtung ist, dass wir in der Erbschaftsteuer einen Freibetrag haben, mit dem wir ausstatten können, wen wir wollen. Es ist nach unserer Auffassung eigentlich nicht Sache des Staates zu definieren: Wenn du diesen Freibetrag für diesen Menschen haben willst, dann musst du so und so in dieser oder jener Form mit ihm oder ihr zusammenleben. Das geht den Staat nichts an. In diesem Sinne geht uns der Antrag nicht weit genug, aber wir unterstützen ihn gleichwohl. Natürlich soll man im Bundesrat darauf hinwirken, dass eingetragene Lebenspartnerschaften bei der Erbschaftsteuer die gleichen Freibeträge in Anspruch nehmen können wie Ehepartner, dass sie also diesen gegenüber nicht benachteiligt werden. – Vielen Dank! Jetzt die Zwischenfrage, Herr Kollege!

(Heiterkeit)

Herr Kollege, so geht das nicht! Jetzt gestatten Sie die Zwischenfrage, und Herr Tschöpe stellt die Frage. – Bitte!

Ich wollte eigentlich den Abgeordneten Beilken nur fragen, ob ihm die Konstruktion des Bürgerlichen Gesetzbuchs zur Unterhaltsverpflichtung bekannt ist!

Haben Sie eine weitere Frage?

Um das nicht in die Länge zu ziehen, würde ich doch bitten, dass wir uns morgen einmal auf einen Kaffee treffen und Sie mir dann erklären, wie sozusagen das BGB mit Ihrer eben getätigten Aussage zum Thema Grundfreibetrag und Unterhaltsverpflichtung übereinstimmt. Das sollten wir aber nicht hier diskutieren, es wird wahrscheinlich ein längerer Prozess. Ich zahle auch den Kaffee, ich bin gespannt!

Das nehme ich sehr gern an, selbstverständlich! Dann habe ich auch eine andere Frage an Sie, und das können wir morgen gern machen, Herr Kollege!

(Beifall bei der Linken)

Als nächster Redner erhält das Wort der Abgeordnete Möhle.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das, was Frau Motschmann hier vorgetragen hat, ist aus meiner Sicht eine Auffassung, die man haben kann. Ich habe damit gar keine Probleme, dass Sie das so vortragen. Mein Problem, Frau Motschmann, liegt nicht in der Definition dessen, was Sie finden, was Ehe sein sollte aus christlicher Tradition, mein Problem liegt darin, dass Sie sagen, es gibt einen Unterschied. Es gibt in der Tat einen Unterschied zwischen einer Ehe und einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft, es ist nämlich auf der Hand liegend, dass die Menschen anders miteinander leben wollen. Den Unterschied gibt es. Worum es uns in der Politik aber meiner Meinung nach gehen müsste, ist, dass es eine Gleichstellung in der rechtlichen Behandlung gibt.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und bei der Linken)

Jetzt sagen Sie, Frau Motschmann, das können Sie, aus welchen Gründen auch immer, rechtlich gar nicht definieren, sondern das leiten Sie ab, nehme ich an, aus einer christlichen Ethik oder so. Unsere Aufgabe als Parlament ist, und davon bin ich felsenfest überzeugt, für die Menschen, egal wie sie sich entscheiden, wie sie miteinander leben wollen, für eine rechtliche Gleichstellung zu sorgen. Das ist auch genau das, was Herr Tschöpe hier vorgetragen hat. Ich finde, man muss das ernsthaft betreiben, denn ich habe auch wenig Interesse daran, der Meinung von Frau Motschmann gegenüber so zu tun, als ob man solch eine Meinung nicht haben dürfte. Natürlich darf man die haben, und sie hat auch ein gutes Recht, das ist meinetwegen auch aus einer konservativen Herleitung möglich. Ich habe überhaupt kein Problem damit.

