Protokoll der Sitzung vom 05.06.2008

Ich habe es so wahrgenommen, dass die rot-grüne Regierung sehr großzügig, sehr offen gegenüber den Wünschen ist, Leute einzuladen, dass sie aber natürlich darauf achten muss, dass die Mitarbeiter auch tatsächlich als Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes sprechen und nicht frei heraus. Deswegen ist all das, was Die Linke hier begehrt, dass jeder jederzeit kommen können muss und eine Genehmigung entfällt und eine Ablehnung nicht zulässig ist, natürlich dummes Zeug! Das ist auch in keiner Weise durch das neue Informationsfreiheitsgesetz gedeckt, sondern entspricht allein dem Ärger darüber, dass hier eine Bitte in falscher Weise geäußert wurde und diese dann abschlägig beschieden werden musste.

Versuchen Sie es noch einmal, es vernünftig zu machen! Der Senat, das habe ich verstanden, ist offen dafür, Informationen darüber, was der Senat tut, wie er seine Beschlüsse versteht und so weiter, gern weiterzugeben, aber nicht Meinungen, Ideen oder sonst etwas.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Troedel.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit großer Verwunderung mussten wir als Fraktion Die Linke feststellen, dass das seit zwei Jahren bestehende Informationsfreiheitsgesetz offenbar nur unzureichend und nach Gutdünken angewendet wird. Wir haben einen Vertreter der senatorischen Behörde für Gesundheit und Soziales für eine Informationsveranstaltung am kommenden Samstag als Referenten eingeladen. Sinn und Zweck der Veranstaltung ist das Erhalten von Informationen von unterschiedlichen Behörden, Einrichtungen, Wissenschaftlern und betroffenen Personen zu dem wichtigen Thema Armut. ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

Der Referent sah auch kein Problem in seiner Teilnahme als Referent zu dem Thema „Armut und Gesundheit“ und sagte mündlich zu. Der guten Ordnung halber wurde dann die Einladung schriftlich wiederholt, und, siehe da, dem von uns avisierten Referenten wurde die Teilnahme verboten. Nach unseren Informationen, die allerdings nicht von dem angefragten Referenten stammen, war die Senatorin höchst persönlich in das Verfahren involviert. Die Begründung der Absage, wie sie gestern in der Fragestunde vom Senat noch einmal erläutert wurde, macht die Willkür dieser Maßnahme deutlich.

Leider muss ich an dieser Stelle sagen: Die Antwort ist zudem nicht korrekt, dem Parlament wurde eine nicht korrekte offizielle Auskunft gegeben. Wir hatten das Gesundheitsamt angefragt, eine von ihm erstellte Studie, im Rahmen eines Fachreferats, zu erläutern. Ich lese Ihnen mit Genehmigung des Präsidenten die dazugehörige Passage unseres Anschreibens an den Vertreter der Behörde vor:

„Bezüglich der Ausrichtung dieser Konferenz sollte klar sein, dass es im Wesentlichen um das Ausloten der gesellschaftlichen Probleme geht und weniger um eine parteipolitische Strategie. In diesem Sinne möchten wir Sie herzlich einladen, an dieser Konferenz teilzunehmen und sie mit Ihren Ideen und Positionen zu gestalten. Insbesondere würden wir uns freuen, wenn Sie uns Ihre Kompetenz zum Thema Gesundheit zur Verfügung stellen können und in dem Workshop Armut und Gesundheit das Impulsreferat halten würden.“ Zitat Ende aus der Einladung! Es bedarf schon einiger Phantasie, daraus die Einvernahme des Behördenvertreters für die politischen Ziele unserer Fraktion herauslesen zu wollen.

Es bleibt dabei, die senatorische Behörde hat das angeforderte Fachreferat mutwillig in ein politisches Impulsreferat umgedeutet und dem zuständigen Mitarbeiter die Teilnahme untersagt. Der Hintergrund, dass unsere Anfrage als einzige in den letzten fünf Jahren abschlägig behandelt worden ist, macht deutlich, dass hier eine bewusste politische Entscheidung getroffen wurde. Man will einen unliebsamen politischen Gegner von Sachinformationen abschneiden. Die Informationen der Behörden stehen allen zur Verfügung, nur der politischen Opposition nicht. Wenn Sie uns als Opposition bekämpfen wollen, dann machen Sie es bitte mit Argumenten und nicht, indem Sie uns Informationen vorenthalten! Es ist unredlich und entspricht in keiner Weise der gesicherten Stellung, welche die Opposition in der parlamentarischen Demokratie hat, und dem Recht auf Informationen, welche uns zustehen.

