Protokoll der Sitzung vom 07.05.2008

Im Übrigen nimmt die Bürgerschaft (Landtag) von der Mitteilung des Senats mit der Drucksachen-Nummer 17/332 Kenntnis.

Verbraucherschutz für Kreditnehmer stärken

Antrag der Fraktion der CDU vom 29. April 2008 (Drucksache 17/365)

Wir verbinden hiermit:

Bürokratie vermeiden – Die Effektivität des Kapitalmarkts erhalten

Antrag der Fraktion der FDP vom 6. Mai 20087 (Drucksache 17/391)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Senator Nagel.

Die gemeinsame Beratung ist eröffnet.

Als erste Rednerin erhält das Wort die Abgeordnete Frau Winther.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die nationalen wie internationalen Finanzmärkte werden immer komplizierter und damit auch immer mehr intransparent. Ein Beispiel hierfür ist der Verkauf von Krediten durch die Banken, die damit ihre Refinanzierung sichern. Diese Transaktionen haben in den vergangenen Wochen und Monaten das Vertrauen der Bankkunden kräftig erschüttert und bergen Gefahren für den Verbraucher. Diesen Gefahren müssen wir gesetzlich begegnen, um dem Verbraucher größtmöglichen Schutz zu gewährleisten.

(Beifall bei der CDU)

Ich will Ihnen das Ganze an einem Beispiel erklären: Ein Ehepaar kauft ein Eigenheim und schließt mit der örtlichen Bank seines Vertrauens einen Kreditvertrag mit langjähriger Laufzeit ab. Das Darlehen wird durch eine Grundschuld abgesichert, und in der Sicherungsabrede wird außerdem vereinbart, dass die Bank nur dann die Grundschuld verwerten darf, wenn die Eheleute mit den Raten in Rückstand geraten.

Irgendwann verkauft die Bank den Kredit mit allen Rechten und Pflichten an einen ausländischen Investor, und solange die Eheleute ihren Kreditverpflichtungen pünktlich nachkommen, passiert nichts. Aber es ist leider Gottes in der Vergangenheit passiert, dass ausländische Investoren sich nicht an diese Rechte und Pflichten gehalten haben und das Ehepaar ärgerlich, mühsam und teuer über die Gerichte seine Rechte hat einfordern müssen. Es hat also unberechtigte Zwangsversteigerungen gegeben mit allen kritischen Folgen. Insgesamt ist dies eine unbefriedigende Situation, wenn man als Verbraucher nicht weiß, wer sein Darlehensgeber ist.

(Beifall bei der CDU)

Trotz der eindeutigen Rechtslage gibt es bei diesem Kreditverkauf Lücken in Sachen Verbraucherschutz. Das Bundesjustizministerium hat daher im Januar einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der die Rechte der Verbraucher stärken soll, das sogenannte Risikobegrenzungsgesetz.

Dieses Gesetz ist eine ziemlich trockene Angelegenheit, und deswegen möchte ich nur ganz kursorisch sagen, was dort geregelt ist, nämlich zum Beispiel die Pflicht des Darlehensgebers zum Angebot nicht abtretbarer Darlehensverträge, die Verpflichtung des Darlehensgebers zu Folgeangeboten oder zum Hinweis auf die Nichtverlängerung eines Vertrags oder die Pflicht zur Anzeige der Abtretung der Darlehensforderung beziehungsweise des Wechsels des Darlehensgebers, die Verbesserung des Kündigungsschutzes bei Grundstücksdarlehen, nicht abtretbare Unternehmenskredite und verschuldensunabhängiger Schadensersatzanspruch bei einer unberechtigten Zwangsversteigerung.

Unzureichend sind aber nach wie vor die Regelungen zu einem Sonderkündigungsrecht des Verbrauchers. Nach unserer Ansicht muss dem Kreditnehmer im Falle des Kreditverkaufs ein Sonderkündigungsrecht ohne Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung zustehen.

(Beifall bei der CDU)

Nur so können wir die Rechte der Verbraucher umfassend sichern.

Nun hatte ich gedacht, dass in diesem Sinne unser Antrag eine breite Zustimmung hier im Parlament finden würde, weil ich glaube, wir sind uns über zwei Dinge einig: erstens, dass das Land Bremen im Bundesrat einer solchen Gesetzesinitiative insgesamt zustimmt, und zweitens, dass Bremen auch einer Erweiterung um den Punkt Sonderkündigungsrecht ohne Vorfälligkeitsentschädigung zustimmen würde. Nun wissen wir, ein Antrag der Opposition findet nicht sogleich Gehör, sondern muss eine Schleife über einen Ausschuss machen, insofern sind wir damit einverstanden, unseren Antrag in die Wirtschaftsdeputation zu überweisen.

