Protokoll der Sitzung vom 24.01.2008

(Beifall bei der FDP)

Dabei sehen wir es immer wieder: Neugründungen schaffen im Verhältnis die meisten Arbeitsplätze.

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: Das glaube ich nicht!)

Ein Schwerpunkt muss sicher auch sein, die Anzahl von hochwertigen Dienstleistungen deutlich zu ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

verbessern. Weiterhin, hier werden wir besonders kritisch sein, muss bei der Bündelung der Förderung eine eindeutige Zuständigkeit erkennbar sein. Eifersüchteleien zwischen Ressorts über Kompetenzen können wir uns nicht leisten.

(Beifall bei der FDP)

Daher muss die strategische Verantwortung klar geregelt werden, Erbhöfe dürfen hier keine Rolle spielen.

Einige Worte noch an die Kolleginnen und Kollegen der CDU! Ihr Antrag hat vor allem einen Fehler, Sie sind nicht bereit, die Rolle der Gesellschaften, die in diesem Bereich tätig sind, auf den Prüfstand zu stellen. Wer sich dem verweigert, setzt sich dem Verdacht aus, eigene Pfründe zu verteidigen.

(Beifall bei der FDP)

Gerade im Zuge der Haushaltsproblematik, die in jeder Debatte nun über uns schwebt, können und müssen wir es uns leisten, auch Strukturfragen zu stellen.

(Beifall bei der FDP)

Letztendlich sollten wir auch nicht davor zurückschrecken, das ganze bisherige System der Arbeitsmarktförderung zu diskutieren.

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: Wissen Sie eigentlich, wovon Sie reden?)

Auch sehen wir ein großes Problem in der allzu deutlichen Festlegung der CDU ausschließlich auf Langzeitarbeitslose. Wenn wir die Mittel, die ja deutlich geschrumpft sind, effizienter einsetzen wollen, müssen wir sehen, wo die größten Erfolge zu erzielen sind. Sie von der CDU schreiben es in Ihrem Antrag selbst: Die Eingliederungsquote in Bremen und Bremerhaven ist zu niedrig. Im Übrigen kritisieren Sie dann die Kosten für die Umsetzungsstrukturen, gleichzeitig wollen Sie diese aber nicht angehen. Das passt nicht zueinander, und daher lehnen wir Ihren Antrag ab.

(Beifall bei der FDP)

Zum Abschluss an dieser Stelle noch einmal der Hinweis, der Antrag der Koalition in der vorliegenden Form ist ein schön formulierter Ansatz, er ist aber gleichzeitig unverbindlich und noch lange nicht ausreichend im Sinne der Wirtschaft und vor allem der Arbeitslosen in unserem Land. Hoffen wir auf eine schnelle Konkretisierung und Umsetzung! – Vielen Dank!

(Beifall bei der FDP)

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Ziegert.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! An dem Punkt gebe ich Ihnen recht, Herr Ella, das muss konkretisiert werden, und wir werden es dann nächstes Mal auch konkreter diskutieren können. Es ist im Augenblick alles noch relativ abstrakt, was sich auf Strukturen bezieht.

Ich wollte eigentlich etwas zu Herrn Dr. Schrörs sagen, das werde ich auch noch, aber ich muss dann doch zu Ihrem Beitrag sagen, Frau Nitz, dass ich eine solche Art von Textexegese miterlebt habe, ist bei mir reichlich 30 Jahre her.

(Heiterkeit bei der SPD)

Wenn hier beschlossen wird, aus der Reihenfolge der Aufzählung von Begriffen auf die Wertigkeit zu schließen, dann müssen wir in Zukunft vielleicht alles nach dem Alphabet machen, vielleicht hilft das ja dann, um solche falschen Auslegungen zu vermeiden.

Im Übrigen muss ich sagen, Sie sind Mitglied der Deputation für Arbeit, und ich weiß nicht, ob Sie mitbekommen haben, dass jetzt nacheinander die Programme zur Konkretisierung unseres Beschäftigungspolitischen Aktionsprogramms vorgelegt werden. Wir hatten jetzt zuerst die zu den Beratungsstellen, es werden aber auch noch die zur Qualifizierung und zum sozialen Arbeitsmarkt kommen. Beide sind in der Obhut der bag und nicht etwa in der Obhut der BIG, also auch die betriebsbezogene Arbeitsmarktförderung wird hier natürlich von den Bremer Arbeitsmarktgesellschaften und nicht etwa von der BIG abgewickelt.

