Protokoll der Sitzung vom 23.01.2008

Insgesamt, meine Damen und Herren, sehr geehrte Kollegen von der Koalition, ist unser Appell: Verharmlosen Sie nicht die Situation und zeigen Sie null Toleranz gegen gewalttätige Jugendliche!

(Beifall bei der CDU)

Nutzen Sie – –.

(Glocke)

Frau Abgeordnete, Ihre Redezeit ist zu Ende!

Einen Satz! Nutzen Sie konsequent die Möglichkeiten aus, die unser Rechtssystem bietet, und denken Sie an die Bürger und an die Opfer, die ja nicht nur Deutsche, sondern auch Migranten sind und sein können, denn alle wollen sich auf der Straße sicher fühlen! – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Ehmke.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das war ja ein buntes Potpourri von Homeschooling über Personalnot bei Polizei und Staatsanwaltschaft, den kompletten Hessenwahlkampf einmal durch, und das Ganze unter der Überschrift „Justizpanne in Bremen“!

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/ Die Grünen und bei der Linken)

Ich will versuchen, das für mich noch einmal ein bisschen zu ordnen, und zwar will ich an der Stelle einfach einmal mit dem anfangen, was hier Gegenstand der Debatte, zumindest vermutlich, wenn man die Überschrift der Aktuellen Stunde gelesen hat, sein könnte. Da geht es um einen ausgesetzten Haftbefehl, da geht es um einen Beschluss eines Gerichts, und da geht es um Vorkommnisse in der Silvesternacht auf der Discomeile. Das hat uns in Bremen in der Vergangenheit bewegt, und wir haben viel darüber diskutiert.

Eines muss man sagen, natürlich kann man zu dem Vorgehen des Gerichts unterschiedliche Meinungen haben, und man muss das auch nicht richtig finden. Das muss auch eine unabhängige Justiz ertragen, dass Menschen Meinungen darüber haben, was sie tut, dass diese Meinungen auch Politiker haben, genauso wie es unseren Richterinnen und Richtern natürlich zusteht, eine Meinung über das zu haben, was Politik in diesem Haus und im Senat macht.

Man muss sich aber trotzdem der Rolle bewusst sein, die wir hier als Abgeordnete spielen. Da ist es dann an der Stelle schon ein bisschen schwierig,

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Wir spielen gar keine!)

wenn man darüber hinaus geht und den Eindruck erweckt, dass an dieser Stelle das Verhalten der Justiz ursächlich für den Verlust von Sicherheit in Bremen auf breiter Front ist. Das ist eine schwierige Debatte. Eine ähnliche Debatte, die das Vertrauen in die Justiz beschädigen könnte,

(Abg. Frau M o t s c h m a n n [CDU]: Wer hat denn das gesagt?)

ist in den letzten Wochen hier in Bremen auch schon geführt worden. Da ist auch ein bisschen etwas entglitten. Wir haben gehofft, das mit der letzten Rechtsausschusssitzung abgeräumt zu haben. Aber wenn die Überschrift lautet „Justizpanne führt zu Messerstecherei“ und der Nachsatz kommt „Wie sicher ist ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Bremen?“, dann tun Sie etwas, was gefährlich ist. Sie instrumentalisieren nämlich Ängste, und Sie machen die bremische Strafjustiz zum Spielball Ihrer politischen Auseinandersetzung. Das ist nicht in Ordnung!

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/ Die Grünen und bei der Linken)

Man darf seine Meinung haben, man darf sie auch sagen.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Wir spielen keine Rolle und wir spielen keine Spiele, son- dern wir meinen es ernst!)

Das ist ja hoch interessant! Über Ernsthaftigkeit können wir uns ja einmal unterhalten! Ich wundere mich schon seit einiger Zeit. Hier ist es wieder gefallen, Personalnot bei Polizei und Staatsanwaltschaft.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/ Die Grünen]: Das ist ja das erste Mal!)

Ich höre seit einigen Tagen so durch die Blume, dass der rot-grüne Senat in den letzten zwölf Jahren dafür gesorgt hat, dass in Bremen zu wenig Polizisten und Staatsanwälte unterwegs sind. Merken Sie eigentlich etwas an dieser Stelle?

