Protokoll der Sitzung vom 10.04.2008

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Haushalt Wirtschaft und Häfen zeichnet sich durch die vorgesehene weitere deutliche Rücknahme der Investitionsausgaben und ein fehlendes wirtschaftsstrukturpolitisches Konzept aus.

Sie werden, wenn Sie das Jahr 2004 – das war nämlich das Jahr, in dem die Investitionsquote am höchsten war in Bremen – auf das Jahr 2011 beziehen, feststellen, dass innerhalb dieser Jahre insgesamt fast 50 Prozent der Investitionsquote heruntergehen wird. Generell, meine Damen und Herren, ist eine prosperierende Wirtschaftsentwicklung kein Selbstgänger, sondern vielmehr bedarf es kontinuierlicher Anstrengungen. Die Schaffung von Wirtschaftskraft und Arbeitsplätzen muss größere Priorität haben!

(Beifall bei der CDU)

Gerade in den Zeiten knapper Investitionsmittel ist es erforderlich, die noch zur Verfügung stehenden Spielräume auf die wichtigsten Schwerpunktbe––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

reiche zukünftiger Wirtschaftsentwicklung zu konzentrieren. Dazu bedarf es eines nachhaltigen, mittelfristig ausgerichteten Konzeptes zur Verbesserung der Wirtschaftsstruktur. Dafür ist es auch unseres Erachtens notwendig, die Wirtschaftsförderungsausschüsse wiedereinzuführen. Wir sind weiterhin der Auffassung, dass es ein großer Fehler war, die Wirtschaftsförderungsausschüsse aufzugeben, weil wir in der Vergangenheit aus einer Hand eine Wirtschaftsförderung gehabt haben und nun eine Zersplitterung der investiven Mittel vornehmen. Dadurch ist keine Liquiditätssteuerung mehr möglich durch das Wirtschaftsressort, eine Maßnahme, die für die letzten Jahre sehr gut und wesentlich gewirkt hat. Es gibt keine gezielte gemeinsame Steuerung der Wirtschaftsstruktur, und es gibt keine Konzentrationsentscheidungsprozesse. Das alles war in der Vergangenheit abgesichert und ist heute nicht mehr so. Es ist schon klar: Sowohl für die Grünen als auch für die SPD waren die Wirtschaftsförderungsausschüsse immer ein rotes Tuch.

Was ist dabei herausgekommen? Herausgekommen ist, dass das Wirtschaftsressort zur Bedeutungslosigkeit heruntergekommen ist.

(Beifall bei der CDU)

Das aber, meine Damen und Herren, war auch gewollt! So muss man auch die Rolle von Herrn Senator Nagel zukünftig verstehen. Denn warum kämpft dieser Senator, der Wirtschafts- und Häfensenator ist, nicht für seine beiden Ressorts?

(Beifall bei der CDU)

Warum eigentlich nicht? Es ist aber auch klar: Seine Bedeutung im Verhältnis zu früher ist deutlich abgemildert worden. Die Beispiele sind doch da! Umweltzone!

(Zuruf der Abg. Frau B u s c h [SPD])

Warum setzt sich der Wirtschaftssenator an dieser Stelle nicht ein? Er war noch nicht einmal bereit, dieses Thema zunächst überhaupt in seiner Wirtschaftsdeputation zu behandeln.

Was ist mit dem Thema Sonntagsöffnung? Wo war da der Wirtschaftssenator, der sich im Grunde genommen für die Wirtschaft einsetzt?

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, es besteht kaum noch Raum für neue Schwerpunktsetzungen. Nur 27 Millionen Euro für neue Investitionsmaßnahmen im Jahr 2008 und 43 Millionen Euro im Jahr 2009. Ich bedanke mich sehr für dieses Kurzblatt von der Finanzsenatorin! Dort kann man sehr schön die Entwicklung der Investitionsquote sehen. Dort, auf diesem Schaublatt,

nämlich der Abbildung 8, kann man sehr schön erkennen, wie in den letzten 20 Jahren Bremen im Grunde genommen einen Nachholbedarf an Investitionen in einer gigantischen Form gehabt hat. Wir haben in Teilen nur 50 Prozent der Investitionsquoten anderer Bundesländer gehabt. Dann kam das Investitionssonderprogramm, dann haben wir noch nicht einmal in Teilen nachgeholt, was notwendig war, sondern wir haben nur versucht, das Abkoppeln von den anderen Bundesländern zu verhindern.

