Protokoll der Sitzung vom 21.02.2008

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Kuhn.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich hätte gern auf die Redebeiträge anderer geantwortet, denn es gibt ja mehrere Antragsteller, das kann man aber vielleicht in der zweiten Runde machen. Wir haben ja, die Kollegin Kummer hat es ausgeführt, die paradoxe Situation, dass wir hier im Landtag über eine Steuer diskutieren, die im Ergebnis ganz und gar den Ländern zugute kommt, und zwar nicht in Bagatellhöhe, sondern durchaus in einer Summe, die etwas ausmacht, nämlich 30 Millionen Euro im Jahr. Wir haben aber keinen direkten, sondern eben nur sehr vermittelten Einfluss. Deswegen dieser Antrag, den Senat weiterhin aufzufordern, tätig zu werden, und Frau Kummer hat bereits darauf hingewiesen, dass der Senat bereits tätig geworden ist.

Der Senat hat im Verfahren des Bundesrats eine Reihe von Änderungsanträgen gestellt oder unterstützt, die darauf zielten, erstens die völlige Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften und zweitens eine Absenkung der Freibeträge in einem vernünftigen Maß und eine Verschärfung der Progression zu erreichen, alles mit dem zentralen Ziel, dass die Erträge aus dieser Steuer wenigstens nicht weniger werden. Wir als Grüne sind der Auffassung, dass es auch deutlich mehr sein könnte bei dieser Steuer, aber zentral ist bei der gegenwärtigen Lage im Bundesrat und Bundestag wohl, dass wir das überhaupt halten. Denn wir konnten sehen, im Bundesrat hat die CDU mit ihrer Mehrheit eine Reihe von Änderungsanträgen durchgebracht, die zwangsläufig damit enden werden, dass es Mindereinnahmen geben wird.

Wir haben etwas Ähnliches wie bei den Kosten der Unterkunft, dass die CDU gegenwärtig als Partei aus politisch-ideologischen Gründen auch über die Länder Gesetze durchsteuern will, die darauf abzielen beziehungsweise zur Folge haben, dass die Länder weniger Einnahmen haben. Es mag sein, dass es CDU regierte Länder gibt, die sich das leisten können. Bremen kann es sich aus finanziellen und aus grundsätzlichen Erwägungen überhaupt nicht leisten!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich bin gestern aus Versehen gerade in eine Fernsehsendung hineingeraten, als Herr Westerwelle sprach.

(Heiterkeit bei der SPD – Zurufe)

Dabei hat er wieder einmal gesagt, Leistung muss sich wieder lohnen. Ja! Im Grundsatz, finde ich, kann man darüber reden. Das ist gar kein verkehrter Satz, dass sich Leistung lohnen muss. Die Tatsache ist nur: diese Steuer – die Erbschaftsteuer – besteuert leistungsloses Einkommen, das ist ja gerade das Besondere dabei.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Es kann sich verbinden – –.

(Abg. F o c k e [CDU]: Er hat es erarbei- tet, und er hat es versteuert!)

Ja, Moment, aber derjenige, der das bekommt, der erbt, der hat nichts dafür getan, es sei denn – und dafür gibt es auch die Freibeträge – es sind da Dinge im immateriellen Bereich wie Sorge, Pflege, Fürsorge für die Älteren. Das ist alles in Ordnung, dafür gibt es auch die Freibeträge, aber im Kern handelt es sich

um leistungsloses Einkommen. Daran gibt es doch gar nichts zu diskutieren, das ist so!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Deswegen sagen wir, diese Steuer soll und muss auch einen Beitrag dazu leisten, dass die soziale und gesellschaftliche Ungleichheit, die sich doch auf immer höherem Niveau auch durch die Erbschaft reproduziert, durch die Vererbung von Bildungschancen und so weiter, wenigstens wieder ein bisschen nivelliert wird. Die Erbschaftsteuer muss einen Beitrag zum sozialen Ausgleich der Gesellschaft leisten, das ist jedenfalls unsere Auffassung von dieser Steuer.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Deswegen sagen wir in unserem Antrag, wir wollen die kleinen Vermögen schonen und die größeren Vermögen stärker heranziehen, und wir finden, das ist mehr als gerecht!

Das Argument der Kapitalflucht von der FDP – die Leute gehen ins Ausland, dann kann man gar nichts bekommen – ist empirisch falsch. Wir sind umgeben von Staaten der Europäischen Union, wo die Erbschaftsteuersätze sehr viel höher sind, und die deswegen nicht weniger einnehmen an Erbschaftsteuern, sondern mehr Einnahmen haben an Erbschaftsteuer. Das sind die Fakten! Also ist es Unsinn zu sagen, dann würden alle woanders hingehen.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Außer Liechtenstein! – Abg. D r. B u h l e r t [FDP]: Schön, dass Sie den Zwi- schenruf für uns machen!)