Mein Problem ist aber, Frau Motschmann, dass Sie dann sagen müssen, wie wollen wir denn rechtlich zu einer Gleichstellung kommen, und das ist die entscheidende und aus meiner Sicht die zentrale Frage, und davor haben Sie sich ein Stück weit gedrückt! Das ist sozusagen der Kernpunkt der Auseinandersetzung: Können wir es uns als Staat leisten, eine Gleichstellung zu machen, ja oder nein? Ich bin unbedingt dafür, etwas anderes kann für mich nicht infrage kommen. Das macht nicht halt vor eingetragenen Partnerschaften. Ich will, dass die Menschen sich so zusammentun können, wie sie wollen, und dass sie dann akzeptiert werden und vor allen Dingen diskriminierungsfrei leben können. Das ist der Ansatz, den wir hier vertreten können.

Als nächste Rednerin erhält das Wort die Abgeordnete Frau Motschmann.

Zunächst bedanke ich mich für die ernsthafte Diskussion. Ich hatte das nicht erwartet, ich hatte hier mehr Polemik, mehr Stimmung erwartet. Ich denke, es ist ein sensibles Thema, das hier auch sensibel diskutiert wird, und dafür danke ich allen!

Jetzt die Frage noch einmal, Björn Tschöpe hatte ja gefragt, und eben auch Herr Möhle, warum man sie rechtlich gleichstellen müsste. Es gibt einen rechtlichen Unterschied! Die Ehe steht im Grundgesetz und hat dadurch natürlich einen anderen Rang als etwas, das dort nicht steht.

(Beifall bei der CDU)

Die Ehe ist auf Kinder angelegt, was eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft nicht sein kann, das ist ein Unterschied!

(Zurufe)

Nun gibt es die einen, die dann auch fordern, dass gleichgeschlechtliche Paare Adoptionsrecht haben, auch an dieser Stelle sagt die CDU in ihrem Grundsatzprogramm nein!

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Frage des Abgeordneten Willmann?

Frau Motschmann, wenn Sie sagen, dass die Ehe darauf angelegt sei, Kinder zu haben, dann erschließt sich mir nicht ganz der Sinn für Menschen, die heiraten, aber nicht den Zweck von Kindern für sich in Anspruch nehmen, ob dies dann letztendlich gar nicht mehr in dieses Bild der Ehe passt?

Natürlich! Ehe und Familie sind auch etwas Verschiedenes, wenn Sie so wollen. Natürlich stehen Ehe und Familie – das steht ja auch im Grundgesetz – unter dem besonderen Schutz des Staates, so heißt es. Das zeigt doch, finde ich, dass es hier ein besonderer Verfassungsrang ist, dass Ehe und Familie, entweder mit Kindern oder ohne Kinder – inzwischen haben wir ja auch den Familienbegriff weiter ausgedehnt, was ich richtig finde –, dass überall dort, wo Kinder sind, Familie ist, auch das ist richtig!

Herr Möllenstädt hat nun beklagt, dass sich die CDU nicht schnell genug bewegt. Herr Möllenstädt, viel––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

leicht sagen Sie das einmal Frau Merkel, sie wird sich sehr freuen! Ich denke, das, was die CDU in ihrem Grundsatzprogramm und in ihrer Politik im Bund macht, ist immer noch mehrheitsfähiger als das, was Sie als FDP machen!

(Beifall bei der CDU)

Wenn Herr Dr. Buhlert sagt, dass er sich angesprochen gefühlt hat, als ich gesagt habe, es gebe ein christliches und ein atheistisches Menschenbild: Natürlich können Christen auch unterschiedlicher Meinung sein, es wäre ja schlimm, wenn es nicht so wäre!

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: Können sogar gleichgeschlechtlich sein!)

Trotzdem sage ich, aus dem christlichen Menschenbild erwächst natürlich auch das Bild von Ehe und Familie, weil es biblisch begründet ist.

(Zurufe)

Natürlich ist es so! Von daher, finde ich, darf man auch so argumentieren.

Ganz nebenbei beginnt das Grundgesetz, die Präambel – auch das will ich hier einmal deutlich sagen – in der Verantwortung vor Gott und den Menschen. Also auch hier eine klare wertorientierende Aussage!

