Protokoll der Sitzung vom 08.05.2008

Lassen Sie mich abschließend sagen: Ich bin guter Dinge, dass wir die bevorstehenden Aufgaben lösen, denn wir alle haben das gleiche Ziel, auch wenn der Weg dahin vielleicht nicht immer derselbe ist. – Danke!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dennhardt.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren! Die Energieerzeugung in Europa steht an einem spannenden Punkt. Rohstoffknappheit und die politische Veränderung der Rahmenbedingungen führen inzwischen dazu, dass es auch für die Energieerzeuger – unabhängig von ihrer Umweltleidenschaft – wirtschaftlich interessant wird, sich mit erneuerbaren Energien auseinanderzusetzen. Die Preise von Öl, Gas und auch Kohle steigen, während zur Gewinnung erneuerbarer Energien immer effizientere Technologien entwickelt werden, auch in Bremen und Bremerhaven. Atomkraft ist die falsche Antwort auf die Herausforderungen des Klimawandels.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz, EEG, findet immer mehr Nachahmer. Es wurde bereits von 47 Staaten der Erde in seinen Grundzügen übernommen. Der europäische CO2-Emissionshandel wird ausgeweitet und zum Vorbild für andere Länder und Kontinente. Erneuerbare Energie und effiziente Energietechnik sichern und schaffen vor diesem Hintergrund Arbeitsplätze in Industrie, Mittelstand und Handwerk. Besonders hervorzuheben ist die schon in der Großen Koalition gelungene Ansiedlung der Windkraftanlagenhersteller in Bremerhaven. Durch den Ausbau zum führenden Standort in Deutschland für besonders leistungsfähige Windenergieanlagen auf See erhält Bremerhaven zusätzliche Impulse.

Aber auch für das Land Bremen und seine beiden Städte wird es immer wirtschaftlicher, sich direkt dem Klimaschutz zu widmen und nicht erst dem Schutz vor den Folgen des veränderten Klimas. Schon jetzt sind allein für die Erhöhung der Deiche im Lande Bremen in den kommenden zehn Jahren rund 130 Millionen Euro notwendig. Solche Folgekosten gilt es in Zukunft zu vermeiden.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Bis 2004 ist der Anteil der erneuerbaren Energien an der Bruttostromerzeugung im Land Bremen gegenüber 1990 um 0,9 Prozent auf 2,1 Prozent gestiegen. Mit 0,7 Prozent trug zu diesem Anstieg hauptsächlich die Einführung der Windenergie bei. Beim Stromverbrauch, aus dem der hohe Stromexport des Landes Bremen herausgerechnet ist, war es ein Anstieg um 1,2 Prozent auf 3,1 Prozent. Im Vergleich zur Bundesebene mit einem aktuellen Anteil der erneuerbaren Energien von rund 13 Prozent im Strombereich ist das noch nicht viel. Deshalb strebt die rotgrüne Koalition an, den Anteil der erneuerbaren Energien an der Energieerzeugung im Land Bremen deutlich zu erhöhen.

Wie groß die Herausforderung ist, wird jedoch besonders deutlich, wenn man bedenkt, dass die Bundesregierung das Ziel hat – auf das Herr Imhoff auch schon hingewiesen hat –, den Anteil in Deutschland bis 2020 auf 25 bis 30 Prozent zu erhöhen. Wenn die öffentliche Hand in Bremen nun selbst auf Ökostrom umstellt, kann das nur einen kleinen Teil zur notwendigen Aufholjagd bei der Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien im Land Bremen beitragen. Aber wer sonst, wenn nicht die öffentliche Hand, soll in dieser Frage mit gutem Beispiel vorangehen?

Eine echte Veränderung bei der Stromerzeugung in Bremen bedeutet der Bau des Wasserkraftwerkes am Weserwehr. Besonders erfreulich ist, dass sich die swb als Ausdruck einer neuen Strategie für die sich verändernden Marktbedingungen nun doch daran beteiligt.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Die Entwicklung der erneuerbaren Energien braucht Zeit. Sie wird kurzfristig nicht allein in der Lage sein, unsere Klimaschutz- und energiepolitischen Ziele zu erreichen. Wichtig ist deshalb vor allem auch die Erhöhung der Energieeffizienz. Hier ist zum Beispiel der weitere Ausbau der Nah- und Fernwärmeversorgung zu verfolgen.