Das ist uns gelungen, aber wenn Sie jetzt die nächsten Jahre sehen, 2008, 2010 und weitere, dann haben Sie wieder genau die Entwicklung. Es ist absehbar, dass in Bremen genau das wieder passiert, was vor 20 Jahren begonnen worden ist, nämlich, dass die Investitionen zwischen den Bundesländern auseinanderfallen. Diese Situation bewirken Sie mit der Maßnahme, die Sie machen, und dies ist ein großer Fehler, den Sie mit diesem Teil machen!

(Beifall bei der CDU)

Auch der Erhalt bestehender Investitionsinfrastrukturen wird vernachlässigt. Für Straßenerhalt werden statt 20 Millionen Euro, die erforderlich sind, nur noch 7 beziehungsweise 6 Millionen Euro im Jahr 2008 oder 2009 genutzt. Die Reduzierung der Ansätze für Förderungen, die Begrenzung für Förderhöchstbeträge und die Umstellung von Zuschüssen auf Darlehen können dort, wo Standortwettbewerb mit Niedersachsen besteht, zu Abwanderungen von Unternehmen führen. Kürzungen in den für den Strukturwandel wichtigen Bereichen Technologie und Innovation sowie Existenzförderung wirken kontraproduktiv.

Wer die Zukunft Bremens und Bremerhavens gestalten will, darf sich nicht auf die Verwaltung der begrenzten finanziellen Handlungsspielräume beschränken, sondern muss gezielte Anreize für Wachstum und Beschäftigung setzen. Eine Prioritätensetzung zugunsten von Technologie- und Innovationsförderung, wie in der Koalitionsvereinbarung angekündigt, ist nicht erkennbar. Ich habe schon einen Teil der Punkte des Antrages noch einmal kommentiert, aber ein Punkt ist mir doch noch einmal wichtig, Herr Senator Nagel. Wir haben gesagt, wir brauchen ein Konzept für eine Wirtschaftspolitik. Sie haben gesagt, Sie hätten ein Konzept. Dann frage ich Sie: Warum fordert zum Beispiel auch die Handelskammer Sie auf, ein solches Konzept abzuliefern? Sie haben kein Konzept!

(Beifall bei der CDU)

Dies müssen Sie zunächst einmal machen, wenn Sie überhaupt eine Chance haben, für Bremen etwas zu tun.

Meine Damen und Herren, erforderlich ist vielmehr eine Fortsetzung des aktiven Strukturwandels und

der Investitionen in Arbeitsplätze sowie eine Politik der wachsenden Stadt- und Einwohnergewinnung, um dadurch zusätzliche Steuereinnahmen zu generieren. Rot-Grün hat nicht die Kraft und den Mut, die Zukunft des Landes zu gestalten.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat der Abgeordnete Möhle.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Dr. Schrörs, eigentlich muss ich sagen, bin ich ziemlich enttäuscht von dem, was Sie hier vorgetragen haben.

Wirtschaftspolitik definiert man sozusagen auf Grundlage dessen, was die Wirtschaft tut. Die Wirtschaft in Bremen steht ziemlich gut da. Da können Sie den Logistikbereich nehmen, den Hafenbereich, die Automobilbranche. Sie können quer durch alle Branchen in Bremen gehen; der Bremer Wirtschaft geht es zunächst einmal ziemlich gut!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Die Frage, was Politik in diesem Zusammenhang tun kann, ist relativ einfach gefasst, nämlich den Strukturwandel zu befördern. Da sind wir auf einem guten Weg, das tun wir auch weiterhin. Aber was Sie, glaube ich, auch in den nächsten Jahren nicht begreifen werden, ist, dass Bildungspolitik zum Beispiel, Wissenschaftspolitik auch, einen großen Beitrag dazu leistet, den Strukturwandel in dieser Stadt hinzubekommen. Das negieren Sie permanent! In Ihrer wirtschaftspolitischen Rede haben Sie das auch eben wieder versucht! Das halte ich für groben Unfug.

Die Parameter, die wir dafür brauchen, um Wirtschaft zu unterstützen und voranzubringen, definieren Sie überhaupt nicht, sondern Sie behaupten, man brauche ein Strukturkonzept. Ein Strukturkonzept bringt doch erst einmal noch nicht weiter! Was wir brauchen, ist eine klare politische Vorstellung, wohin wir mit Bremen wollen! Da kann ich Ihnen nur sagen, dass hier in diesem Haus im Laufe der letzten Monate, übrigens auch von Herrn Senator Nagel, sehr viele konzeptionelle Ideen vorgetragen wurden und auch schon sehr viel umgesetzt worden ist. Ich habe leider ganz wenig Redezeit hier, aber die Diskussion führen wir gern noch einmal weiter!