Wenn ich mir die SPD ansehe, die bekanntlich die Senatorin stellt und die dieses Armutszeugnis für Ihre Partei und Fraktion mit ausstellte, bin ich mir sicher, dass auch bei Ihnen dieses Vorgehen trotz gegenteiliger öffentlicher Bekundung, die Sie vermutlich gleich abgeben werden, auf wenig Zustimmung stößt.

Das Informationsfreiheitsgesetz regelt klar, dass Behörden Auskünfte nur verweigern dürfen, wenn der Verwaltungsaufwand immens ist.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Es ist gar nicht einschlägig, das In- formationsfreiheitsgesetz!)

Wir können diesen Verwaltungsaufwand nicht sehen, wenn ein Referent zu einem Sachgebiet eingeladen wird, das er regelmäßig bearbeitet, in dem er sich auskennt, das sein täglich Arbeitsbrot ist. Da es sich bei dem eingeladenen Referenten um einen ausgewiesenen und anerkannten Fachmann handelt, haben wir ihn auch eingeladen. Wir fordern Sie auf, heute mit uns eine Regelung zu treffen, die für die Zukunft klärt, wann und unter welchen Bedingungen Vertreterinnen und Vertreter auf öffentlichen Veranstaltungen reden dürfen! Dabei muss sichergestellt werden, dass der Senat seiner Informationspflicht nachkommt und diese nicht verweigern kann. Es geht uns dabei nicht nur um unser Recht als Opposition in diesem Hause. Wir möchten sicherstellen, dass alle gesellschaftlich relevanten Gruppierungen durch die Behörden informiert werden und sich darauf verlassen können, dass ihnen auf Veranstaltungen der Sachverstand des Senats zur Verfügung steht. Die Öffentlichkeit hat ein berechtigtes Interesse daran, sich mit der inhaltlichen Arbeit der Behörden auseinandersetzen zu können.

(Abg. D r. B u h l e r t [FDP]: Ja, aber doch nicht auf Ihren Veranstaltungen!)

Diesem Interesse dürfen die Behörden nicht ausweichen, sie haben ihm nachzukommen. Nochmals, es geht und ging uns nicht darum, Behördenvertreterinnen und -vertreter für eigene politische Arbeiten zu vereinnahmen. Das wollen wir nicht, und das soll auch nicht auf Veranstaltungen anderer Organisationen geschehen. Amtliches Wissen jedoch muss weitergegeben werden. Zwischenzeitlich haben wir auf Vermittlung der Finanzsenatorin eine zweite Bitte zur Entsendung eines Mitarbeiters oder einer Mitarbeiterin zu unserer Konferenz per Fax an Herrn Staatsrat Dr. Schulte-Sasse gesandt.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Hoffentlich jetzt richtig!)

Eine positive Antwort ist in der letzten Stunde eingegangen. Daher könnten wir unseren Antrag als überholt ansehen oder als überholt beiseite packen. Das möchte ich nicht tun.

Wir schlagen vor, diesen Sachverhalt in dem zuständigen Ausschuss, nämlich dem Ausschuss für Informations- und Kommunikationstechnologie und Medienangelegenheiten, zu diskutieren oder einen anderen zuständigen Ausschuss zu beauftragen, diesen

Sachverhalt sachneutral zu diskutieren, damit es das war oder ist, was es war: ich hoffe, ein Versehen, ein Novum, das weder persönlich an die Opposition noch an andere Gruppen gemeint oder gesandt war. – Ich danke für die Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der Linken)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Möllenstädt.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Frau Troedel! Sie haben eine Interpretation des Informationsfreiheitsgesetzes vorgetragen, die zumindest meine Fraktion nicht teilen kann.

(Beifall bei der FDP)

Es ist nicht Aufgabe dieses Parlaments, hier für Ihre Nabelschau oder die der Linken herzuhalten. Wir sind der Meinung, dass das, was Sie verlangen, so zu viel verlangt ist.

