Protokoll der Sitzung vom 10.04.2008

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Die Diskussionen über das, was ab 2010 vielleicht gemacht werden kann, wenn etwas mehr Spielraum da ist, hat ja schon begonnen. Mit dem Finanzplan und der Liste der Investitionsvorhaben gibt es dafür erstmals eine transparente Datengrundlage.

Außerdem, meine Damen und Herren, macht dieser Haushalt mit der schlechten Tradition unrealistischer Haushaltsansätze Schluss. Das gilt für den Justizhaushalt und den Haushalt des Innenressorts, da waren ja immer unrealistische Einnahmeanschläge, das gilt vor allem für den Sozialhaushalt. Wir stellen jetzt endlich einmal die Ausgaben ein, die zu erwarten sind. Bremen befindet sich da übrigens durchaus im Mittel anderer Großstädte. Wir stellen sie aber zum Teil in eine Risikovorsorge ein, deren Mittel nur nach besonderer Prüfung freigegeben werden, denn wir wollen alles daransetzen, das ist unser Ziel, dieses Geld nicht auszugeben. In diesem Umfang und mit diesen Einschränkungen gehen wir mit einem Risikobetrag von gut 30 Millionen Euro über die ursprünglichen Meldungen nach Karlsruhe auch hinaus.

An dieser Stelle möchte ich doch eine Anmerkung zu dem CDU-Antrag machen, der ja den Sozialhaushalt zum Ergebnis purer Ideologie erklärt und meint, mit einem Wortspiel „Sozialhaushalt“ und „sozialer Haushalt“ könne irgendwie viel Geld gespart werden. Das ist noch nie gut gegangen. Herr Röwekamp, ich beteilige mich gern an jeder Diskussion mit dem Ziel, dass Sozialleistungen wirklich bei denen ankommen, die sie brauchen. Das ist auch ganz genau meine Auffassung. Aber Ihre Ignoranz gegenüber den Spielregeln, den Grundregeln der Sozialpolitik ist doch erstaunlich, denn die Sozialgesetze werden doch in Berlin gemacht und in allen Ländern eingehalten. Oder etwa nicht? Das verstehe ich auch gar nicht. Frau Kollegin Kummer hat darauf hingewiesen, Sie haben einen Bericht über die gesetzlichen Maßnahmen bei den Sozialausgaben eingefordert. Sie haben im Haus

halts- und Finanzausschuss kein Wort darüber verloren, keine Nachfrage, keine Kritik, gar nichts. Sie wollen hier nur Stimmung machen, mehr nicht!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Natürlich hoffen wir, dass die Arbeitslosigkeit weiter sinkt und damit auch die Kosten der Unterkunft, die der Staat trägt. Das ist auch gegenwärtig der Fall. Die Ersparnisse, die wir da haben, werden uns aber zu einem Teil durch den Bund weggenommen, der seinen Anteil gerade abgesenkt und unseren erhöht hat. Die Besserungen werden von der Steigerungszahl der Aufstocker aufgefressen: Menschen, die arbeiten und doch von ihrem Lohn allein nicht leben können und deshalb Leistungen beziehen. Dagegen hilft ein allgemeiner Mindestlohn, den aber will die CDU nicht. Wer macht da ideologische Sozialpolitik, frage ich mich!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und bei der Linken)

Meine Damen und Herren, die 50 und 20 Millionen Euro, die wir für unsere politischen Schwerpunkte ausgeben werden, mussten wir vorher durch eine allgemeine Absenkung der Ressorteckwerte erst einsammeln. Einige kritisieren das als Mogelpackung. Das ist überhaupt nicht der Fall. Es zeigt nur, welche große Anstrengung es in der gegenwärtigen Lage Bremens bedeutet, in den Bereichen der Kindergartenbetreuung, Kindeswohl, Ganztagsschulen, Hochschulen – ja gerade auch Hochschulen –, Küstenschutz und Kunstförderung mit zusätzlichen Mitteln neue Schwerpunkte setzen zu können. Wir empfinden doch alle sehr schmerzhaft, dass wir dort viel mehr machen müssten, aber wenigstens liegen hier genau die Punkte, an denen man etwas tun muss, wenn man für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes etwas machen will, und wir tun das genau dort.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Wir werden die Änderungsanträge der Koalitionen im Einzelnen ja noch in den Runden beraten. Angesichts der guten Vorlage des Senats konzentrieren sie sich auf wenige Punkte, an denen die Gewichte neu justiert werden. Wir haben einige fachliche Hinweise aufgenommen, zum Beispiel die Verstärkung der Strafjustiz. Wir haben eine Reihe von sozialen und Frauenprojekten abgesichert, Frau Kummer hat darauf hingewiesen. Wir finanzieren auch zusätzliche Schritte wie das kostenlose Mittagessen im Sinne unserer Bildungspolitik, die alle mitnehmen und jedem eine Chance geben will.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Ich möchte einmal wissen, Herr Röwekamp, wie Sie auf die Idee kommen, dass die Kinder, die tatsächlich in Bremerhaven in diese Einrichtung kommen und davon profitieren, was ja schön ist, wirklich alle sind, die mit knurrendem Magen in die Schule gehen?