Der Antrag der FDP ist in vielen Punkten diskussionswürdig, in manchen auch widersprüchlich. Ich glaube, es ist richtig, wenn wir auch den FDP-Antrag in der Wirtschaftsdeputation diskutieren. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als Nächster erhält das Wort der Abgeordnete Dr. Möllenstädt.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Winther hat einiges zum Risikobegrenzungsgesetz in dem Entwurf, der bisher vorliegt, ausgeführt. Ich glaube, es gäbe dazu eine Menge mehr zu sagen.

Aus unserer Sicht ist das gerade kein Ruhmesblatt für die Arbeit der Großen Koalition in Berlin, sondern es handelt sich tatsächlich um ein Gesetz, das einen

schwerwiegenden Eingriff in die Eigentumsordnung und die Vertragsfreiheit und somit aus unserer Sicht einen Angriff auf zentrale Elemente der sozialen Marktwirtschaft beinhaltet.

(Beifall bei der FDP)

Damit ist dieses Risikobegrenzungsgesetz nun wahrlich kein Ruhmesblatt. Auch wenn Sie einmal in die Fachwelt hineinhören, erhält es dort alles andere als gute Noten, und es geht auch keinesfalls, so wie uns der Antrag der Kollegen der CDU glauben machen will, dort nur um den Verbraucherschutz für Kreditnehmer, sondern in der Tat sind dort eine ganze Reihe auch von sehr bürokratischen Vorschriften, die das Kreditgewerbe aus unserer Sicht unnötig belasten, vorgesehen. Aus diesem Grund wird sich auch meine Fraktion keinem Antrag anschließen, in dem dieses Gesetz ausdrücklich noch begrüßt und gewürdigt werden soll.

(Beifall bei der FDP)

Natürlich gibt es gar nichts zu zweifeln, dass auch dem Verbraucherschutz im Kreditgewerbe in angemessener Weise Rechnung getragen werden soll. Den Vorschlag, den die CDU-Kollegen gemacht haben, finde ich durchaus diskussionswürdig. Ich halte es aber auch für richtig, dass wir noch einmal sorgfältig prüfen, ob das tatsächlich die einzige Variante ist, die man sich vorstellen kann. Aus diesem Grund werden auch wir einer Überweisung beider Anträge zustimmen. Ich glaube, es ist sinnvoll, dies noch einmal in Ruhe auszudiskutieren.

Eines muss aber bei allen Diskussionen auch im Vordergrund stehen: Deutschland muss ein international wettbewerbsfähiger Finanzplatz bleiben. Wir brauchen auch das Kapital aus dem Ausland, gerade mittelständische Unternehmen nehmen dies seit einigen Jahren in stärkerem Maß in Anspruch. Dies dürfen wir hierbei nicht aus den Augen verlieren. Genauso ist es entscheidend, wenn das Land Bremen sich hier bundespolitisch engagiert, dass dann die Effektivität des Kapitalmarkts eben als zentrales Element eine Rolle spielt, weil wir auch in Bremen ausländisches Kapital brauchen.

Aus diesem Grund haben wir uns entschlossen, einen eigenen Antrag hier in die Diskussion einzubringen. Ich hoffe, dass wir in den Beratungen in der Folge dann tatsächlich zu einer vernünftigen Lösung kommen, die auch qualitativ einen geeigneten Beitrag leisten kann. Ich will Ihnen hier allerdings sehr deutlich sagen, dass die Bereitschaft in meiner Fraktion, das über dieses jetzt vorgelegte Risikobegrenzungsgesetz zu machen, ausgesprochen gering ausgeprägt ist. – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der FDP)

Als Nächste erhält das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Mathes.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wie ja bereits von Frau Winther und Herrn Möllenstädt dargestellt, möchte ich auch noch einmal hervorheben, dass der Regelungsgegenstand Kreditverkäufe, auf den der CDU-Antrag, auf den ich zunächst eingehen werde, allein abhebt, Teil des Entwurfs dieses Risikobegrenzungsgesetzes ist.

Dieser Gesetzesentwurf ist im November 2007 im Bundesrat im ersten Durchlauf beschlossen worden. Seitdem liegt er in den Bundestagsausschüssen. Für den Bereich Kreditverkäufe ist bislang in diesem Gesetzesentwurf im Wesentlichen ein Platzhalter enthalten. Zusätzlich hat gerade am 25. April ein bayerischer Gesetzentwurf den Bundesrat erreicht, der ist beschlossen und an den Bundestag weitergegeben worden. Bremen hat beide Gesetze im Bundesrat unterstützt. Es ist nämlich in der Tat so, dass weder ein finanzpolitisches noch ein gesellschaftliches Interesse an Kreditverkäufen besteht, die lediglich auf Grundlage von rücksichtlosen Profitinteressen erfolgen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Daher ist es gut und richtig, dass hier ein besserer Verbraucherinnen- und Verbraucherschutz etabliert wird. Dies ist insbesondere für Immobilienbesitzer und Häuslebauer mehr als überfällig.

