Protokoll der Sitzung vom 21.02.2008

Nicht, dass Sie bei dem Antrag der Grünen und der SPD nicht mitstimmen, das erwarte ich eigentlich auch nicht von der Opposition, man muss sich ja auch ein bisschen profilieren. Aber dass die Profilbildung darin

besteht, die Begrifflichkeit Jugendliche, junge Erwachsene, Kinder und Jugendliche auseinanderzudifferenzieren, wo wir über Bildungsbiografien reden, die bei Null beginnen und nicht einmal im hohen Alter enden, diesen Punkt an der Kritik finde ich schwach!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Zweiter Punkt, Herr Dr. Möllenstädt: Wenn Sie sich den parlamentarischen Ablauf dieses Antrags ansehen, stellen Sie fest, dass er Anfang November gestellt wurde. Dass dieses Hohe Haus durch Setzungen so viele Themen, an denen Sie auch beteiligt sind, vorher abgearbeitet hat, liegt nun am Arbeitsanfall. Daraus zu machen, dass wir uns bei anderen Initiativen auch so schnell befleißigen sollten, halte ich für eine ähnlich schwache Begründung, den Antrag abzulehnen, aber Sie haben mit Sicherheit mit dieser Ablehnung unglaublich Profil in der Ausländerpolitik gewonnen.

(Zuruf des Abg. D r. B u h l e r t [FDP] – Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

So! Herr Beilken, ich muss ein Versäumnis gestehen: Ich bin mit Ihnen noch nicht Kaffee trinken gegangen. Ich hatte es Ihnen versprochen, dass wir das nach der Behandlung des Themas Lebenspartnerschaftsgesetz machen wollen. Ich habe es versäumt und verspreche hoch und heilig, wir machen das, dann erkläre ich Ihnen nämlich auch noch einmal, wie es mit dem Lebenspartnerschaftsgesetz und den Unterhaltsverpflichtungen im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt ist!

(Abg. E r l a n s o n [Die Linke]: Nach Ihrer Meinung!)

Wenn Sie das verstanden haben, dann können wir uns vielleicht in der nächsten Debatte einmal darüber unterhalten, wie soziale Transfersysteme funktionieren und dass sozial das ist, was den Menschen ermöglicht, sich selbst zu tragen. Nicht sozial ist es, die Menschen in Zuständen zu halten, in denen sie dauerhaft alimentiert werden!

(Beifall bei der SPD)

Wenn eine Partei das als Ziel ausweist, dann ist sie nicht links, dann ist sie auch kaum demokratisch, dann ist sie einfach lächerlich!

(Abg. B e i l k e n [Die Linke]: Da sind Sie nah bei der FDP!)

Nun ist es immer schwierig, mit allen abrechnen zu wollen. Herr Hinners: großes Kompliment! Die CDU

hat sich bewegt. Dass man jetzt mantraartig immer noch sagt, aber da gibt es ja auch noch Kriminelle, und die wollen wir nicht – –. Wer will die schon?

(Heiterkeit bei der SPD)

Auch da haben Sie große Einheit hier im Haus. Das Problem ist aber doch, dass der größte Teil der geduldeten Ausländer eben gerade nicht kriminell ist.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Wenn man das immer wieder verknüpft, dann sendet man eine Botschaft aus, die eigentlich ganz anders ist als das, was Sie zunächst gesagt haben. Deshalb würde ich Sie einfach bitten, in Zukunft auch in den gesellschaftlichen Konsens zurückzukommen und zu sagen: Jawohl, auch die CDU wird sich den gesellschaftlichen Problemen stellen. Eines der gesellschaftlichen Probleme ist die Integration von Zuwanderern. Wenn Sie daran sachlich mitarbeiten – herzlich willkommen, Herr Hinners! Vielleicht freue ich mich bei Ihrem nächsten Beitrag noch viel mehr. – Danke sehr!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Fecker.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum Thema Integration! Zuerst würde ich gern an das anknüpfen, was Herr Tschöpe gerade gesagt hat. Ich finde es sehr bedauerlich, und ich glaube, es ist auch ein absolut falscher Zungenschlag, dass wir jedes Mal, wenn wir über ausländerpolitische Fragen in diesem Hause diskutieren, am Ende bei der Kriminalitätsfrage landen. Ich glaube, das ist das völlig falsche Zeichen, auch im Sinne der Integration, meine Damen und Herren!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und bei der Linken)