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/ Die Grünen und bei der Linken)

Was heißt, Sie spielen hier keine Rolle? Natürlich spielen Sie eine Rolle! Sie haben in großer Geschwindigkeit von der Regierungsbank auf die Oppositionsbank gewechselt. Sie tun hier so, als hätte die CDU in Bremen nie Verantwortung übernommen!

(Zuruf der Abg. Frau W i n t h e r [CDU])

Das ist unredlich, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/ Die Grünen und bei der Linken)

Ich will Ihnen ganz ehrlich sagen – –.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Falsche Fakten! – Abg. R ö w e - k a m p [CDU]: War das jetzt eine Panne oder war das keine?)

Böhrnsen und Scherf höre ich, das ist nämlich auch ein Punkt, den wir hier erleben. Jetzt kommt der Hinweis, wir hatten gar nicht das Justizressort, das war die SPD. Wissen Sie was? Das war die ganze Koalition über eine echte Schwierigkeit mit Ihnen,

dass Sie nie bereit waren, Gesamtverantwortung zu übernehmen, sondern nur für Ihre eigenen Ressorts!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Soweit ich mich erinnere, haben alle Haushalte hier in diesem Haus in den letzten Jahren auch die Zustimmung Ihrer Fraktion gefunden.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Auch Ihre übrigens!)

Ja! Das sage ich doch gar nicht! Ich sage aber, dass wir uns hier auch nicht aus der Verantwortung nehmen, sondern dass wir dazu stehen müssen, uns mit der Situation auseinanderzusetzen. Das hat übrigens diese Koalition auch zu Beginn der Legislaturperiode gleich getan. Ich bin jetzt überrascht, dass die CDU das Konzept „Stopp der Jugendgewalt“ auf den Weg gebracht hat, insofern lernt man immer etwas Neues dazu in diesen Debatten.

Von Beginn an hat diese Koalition sich der Herausforderung gestellt, sich mit dem real existierenden Problem, das bestreitet niemand, auseinanderzusetzen. Das, was hier stattfindet, dient nicht der Lösung eines Problems, sondern es schürt Ängste,

(Zurufe von der CDU)

Ängste in der Bevölkerung, weil das Vertrauen in die Justiz beschädigt wird, weil das Vertrauen in den Staat beschädigt wird, er sei in der Lage, in Bremen für Sicherheit zu sorgen. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, halte ich für hoch gefährlich.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Herr Röwekamp, ich kann Ihnen an der Stelle sagen – –.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Was sagen Sie zu der Entscheidung?)

Lassen Sie mich doch ausreden, dann kann ich auch Ihre Frage beantworten! Ich muss sagen, und das habe ich auch getan, ich glaube, und im Nachhinein scheint es auch so zu sein, dass die Prognoseentscheidung des Gerichts falsch war.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Gut! Aber was folgt denn daraus? Zum Ersten: Prognoseentscheidungen, die von Menschen getroffen werden, können falsch sein. Aber Vorsicht, auch Politiker sollen schon Fehler gemacht haben, und man

darf in seiner Kritik nicht zur Überheblichkeit neigen!

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/ Die Grünen und bei der Linken)

Zweitens: Gerade, wenn Politik zu der Erkenntnis gelangt, dass man sich eine Entscheidung anders gewünscht hat, dann zeigt sich, ob man in der Lage ist, die richterliche Unabhängigkeit zu wahren. Solange man alles gut findet, ist es ja einfach. An der Stelle muss man aber sagen, okay, man kann eine Meinung zu einer richterlichen Einzelentscheidung haben, nichtsdestoweniger gilt es, die Unabhängigkeit der Justiz zu wahren und zu respektieren.

Da muss man sich dann schon fragen: Worauf richtet sich eigentlich diese Aktuelle Stunde, meine sehr verehrten Damen und Herren? Mir ist das am Ende nicht ganz klar geworden, außer dass hier in einem bunten Rundumschlag für Unsicherheit gesorgt und der Eindruck erweckt worden ist,

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Schön, dass Sie trotzdem dazu reden!)