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Das regelt aber nicht das Steuer- recht, nicht das Ehegattensplitting!)

Nein, das habe ich auch nicht behauptet! Ich sage nur, dass das Bild von Ehe und Familie natürlich Wurzeln hat. Diese Wurzeln habe ich versucht zu benennen.

(Abg. D r. B u h l e r t [FDP]: Auch die Toleranz hat Wurzeln! )

Auch die Toleranz hat Wurzeln, ja, klar! Für diese Toleranz stehen wir, Herr Dr. Buhlert, ich toleriere jede andere Meinung. Ich sage nur ganz klar, das, was wir als CDU machen können, haben wir mit einem guten Kompromiss in Berlin geschafft, indem eben ein Freibetrag von 809 000 Euro für nichteheliche Partnerschaften und für Ehen beschlossen wurde, jedenfalls im Kabinett. Nun hoffen wir, dass es den Weg weiter nimmt. Das ist ein guter und großer Schritt in die Richtung, die Sie ja wollen, aber irgendwo ist dann doch noch ein Unterschied, der ist nicht mehr groß, nur noch in der Einkommensteuer und dann in der Steuer für die Beträge, die über 809 000 Euro hinausgehen. Das, finde ich, ist ein fairer Kompromiss. Zu diesem Kompromiss steht auch die SPD in

Berlin, und deshalb wundert es mich, dass die SPD in Bremen hier wiederum nicht das trägt, was in Berlin beschlossen wird. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Tschöpe.

Das Parlament ist ja Forum zum Austausch verschiedener Meinungen, Frau Kollegin Motschmann. Ich möchte der Legendenbildung hier entgegenwirken, und ich glaube, eine Sache ist noch ausgesprochen wichtig: Man kann die Meinung vertreten, die Sie haben. Man kann diese aber nicht mit der bundesdeutschen Verfassung, mit dem Grundgesetz begründen. Diese Meinung kann man damit nicht begründen!

Das Bundesverfassungsgericht hat in der Entscheidung vom 17. Juli 2002 ausdrücklich Folgendes festgestellt, ich möchte das noch einmal zitieren: „Der besondere Schutz der Ehe in Artikel 6 Absatz 1 Grundgesetz hindert den Gesetzgeber nicht, für die gleichgeschlechtlichen Partnerschaften Rechte und Pflichten vorzusehen, die denen der Ehe gleich- oder nahekommen.“

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/ Die Grünen und bei der Linken)

Dem habe ich nichts mehr hinzuzufügen! – Danke!

Als nächster Redner hat das Wort Herr Staatsrat Mützelburg.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Senat will sich jetzt nicht in diese Debatte, die doch sehr grundsätzliche Positionen betrifft, einmischen. Ich möchte aber für den Senat sagen, der Senat der Freien Hansestadt Bremen teilt die Rechtsauffassung, die die Abgeordneten Tschöpe, Möllenstädt und Möhle hier vorgetragen haben, und sieht unter diesen rechtlichen Gesichtspunkten mit Freude dem Beschluss des Parlaments entgegen, den es jetzt gleich fassen wird. ––––––– *) Von Redner nicht überprüft.

Ich versichere für den Senat, dass wir das, was uns möglich ist, im Bundesrat tun werden, um der Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften einen Schritt näher zu kommen, der über das im jetzigen Kompromiss zum Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz Angelegte hinausweist. Ich hoffe, dass auch die CDU letztlich dazu beiträgt, dass wir hier den Senat möglichst einheitlich unterstützen können, so wie – ich erinnere mich daran – es dieses Parlament im Jahre 2001 getan hat, als es um die Einführung der gleichgeschlechtlichen eingetragenen Lebenspartnerschaften ging. Da gab es hier einen einstimmigen Unterstützungsbeschluss mit den Stimmen der CDU. Das war das erste Mal in einem deutschen Landtag, dass die CDU sich so verhalten hat, aber das ist eine persönliche Bemerkung. Ich hoffe, dass wir hier jetzt einen möglichst kräftigen Beschluss für die Gleichstellung auch im Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz bekommen. – Vielen Dank!