Im Übrigen, finde ich, können wir eigentlich nichts falsch machen, weil Frau Nitz nämlich befürchtet, dass wir genau das machen, wofür Herr Dr. Schrörs uns tadelt, dass wir es nicht tun. Da müssen wir uns hier doch eigentlich richtig schön in der breiten Mitte befinden.

(Beifall bei der SPD)

Ich wollte aber noch einmal etwas dazu sagen, weil Sie sich auf diese Bertelsmann Studie und den Benchmarkbericht beziehen. Der Benchmarkbericht liegt mir vor, die Bertelsmann Studie habe ich auch gelesen. Der Benchmarkbericht stellt zu Recht fest, dass die eingesetzten Mittel pro Kopf für die Arbeitsmarktpolitik der Aktiven in Bremen absolut, nicht nur verhältnismäßig, geringer sind als in den vergleichbaren Stadtstaaten. Das ist richtig, das ist Ausdruck unserer Haushaltsnotlage. Ich finde es problematisch, ich sehe aber im Augenblick auch angesichts der Haushaltsproblematik keine andere Möglichkeit, als dass wir weitgehend auf die Mittel des ESF zurückgreifen.

Aber das kann man hier einmal sehr deutlich sagen. Wir können ja mittlerweile kaum noch originäre Landesmittel in der Arbeitsmarktpolitik einsetzen. Wir können froh sein, dass wir Mittel des ESF bekom

men, dass außerdem hier auch Mittel vom Bund für die Arbeitsmarktpolitik zur Verfügung stehen. Diese müssten wir eigentlich noch dazurechnen, aber das ist so auch Ausdruck unserer Haushaltsnotlage.

Das andere ist, dass man ja dem Benchmarkbericht entnehmen kann, dass die Ausschöpfungsquote und die Wirksamkeit dieser geringen Mittel der Arbeitsmarktpolitik in Bremen vergleichsweise hoch sind. Wenn ich dann einmal zitiere mit Genehmigung der Präsidentin, dann steht hier auf Seite 79 unten und 80 oben: „Angesichts dieser Befunde nimmt Bremen bei der Ausschöpfungsquote mit Werten von 19,7 Prozent beziehungsweise 17,7 Prozent im Vergleich zu München mit 15 Prozent und Berlin mit 26,3 Prozent eine mittlere Position ein. Trotz geringem Mitteleinsatz kann man unterstellen, dass ein relativ hoher Anteil arbeitsloser Personen von den Fördermaßnahmen erreicht wird, es also eine hohe Output-Effizienz gibt.“

Das, meine ich, muss man richtigerweise sagen. Was die Bertelsmann Studie betrifft, ist es so, dass die Datengrundlage äußerst umstritten ist, dass sich zum Beispiel Niedersachsen in heftigen Auseinandersetzungen befindet über die zugrunde gelegten Daten. Ich würde mich hüten, jetzt auf eine Studie zurückzugreifen, ohne dass ich mich darüber einmal informiert habe, aufgrund welcher Daten da eigentlich solche Befunde erhoben worden sind.

Das Zweite wollte ich noch einmal sagen zu der Frage Langzeitarbeitslose eingliedern: Wer profitiert eigentlich von unserer Arbeitsmarktpolitik? Das, finde ich, spricht doch eigentlich für unsere Vorstellung einer stärkeren Verknüpfung von Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik, weil wir feststellen, dass von reinen Wirtschaftsfördermaßnahmen, wie wir sie anbieten, zum Beispiel auch Maßnahmen zur Rettung von Betrieben, Niedersachsen profitiert. Wenn ich an die Auffanggesellschaft denke, die wir damals für die SSW gegründet haben, da waren über 50 Prozent der Betroffenen Niedersachen, und Niedersachen hat sich andererseits geweigert, sich überhaupt nur mit einem Cent an diesen ganzen Maßnahmen zu beteiligen, auch was die Ersatzausbildungsplätze für die Auszubildenden betraf!

Wir wollen ja jetzt sicherstellen durch eine stärkere Verknüpfung von Arbeitsmarkt und Wirtschaftsförderung, dass wir auch wirklich Langzeitarbeitslose gezielt in diese Betriebe hinein bekommen und dass wir hier auch ganz gezielt Wirtschaftsförderung betreiben in Hinblick auch darauf, dass wir Arbeitslose gezielt in den Betrieben in Arbeit bringen.

