Protokoll der Sitzung vom 03.07.2008

(Beifall bei der FDP)

Wie sieht es mit dem Personalsockel aus? Neben den jetzigen Mitarbeitern der GBI, der GTM und der FMB sollen weitere Mitarbeiter aus dem Bereich Gebäudereinigung in die vorgesehene Anstalt des öffentlichen Rechts wechseln. Aus der Drucksache 17/ 459 ergibt sich auf Seite 4 ein Personalbedarf von gut 900 Mitarbeitern. Liest man dann die Begründung zum Gesetzentwurf, Seite 2, stolpert man über die Zahl von 1100 Mitarbeitern. Ich habe einmal in den Geschäftsbericht der Gewoba geschaut, ein Unternehmen mit vergleichbaren Kernaufgaben, und Sie brauchen keine Angst zu haben: Heute wollen wir die Gewoba nicht verkaufen, sie soll noch ein bisschen im Besitz bleiben.

(Beifall bei der FDP – Abg. D r. G ü l d - n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Was heißt heute? Wollen Sie sie morgen verkaufen?)

Da kann man nachlesen – wir können uns über einen notariellen Kaufvertrag im nächsten Frühjahr unterhalten, früher sicherlich nicht –, wenn man die Personalkosten einmal anschaut, dass pro Mitarbeiter der Gewoba pro Jahr etwa 57 000 Euro Personalkosten entstehen. Rechne ich nur einmal die Differenz zwischen 900 und 1100, in einer Vorlage zu sehen, das sind 200 Mitarbeiter, hoch mit nur 50 000 Euro pro Jahr, sind es allein 10 Millionen Euro Kosten, die möglicherweise mehr entstehen, wo wir keine Aufklärung in den Papieren haben.

(Beifall bei der FDP)

Was stand doch in der Pressemitteilung vom 24. Juni dieses Jahres? Der Senat rechnet allein durch die neue Rechtsform mit Einsparungen von 1,3 Millionen Euro. Nach meinem bisherigen Informationsstand ist das doch eine sehr gewagte Aussage, wenn konkrete Zahlen nicht benannt sind.

(Beifall bei der FDP)

Übrigens, auch das Mehrwertsteuerargument sollte nicht überbewertet werden, schließlich verteilen sich die Einnahmen auf Bund und Land und fließen somit zumindest zum Teil wieder in unsere Kassen.

(Beifall bei der FDP)

Die Antwort des Senats auf die Große Anfrage der Regierungskoalition bestärkt uns in unserer Auffassung, dass das jetzt angedachte Modell ebenfalls nicht der Weisheit letzter Schluss ist. Ich will nur auf die Antwort zu Frage 4 b eingehen: Eine Finanzierung notwendiger Gebäudeinstandhaltungen und Sanierungen aus Verkaufserlösen kann auf Dauer nicht funktionieren. Diese Erkenntnis hat aber schon zur Zeit der Gründung der jetzigen Gesellschaften gegolten. Wir haben es zukünftig mit einer Verschlechterung der Nachfragesituation zu tun; die attraktiven Verkaufsangebote nehmen auch ab, weil die guten Stücke schon verkauft sind, die wir im Eigentum hatten.

Immobilienbewirtschaftung funktioniert nur, wenn sich aus den Mieten auch sämtliche Kosten der Immobilie tragen lassen. Darüber hinaus ist eigentlich auch noch eine angemessene Verzinsung des gebundenen Kapitals sinnvoll. Hiervon sind wir in Bremen offensichtlich weit entfernt. Unsere These: Der Staat sollte sich dort heraushalten, wo es andere besser können! Die Immobilienbewirtschaftung ist sicherlich keine hoheitliche Aufgabe. Es gibt professionelle Unternehmen auf diesem Gebiet, die auch mit großen Beständen umgehen können. Werden hier die vereinbarten Leistungen nicht erbracht, kündigt man die Verträge und schreibt die Leistungen neu aus. Das nennt man Risikobegrenzung!

(Beifall bei der FDP)

Ich komme wieder auf die Gewoba zu sprechen, nicht als Vorschlag, sondern nur um einige Zahlen zu vergleichen. Ich gehe jedoch davon aus, dass die Lenkungsgruppe sich auch intensiv mit dem Thema Unternehmensvergleiche auseinandergesetzt hat. Ich kenne, da nicht beteiligt, nur einige Eckdaten. So bewirtschaftet die GBI circa 2250 Gebäude mit einer Grundfläche von 2,4 Millionen Quadratmetern und etwa 5000 Nutzungsverträgen.