Ja gut, nach Liechtenstein! Das ist natürlich ein interessantes Argument, denn im Prinzip, und die Argumente kommen ja auch, kann man nach der Logik gleich ganz aufhören, Steuern progressiv einzufordern, immer mit dem Argument, die Stärkeren, die Reicheren gehen dann weg. Ich weiß, dass die FDP das auch will. Wir wollen das nicht, und wir halten es auch für den vollkommen falschen Weg!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Sie landen dabei bei solchen Überlegungen wie sie einige Zeitungen angestellt haben: Das ganze Problem mit der Kapitalflucht liegt nicht an der Moral, es liegt nicht an der Gier dieser reichen Leute, die sowieso nicht wissen, was sie mit dem zusätzlichen Geld machen wollen, aber es dennoch unbedingt haben müssen, sondern es liegt daran, dass wir zu

viele Steuern erheben. Das ist tatsächlich der Abschied daraus, dass wir mit Steuern einen Staat finanzieren, der den sozialen Zusammenhalt überhaupt erst möglich macht. Dazu müssen die Vermögenden stärker herangezogen werden, und die Erbschaftsteuer ist ein Baustein dabei.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Dann sprechen Sie von höheren Verwaltungskosten. Ja, das ist richtig, und ich sage Ihnen nur, den Gesetzentwurf, der jetzt vorliegt, müssen Sie sich einmal ansehen! Ich habe mir allein die 40 Seiten Bundesratsdrucksache angesehen. Mein lieber Mann, was dort auf die Finanzverwaltung zukommt, das wird nicht einfacher! Deswegen sagen wir: Freibeträge, meinetwegen auch für Betriebe höhere Freibeträge, dann aber auch einen progressiveren Steuersatz! Dann sagt die FDP in ihrem Antrag noch – oh Wunder –, natürlich muss Bremen Geld bekommen, aber Erbschaftsteuer soll es nicht sein. Ich bin ganz gespannt auf Ihren Redebeitrag, meine verehrten blau-gelben Freunde, was Sie denn nun vorschlagen, wo das Geld stattdessen herkommen soll!

(Abg. D r. S i e l i n g [SPD]: Schlagen sie gar nicht vor!)

Ich bin ganz gespannt! Wir haben ja ein bisschen eine andere Redeordnung mit der Dreimal-fünf-Minuten-Regelung. Ich habe vielleicht die Möglichkeit, im zweiten Beitrag auf Ihre Argumente einzugehen und auch noch ein, zwei Worte zu dem Antrag von der Linken zu sagen. – Herzlichen Dank!

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Woltemath.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das war ja genau das Stichwort. Es geht bei dieser Debatte im Grunde um die Steuer, darum, Entbürokratisierung zu schaffen und nicht ein bürokratisches Monster zu entwickeln sowie zu schauen, ob man geringe Steuereinnahmen sozusagen großartig überprüfen kann. Wir sagen ganz einfach – –.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grünen]: 30 Millionen?)

30 Millionen? Wir fordern die Abschaffung der Erbschaftsteuer, weil wir ganz einfach glauben, dass die Erhebungskosten es nicht rechtfertigen, in diesem Sinne dort zu agieren.

(Beifall bei der FDP)

Wir brauchen, und das zeigt doch die aktuelle Debatte, Vereinfachungen und nicht noch zusätzliche Verschärfungen.

(Beifall bei der FDP)

Wir brauchen keine zusätzliche Bürokratie, sondern wir brauchen einfache Steuerregeln.

(Abg. D r. S i e l i n g [SPD]: Man könnte sie ja erhöhen!)

Das haben wir in der gesamten Debatte gesagt, und das hat man doch jetzt auch noch einmal ganz deutlich gesehen, dass wir nicht Steuerschlupflöcher brauchen, die müssen wir schließen, das ist doch völlig klar, darüber sind wir uns doch auch alle einig.

(Abg. D r. S i e l i n g [SPD]: Heißt das, für Herrn Zumwinkel war das alles zu kom- pliziert?)

Also, Herr Zumwinkel ist ja nicht von der FDP beschäftigt worden, Herr Zumwinkel stand einem Bundesunternehmen vor, und ich finde, es ist eine völlig billige Debatte, sozusagen jetzt Einzelfälle hochzuspielen, und wir wissen ja auch ganz genau, dass er sicherlich nicht – –.

(Zurufe von der SPD und vom Bündnis 90/ Die Grünen)

Ja, das ist doch ein großes Dunkelfeld, darüber muss man doch gar nicht debattieren. Aber an der Erbschaftsteuer die Gerechtigkeitsfrage zu diskutieren, halte ich schlichtweg für überflüssig.

(Abg. D r. B u h l e r t [FDP]: Bei der Ein- kommensteuer! – Zurufe von der CDU)

Bei der Einkommensteuer können wir die Debatte führen, weil wir nach wie vor der Überzeugung sind, dass bei der Erbschaftsteuer noch einmal Vermögen besteuert wird, was schon einmal besteuert worden ist.

(Beifall bei der FDP)

Das kann man den Leuten letztendlich nicht verkaufen, und das verstehen die Leute auch ganz einfach nicht. Da können Sie mit Freigrenzen operieren, soviel Sie wollen. Wir sagen, wir wollen ein einfaches Steuerrecht, wir wollen Bürokratie abbauen, und deshalb sind wir dafür, die Erbschaftsteuer abzuschaffen. – Danke schön!

(Beifall bei der FDP)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rupp.

Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Unruhe – Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Wenn der künftige Koalitionspartner der SPD redet, würde ich ja einmal zuhören!)

Ich befürchte, auf dieses Vergnügen werde ich noch ein bisschen warten müssen, das ist mir aber ehrlich gesagt auch ganz recht so.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Aber in Hessen geht es jetzt ja schnell!)