Herr Hinners, Sie haben angesprochen, dass meine Rede den Eindruck vermittelt habe, in der Großen Koalition gäbe es keine Integrationspolitik. Ich glaube, die Wählerinnen und Wähler haben darüber jetzt ein Urteil gefällt, sicherlich auch über diesen Bereich. Ich glaube, wovon Sie sich nicht frei machen können, ist doch der Umstand, dass in einem CDU-geführten Ressort mit ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern im Falle der Ausländerbehörde nicht so umgegangen wird, wie wir es

(Zurufe von der CDU)

von den Institutionen dieser Stadt erwarten, wie sie mit Bürgerinnen und Bürgern umzugehen haben.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich will auch noch einmal ganz deutlich sagen: Integration ist keine Einbahnstraße, und so gesehen finde ich es äußerst positiv und auch richtig gut, dass die CDU dem Antrag zum Integrationskonzept damals hier zugestimmt hat, weil wir darin nämlich ganz klar definieren, wie Integration im gesamtgesellschaftlichen Konsens für uns aussieht. Ich würde es begrüßen, wenn wir dabei blieben, dass wir sagen, Integration ist ein beidseitiger Prozess und beinhaltet nicht nur Forderungen von der einen Seite, meine Damen und Herren!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Jetzt kommen wir noch ganz kurz zu den Großfamilien, die jeweils „an die 150 Kinder“ haben. Ich glaube, wir sollten auch zu diesem Aspekt zur Sachlichkeit zurückkehren

(Zurufe von der CDU)

und feststellen – Herr Tschöpe hat es eben gerade gesagt –, dass wir jeden Menschen einzeln beurteilen wollen. Wir wollen nicht dadurch, dass ein Kind die Möglichkeit hat, seinen Schulabschluss hier zu bekommen, dass gleich eine ganze Familie deswegen hierbleiben kann, sondern wir haben gesagt, wir wollen jeden Einzelfall separat betrachten, und wir wollen aber natürlich auch keine Sippenhaft in diesem Land, meine Damen und Herren!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Ich weiß nicht, Ihr Kollege Herr Rohmeyer – jetzt ist er gerade nicht da – wird auch durch Schulen gehen und immer wieder feststellen, dass dieses Thema von Abschiebung bedrohter junger Menschen, junger Schülerinnen und Schüler ein aktuelles Thema ist, bei dem sich viele Mitschülerinnen und Mitschüler sehr stark engagieren, wenn sie merken, dass aus ihrer Mitte jemand, der dort absolut integriert ist, abgeschoben werden soll. Ich finde, sich hier hinzustellen und auch so ein bisschen zu tun, als sei das gar kein Problem, geht an den Realitäten vorbei!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und bei der Linken)

Ich will Ihnen auch ein ganz konkretes Beispiel aus dem Jahr 2006 von der Berufsfachschule nennen, an der es ein Schulleiter schlichtweg abgelehnt hat, eine Schülerin aufzunehmen, weil ihr Duldungsstatus nach

einem halben Jahr abgelaufen und nicht klar gewesen wäre, dass sie diesen Bildungsgang hätte abschließen können. Ich finde, das ist ein falsches Zeichen!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Ansonsten, Herr Hinners, wäre es ganz lieb, wenn Sie uns noch mitteilten, ob Sie dem Antrag jetzt zustimmen oder nicht, denn das fehlte mir in Ihrer Rede gerade. – Danke schön!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Hinners.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, sehr geehrter Herr Fecker! Natürlich sind auch wir für Integration, und das haben wir immer bekundet, und auch der Innensenator der CDU aus den letzten vier Jahren hat sich immer deutlich – auch vor diesem Zeitraum – für Integration eingesetzt.