Die Gewoba ist derzeit gut aufgestellt: Das Kerngeschäft besteht in der Immobilienbewirtschaftung und in der Bestandsbewirtschaftung. Sie deckt also fast alle Bereiche ab, die wir jetzt auch durch ein neues Konstrukt abdecken müssen mit Gärtnern, Hausmeistern

(Glocke)

ich komme gleich zum Schluss –, Technik und kaufmännischer Betreuung. Sie bewirtschaftet einen Wohnungsbestand von rund 41 000 Wohnungen, dazu

diverse Gewerbeobjekte, hinzu kommen noch 12 000 Verwaltungen nach dem WEG, Jahresüberschuss 23,5 Millionen, das alles mit 409 Mitarbeitern. Wie sehen hier die Vergleichszahlen der angedachten Anstalt aus mit einer Mitarbeiterzahl zwischen etwa 900 und 1100?

Erst wenn wir hier konkretes Zahlenmaterial vorliegen haben und auch der Umstrukturierungsprozess feststeht, können wir doch ernsthaft über eine Neuorganisation des Bremer Immobilienmanagements reden. Umorganisiert wurde zwischen den Jahren 1995 und 2002 mehrfach, die Gründung der GTM war 2002, das Ergebnis kennen wir. Noch weitere Fehlentscheidungen sollten wir uns ersparen! – Vielen Dank!

(Beifall bei der FDP)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rupp.

Herr Präsident, verehrte Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen! Der Weisheit letzter Schluss würde Demokratie überflüssig machen; von daher glaube ich nicht, dass wir irgendwann an einen solchen Punkt kommen. Ich bin schon froh, dass wir erste Schlussfolgerungen, die von Weisheit geprägt sind oder zumindest von neuen Ideen, gezogen haben. Die blinde Privatisierungswut und die Behauptung, dass diejenigen, die an diesem Verfahren beteiligt sind, nicht Profis sind und nicht wissen, was sie tun, das ist stumpf, ich sage einmal, schwierig zu beurteilen. Wer so vorgeht, hat Weisheit wirklich noch nicht in irgendeiner Weise gegessen geschweige denn, mit Löffeln.

Wir finden es völlig in Ordnung, dass man hier den Versuch macht, über eine Anstalt öffentlichen Rechts diese Sachen neu zu ordnen. Wir finden gut, dass es ein Prozess ist, an dem Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beteiligt sind. Wir sind davon überzeugt, dass es Profis sind, die ziemlich genau wissen, was sie tun, die auch betriebswirtschaftlich rechnen können, die von ihrer Sache etwas verstehen. In aller Regel ist es so, dass diese Leute besser wissen, wie ein solcher Laden auch betriebswirtschaftlich und funktional günstig aufgestellt werden kann, als irgendwelche externen Beraterinnen und Berater. Wir sind froh, dass es diese „Entbergerisierung“ in diesem Bereich gibt, und wir würden sehr dafür werben, dass man das auch anderswo weiter macht.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir finden gut, dass diese Form von Fusion ohne Personaleinsparungen vonstattengeht, weil wir davon ausgehen, dass die Aufgaben nicht weniger werden. Wir würden uns wünschen, dass man diese Strate––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

gie möglicherweise auch in anderen Bereichen fährt, wir haben noch auf der Tagesordnung die BIG, die HVG und die BMG. Da gibt es teilweise andere Strategien, da ist es mit Personalabbau verbunden, was wir schwierig finden. Auch da wird die Arbeit nicht weniger, gerade wenn man Wirtschafts- und Innovationsförderung machen will. Wir finden es auch sehr bedenklich, dass in einem Konzept zur Zusammenlegung dieser Gesellschaften von vornherein die Privatisierung der HVG angedacht oder festgeschrieben ist. Insbesondere will man, und das ist etwas, was mir sehr unverständlich ist, die HVG zunächst so umstrukturieren, dass sie schwarze Zahlen schreibt und dass sie dann sozusagen zum Verkauf angeboten wird.