(Beifall bei der FDP)

Es ist richtig, Behörden sollen Auskünfte geben, ja, ganz bewusst, aber sie müssen nicht für jede politische Veranstaltung herhalten, und vor allen Dingen muss man sich auch ein Stück weit vor die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Behörden stellen, wenn es droht, dass sie von politischen Kräften in diesem Land vorgeführt oder gar für bestimmte politische Richtungen vereinnahmt werden sollen. Das ist etwas, was es auch sehr sorgfältig abzuwägen gilt.

(Beifall bei der FDP und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Gleichwohl, die FDP ist immer dafür eingetreten, dass Bürgerrechte gestärkt werden sollen. Wir stehen auch hinter dem Informationsfreiheitsgesetz, weil es nämlich allen Bürgerinnen und Bürgern den Zugang zu amtlichen Informationen ermöglicht. Es spricht auch nichts dagegen, dass Behördenmitarbeiter auf Wunsch eines Veranstalters öffentlich in Bildungs- oder Vortragsveranstaltungen als Referenten dienen und dort zur Verfügung stehen. Voraussetzung ist aber, es muss ein öffentliches Interesse an der Teilnahme bestehen, und die Teilnahme muss personell und organisatorisch auch möglich sein.

(Abg. Frau T r o e d e l [Die Linke]: Rich- tig! So ist es!)

Deshalb kann ich Ihnen sagen: Was Sie in Ihrem Antrag aufschreiben, können wir so nicht mitvertreten. Ein, aus meiner Sicht, weiteres Kriterium, das auf die Mitarbeiter als Referenten bezogen gilt: Informa

tionsvermittlung ja, politische Gewichtung nein! Keinesfalls kann es so sein, dass die oder der angesprochene Mitarbeiterin oder Mitarbeiter selbstständig über die Teilnahme entscheiden kann. Selbstverständlich gilt für Behörden und Privatunternehmen gleichermaßen: einzelfallbezogene Prüfung der Anfrage, dann Entscheidung durch den Vorgesetzten beziehungsweise in diesem Fall durch die Ressortleitung. So ist es ordentlich, und so soll es auch bleiben.

(Beifall bei der FDP)

Selbstverständlich haben auch Parteien und gesellschaftlich relevante Organisationen das Recht, offiziell die Teilnahme von Behörden und anderen an entsprechenden Veranstaltungen zu erbitten, das gilt ja auch für Gesellschaften und Ähnliches mehr. Eine Ablehnung als nicht zulässig zu erklären klingt allerdings abwegig und geht meines Erachtens auch an der Realität und Praxis des Senats bisher vorbei. Ich kann mich jedenfalls nicht beschweren, dass wir bisher dort nicht fair und vernünftig behandelt worden wären, und wenn es Gründe dafür gab, dass uns Referenten nicht zur Verfügung gestellt wurden, dann wurde das auch vernünftig begründet.

(Beifall bei der FDP)

Wenn allerdings die Ablehnung erfolgt, dann versteht es sich von selbst, und das will ich auch ausdrücklich sagen, dass die Gründe dafür seitens des Senats auch genannt werden müssen. Aus den von mir formulierten und vorgetragenen Gründen jedoch wird die FDP-Fraktion Ihrem Antrag hier nicht zustimmen. – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der FDP und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Strohmann.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Jetzt habe ich den Antrag endlich soweit verstanden. Ich habe mich gefragt: Wie kann man solch einen Antrag stellen? Er ist aus persönlicher Betroffenheit gestellt worden! Das erklärt natürlich einiges. Dass man jetzt das Informationsfreiheitsgesetz dazu bemüht, finde ich ein bisschen problematisch, und um es vorwegzusagen, lehnen wir es als CDU-Fraktion ab, das weiterhin im Medienausschuss zu behandeln. Da werden wir sowieso schon viel zu sehr gebremst, um unsere Aufgaben zu erfüllen.