Außerdem brauchen wir Maßnahmen zur Energieeinsparung. Hierzu zählen das sogenannte Energiespar-Contracting zur Erschließung von Energieeinsparpotenzialen, die Förderung der Gebäudedämmung und der Energieausweis für Wohnungen und Gebäude. Diese Maßnahmen begrenzen unter anderem den Energiepreisanstieg und sorgen für Umsatz und Arbeitsplätze im regionalen Handwerk.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Die rot-grüne Koalition wird das Land Bremen weiter zum Kompetenzzentrum des Nordens für Energieeinsparung, erneuerbare Energien, effiziente Erzeugungs- und Nutzungstechniken und Klimaschutz ausbauen. Die Koalition plant hierzu im Einklang mit den Klimaschutzzielen auf nationaler und europäischer Ebene eine Vielzahl von Maßnahmen. Das in der Mitteilung des Senats in Kürze angekündigte Klimaschutz- und Energieprogramm wird diese Pläne weiter konkretisieren. Wir begrüßen sehr, dass hierüber ein Dialog mit den relevanten Akteuren in Bremen geführt werden soll. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Schaefer.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir diskutieren heute über die Entwicklung der Energieerzeugung und des Klimaschutzes im Land Bremen. Was wir in Bremen brauchen, ist eine zukunftsfähige Strategie. Wir brauchen ein ganzheitliches Klimaschutzkonzept, das sowohl die Energieversorgung als auch die Arbeitsplätze sichert, das aber auch dem Klimaschutz genügend Rechnung trägt. Das wird eine große Herausforderung werden, meine Damen und Herren!

Herrn Kollegen Imhoff möchte ich noch einmal sagen, Sie hatten ja versucht, Ihre Fragen letztes Jahr in einen Antrag zu betten: Ich finde es gut, dass Sie das jetzt noch einmal in einer Großen Anfrage gemacht haben, denn man konnte doch einiges aus der Antwort des Senats lernen, nämlich – das hatten meine Vorredner schon gesagt – dass der Anteil der erneuerbaren Energien an der Bruttostromerzeugung hier in Bremen in den letzten 14 Jahren, nämlich von 1990 bis 2004, gerade einmal von 1,2 Prozent auf 2,1 Prozent gestiegen ist. Das ist viel zu wenig, wie man auch vorhin gesehen hat, Herr Dennhardt hat es schon gesagt: Der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung in Deutschland liegt bei 12,5 Prozent. Hier brauchen wir in Bremen den Ausbau der erneuerbaren Energien. Wie wir das machen können, wurde auch schon erwähnt, nämlich mit den drei E: Energieeinsparungen, Energieeffizienz und erneuerbare Energien.

Zur Energieeinsparung wurden hier schon viele Beispiele genannt. Wir brauchen moderne Energiemanagementverfahren, Fotovoltaik auf Dächern und eine bessere energetische Gebäudesanierung. Ich möchte aber noch einmal zwei Zahlen nennen, die auch vorgestern schon, als wir über Energiesparlampen und deren Einsatz in öffentlichen Gebäuden diskutiert haben, genannt wurden: Wenn wir in ganz Deutschland Energiesparlampen einsetzen würden, könnten wir zwei Kohlekraftwerke sparen, allein bei der Aufgabe der Standby-Funktion drei Kohlekraftwerke.

Zur Energieeffizienz möchte ich sagen: Wer bei der Veranstaltung von „partnerschaft umwelt unternehmen“ vor einigen Wochen dabei war und die Rede von Herrn Dr. Troge, dem Leiter des Umweltbundesamtes, zugehört hat, hat vernommen: Wenn die deutsche Industrie ihre Anlagen auf energieeffiziente Anlagen umstellen würden, könnten noch eine Vielzahl von weiteren Kohlekraftwerken eingespart werden.