Ich sage nur, es gibt eben unterschiedliche Strategien, und das macht an diesem Punkt keinen Sinn. Wir sind froh, dass das an diesem Punkt eher nicht der Fall ist. Möglicherweise gibt es da auch noch einmal einen Gedankenprozess, was diese anderen Gesellschaften angeht.

Wir würden uns wünschen, dass man die Frage der Partizipation nicht nur auf Parlamentarier und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter begrenzt. Ich glaube, man kann in diesem Bereich, gerade, wenn es eine Anstalt öffentlichen Rechts ist, auch die Nutzerinnen und Nutzer, also die Öffentlichkeit, ein bisschen besser mit einbeziehen. Wir wollen deutlich weg von Steuerung durch Berater, wir wollen auch weg von gar keiner Steuerung, aber eine Steuerung allein durch den Senat ist ein kleines bisschen wenig. Vielleicht kann man in dem Prozess, der vor uns liegt, bis zur zweiten Lesung sich dann noch einmal überlegen, inwieweit man da noch eine größere Partizipation von Menschen in dieser Stadt und auch verschiedenen Institutionen möglicherweise hinbekommt. – Vielen Dank!

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Pflugradt.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Vorteil, wenn man länger diesem Hause angehört, ist, dass man doch ein bisschen mehr die Zusammenhänge herstellen kann. Ich will noch einmal daran erinnern: Als wir 1999 das Liegenschaftswesen verändert haben, aus einer Behördenstruktur herausgenommen haben, war der Sachstand der, dass Bremen nicht wusste, wie viele Grundstücke es hatte, dass Bremen nicht wusste, wie viele Gebäude es hatte, geschweige denn, dass wir wussten, wie groß die Grundstücke waren, die wir hatten, welchen Wert diese Grundstücke hatten, welche Nutzungsmöglichkeiten wir hatten.

Das war alles unbekannt, das war aber eine Behördenstruktur, deswegen war damals die Veränderung vorgenommen worden. Dass man nicht immer alles perfekt macht, wenn man etwas neu macht, das

wird jedem so gehen, dazu komme ich gleich noch, was die Neuordnung anbetrifft, aber ich will damit sagen, es war damals dringend notwendig, etwas zu verändern. Wir haben damals auch festgestellt, dass wir Hunderte von Grundstücken und Gebäuden gehabt haben, die Bremen in den Siebziger- und Achtzigerjahren frei nach Gutsherrenmanier kostenlos an Leute vergeben hat. Da wurden Gaststätten, Wohnungen kostenlos abgegeben. Wir hatten eine umfangreiche Liste gehabt im Haushaltsausschuss.

(Abg. Frau K u m m e r [SPD]: Die haben wir immer noch!)

Die haben wir immer noch, daran wird immer noch gearbeitet. Das war der Zustand, in dem wir uns damals befunden haben. Seitdem ist eine Menge passiert, das will ich noch einmal in Erinnerung rufen, weil der eine oder andere so tut, als sei das, was in der Vergangenheit, in den letzten Jahren passiert ist, alles schlecht gewesen. Das ist nicht der Fall, liebe Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten!

(Beifall bei der CDU)

Daran will ich nur einmal erinnern! Da haben wir eine Menge auf den Weg gebracht, und darauf sind wir immer noch stolz!

(Beifall bei der CDU)

Das sage ich jedenfalls für unsere Fraktion. Dass man nach einer gewissen Zeit überlegen kann, ob man noch etwas besser machen kann, ist keine Frage! Ob dies jetzt allerdings der Weisheit letzter Schluss ist, weiß ich nicht. Wir werden zwar zustimmen, aber ich will nur einmal daran erinnern, wir machen jetzt ein Konstrukt, da haben wir mehrere Hundert Reinigungskräfte, einige Hundert Hausmeister und wenige Leute, die dem Baubereich zugeordnet sind. Das ist also ein Konstrukt, wo der Baubereich im Grunde genommen, was die Mitarbeiterzahl anbetrifft, nur noch eine Nebenrolle spielt in dieser Gesellschaft.

Nun kann man sich überlegen: Will man diesen Nachteil, oder will man die Synergieeffekte in den Vordergrund stellen? Wir hoffen einmal, dass das, was Sie sich versprechen, eintritt mit den Synergieeffekten. Deswegen werden wir, wie gesagt, diesem Gesetz auch zustimmen. Gleichwohl werden wir, und das sage ich schon jetzt, sehr darauf achten müssen, ob die gewünschten Effekte so eintreten werden, wie sie hier euphorisch von den Koalitionsrednern vorgetragen wurden.