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Wir wollen jedem eine Chance geben, und wer nicht oder schlecht genährt, ohne Frühstück und ohne Mittagessen in die Schule kommen muss, kann nur sehr schwer seine Chance wahrnehmen. Ich glaube, dass es auch gerade, wenn man die Bildung stärken will, ein richtiger Schritt ist.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Unsere Anträge für Mehrausgaben sind alle durch Minderausgaben gedeckt, das habe ich schon gesagt. Das gilt auch für die umstrittene Anhebung der Beamtenbesoldung. Sie kennen die Ausgangslage, Sie kennen die millionenschweren ungedeckten Forderungen der vereinten Opposition.

(Abg. D r. B u h l e r t [FDP]: Wir sind nicht vereint! Aber das macht nichts!)

In diesem Fall waren Sie sich ganz einig, Sie haben da komplett ohne Wenn und Aber zugestimmt, was mich gerade bei Ihnen ein bisschen gewundert hat. Aber Ihr Verhalten in dem Haushaltsausschuss war sowieso nicht erklärbar.

(Zuruf: Ist das mies!)

Wir tun das, was wir versprochen haben. Wir haben den Beamtinnen und Beamten zugehört. Wir haben intensive Diskussionen mit den Gewerkschaften geführt, und wir haben die Entwicklung des Haushalts studiert und nach Deckungsmöglichkeiten im Volumen von insgesamt 6,5 Millionen Euro gesucht.

Das Ergebnis der Koalition liegt Ihnen vor: 2,9 Prozent mehr vom 1. November 2008 an, und zwar für alle, für Aktive wie Versorgungsempfänger, für untere wie obere Gehaltsgruppen. Gerade diese Gleichbehandlung war den Gewerkschaften wichtig. Natürlich sind sie im Übrigen nicht hellauf begeistert von dem Ergebnis, vermutlich auch viele Beamtinnen und Beamte nicht. Das ist auch verständlich. Wir haben aber von sehr vielen die Rückmeldung bekommen, dass wir uns fair um Verbesserungen bemüht haben, und, wie ich finde, auch mit Erfolg.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Die Besoldung der Bremer wird nicht, wie uns das viele in den anderen Bundesländern empfehlen, von der bundesweiten Entwicklung abgekoppelt.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/ Die Grünen]: Wie es auch Herr Koch in Hes- sen gemacht hat!)

Zum Beispiel! Auch Berlin, das muss man dazu sagen, der rot-rote Senat in Berlin!

Das ist auch der Grund dafür, dass Bremen dem Tarifabschluss vor 14 Tagen zugestimmt hat. Für den Kernhaushalt sind die damit verbundenen Mehrausgaben abgesichert. Für die Sonderhaushalte und Gesellschaften wird die Situation wie in allen anderen Kommunen schwierig werden, das ist doch völlig klar. Da hat jetzt niemand einfach eine Lösung in der Tasche. Das geht uns aber genauso wie allen anderen! Klar ist, in der Besoldung des öffentlichen Dienstes darf und wird es keinen Bremer Sonderweg nach unten geben!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Auch beim Personal bleiben wir im vorgegebenen Rahmen. Der Senat hat in der Finanzplanung die Steigerung der Personalausgaben auf 1 bis 1,5 Prozent begrenzt. Dieses ehrgeizige Ziel kann man überhaupt nur anstreben, wenn wir mit Personaleinsparungen im Kernbereich der Verwaltung weitermachen. Ausgenommen sind Polizei und Schulen. Wir halten die Ausbildung im öffentlichen Dienst auf der hohen Bremer Quote. Die berühmte „RöwekampDelle“ bei der Ausbildung von Polizisten bügeln wir dadurch wieder aus.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Meine Damen und Herren, einige Worte noch zu den Anträgen der Opposition! Zur CDU nur so viel: Ein großer Teil Ihres Antrags ist die Aufforderung an die rot-grüne Koalition, doch gefälligst, und zwar subito, sofort die Dinge zu tun, die Sie als CDU in Ihrer Regierungszeit nicht gemacht haben. Ich nehme einmal als Beispiel das Stadtamt. Da kann man aber noch vieles anderes nennen.