Wie Sie aber selbst schon gesagt haben, muss man den Einzelfall betrachten, und gerade im Rahmen der Duldung, Integration oder der Aufenthaltstitel ist die Einzelfallbetrachtung von elementarer Bedeutung. Wenn ich hier von der Notwendigkeit gesprochen habe, im Rahmen der Einzelfallbetrachtung dafür zu sorgen, dass bestimmte Automatismen nicht eintreten und andere Aufenthaltstitel quasi per Gesetz damit erworben werden, dann bezieht es sich auch wieder auf den Einzelfall.

Wir sind da also gar nicht so weit auseinander, und deswegen hat sich, glaube ich, auch aus meinem Vortrag hier ergeben, dass wir dem Antrag von RotGrün zustimmen werden,

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

allerdings mit der Aufforderung an den Senat, und das habe ich hier auch deutlich gemacht, bei der Darstellung der Möglichkeiten zu konkretisieren, dass der Einzelfall, ich habe es eben schon gesagt, zu betrachten ist und eben nicht, und jetzt muss ich es doch noch einmal wiederholen, Herr Tschöpe, straffällig Gewordene davon partizipieren. Das ist unser Anliegen, das wird es auch in Zukunft sein, weil wir natürlich auch diesen Bereich sehr verantwortungsbewusst angehen. Mehr will ich dazu gar nicht sagen. – Vielen Dank!

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Beilken.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Tschöpe, da Sie bei der Gelegenheit noch einmal in dem Sinne gesprochen haben, sozial ist, was Arbeit schafft und so weiter, und dann uns auch noch belehren wollen, dass man insbesondere durch Bildung Arbeit schaffen würde und dass wir womöglich gar nicht Arbeit schaffen wollten, sind Sie aber hier noch ziemlich auf dem Holzweg, muss ich sagen. Wir sind diejenigen, die das beherzigen, was Sie einmal bei einem sehr qualifizierten Sozialdemokraten namens Albrecht Möller auf den NachDenkSeiten in seinem Buch „Die Reformlüge“, in dem er von Denkfehlern spricht, nachlesen sollten.

(Abg. Frau S t a h m a n n [Bündnis 90/Die Grünen]: Wir sind keine Selbsthilfegruppe!)

Denkfehler grassieren hier im Hause leider, das muss ich jetzt auch einmal ein bisschen von oben herab sagen, sehr stark, unter anderem, dass es an den Arbeitslosen liegt, wenn sie keine Arbeit haben, weil sie vielleicht nicht genügend ausgebildet sind. So ein Unsinn, lieber Herr Tschöpe!

(Beifall bei der Linken)

Darüber können wir auch noch einmal beim Kaffee reden, vielleicht bringen Sie jemanden aus der sozialdemokratischen Fraktion mit. Viele wissen es ganz genau, Arbeit wird auch nicht durch die noch so sinnvolle Bildung, die wir ja wollen, sondern durch Nachfrage geschaffen. Das Wort bedeutet dann allerdings wirklich eine andere Gesellschaft, denn dann müssten wir wirklich eine Umverteilung haben, dass die Finanzmittel auch dahin geführt werden, dass wir sie hier für soziale und ökologische Dinge in Arbeit ummünzen können. Das fordern wir, und nur wir fordern das anscheinend, zum Teil auch die Sozialdemokraten. Diese Mittel müssen eingesetzt werden. Das schafft Arbeit und ist sozial. Leider gibt es keinen Weg um diese Erkenntnis herum.

(Abg. Frau S t a h m a n n [Bündnis 90/Die Grünen]: Absolut krauses Zeug ist das!)