Insofern, finde ich, stimmt Ihre Beobachtung. Die Problematik sehe ich auch, obwohl ich auch sage, dass wir als Oberzentrum und als Großstadt, und alle Großstädte haben im Grunde dieses Phänomen einer hohen Einpendlerquote – wir haben es übrigens stärker als Hamburg, nebenbei bemerkt –, trotzdem natürlich unser verstärktes Augenmerk in den nächsten zwei

Jahren darauf richten müssen, die Langzeitarbeitslosen hier auch wirklich in Arbeit zu bringen.

Deshalb will ich mich jetzt gar nicht mit Ihnen darüber streiten, inwieweit wir mit Ihnen einer Meinung sind oder auch nicht, sondern mir kommt es jetzt darauf an, dass in der Richtung, die wir hier vorgegeben haben, ein Konzept vorgelegt wird. Dann können wir nächstes Mal noch einmal wieder konkreter uns darüber unterhalten, wie wir dann die jeweilige Umsetzung bewerten. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner erhält das Wort der Abgeordnete Möhle.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Basis unseres Gemeinwesens ist eine starke und verantwortungsvolle Wirtschaft. Ohne diese Basis ist Arbeitsmarktpolitik gar nicht denkbar. Gleichzeitig ist Arbeitsmarktpolitik aber genau das, was sie auch sein und bleiben soll, auch bei aller Bündelung, nämlich Hilfe für Menschen, die aus dem Arbeitsprozess herausgefallen sind, aus welchen Gründen auch immer. Ich glaube, dass man sehr deutlich darauf achten muss, bei dem Versuch, die Strukturen zu vereinfachen, zu sehen, dass die Problemlagen kompliziert und sehr vielschichtig sind.

Ich denke es eher von den Menschen aus. Ich sage mir, welche Probleme welcher Mensch hat und welche Hilfsangebote, auch arbeitsmarktpolitische Hilfsangebote, wir an welcher Stelle brauchen. Herr Dr. Schrörs, so gesehen: Vereinfachung ja, wo es möglich ist, auf jeden Fall, aber da, wo es konkret anders gemacht werden muss, muss man auch die Chance der Differenz nutzen! Nicht alle Menschen sind so, wie sie sind, dem Arbeitsmarkt zugänglich und fähig. Im Übrigen, sage ich einmal, überschneiden sich die Gebiete auch weit hinein bis in die Sozialpolitik, wenn man das ehrlich behandelt. Es gibt Menschen, die nicht in der Lage sind zu arbeiten. Das ist eine Feststellung, die ist gar nicht neu.

Jetzt ist die Frage: Was machen wir mit genau diesen Menschen? Da gibt es die Bemühungen sowohl des Sozialressorts als auch des Arbeitsressorts, diese Menschen fit zu machen für den Arbeitsmarkt. Das ist sozusagen die eine Seite der Veranstaltung. Die andere ist, Wirtschaft verändert sich in einer dramatisch kurzen Zeit, und zwar ziemlich schnell. Die alten Bildungsstrukturen – ein Gesellenbrief reicht ein Leben lang –, das wissen wir auch hier auch alle gemeinsam, haben sich heute so deutlich geändert, dass man dieses lebenslange Lernen durchaus ja im Interesse sowohl der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer als ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

aber auch der Wirtschaft begreifen muss. So gesehen gibt es auch Bezüge zur Bildungspolitik.

Wenn man also diese Fragen tatsächlich diskutiert, dann landet man auf einmal quer zu allen Ressorts. Deswegen halte ich die Frage, das ressortmäßig anders zu organisieren, für relativ oberflächlich. Mir kommt es darauf an, das sage ich noch einmal, die Frage sozusagen von den Menschen her zu denken. Dann kommen wir zu einer Situation, die tatsächlich konkret Bündelung zulässt. Wir haben auch Überschneidungen, das habe ich schon angesprochen, Sozialressort, Arbeitsmarktpolitik und Ähnliches mehr. Ich will gern, dass wir dahin kommen, dass wir den Bürgerinnen und Bürger und auch der Wirtschaft in unserem Bundesland klar sagen, wo sie hingehen müssen, um welche Hilfe zu bekommen.

Unzählige Programme, die für sich genommen deutlich, richtig, wichtig und vielleicht sogar auch gut sind, kommen doch bei denjenigen, die sie brauchen, nicht immer so an, wie sie gebraucht würden. Deswegen ist die Idee zu sagen eine Anlaufstelle, zu der man hingehen kann, auch als Unternehmen, Existenzgründung – dazu sage ich gleich noch einmal etwas –, und sich beraten lassen kann, nämlich über genau die Programme, die europäischen, die Bundes- und die Landesprogramme! Das ist sozusagen von der rotgrünen Regierung, übrigens nicht nur im Koalitionsvertrag, auch schon in sehr vielen Gesprächen vorher, übereinstimmend festgestellt: Rot-Grün möchte gern eine Bündelung ohne Ausgrenzung.