(Abg. F o c k e [CDU]: Was denn? Sagen Sie einmal ein, zwei Sachen!)

Ich sage Ihnen hier an dieser Stelle gar nicht ein, zwei Sachen, sondern ich sage: Schauen Sie sich ein––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

fach an: Warum geht es der Wirtschaft in Bremen eigentlich so gut, Herr Focke? Warum geht es der Wirtschaft denn nicht schlecht? Sie tun so, als seien wir hier sozusagen in einem ganz tiefen wirtschaftspolitischen Loch! Das ist doch grober Unfug! Die Konjunktur in Bremen sieht zurzeit sehr gut aus, und das müssen wir nutzen.

Lassen Sie mich noch einen letzten Satz sagen! Ich bin heilfroh, das meine ich gar nicht zynisch, dass wir an manchen Stellen tatsächlich auch weniger Geld haben, denn ich glaube ganz deutlich, dass die Große Koalition mit zu viel Steuergeldern zu viel verkehrte Politik gemacht hat! Wir sind jetzt alle aufgefordert, Sie auch, mit weniger Geld intelligente Wirtschaftspolitik zu machen. Da erwarte ich auch von der CDU einen deutlich besseren Beitrag als das, was Sie bisher hier vorgetragen haben. – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Rupp.

Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen und Herren! Ich bitte einfach nur kurz um Verständnis in Anbetracht der uns verbleibenden Redezeit, dass wir diese Debatte über Wirtschaft und nachher auch über Stadtentwicklung und Umwelt zu einem späteren Zeitpunkt führen, aber wir werden mit Sicherheit, wenn wir sie dann führen, ähnlich intensiv und lebhaft diskutieren, wie Sie es kennen. – Danke!

(Beifall bei der Linken)

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Möllenstädt.

Danke, Frau Präsidentin! Das mit dem Schulden machen ist zumindest bei der Redezeit nicht erlaubt, Herr Rupp!

(Beifall bei der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, auf der Grundlage des vorgelegten Haushalts für den Bereich Wirtschaft kann nach unserer Überzeugung als FDP-Fraktion eine nachhaltige Entwicklung Bremens mit Blick auf ausreichendes Wachstum und Beschäftigung in den kommenden Jahren nicht erreicht werden. Herr Kollege Möhle, es geht doch nicht darum, jetzt den Ist-Zustand zu bewerten – es ist sehr erfreulich, dass es der Wirtschaft gut geht –, sondern es geht darum, ob Bremen alles tut, damit das auch so bleibt, und da sind wir eben eher skeptisch. ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Im Ansatz des Senats erkennen wir nicht mehr als die Überreste der bereits zuzeiten der Großen Koalition gescheiterten Subventionspolitik. Eine Mitte März bekannt gewordene Zwischenbilanz der Arbeitsagentur zeigt, dass die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Jobs zwischen März 2003 und März 2007 bundesweit gestiegen ist. In Bremen allerdings war die Zahl in diesem Zeitraum rückläufig. Das sind die Ergebnisse der verfehlten Wirtschaftspolitik der vergangenen Jahre.

(Beifall bei der FDP)

Diese Politik bestand im Wesentlichen darin, durch die öffentliche Hand ausreichend Geld zu verteilen und zu hoffen, dass genügend Unternehmen und Arbeitsplätze im Land Bremen hängen bleiben und nicht alles ins Umland verdunstet.

Herr Senator Nagel, man hat den Eindruck gehabt, bei Ihrer Einlassung in der Bremerhaven-Runde, diese Politik würden Sie am liebsten fortführen, wenn dafür nur ausreichend Haushaltsmittel zur Verfügung stünden. Wir sagen Ihnen, dies ist die falsche Politik, sie ist gescheitert! Das kann man an dieser Entwicklung, die ich eben benannt habe, sehen, und deshalb wollen wir sie nicht fortführen.

(Beifall bei der FDP)

Weil sich der Senat aber selbst nicht zutraut, eine signifikante Steigerung der Zahl sozialversicherungspflichtiger Arbeitsverhältnisse im Land durch geeignete Maßnahmen zu flankieren, sollen es nun teure staatlich geförderte Beschäftigungsprogramme auch auf Kosten der Steuerzahler und der Bundesagentur für Arbeit richten.

Meine Damen und Herren, so können Sie zwar die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Jobs kurzfristig nach oben manipulieren. Wirklich zukunftssichere Arbeitsplätze auf dem ersten Arbeitsmarkt entstehen dadurch aber noch lange nicht.

(Beifall bei der FDP – Präsident W e b e r übernimmt wieder den Vorsitz.)