Wir in Bremen brauchen einen Ausbau der Windenergie, das wurde schon gesagt. Dazu gehört auch das Repowering, das Ersetzen alter Windkraftanlagen durch neue. Wir Grünen setzen auf Gaskraftwerke und Kraft-Wärme-Koppelung statt auf Kohle- und Atomstrom.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Lieber Herr Imhoff, wir haben uns nicht zum ersten Mal über Atomstrom unterhalten, aber wer heute noch sagt, Atomkraft ist sicher, der vergisst Forsmark in Schweden und die Brände in Krümmel.

(Abg. I m h o f f [CDU]: Ich habe nicht „si- cher“ gesagt! – Abg. S t r o h m a n n [CDU]: Zuhören!)

So habe ich es zumindest vorhin verstanden. Ich möchte es noch einmal sagen: Atomkraft ist keine innovative Technologie, Atomstrom ist nicht sicher. Das einzige Atomkraftwerk, das in Deutschland sicher ist, ist sicherlich Mülheim-Kärlich, weil es schon seit den Achtzigerjahren nicht mehr am Netz ist.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Außerdem ist der Uranvorrat auch endlich! Wir Grünen freuen uns, dass die swb sich letztes Jahr gegen das Kohlekraftwerk entschieden hat und dass sie sich für die erneuerbaren Energieformen ausgesprochen hat, denn das ist der richtige Weg! Es wurde schon erwähnt: Das Weserwasserkraftwerk ist ein guter Beitrag zum Klimaschutz, auch der Bau der neuen Mittelkalorik-Anlage.

Um einmal ein paar Daten zu nennen, wie viele Haushalte bisher aus erneuerbaren Energien in Bremen gespeist werden: Die Windenergie versorgt jetzt schon 40 000 Haushalte im Land Bremen. Wir, die rotgrüne Koalition, wollen diese Zahl auf 70 000 erhöhen mit der zweiten Ausbaustufe. Hinzu kommen dann demnächst 14 000 Haushalte, die durch das Weserwasserkraftwerk gespeist werden.

Aus den Antworten des Senats geht weiter hervor, dass neben der Windenergie hauptsächlich die Stromerzeugung aus biogenen Abfallfraktionen in den Müllverbrennungsanlagen in Bremen und Bremerhaven erfolgt. In diesem Zusammenhang möchte ich den Senat auffordern, die Versorgung mit Fernwärme in weiteren Stadtteilen weiter auszubauen!

Was aus der Vorlage des Senats aber auch deutlich hervorgeht: Wir in Bremen brauchen keine Stromknappheit zu befürchten. Hier wird nämlich nicht das Licht ausgehen, so wie es letztes Jahr oftmals in den Debatten um das Kohlekraftwerk prognostiziert wurde. Nein, im Gegenteil, hier wird derzeit so viel Strom erzeugt, dass das Land Bremen Strom in erheblichem Umfang exportiert. Die Stromproduktion in Bremen ist deutlich höher als der Verbrauch.

In diesem Rahmen möchte ich einmal darauf hinweisen, dass die seit Wochen in Deutschland immer wieder diskutierte drohende Stromlücke dem strategischem Kalkül der vier dominierenden Energiekonzerne, nämlich E.ON, RWE, Vattenfall und EnBW, entspringt. Deren Ziel ist es, trotz der Diskussionen um Klimawandel in Deutschland neue Kohlekraftwer

ke in großer Zahl an das Netz zu bringen und den einst mit ihnen vereinbarten Atomausstieg rückgängig zu machen. Dieses Argument, wir hätten zu wenig Strom, kommt, wie gesagt, von diesen vier großen Betreibern, und es wird von ihnen herbeianalysiert. Das sage nicht nur ich, sondern das sagt vor allem die Deutsche Umwelthilfe. Auch im April zeigte eine vom Umweltbundesamt veröffentlichte Untersuchung, die sich „Atomausstieg und Versorgungssicherheit“ nennt, dass eine Stromlücke bis 2020 ausgeschlossen wird.