Ich glaube im Übrigen, dass der Vorwurf der Linkspartei an Sie, Herr Dr. Schrörs, Sie wollten die Arbeitsmarktpolitik irgendwie den Unternehmen zuschustern, absurd ist. So habe ich Sie nie verstanden hier im Hause. Ich habe Ihre Einlassung immer auch durchaus als eine differenzierte gesehen, von daher finde ich den Vorwurf ehrlich gesagt abwegig. Ihre Organisationsstruktur, dieses Muster, Sie haben jahrelang dafür gekämpft, Arbeit und Wirtschaft in ein Ressort zu bringen: Herzlichen Glückwunsch, Sie haben es nicht geschafft! Wir kämpfen gar nicht dafür, weil wir gute Gründe dafür sehen, es so zu lassen, wie es ist.

Lassen Sie mich noch einen kurzen Satz ansprechen, wo ich glaube, dass das ganz häufig auch ideologisch verbrämt ist! Existenzgründer, wer ist das eigentlich? Das sind Menschen, die ein Unternehmen gründen, fertig! Jeder Unternehmer hat auch einen Arbeitsplatz. Das muss man an dieser Stelle wirklich auch noch einmal ganz deutlich sagen, das macht übrigens auch die Wichtigkeit der Existenzgründer aus, denn das sind Potenziale, die sich relativ schnell zu großen Unternehmen hin entwickeln können. Man braucht sich doch nur in der IT-Branche umzuschauen, das fängt in der Garage an und landet irgendwann bei Bill Gates. Da sind sozusagen Entwicklungspotenziale, die gigantisch sind. Da muss man die Zeichen der Zeit deutlich erkennen.

Wirtschaftsförderstrukturen sind aus meiner Sicht nur da nötig, wo es sozusagen eine Marktchance gibt, da will ich gern helfen. Unternehmen, denen es richtig gut geht, brauchen keine Wirtschaftsförderung, die haben meiner Meinung nach eine ganz andere gesellschaftliche Verantwortung, der sie mehr schlecht als recht gerecht werden. Nokia zum Beispiel – abgesehen davon, dass ich finde, dass da unglaublich viel Heuchelei im Spiel ist – ist sozusagen ein Fall, dass wir auch noch einmal sehr gründlich in Bremen nachschauen müssen, welche Förderungen an welche Bedingungen geknüpft sind.

Ich glaube, man muss aufpassen mit bedingungsloser Förderung, sondern man muss schauen, wie viele Arbeitsplätze werden sozusagen real geschaffen und wie lange verpflichtet sich eigentlich das Unternehmen, bei Förderung im Bundesland Bremen auch zu bleiben. Das sind alles Möglichkeiten, die man an Förderung knüpfen kann. Da haben wir auch noch eine Menge vor uns, das noch einmal zu hinterfragen und vielleicht auch ein Stück umzusteuern.

Im Großen und Ganzen glaube ich aber, lassen Sie mich das abschließend sagen, dass wir gut beraten sind, wenn wir Wirtschaftsförderung und Arbeitsmarktförderung sozusagen bündeln. Auch nicht nur, das sage ich an dieser Stelle ganz deutlich, weil es weniger Geld gibt, sondern weil es einfach auch ökonomisch viel vernünftiger ist. Es ist ökonomisch vernünftiger, es ist sozial vernünftiger, und so gesehen ist das für mich inhaltlich eine Optimierung unserer politischen Aufgabe im Bundesland Bremen, die nicht nur der Not des Haushalts geschuldet ist. Ich würde das auch gut finden, wenn man Geld genug hätte, damit vernünftig umzugehen. – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das Wort erhält Herr Senator Nagel.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich bin sehr dankbar für die Debatte und auch für die beiden Anträge, weil darin ein Konsens deutlich wird, nämlich darüber, wie moderne Strukturpolitik aussehen muss, und zwar nicht nur, weil man schwierige Haushaltsrahmenbedingungen hat, sondern weil moderne Strukturpolitik insgesamt durch Verzahnung bessere Effekte erzielen kann. Wir tun, wenn man so will, das, was ein Unternehmen auch permanent macht.