Ich will nur noch anmerken: Es ist gut, dass wir das Gesetz an den Haushaltsausschuss überweisen; dann können wir die Schreibfehler noch korrigieren, dann können wir die Anlage, die in Paragraf 12 uns hier

mitgeteilt wurde, uns vom Senat geben lassen, die noch nach wie vor fehlt. Das Gesetz ist also noch ein bisschen verbesserungsbedürftig.

Gleichwohl machen wir die erste Lesung mit und hoffen, dass der Haushalts- und Finanzausschuss das Gesetz dann noch verbessert, und dann können wir es auch endgültig in der zweiten Lesung so beschließen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Staatsrat Mützelburg.

Herr Präsident, verehrte Abgeordnete! Das Immobilienvermögen der Freien Hansestadt Bremen ist einer der letzten Werte, die diese Stadt und dieses Land tatsächlich noch besitzen nach der Veräußerung von vielem Staatseigentum im letzten Jahrzehnt. Der Abgeordnete Richter hat schon darauf hingewiesen, dass es ein Vermögen ist, das die Milliardengrenze überschreitet und ganz sicher mehr wert ist als die Schulden, die das Land heute im Haushalt ausweist und jährlich begleichen muss.

Ich glaube, ein solches Vermögen verdient es auch, dass sorgsam damit umgegangen wird, dass es gut unterhalten, dass es gut verwaltet wird und dass es letztlich auch so gepflegt wird, dass die nächsten Generationen, soweit wir es tatsächlich weiterhin brauchen, davon auch noch etwas haben werden. Das war der Grundgedanke, als wir uns noch einmal an die Analyse dessen gemacht haben, was in den vergangenen Jahren im Immobilienwesen in der Stadt Bremen und im Land Bremen geschehen ist. Ich will nicht die ganze Vorgeschichte wiederholen, Herr Richter und Herr Pflugradt sind schon darauf eingegangen.

Ich will auch nicht behaupten, dass alles Unsinn war, was in der Vergangenheit passiert ist. Es waren Vorarbeiten, es war aber nicht der Schlussstrich. Der Schlussstrich wird natürlich auch heute nicht gezogen, indem wir eine neue Einrichtung schaffen. Schlussstriche gibt es glücklicherweise in der Politik und im öffentlichen Leben sowieso nicht. Daran haben wir uns, glaube ich, gewöhnt. Das ist auch Ihre Aufgabe als Parlamentarier, immer wieder dafür zu sorgen, dass die öffentliche Verwaltung besser läuft, dass sie ihre Aufgaben besser wahrnimmt als heute. Dazu gehört auch, dass das Immobilienwesen in solch einen Zustand gebracht wird, dass wir davon langfristig etwas haben.

Drei Ziele hatte der Senat sich gesetzt, die auf jeden Fall mit der Neuorganisation verwirklicht werden sollten. Das eine Ziel ist, Immobilienwirtschaft aus einer Hand: Wer in einem staatlichen Gebäude ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

oder von der Stadt gemieteten Gebäude arbeitet, soll so bedient werden als Kunde, dass er tatsächlich weiß, wer ihn bedient, dass er verbindliche Ansprechpartner hat und dass er an einer Stelle alle Probleme, die er mit dem Gebäude hat, organisieren und erledigen kann. Das war das eine wichtige Ziel.

Das zweite Ziel war, dass wir zwei Interessen endlich zusammenbringen, nämlich das Interesse, unsere Grundstücke und Immobiliengebäude so zu unterhalten, dass sie, wenn wir sie veräußern wollen, wenn wir sie an Dritte vermieten wollen, auch tatsächlich in dem Zustand sind, der am Markt einen vernünftigen Mietpreis oder einen vernünftigen Verkaufspreis erwarten lässt. Dieses Ziel aber gleichzeitig damit zu verbinden, dass wir nicht mehr wahllos die Objekte, die nun gerade wegen des hohen Marktwerts frei werden, verkaufen, sondern dass wir diesem Verkauf ein Korsett, einen Rahmen geben, der die städtebaulichen, sozialen und kulturellen Interessen in dieser Stadt auch befriedigen kann, das ist wichtig.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)