Das Bremische Informationsfreiheitsgesetz regelt ja den Zugang zu amtlichen Informationen. Amtliche Informationen sind im Gesetz als jede amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnung definiert. Ziel des Gesetzes ist es, eine Anspruchsgrundlage zu schaf

fen, die dem Bürger mehr Transparenz über behördliches Handeln durch eben diesen Zugang ermöglicht. Dabei kann die Behörde entweder Auskunft erteilen, Akteneinsicht gewähren oder Informationen in sonstiger Weise zur Verfügung stellen. Diese amtlichen Informationen sind aber solche, die bereits vorliegen, die sich als solche bereits auf getroffene Entscheidungen oder bestehende Sachlagen beziehen. Ziel des Gesetzes ist es nicht, Verwaltungshandeln oder behördliche Entscheidungsprozesse unmöglich zu machen. Das war eigentlich auch Grundlage dessen, was wir da damals vereinbart hatten. Deshalb sieht das Informationsfreiheitsgesetz ein Antragsverfahren und den Schutz der öffentlichen Belange und behördlicher Entscheidungsprozesse vor. Das ist nämlich das Problem: Wer wägt das dann in so einer Informationsveranstaltung ab?

Die Teilnahme von Behördenvertretern wird, wie es auch vorgestern in der Antwort der Senatorin dargestellt wurde, ja großzügig gehandhabt. Dabei ist aber auch klar, dass es sich für die Behördenvertreter nur darum handeln kann, ihre Fachkompetenz als Behördenvertreter einzubringen und nicht, dass sie irgendwie politisiert werden. Ich glaube, das kann uns allen nur schaden, wenn Behördenvertreter Gefahr laufen, bei solchen Veranstaltungen für irgendjemanden vereinnahmt zu werden, sei es für Die Linke oder für andere politische Kräfte.

Vielleicht noch ein kleiner Hinweis an die Fraktion Die Linke: Sie können sich ja natürlich auch mit kleinen Anfragen Informationen und eine Auskunft hier im Parlament holen. Eines sage ich Ihnen aber gleich. Die Zeiten sind vorbei, in denen der Parteisekretär ruft, und die Behörde hat zu springen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Schildt.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann es kurz machen, weil wir nicht alle Debatten wiederholen müssen: Ich kann mich unisono den Redebeiträgen meiner Vorredner anschließen.

(Beifall bei der SPD)

Nach meiner zwölfjährigen Erfahrung, wenn man das so nonchalant sagt, kann ich Ihnen sagen: Meines Erachtens gab es keinen Fall, wie Sie ihn heute hier beschreiben, in dem es irgendeine Ausgrenzung einer Fraktion in diesem Hause gab oder Informationen vorenthalten wurden. Deswegen, liebe Linke, glaube ich, dass das ein bisschen zu weit und über das Ziel hinausgeschossen ist. Wenn ich höre, was Frau Bürgermeisterin in der Fragestunde der Stadtbürgerschaft berichtet hat, dann hätte man da schon

diesen Antrag zurückziehen müssen. Ich sage Ihnen ganz klar: Es steht nicht im Belieben der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – allein schon aus Schutzgründen –, in welcher Veranstaltung sie auftreten, dies ist immer eine Entscheidung des Hauses. Somit ist der Absatz zwei Ihres Antrags per se abzulehnen, und natürlich muss es, wie es dem Verfahren obliegt, auch nach dem Informationsfreiheitsgesetz negative Entscheidungen geben.

Ich bin dem Kollegen Dr. Möllenstädt äußerst dankbar, dass er eben sagte, dass man, wenn man eine negative Antwort bekommen hat, auch damit umgehen muss. Von daher, glaube ich – da hinten sitzt er am Notebook und liest etwas nach –, hat er das für eine neue Fraktion in diesem Hause richtig eingeschätzt, dass es ein langes, liberales Praxisverfahren mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bezüglich der Informationen an Fraktionen und sonstigen öffentlichen Veranstaltungen in diesem Parlament gibt. Deswegen, liebe Frau Kollegin, lehnen wir sowohl den Überweisungsantrag als auch den Antrag in der Sache ab, weil er vollkommen am Ziel vorbeischießt. Ich würden Ihnen einfach raten, sensibler mit diesen Dingen umzugehen und vielleicht eigene politische Impulse zu setzen, und das nicht auf Kosten und zulasten von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu machen!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort Frau Bürgermeisterin Linnert.