(Glocke)

Meine Damen und Herren, Kohlekraft und Atomstrom sind zukunftsvergessen und phantasielos. Wir brauchen in Bremen keine Energiesysteme, die in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts Grundlage waren, sondern wir wollen innovative Energieproduktion. Die liegt hier in Bremen langfristig in der dezentralen erneuerbaren Energieproduktion. Das ist ein Beitrag zum Klima- und Küstenschutz, und daher möchte ich mit der Bitte abschließen: Bringen Sie sich in die Debatte um das integrierte Klimaschutzund Energieprogramm, das der Senat derzeit erarbeitet und dann vorlegen wird, ein, denn Klimaschutz ist eine Aufgabe für uns alle! – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Buhlert.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wirtschaftliches und ökologisches Handeln gehen, glaube ich, hier sehr Hand in Hand, wenn es darum geht, regenerative moderne Energieformen einzusetzen und nicht auf die Energieformen zu setzen, die teurer werden, weil die Ressourcen knapp werden.

Wenn ich dann von der Regierungskoalition höre, dass wir gleich mit Bremer Tun den Klimawandel stoppen könnten, muss ich doch ein wenig die Euphorie dämpfen, denn es gibt noch Länder wie Indien und China. Wir können ein Vorbild sein, und das müssen und sollen wir sein,

(Beifall bei der FDP)

gleichzeitig werden wir es nicht schaffen, durch eigenes Handeln dafür zu sorgen, dass der Meeresspiegelanstieg nicht kommt,

(Abg. D e n n h a r d t [SPD]: Wozu braucht es diese falsche Überspitzung?)

sondern wir müssen auch weiter dafür sorgen, dass wir uns entsprechend auf die Folgen des Klimawan

dels vorbereiten. Es ist richtig, dass wir auf regenerative Energien setzen, und wir müssen mehr regenerative Energien einsetzen, das ist völlig klar. Frau Dr. Schaefer hat zu Recht darauf hingewiesen, dass Bremen hier einen Nachholbedarf hat. 2,1 Prozent im Jahr 2004 sind uns allen zu wenig.

(Beifall bei der FDP)

Wir haben dann die Probleme, wenn wir konkret fragen: Was kann man denn hier machen? Für Windenergie ist in der Tat nicht mehr so viel Ausbaupotenzial in Bremen vorhanden, weil für Bremen deutlich gilt: Bremen ist ein dicht besiedeltes Land mit mehr als 1000 Einwohnern pro Quadratkilometer. Das ist eben nicht die weite Fläche, wie sie Flächenländer haben. Trotzdem leistet Bremen hier einen großen Beitrag, insbesondere durch die Produktion und durch die Forschung im Bereich der Windenergie. Es ist ja fast schon so, dass die Windenergie marktfähig ist und dass man fast schon darüber diskutieren muss, wann sie denn aus dem EEG herausgenommen werden kann.

Andere regenerative Energien sind nicht so weit. Wir haben Probleme mit dem Import von Palmöl und ähnlichen Rohstoffen, darauf will ich jetzt nicht länger eingehen, aber es gibt natürlich eine Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion bei biogenen, regenerativen Energien. Auch dort wird es intelligente Lösungen geben, damit wir Energie eben nicht verschwenden. Insofern ist auch die Verbrennung von Abfall und eine effektivere Wärme- und eine effektivere Energienutzung daraus ein richtiger Weg, und auch dort muss mehr getan werden!

(Beifall bei der FDP)

Insofern unterstützen wir auch die Effizienzsteigerung von Gaskraftwerken und Kohlekraftwerken, die hier vorhanden sind.

Ich bin nicht ein Anhänger des Autarkiestrebens Bremens, sprich dass wir nur so viel Energie produzieren müssen, wie wir auch selbst verbrauchen, was ich hier anklingen hörte. Wenn Bremen Energie erzeugt und diese exportieren kann, ist das auch ein Beitrag für das Sozialprodukt Bremens, es sind Arbeitsplätze in Bremen, und auch das muss gesehen werden.