Dennoch, meine Damen und Herren und Frau Winther, liegt es nicht daran, dass wir irgendwie prinzipiell eine Schleife oder Ähnliches einbauen wollen, sondern wir können dem Antrag aus zwei Gründen, die ich gleich erläutern werde, nicht zustimmen und beantragen die Überweisung in die Deputation für Wirtschaft und Häfen.

Der erste Grund ist, dass das weitere Gesetzgebungsverfahren noch gar nicht wieder im Bundesrat ist, sondern als Nächstes ist der Bundestag am Zuge.

Zweitens, so einfach, wie die CDU es sich macht, geht es nicht! Das von Ihnen selbst formulierte Ziel, einen besseren Verbraucherschutz zu etablieren, wird mit diesem Vorschlag überhaupt nicht erreicht. Warum? Inhaltlich geht es nämlich um eine Abwägung zahlreicher Gesichtspunkte in einer sehr komplizierten Rechtsmaterie. Es besteht nämlich ein Spannungsverhältnis zwischen Verbraucherschutz einerseits und der Funktions- und Wettbewerbsfähigkeit des Finanzmarkts andererseits. Sowohl der bayerische Entwurf als auch die Eckpunkte der Bundesregierung setzen sich sehr differenziert mit diesem Problem auseinander und sind in der Tat eine gute Beratungsgrundlage. Aus diesem Grund, Herr Möllenstädt, erschließt es sich, glaube ich, von selbst, dass wir dem FDP-An

trag mit diesen Formulierungen und mit diesem „Abmeiern“ der wirklich beratungsfähigen Gesetzentwürfe nicht zustimmen können.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Dagegen ist das Ziel des Antrags der CDU gut, nur die Umsetzung ist unausgegoren und nicht richtig durchdacht. Einerseits ist das Sonderkündigungsrecht im Falle des Kreditverkaufs problematisch. Dient der Verkauf lediglich der Refinanzierung der Bank und bleibt die ursprüngliche Bank Vertrags- und Ansprechpartner des Kunden, gibt es keine Interessenslage, die eine Kündigung rechtfertigen könnte.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Der Kunde bekommt von der Refinanzierung nichts mit, und der Krediterwerber kann nicht selbstständig gegen den Kunden vorgehen. Sogenannte ABSTransaktionen, bei denen Kreditsicherheiten in Zweckgesellschaften eingelegt werden, deren Anteile frei handelbar sind, mögen aus einer grundsätzlichen Finanzmarktkritik problematisch sein. Tatsächlich sind sie aber international üblich und gebräuchliches Bankenrefinanzierungsinstrument.

Zudem wird der von der CDU beabsichtigte Wegfall der Vorfälligkeitsentschädigung bei Kündigung durch den Kreditnehmer zur Anhebung des Zinsniveaus führen, denn die Banken werden wahrscheinlich nicht so kalkulieren, dass sie auf Gewinne verzichten werden. Der Wegfall der Vorfälligkeitsentschädigung macht deshalb nur dort Sinn, wo eine Lenkungswirkung erfolgen soll und die Zahl der Anwendungsfälle sehr klein ist. Besser als ein Sonderkündigungsrecht im Wegfall der Vorfälligkeitsentschädigung ist die Vereinbarung transparenter Regelungen zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses und die Sicherung der Rechte der Kreditnehmer während der Kreditlaufzeit.

Soweit kann ich jetzt zusammenfassen, die Inhalte sind gesagt: Das prinzipielle Anliegen des Antrags der CDU-Fraktion ist richtig. Der gemachte Vorschlag ist völlig unausgegoren, und der Zeitpunkt ist ein falscher. Wir Grüne wollen dagegen einen besseren Verbraucherschutz, und wir wollen eine Behandlung im Parlament auf aktueller Grundlage, also zum richtigen Zeitpunkt. Daher, wie gesagt, haben sich die Koalitionsfraktionen dazu entschieden, diesen Antrag in die Deputation für Wirtschaft und Häfen zu überweisen.

Den FDP-Antrag lehnen wir ab. Hier geht es nicht um Verbraucherschutz, sondern es geht lediglich um einen völlig, ich sage einmal, wilden Kreditmarkt. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als Nächster erhält das Wort der Abgeordnete Oppermann.