Zur Gegenfinanzierung hat Herr Röwekamp in dem Haushaltsausschuss schlicht und einfach gesagt, „wenn man nur will, findet sich auch das Geld dazu“. Ja, so haben Sie in der Tat Politik gemacht! Nur, dass Sie das Geld dann lediglich bei den Banken gefunden haben, allerdings gegen Schuldschein, der uns jetzt präsentiert wird.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Das Geld ist schon ausgegeben, Herr Röwekamp! Als Berichterstatter sagen Sie, Sie fühlen sich an den Rahmen nach Karlsruhe gebunden, und wenn ich Ihren Antrag so lese, dann finde ich nichts davon! Sie verabschieden sich vollkommen davon.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Weil Sie nicht rechnen können!)

Was haben Sie gesagt? Weil ich nicht rechnen kann? Zahlen habe ich darin nicht gelesen, das tut mir leid! Selbst meine bescheidenen Rechenkünste haben dort nicht ausgereicht!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD – Zuruf von der CDU)

Die Linke hat eine Reihe von Änderungsanträgen gestellt, Deckungsvorschlag mehr als 200 Millionen Euro zusätzliche Schulden. Das, meine Damen und Herren nähme uns nicht nur jede Chance in Karlsruhe und Berlin, es wäre auch unsozial. Die Linke will mit ihrer Verschuldungspolitik zurück in die siebziger Jahre. Damals hatte eine solche Politik, die fast alle irgendwie mitgemacht haben, das kann man ja so offen sagen, es ging gar nicht um Bremen allein, sondern das war ein bundesweites Phänomen, das hatte damals vielleicht noch eine gewisse Unschuld, heute aber schon längst nicht mehr!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Diese Politik hat uns doch gerade in die jetzige Lage gebracht. Schöne, wichtige Dinge, alles sinnvolle Sachen, auf Pump zu finanzieren, und weil es so gut ankommt, noch einmal im nächsten und übernächsten Jahr und immer so weiter! Dann kommt man dahin, wo wir jetzt sind. Das Geld, was wir heute für Bildung, für Wissenschaft, Innovation mehr ausgeben müssten, auch nach unserer Überzeugung, müssen wir in Wahrheit für die Zinsen ausgeben, denn es wurde in früheren Verschuldungsrunden bereits verfrühstückt. Die Folgen treffen aber gerade diejenigen am härtesten, die am meisten auf Unterstützung des Staates angewiesen sind. Weitere Verschuldung mindert nicht, sondern verschärft auf Dauer die Spaltung der Gesellschaft. Das ist die Wahrheit!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Sie heute wieder vorzuschlagen, ist verantwortungslos. Ich sage, gut dass die Linke in diesem Land keine politische Verantwortung trägt, meine Damen und Herren!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Für die FDP hatte ich notiert: eine Leerstelle. Leider muss ich das nicht ändern, nachdem ich Ihren Antrag gelesen habe, verehrte Kollegen der FDP. Es ist wirklich nur ein schlechtes Wahlpamphlet, aber kein Haushaltsantrag.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Ich höre manchmal eine gewisse Enttäuschung, dass sich im rot-grünen Haushalt zu wenig Grundsätzliches geändert habe. Ich kann dieses Gefühl ein bisschen verstehen. Das hat nämlich auch eine Grundlage, denn eine unausweichliche Kontinuität und notwendige Verlässlichkeit machen es einfach unmöglich, große, freie Sprünge zu machen. Ich finde es umso erstaunlicher, wie schnell und wie weit der Tanker seinen Kurs schon in die richtige Richtung geändert hat.

Wesentlich ist, meine Damen und Herren, diesen Haushalt können wir drinnen, in unseren beiden Städten, und gegenüber unseren Verhandlungspartnern draußen begründen. Die Menschen draußen erwarten von uns, dass wir als arme Verwandte möglichst überall weit weniger ausgeben. Die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes sehen es in der Regel und mit Berechtigung ganz anders. Sie erwarten aber gleichzeitig, dass wir uns nicht in das Wolkenkuckucksheim verabschieden, sondern hier und heute die Situation bewältigen. Das, meine Damen und Herren, tun wir mit den vorgelegten Haushalten. – Ich bedanke mich!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Rupp.

Herr Präsident, verehrte Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal vielen Dank für die freundlichen Worte aus der Haushaltsberichterstattung. Ich muss als Erstes diese freundlichen Worte unbedingt weitergeben an meine Kolleginnen und Kollegen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Fraktion, die unabhängig von allem anderen viel Arbeit hatten und die diese Arbeit ausgesprochen gut gemacht haben.

(Beifall bei der Linken)